Mit über 60 Vertragsstaaten, darunter fast allen führenden Handelsnationen1,
ist das UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen
Warenkauf vom 11.04.19802 einer der erfolgreichsten Staatsverträge der Geschichte. Für die stark außenhandelsorientierte Wirtschaft der Bundesrepublik ist dieses Abkommen von besonderer Bedeutung, bringt es doch durch
eine weltweite Rechtsangleichung einen erheblichen Rationalisierungseffekt
mit sich. In der bisherigen Praxis noch vielfach zugunsten des nationalen Kaufrechtes
abbedungen, mehren sich insbesondere nach der Schuldrechtsreform
die Anzeichen, dass es sich in breiterem Umfang durchsetzen könnte. So rät der Deutsche Industrie- und Handelskammertag deutschen
Exporteuren inzwischen davon ab, bei internationalen Geschäften das CISG wie bisher routinemäßig auszuschließen3. Im Folgenden sollen Anwendungsbereich und Anwendungsvoraussetzungen des Abkommens erläutert werden. Schwerpunkt hierbei ist der objektive Anwendungsbereich des CISG, also die automatische Geltung der Konvention bei Vorliegen bestimmter sachlicher Voraussetzungen. Hierbei werden nicht nur die Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen untersucht, sondern es werden auch die inhaltlichen Grenzen des Einheitskaufrechts dargestellt. Ebenfalls beleuchtet wird die Möglichkeit, die Geltung des CISG individualvertraglich zu vereinbaren, falls die Anwendungsvoraussetzungen nicht vorliegen. 1 Nicht in Kraft gesetzt haben das Wiener Übereinkommen unter anderem Großbritannien und Japan. 2 BGBl. 1989, S. 586 ff., im Folgenden auch Einheitskaufrecht, CISG, Abkommen oder Konvention genannt. 3 Vgl. DIHK (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform – Auswirkungen auf den Außenhandel, 2002, S. 24.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Objektiver Anwendungsbereich
2.1 Räumlicher Anwendungsbereich
2.1.1 Autonome Anwendbarkeit
2.1.2 Anwendung aufgrund kollisionsrechtlicher Verweisung
2.1.3 Vorbehalt gem. Art. 95 CISG gegen Anwendung aufgrund kollisionsrechtlicher Verweisung
2.2 Sachlicher Anwendungsbereich
2.2.1 Kaufgegenstand Ware
2.2.2 Ausschluss für bestimmte Warenarten und Kaufvorgänge gem. Art. 2 CISG
2.2.3 Erfasste Rechtsgeschäfte
2.2.4 Nicht erfasste Rechtsgeschäfte
2.3 Zeitliche Anwendungssvoraussetzungen
3. Subjektiver Anwendungsbereich
3.1 Kollisionsrechtliche Abwahl des CISG
3.2 Materiellrechtliche Abwahl
3.3 Materiellrechtliche Geltungsvereinbarung
4. Regelungsmaterie
5. Zusammenfassung
1. Einleitung
Mit über 60 Vertragsstaaten, darunter fast allen führenden Handelsnationen[1], ist das UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11.04.1980[2] einer der erfolgreichsten Staatsverträge der Geschichte.
Für die stark außenhandelsorientierte Wirtschaft der Bundesrepublik ist dieses Abkommen von besonderer Bedeutung, bringt es doch durch eine weltweite Rechtsangleichung einen erheblichen Rationalisierungseffekt mit sich.
In der bisherigen Praxis noch vielfach zugunsten des nationalen Kaufrechtes abbedungen, mehren sich insbesondere nach der Schuldrechtsreform die Anzeichen, dass es sich in breiterem Umfang durchsetzen könnte. So rät der Deutsche Industrie- und Handelskammertag deutschen Exporteuren inzwischen davon ab, bei internationalen Geschäften das CISG wie bisher routinemäßig auszuschließen[3].
Im Folgenden sollen Anwendungsbereich und Anwendungs-voraussetzungen des Abkommens erläutert werden. Schwerpunkt hierbei ist der objektive Anwendungsbereich des CISG, also die automatische Geltung der Konvention bei Vorliegen bestimmter sachlicher Voraussetzungen. Hierbei werden nicht nur die Tatbestandsvoraussetzungen im Einzelnen untersucht, sondern es werden auch die inhaltlichen Grenzen des Einheitskaufrechts dargestellt. Ebenfalls beleuchtet wird die Möglichkeit, die Geltung des CISG individualvertraglich zu vereinbaren, falls die Anwendungsvoraussetzungen nicht vorliegen.
2. Objektiver Anwendungsbereich
UN-Kaufrecht stellt innerhalb der Vertragsstaaten unmittelbar anwendbares Recht dar[4]. Es soll für internationale Warenkäufe gelten, d.h. die Vertragsparteien müssen ihre Niederlassung zumindest in verschiedenen Staaten haben. UN-Kaufrecht kommt automatisch zur Anwendung, sobald die objektiven Anwendungsvoraussetzungen vorliegen. Eine explizite Willensäußerung der Vertragspartner ist nicht erforderlich[5].
Wie schon die Haager Einheitlichen Kaufgesetze[6] schränkt das Einheitskaufrecht seinen Anwendungsbereich in dreierlei Hinsicht ein: räumlich, sachlich und zeitlich. Hinsichtlich der am Rechtsgeschäft beteiligten Personen setzt das Abkommen keine Grenzen[7], auch die Kaufmannseigenschaft ist keine zwingende Voraussetzung[8].
2.1 Räumlicher Anwendungsbereich
Grundsätzlich kann das Einheitskaufrecht auf zweierlei Wegen zur Anwendung kommen: unmittelbar vertragsautonom, wenn beide Vertragsparteien ihre Niederlassung jeweils in einem Vertragsstaat haben, oder mittels kollisionsrechtlicher Verweisung, wenn das IPR des Forumstaates zum Recht eines Staates führt, der das Übereinkommen ratifiziert hat.
2.1.1 Autonome Anwendbarkeit
Gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG kommt UN-Kaufrecht dann zur Anwendung, wenn die Vertragsparteien ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten, beispielsweise Deutschland und Spanien, haben[9]. Die Niederlassung in verschiedenen Vertragstaaten wird jedoch nicht berücksichtigt, wenn dieser Umstand den Parteien bei Vertragsabschluss nicht bekannt war oder nicht hätte bekannt sein müssen, Art. 1 Abs. 2 CISG[10].
Einzige Voraussetzung für die autonome Anwendungsvariante ist somit die Internationalität des Kaufgeschäftes[11].
Da der Begriff der Niederlassung nicht explizit im CISG definiert wird und auch Einrichtungen ohne juristische Selbständigkeit eine Niederlassung begründen können, kann die Feststellung der Niederlassung bzw. die Auslegung des Begriffes der Niederlassung Schwierigkeiten bereiten[12]. Die Auslegung hat jedoch trotz fehlender ausdrücklicher Regelung aus UN-Kaufrecht heraus zu erfolgen, weil ein Rückgriff auf nationales Recht zwangsläufig unterschiedliche Auslegungen beinhalten würde und somit dem Vereinheitlichungszweck des UN-Kaufrechts widerspräche[13].
Grundsätzlich handelt es sich bei einer Niederlassung um jede tatsächliche Einrichtung, die im eigenen Namen am Wirtschaftsverkehr teilnimmt, auf eine gewisse Dauer angelegt ist und im Hinblick auf den zu beurteilenden Kaufvertrag über sachliche Entscheidungsbefugnisse verfügt[14]. Das Vorliegen einer Hauptniederlassung ist also nicht zwingend erforderlich, bereits ausreichend sind Zweigniederlassungen, jedenfalls soweit vorstehende Kriterien erfüllt sind[15]. Art. 10 lit. a CISG legt fest, dass bei mehreren Niederlassungen diejenige maßgebend ist, welche den engsten Bezug zum Kaufvertrag aufweist. Tochtergesellschaften werden folglich immer selbst Vertragspartei, eine konzernmäßige Verbundenheit mit der Muttergesellschaft ist unbeachtlich[16]. Eine Hilfestellung bei der Eingrenzung leistet auch Art. 10 lit. b CISG, der klarstellt, dass in Fällen fehlender Niederlassung der gewöhnliche Aufenthaltsort das maßgebliche Kriterium darstellt[17].
Nicht als Niederlassung einer Vertragspartei gilt der gewöhnliche Aufenthalt von Handelsvertretern oder sonstigen Repräsentanten, die Verträge in fremdem Namen abschließen[18].
Bei der autonomen Anwendung des UN-Kaufrechtsübereinkommens bedarf es keiner vertraglichen Geltungsvereinbarung durch die Vertragsparteien. Ebenso unbeachtlich sind bei dieser Anwendungsform die Regeln des internationalen Privatrechts. Einheitskaufrecht kommt vielmehr automatisch dann zur Anwendung, wenn es sich um ein Kaufgeschäft zwischen Vertragsparteien mit Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten handelt, man spricht deshalb auch von „autonomer Anknüpfung“[19].
2.1.2 Anwendung aufgrund kollisionsrechtlicher Verweisung
Neben der autonomen Anwendung gem. Art. 1 Abs. 1 lit. a CISG eröffnet Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG eine zweite Anwendungsvariante: UN-Kaufrecht kommt demnach zur Anwendung, wenn die Regeln des internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen[20]. Hierdurch können auch Kaufverträge mit Parteien, die ihre Niederlassung in Nichtvertragsstaaten haben, UN-Kaufrecht unterliegen.
Verklagt beispielsweise ein Käufer aus einem Nichtvertragsstaat den deutschen Verkäufer in der Bundesrepublik und kommt gem. Art. 28 EGBGB deutsches Recht zur Anwendung, so findet gem. Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG nicht das BGB, sondern UN-Kaufrecht Anwendung, obwohl eine der beiden Vertragsparteien ihre Niederlassung in einem Nichtvertragsstaat hat[21].
Ziel des Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG ist die Schaffung eines universellen Anwendungsbereiches des CISG, was im Einklang mit dem Ziel der Konvention, nämlich ein international einheitliches Kaufrecht zu schaffen, steht[22]. Das Abkommen wird somit unter den dargestellten Voraussetzungen auch für Parteien aus Nichtvertragsstaaten rechtsverbindlich.
Dieser Umstand wurde von Teilen der Literatur kritisiert[23], neben Auslegungsschwierigkeiten wurde insbesondere auf die Tatsache verwiesen, dass das UN-Kaufrecht als ein internationales Übereinkommen auch für solche Staaten Geltung erlange, die dieses weder ratifiziert noch anderweitig in Kraft gesetzt hätten.
Auch die Bundesrepublik Deutschland hatte teilweise Bedenken gegen Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG und legte deshalb gegen die kollisionsrechtliche Verweisung bei der Ratifikation der Konvention einen Teilvorbehalt ein. Dieser wurde durch Art. 2 des Vertragsgesetzes in nationales Recht umgesetzt[24]. Gemäß dieser Regelung findet das Übereinkommen keine Anwendung, wenn deutsches IPR auf das Recht eines Staates verweist, der vom Vorbehalt gem. Art. 95 CISG Gebrauch gemacht hat. Anzuwenden ist in diesem Fall dann das nationale Recht des Vertragsstaates[25].
[...]
[1] Nicht in Kraft gesetzt haben das Wiener Übereinkommen unter anderem Großbritannien und Japan.
[2] BGBl. 1989, S. 586 ff., im Folgenden auch Einheitskaufrecht, CISG, Abkommen oder Konvention genannt.
[3] Vgl. DIHK (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform – Auswirkungen auf den Außenhandel, 2002, S. 24.
[4] Witz/Salger/Lorenz, Art. 1 CISG Rn. 11.
[5] Piltz, AnwBl 1991, S. 57, S. 58.
[6] Einheitliches Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen vom 17. Juli 1973 (BGBl. I S. 856) und das Einheitliche Gesetz über den Abschluss von internationalen Kaufverträgen über beweglichen Sachen vom 17. Juli 1973 (BGBl. I S. 868).
[7] Vgl. Langenecker, S. 23.
[8] Vgl. Schlechtriem, AJP 1992, S. 339, S. 345; Witz/Salger/Lorenz, Art. 1 CISG Rn. 1.
[9] Vgl. v. Caemmerer/Schlechtriem/Herber, Art. 1 CISG Rn. 28.
[10] Vgl. hierzu auch Witz/Salger/Lorenz, Art. 1 CISG Rn. 13.
[11] Schlechtriem, AJP 1992, S. 339, S. 343.
[12] Vgl. Karollus, JuS 1993, S. 378, S. 379.
[13] Piltz, AnwBl 1991, S. 57, S. 59.
[14] Vgl. Piltz, AnwBl 1991, S. 57, S. 60.
[15] Witz/Salger/Lorenz, Art. 1 CISG Rn. 9; zustimmend auch v. Caemmerer/Schlech-triem/Herber, Art. 1 CISG Rn. 27 der dieses aus Art. 10 lit. a CISG herleitet.
[16] Vgl. Achilles, Art. 1, Rn. 5; v. Caemmerer/Schlechtriem/Herber, Art. 1 CISG Rn. 28; Witz/Salger/Lorenz, Art. 1 CISG Rn. 7.
[17] Dies ist in aller Regel bei natürlichen Personen relevant. Vgl. hierzu auch v. Caemmerer/Schlechtriem/Herber, Art. 1 CISG Rn. 25.
[18] Piltz, AnwBl 1991, S. 57, S. 60.
[19] So etwa Karollus, JuS 1993, S. 378, S. 379.
[20] Witz/Salger/Lorenz, Art. 1 CISG Rn. 12; kritisch Pünder, RIW 1990, S. 869, S. 870.
[21] Vgl. Karollus, JuS 1993, S. 378, S. 379.
[22] Ziegler, Leistungsstörungsrecht, S. 26; vgl. auch v. Caemmerer/Schlech-triem/Herber, Art. 1 CISG Rn. 42.
[23] Beispielsweise Herber, RIW 1987, S. 341, S. 342; Schlechtriem JZ 1988, S. 1039; Vékas, IPRax 1987, S. 342.
[24] BGBl. 1989 II, S. 86 ff..
[25] Piltz, AnwBl 1991, S. 57, S. 60; vgl. auch Witz/Salger/Lorenz, Art. 1 CISG Rn. 13; kritisch differenzierend v. Caemmerer/Schlechtriem/Herber, Art. 1 CISG Rn. 40.
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