Unterrichtsstörungen in der Grundschule. Definition und Erscheinungsformen


Akademische Arbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Unterrichtsstörungen in der Grundschule – ein beständiges Problem?

2. Struktur der vorliegenden Arbeit

3. Phänomen Unterrichtsstörung
3.1 Zum Begriff „Unterrichtsstörung“
3.1.1 Definition nach Karlheinz Biller (1981)
3.1.2 Definition nach A. und R. Ortner (2000)
3.1.3 Definition nach Gerd Lohmann (2003)
3.1.4 Definition nach Rainer Winkel (2005)
3.2 Graduelle Unterschiede von Unterrichtsstörungen
3.2.1 Leichte Störungen
3.2.2 Indirekte und direkte Störungen
3.2.3 Unbehebbare Störungen
3.2.4 Unvermeidbare Störungen
3.3 Erscheinungsformen von Unterrichtsstörungen
3.3.1 Die Clownerie
3.3.2 Despektierliches Verhalten
3.3.3 Die Provokation
3.3.4 Passives Verhalten
3.3.5 Zuspätkommen
3.3.6 Schülergespräche im Unterricht
3.3.7 Vernachlässigung der Hausaufgaben
3.3.8 Überziehen der Zeit

4. Schlussbemerkung

5. Literaturverzeichnis und weiterführende Literatur

1.Unterrichtsstörungen in der Grundschule – ein beständiges Problem?

Unterrichtsstörungen kommen in jeder noch so vorbildlichen Klasse bzw. Schule vor. Störungen sind Wesensbestandteile von Unterricht, aufgrund gegenseitigen Missverstehens von Schüler und Lehrer. Manche Störungen können reduziert werden, andere lösen sich von selbst oder sind unbehebbar.

In der Grundschule müssen die Schüler sich anfangs erst an bestimmte Regeln und Richtlinien gewöhnen und zusätzlich lernen, dauerhaft 45 Minuten im Klassenraum zu verbringen – meist sitzend auf dem eigenen Platz. Es ist naheliegend, dass dies nach einem turbulenten und bewegungsintensiven Kindergartenvormittag ungewohnt und neu erscheint. In der ersten Klassenstufe treten gewöhnlich Störungen auf, die sich alljährlich zutragen, wenn Neulinge in den Schulalltag starten. Dazu gehören unruhige Verhaltensweisen, „plötzliches Aufstehen“ oder „in die Klasse rufen“. Viele Regeln werden Schülern im Laufe des Schulalltages gelehrt, damit ihnen bewusst wird, dass für ein Zusammenleben in einer Klassengemeinschaft bestimmte Regeln vonnöten sind.

Inzwischen gibt es eine Reihe an Literatur[1], in der sich die Autoren mit diesem speziellen Thema auseinandergesetzt haben und verschiedene Ratschläge und Lösungen sowie Hinweise geben, bestimmte Unterrichtsstörungen zu vermeiden. Es sind allerdings keine Patentrezepte, die die sofortige Lösung hervorbringen, sondern Verbesserungsvorschläge und Möglichkeiten, Störungen zu verringern. Sie sollen primär zum Nachdenken anregen und nicht unbedingt eins zu eins umgesetzt werden. Es erfordert intensive Arbeit, mit Schülern ein positives Klassenklima herzustellen und dies auch beizubehalten. Man findet immer wieder Schüler mit individuellen Problemen und Niveaustufen. Einige langweilen sich oder sie finden es gerade viel spannender, sich mit ihren gerade neu gefundenen Klassenkameraden zu unterhalten, anstatt dem Unterricht zu folgen.

Allerdings gibt es nicht nur Störungen im Unterricht, die von Schülerseite produziert werden, ihre Gründe können auch anderer Natur sein. Oft stehen die Schüler im Mittelpunkt der Ursache, aber man sollte weitere mögliche Faktoren wie die Lehrkräfte oder soziale Komponenten nicht außer Acht lassen. Lehrer und Schüler können sich gegenseitig als Störfaktoren empfinden und sich demzufolge das Leben erschweren. Resultierend leiden dadurch Lehrer in bestimmten Situationen unter ihren Schülern, aber auch Schüler unter ihren Lehrern.[2]

Die Ursachen von Unterrichtsstörungen sich zudem nicht nur in der Schule oder Klasse vorzufinden, sondern können auch „individuelle, familiäre, gesellschaftliche, historische, zeittypische“[3] Gründe haben, die außerhalb des Schulalltags liegen.

Störungen können aufgrund subjektiver Wahrnehmungen als solche betrachtet werden, d.h. manche Personen sehen eine Situation als störend an, von der sich andere wiederum nicht gestört fühlen. Somit gibt es auch Unterrichtsstörungen, die eigentlich keine sind, aber in der Betrachtungsweise einzelner Personen als solche wahrgenommen werden.

Hinter dem Begriff Unterrichtsstörungen verbirgt sich viel mehr, als man zuerst glaubt. Störungen bedeuten oft Konflikte zwischen Personen oder Konflikte, die durch Personen verursacht werden. Diese Konflikte finden in der Schule zwischen einzelnen Schülern oder zwischen diesen und der Lehrkraft statt. Es gibt dementsprechend qualitative Unterschiede bei Störungen wie leichte, indirekte und direkte, unbehebbare sowie unvermeidbare Störungen.[4] Im Lehrerzimmer oder auf Besprechungen klagen Lehrer über Schüler, die ihren Unterricht stören oder boykottieren. Aber gibt es immer Gründe bzw. Beabsichtigungen von Schülern den Unterricht zu stören? Sie reden mit dem Tischnachbarn oder kippeln mit dem Stuhl, anstatt aufmerksam den Unterricht der vorne stehenden Lehrkraft zu folgen. Manche Schüler finden es schwer, sich für eine bestimmte Zeit dauerhaft zu konzentrieren, leiden unter Bewegungsmangel oder brauchen wechselnde Unterrichtsmethoden, um sich neu zu motivieren.

2.Struktur der vorliegenden Arbeit

In dieser Arbeit gebe ich einen Überblick über eine Auswahl von klassischen Erscheinungsformen bzgl. Unterrichtsstörungen mit Ursachen, Präventions- und Handlungsmöglichkeiten in der Grundschule. Es werden verschiedene Definitionen zu dem Begriff Unterrichtsstörungen dargestellt, um die Frage zu beantworten, was unter Unterrichtsstörungen zu verstehen ist. Diese dienen als theoretische Grundlage des weiterführenden Kapitels. Anschließend werden unterschiedliche Formen von Unterrichtsstörungen in Untergruppen vorgestellt, die in der Folge in direkten Erscheinungsformen explizit beschrieben werden.

3.Phänomen Unterrichtsstörung

Wer sich mit dem Thema Unterrichtsstörungen beschäftigt, muss sich zunächst mit der Frage auseinandersetzen, wie sich Unterrichtsstörungen definieren lassen. Störungen können in verschiedenen Bereichen auftreten und sich auch auf unterschiedlichste Art und Weise äußern. Diesbezüglich werde ich vier Definitionen vorstellen, die hinsichtlich des Begriffs Unterrichtsstörungen jeweils andere Schwerpunkte setzen. Zuerst werden Unterrichtsstörungen in grobe und überschaubare Subgruppen unterteilt. Anschließend wird eine Anzahl von bestimmten Störungen mit ihren Symptomen vorgestellt, um anhand von diesen Beispielen im nächsten Kapitel die Ursachen zu erläutern.

3.1 Zum Begriff „Unterrichtsstörung“

Heutzutage gibt es viele und verschiedene Definitionen von Unterrichtsstörungen, die allerdings in der Literatur so noch nicht lange vorhanden sind. Der Begriff war vor den 90er Jahren kaum in der Fachliteratur vorzufinden bzw. völlig unbekannt. Begriffe wie Disziplinschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten oder Erziehungsschwierigkeiten herrschten anstelle dessen vor. Sie lehnen sich eng an den Begriff Unterrichtsstörungen an, allerdings fällt es heutzutage schwer, diese Begriffe für Störungen im Unterricht unmittelbar anzuwenden, da z.B. Auffälligkeiten im Verhalten nicht gleich zu Unterrichtstörungen führen müssen. Die ersten Begrifflichkeiten werden sofort mit an bestimmte Personen gerichtete Schuldzuweisungen in Verbindungen gebracht, so dass Disziplinschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten des Schülers auf Probleme der Eltern bzw. Betreuer mit der Erziehung zurückgeführt werden.

Bevor diverse Ursachen in Betracht gezogen werden, sollte vorerst im Rahmen der pädagogischen Möglichkeiten reflektiert werden, was von Seiten der Schule, inklusive Lehrern, Kollegen, Eltern und Schülern zur Vermeidung von Unterrichtsstörungen beigetragen werden kann.

3.1.1 Definition nach Karlheinz Biller (1981)

„Alles, was den Prozeß oder das Beziehungsgefüge von Unterrichtssituationen unterbricht oder unterbrechen könnte, ist als konkrete oder potentielle Unterrichtsstörung definierbar.“ [5]

Als einer der ersten Pädagogen stellt Karlheinz Biller eine Definition des Begriffes Unterrichtsstörungen auf. Für ihn können mehrere Faktoren für Störungen im Unterricht Ursache sein, die von verschiedenen Personen individuell wahrgenommen werden. Biller hat sich ganz bewusst für diesen Begriff entschieden, im Gegensatz zu Verhaltensauffälligkeit, Erziehungsschwierigkeit oder Disziplinlosigkeit, aufgrund der Wertneutralität und dem ersichtlichen Bezug zur Unterrichtspraxis. Denn nur in der Praxis kann deutlich werden, welche Störungen den Lehr-Lern-Prozess kurz- oder langfristig unterbrechen.

In Anlehnung an L. J. Pongratz[6], der sich mit Verhaltensauffälligkeiten beschäftigt hat, zeigt Biller drei Arten von Normen an, die sich an die individuellen Vorstellungen des Alltags anlehnen: Sozio-kulturelle Normen, statistische Normen und subjektive Normen. Sozio-kulturelle Normen umfassen Regeln im Umgang und Verhalten sowie Wertehaltungen, die ein Zusammenleben von Lehrer und Schülern vereinfachen und angenehmer werden lassen, wenn sich nach ihnen orientiert wird. Verhält sich eine Klasse mit ihrem Lehrer dementsprechend normgerecht, so dass alle Beteiligten den Unterricht fortführen und folgen können, sind statistische Normen vorhanden. Entwicklungen aus dem Umgang mit Personen der sozialen Gruppe gehören den subjektiven Normen an. Lehrer beobachten demzufolge ihre Schüler im Arbeitsverhalten und Umgang mit weiteren Mitschülern.[7]

Eine Unterrichtsstörung nach ihrer exakten Ursache zuzuordnen, erscheint vor allem insofern schwierig, weil alle Beteiligten ein anderes Wahrnehmungsvermögen besitzen. Biller stützt sich nicht direkt auf konkrete Personen oder Sachverhalte, die es zu Unterrichtsstörungen kommen lassen, aber tendiert dazu, Ursachen in dem Verhalten und der Umwelt der Schüler zu suchen, die wiederum resultierend aus anderen außer- und innerschulischen Faktoren entstehen können.

3.1.2 Definition nach A. und R. Ortner (2000)

„Eine konkrete oder potenzielle Unterrichtsstörung umfasst alles, was dazu führt oder führen kann, den Prozess oder die Beziehungsgefüge von Unterrichtssituationen zu unterbrechen (Biller 1981). Auf das Verhalten eines Schülers bezogen betrifft Stören des Unterrichts alle Aktionen und Reaktionen, mit denen dieser sich bewusst über schulische Normen und Regeln hinwegsetzt. Das Störverhalten richtet sich dabei gegen den Lehrer, die Mitschüler oder gegen den Unterrichtsverlauf.“ [8]

Die schon von Biller vorhandene Definition wird von Alexandra und Reinhold Ortner erweitert, indem sie sich auf das Verhalten der Schüler beziehen, die am Störungsprozess beteiligt sein können.

[...]


[1] U.a. Winkel, Rainer, Der gestörte Unterricht, Diagnostische und therapeutische Möglichkeiten. Baltmannsweiler: Schneider, 2005.; Lohmann, Gerd, Mit Schülern klarkommen. Professioneller Umgang mit Unterrichtsstörungen und Disziplinkonflikten, Berlin: Cornelsen, 2003.; Biller, Karlheinz, Unterrichtsstörungen, Stuttgart: Klett, 1981.

[2] Vgl.: Winkel, Rainer, Der gestörte Unterricht, 2005, S.9.

[3] ebenda, S.9f.

[4] Vgl.: Biller, Karlheinz, Unterrichtsstörungen, Stuttgart: Klett, 1981, S.34ff

[5] Biller, K., Unterrichtsstörungen, 1981, S.28.

[6] Pongratz, Ludwig J., Lehrbuch der Klinischen Psychologie. Psychologische Grundlagen der Psychotherapie, Göttingen: Hogrefe, 1975, S.53-65. Zitiert nach: Biller, K., Unterrichtsstörungen, 1981, S.28f.

[7] Vgl.: Biller, K., Unterrichtsstörungen, 1981, S.28f.

[8] Ortner, Alexandra/ Ortner, Reinhold. Verhaltens- und Lernschwierigkeiten. Weinheim/ Basel: Beltz, 2000, S.200.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Unterrichtsstörungen in der Grundschule. Definition und Erscheinungsformen
Hochschule
Europa-Universität Flensburg (ehem. Universität Flensburg)
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V288997
ISBN (eBook)
9783656891901
ISBN (Buch)
9783656906209
Dateigröße
416 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterrichtsstörungen, Grundschule, Schüler, Lehrer
Arbeit zitieren
Ulrike Albrecht (Autor:in), 2006, Unterrichtsstörungen in der Grundschule. Definition und Erscheinungsformen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288997

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