„Mythos“ Bismarck. Realpolitiker, Reichsgründer oder Machtgieriger?


Facharbeit (Schule), 2014

26 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen - Lebenslauf
2.1 Geburt und Familiäre Verhältnisse
2.2 Die Jugend von Bismarck
2.3 Das Studium in Göttingen und Berlin
2.4 Wechsel in die Verwaltung, danach von Aachen nach Potsdam
2.5 Militärdienst und Zeit als Gutsherr
2.6 Die Pietisten
2.7 Erstes politisches Wirken
2.8 Die 48er Revolution und der Konflikt mit Prinzessin Augusta
2.9 Die Angst vor Revolution und Demokratie
2.10 Königin Augusta als großer Bismarck Gegner
2.11 Retter der Monarchie und Ernennung zum Ministerpräsident Preußens
2.12 Revolution in Polen
2.13 Österreichs und die Reform im deutschen Bund
2.14 Deutsch-Dänischer Krieg
2.15 Der Bruderkrieg und die Gründung des Norddeutschen Bundes
2.16 Der letzte Einigungskrieg
2.17 Der große innenpolitische Kampf beginnt
2.18 Die Krönung des neuen Kaisers und der Sturz des Reichskanzlers
2.19 Status Reichsgründer
2.20 Der wichtigste Mann Deutschlands
2.21 Krankheiten
2.22 Bismarcks Tod

3. Bismarck und die Macht
3.1 Preußen muss Macht bekommen
3.2 Der Weg zur Machtgier
3.3 Der rechthaberische Bismarck
3.4 Otto von Bismarck im Mittelpunkt
3.5 Historisch sozialer Kontext zur Machtgier-Frage

4. Die Bismarcksche Politik
4.1 Staatsegoismus
4.2 Realpolitik
4.3 Leitlinien und doch Opportunist
4.4 Innenpolitik
4.4.1 Bismarck gegen die Katholische Kirche
4.4.2 Bismarck und die Liberalen
4.4.3 Bismarck gegen die Sozialisten

5. Bismarck als Reichsgründer
5.1 Mythos des Reichsgründers Bismarck
5.2 Bismarck als Kriegssymbol
5.2.1 Fazit zum Mythos um den Reichsgründer Bismarck

6. Schlussbetrachtung

7. Quellen
7.1 Buchquellen
7.2 Internetquellen

1. Einleitung

In meiner Arbeit werde ich auf den Mythos Bismarck eingehen. Die Frage nach der Machtgier, die ihm immer wieder zugeschrieben wird, bildet einen elementaren Baustein in meiner Ausarbeitung. Auch mit seiner Politik werde ich mich beschäftigen. Ob Otto von Bismarck als der Gründer des Deutschen Reiches gilt, werde ich in meiner Arbeit auch aufzeigen.

Beginnen werde ich mit einer detailreichen Verlaufsbeschreibung seines Lebens, die klären soll, welche Verhältnisse zu dem interessanten Charakter Bismarcks geführt haben. Die Frage nach Macht wird hier eine große Rolle spielen. Es wird eine genauere Definition zu seiner Politik folgen, in der es zu klären gilt, ob Bismarck ein Verfechter der Realpolitik war. Die Frage, ob er als Reichsgründer gilt, werde ich ebenfalls klären. Wie es zu dem „Mythos“ Bismarck kam, werde ich in Verbindung mit der Frage nach dem Reichsgründer Bismarck beantworten. Meine Ausarbeitung endet mit einer kurzen Zusammenfassung und einer persönlichen Stellungnahme.

2. Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen - Lebenslauf

2.1 Geburt und Familiäre Verhältnisse

Otto Eduard Leopold von Bismarck-Schönhausen wurde am 1. April 1815 bei Stendal in Schönhausen im heutigen Sachsen-Anhalt geboren. Er war der zweite Sohn von Karl Wilhelm Ferdinand von Bismarck (1771-1845) und von dessen Ehefrau Luise Wilhelmine geb. Mencken (1790-1839). Die Familie väterlicherseits entstammt dem Altmärkischen Uradel, eine dem Ritterstand angehörende Großgrundbesitzerfamilie die dem preußischen Staat seit Jahrhunderten Offiziere gestellt hatte. Otto von Bismarcks mütterliche Familie Mecken, war eine sehr angesehene Gelehrtenfamilie. Neben Beamten zählte diese Familie auch hohe Gelehrte zu ihren Vorfahren. Ferdinant und Luise Bismarck hatten sechs Kinder, doch drei davon starben schon im frühen Kindesalter. Otto, sein älterer Bruder Bernhard und seine jüngere Schwester Malwine jedoch überschritten alle das 80. Lebensjahr. Im Jahr 1816 verstarb ein Vetter von Ferdinand von Bismarck und vererbte ihm die Rittergüte Kniephof, Jarchelin und Külz. Somit verlegte die Familie Bismarck ihren Wohnsitz von Schönhausen nach Kniephof, wo der junge Otto von Bismarck aufwachsen sollte.1

2.2 Die Jugend von Bismarck

Im Alter von sechs Jahren wurde er jedoch auf eine Schülerpension in Berlin geschickt, auf der schon der ältere Bruder war. In dieser Schülerpension herrschte ein sehr patriotischer Geist, sowie außerordentliche Disziplin verbunden mit „Franzosenhass“, was jedoch wenn man es im sozial-zeitlichen Kontext sieht, nicht außergewöhnlich war. Bismarck sprach in späteren Jahren von einem „>> künstlichen Spartanertum <<“2, das ihm wie ein „>> Zuchthaus vorkam. <<“3. Nach der Auflösung dieser Anstalt besuchten die Brüder ein Gymnasium, hier erwarb Otto seine hervorragenden Englischkenntnisse und ein perfektes Französisch für das er später oftmals bewundert wurde. Otto von Bismarck bekam Theologieunterricht von einem namhaften Theologen, doch der weckte in ihm eine gewisse Skepsis gegenüber dem Gottesglauben, die er aber im Laufe seines Lebens wieder ablegen sollte. 4 5 6

2.3 Das Studium in Göttingen und Berlin

Als der 17 Jährige Otto die Abiturreife erwarb, hätte er am liebsten in Mannheim die Universität besucht, doch das verbat ihm die Mutter und schickte ihn nach Göttingen an die Hochschule. Bismarck erlebte hier seine erste Zeit der Befreiung, da er nun nicht mehr bevormundet wurde. Nach wenigen Wochen trat er einer Burschenschaft bei, ihm missfiel jedoch,

... ihr Mangel an äußerlicher Erziehung und an Formen der guten Gesellschaft ...7. Ebenso hegte er eine gewisse Abneigung gegen die „... Extravaganz ihrer politischen Auffassungen 8, seiner Meinung nach lag es an einem „ Mangel an Bildung und­ an Kenntnis der vorhandenen, historische gewordenen Lebensverhältnisse ...9. Trinkgelage und Schuldenmachen waren nur wenige der Sorgen welche er seinen Eltern bereitet. Der junge Bismarck war ein begnadeter Fechter, wie er seinem Bruder in einem Brief mitteilte, sowie ein begehrter Tänzer und guter Reiter. Am Fachstudium war er wohl wenig interessiert, doch eine Vorlesung hatte es ihm schwer angetan. Er besuchte die Vorlesungen von Arnold Heeren zum europäischen Staatensystem nahezu ausnahmslos. Auf die Frage was er Studiere antwortete er „<< Diplomatie >>“10. Schon ab diesem Zeitpunkt war er davon überzeugt, dass „ ... die Entwicklung der nächsten Zukunft uns zur deutschen Einheit führen werde ...11. Nach drei Semestern in Göttingen wechselte er im Winter an die Universität Berlin. Wenige Wochen nach seinem 20. Geburtstag bestand er die Auskultatorprüfung12 13.

2.4 Wechsel in die Verwaltung, danach von Aachen nach Potsdam

Seine Referendar-Zeit verbrachte er am Kammergericht in Berlin, einem Freund schrieb er, das er fleißig arbeite aber auch „... exzessiv verliebt ...14 in fortwährend wechselnde „... Gegenstände seiner Neigung.“15 wäre. Noch vor dem Abschluss seines Referendariats wechselte er von der Justiz zur Verwaltung, da er es als günstigere Position für eine angestrebte Diplomatenkarriere sah. Er schrieb ein Gesuch an das Regierungspräsidium Aachen das ihm die Erlaubnis zur Ablegung dieses Examens erteilte. Er bestand die Prüfungen mit „<< Sehr Gut >> und Gelungen >>“16 Von nun an konnte er den Dienst am Regierungspräsidium Aachen aufnehmen.17 Doch auch hier gab es für ihn einige Möglichkeiten dem langweiligen Leben eines Regierungsreferendars zu entfliehen. Er vergnügte sich oftmals mit jungen Ladies aus englischem Hause, dabei entstand ein „... Techtelmechtel ...18 19 das er aber schnell beendete als er erfuhr, dass sie ihre sozialen Verhältnisse maßlos geschönt hatte. Bismarck verliebte sich in Isabella Loraine Smith aus englischem Adel. Um ihrer Familie bei einer Deutschlandreise beizuwohnen, bat er um einen längeren Urlaub. Bei dieser Reise überschritt er aber die Urlaubserlaubnis und bat nicht um Verlängerung. Bismarck verlobte sich, doch ehe die Verbindung geschlossen werden konnte, trennten sie sich aus unbekannten Gründen.20 In seiner Biographie wird ihrer nicht einmal ein Satz gewidmet.21 Er konnte jetzt nicht mehr zurück nach Aachen, also schrieb er eine Versetzungsanfrage an das Regierungspräsidium in Potsdam, das bewilligt wurde.

2.5 Militärdienst und Zeit als Gutsherr

Auch die Tätigkeit in Potsdam war nur von kurzer Dauer, denn er trat nun seinen hinausgeschobenen Militärdienst bei den Gardejägern an. In diesem Sommer (1838) wurde sein Verlangen ein freies Leben als Gutsherr zu führen so groß, das er an seine Cousine, die ihn um das bleiben im Staatsdienst bat, schrieb: „... sein Ehrgeiz strebe mehr danach zu befehlen, als zu gehorchen, er wolle Musik machen wie er sie für gut erkenne, oder gar keine....22 Seinem Vater legte er auch den wirklichen Grund seines Heimkehrens dar, es mangelte ihm an Geld seine Schulden zu begleichen und mit dem Gehalt eines Staatsdieners würde er es nicht schaffen die Schulden zu bezahlen. Sein Gesuch nach einer förmlichen Entlassung reichte er im Oktober 1839 ein, nachdem er während seiner Beurlaubung das Gut seines Vaters mit seinem Bruder leitete. Die Teilung des Guts, brachte Bismarck Kneiphof und Jarchelin. Im Frühjahr 1839 starb seine Mutter, wie er später schrieb war aber der Tod von Marie von Blackenburg, einer späteren geliebten, „... das erste Mal, dass ich jemand verliere, der mir wirklich nahestand ...23..Der Junge Bismarck gab sich voll der Landwirtschaft hin, er führte moderne betriebswirtschaftliche Methoden ein und bewirtschaftete sein Land immer gewinnbringender. 1841 hielt er um die Hand einer Gutsbesitzerstochter an, doch sie lehnte ab. Dieser schwere Schlag bewegte ihn auf eine mehrmonatige Reise durch Europa. Als er seine Schulden abbezahlt hatte, wurde ihm sein Wirkungsgrad zu klein, was ihn mit Unzufriedenheit belastete.24 Bismarck bekam diesen Drang nach Macht und Einfluss seit Kindertagen von seiner Mutter eingeflößt. Er langweilte sich ungeheuerlich und prahlte in Briefen an seinen Studienfreund, das er sich mit Trinkgelagen, Pferden und Hunden vergnüge.25 Aus dieser gänzlich großen Langeweile heraus, entschied er sich einen Brief zur wieder Aufnahme im Potsdamer Regierungspräsidium zu schreiben der bewilligt wurde. Nach wiederum kurzer Zeit bat er um kurzen Urlaub, aus dem er dann nicht mehr in den Dienst zurückkehrte, gleich der Zeit in Aachen.

2.6 Die Pietisten

Er fand erst aus seiner Lebenskrise, als er mit Pietisten26 in Berührung kam, zu denen sein Freund Moritz von Blankenburg gehörte und dessen Verlobte Marie, seine spätere geliebte.27 Mit dieser Marie pflegte Bismarck eine innige freundschaftliche Beziehung und sprach mit ihr oft über Religion. Marie stellte ihm eine Freundin, Johanna von Puttkamer, vor die später seine Frau werden sollte. Nach dem Tod Marie von Blanckenburgs war Bismarck sichtlich schwer getroffen. Maries Freundin, Johanna von Puttkamer und Bismarck verbrachten einige Zeit miteinander, schon einen Monat nach dem Tod Maries beschlossen sie zu heiraten. Bismarck reiste zu den Eltern Johannas und überzeugte sie seiner Würdigkeit ihre Tochter zu heiraten. Bismarck fand in seiner künftigen Frau genau die nach der er immer gesucht hatte. Sie stand ihr gesamtes Leben hinter ihm, sie tolerierte nicht nur seine Entscheidungen, sondern identifizierte sich sogar damit. Auch das freundschaftliche Umfeld ihres Gatten verleibte sie sich ein. 28

2.7 Erstes politisches Wirken

Das Jahr 1847, mit seiner Verlobung, bat ihm die Grundlage für ein stabiles Dasein. Es wird oftmals als Schlüsseljahr von Bismarck bezeichnet. Die Hochzeit und das erste politische wirken im Vereinigten Landtag29 machen dieses Jahr für ihn zeitlebens so elementar. Er wurde zum Deichhauptmann ernannt und wollte unbedingt in den Vereinigten Landtag kommen, doch konnte bis zu dessen erster Eröffnung30 nur ein Stellvertreter der sächsischen Abgeordneten werden. Erst nach der Krankheit eines Abgeordneten und der damit verbundenen Niederlegung des Mandats rückte Bismarck in den Landtag nach, als bis dahin jüngstes Mitglied. Als der Landtag im Juli geschlossen wurde war der Junker aus der Altmark in ganz Preußen bekannt. Er galt als der Vorkämpfer der Krone und als heißblütig-konservativer Mann. Bismarck machte sich durch seine scharf kritischen Reden, die Kälte in seinem Sarkasmus und des Spottes gegen politische Gegner nicht nur Freunde. Doch durch eifrige Teilnahme manövrierte er sich an das oberste Glied seiner Fraktion. Nach Tagen seiner Abwesenheit vom Landtag bemerkte er „... das sein bei Gelegenheit hervorgetretene Bissigkeit gegen die Lügen der Opposition, die mit schönen Worten böse Werke verdeckten, soviel Eindruck gemacht hatte, dass seine Abwesenheit wenigstens aufgefallen war, was unter 600 schon viel ist. ...31 Seine wichtigste Rede zur dieser Zeit hielt er kurz vor dem Ende des Landtags, sie umfasste seinen Standpunkt zum Gesetzesvorschlag der Judenemanzipation32. Seine Rede beinhaltete eine vehemente Verneinung gegenüber diesem Gesetz, was für einen konservativen Politiker nicht unüblich war . Doch war Bismarck „... kein Feind der Juden...33, dem tat er offen kund. Schnell war auch klar, das sich der junge Junker nicht schnell aus der Politik zurückziehen würde. Dies ist an der Bemühung um Sponsoren einer konservative Zeitung zu erkennen. Durch sein politisches Wirken konnte Bismarck seiner Verlobten nicht oft beiwohnen, doch heirateten sie im Juli 1847. Die anschließende Hochzeitsreise zog ein unerwartetes Treffen mit dem König nach sich, der Bismarcks Engagement lobte. Was wohl damit zusammenhängt, das die Ansicht des Königs und Bismarcks zu der angedachten Verfassung gleich negativ war.34

2.8 Die 48er Revolution und der Konflikt mit Prinzessin Augusta

Die Revolution von 1848 war für Bismarck ein tiefer Schlag. In Berlin kam es am 18.März zu Straßenschlachten, wo die Demokraten siegten sollte, sie forderten ein einiges Deutschland.35 Nachdem Bismarck in Kneipdorf für Ruhe gesorgt hatte, wollte er mit seinen Bauern nach Berlin ziehen um gegen die Aufständischen zu kämpfen. Er konnte den Sieg der Barrikadenkämpfe einfach nicht akzeptieren. Doch statt mit seinen Bauern, reiste er alleine erst nach Berlin, dann nach Potsdam, um die Generäle davon zu überzeugen, eigenständig militärisch zu handeln. Inzwischen zog der König mit einer Schwarz-Rot-Goldenen Flagge durch Berlin um weiteres Blutvergießen zu verhindern. Außerdem gibt der König bekannt, das Preußen nun in einem geeinigten Deutschland aufgehen werde. Bismarck verschaffte sich Zugang zu der Schwägerin des Königs und wollte sie in einem Vieraugengespräch zu einem Staatsstreich anstiften. Mit ihrer Hilfe wollte er den seiner Meinung nach verräterischen König stürzen. Doch sie lehnt empört ab und hegt von nun an einen lebenslang währenden Hass gegen Bismarck. So war Bismarck auch sehr zufrieden mit den kommenden politischen Entwicklungen, die Neben- bzw. Gegenregierung in Preußen gewinnt immer mehr an Macht, schon bald waren die Zeitungen gefüllt mit Karikaturen vom Adler, der Preußen darstellen sollte, der die Schlange der Revolution frisst. Im November 1849 ziehen Truppen nach Berlin und beenden somit die demokratischen Bewegungen in Deutschland für viele Jahre. Bismarck blüht wieder auf, wie auch seine politische Karriere.

2.9 Die Angst vor Revolution und Demokratie

Er wird ins Unionsparlament in Erfurt gewählt, hier soll eine Union deutscher Fürstenstaaten gegründet werden, um das Volk zu besänftigen. Doch dem Junker ist noch immer alles zu demokratisch, er erträgt nicht mal die Schwarz-Rot-Goldenen Schleifen an den Stühlen der Abgeordneten. Hier beginnt seine große Angst vor Revolutionen, die ihn sein komplettes Politisches Wirken lang begleiten wird, und dass die Demokraten zu viel an Macht gewinnen könnten. Die Union scheitert schon 1850, Preußen bleibt im Deutschen Bund, unter der Führung des derzeitig mächtigsten Staates im Deutschen Bund, Österreich. Bismarck wird zum derzeitig seiner Meinung nach wichtigsten diplomatischen Posten in Preußen ernannt, von nun an ist er der preußische Gesandte beim Deutschen Bund in Frankfurt. Diesen Posten erlangte er wiederum nur, durch seine pietistischen Förderer.36 Viele unterschätzen die Wichtigkeit von Frankfurt für Bismarck. Frankfurt sollte seine politische Schule sein, hier lernt er „... mit vielen Worten gar nichts zu sagen ... “.37

2.10 Königin Augusta als großer Bismarck Gegner

Nach acht Jahren wurde er als Gesandter nach Petersburg versetzt, er empfand es als Ruhigstellung und war gänzlich unerfreut. Diese Versetzung rührte daher, dass nach mehreren Schlaganfällen der damalige König abdanken musste und sein liberalerer Bruder an die Macht kam. Nun war die damalige Schwägerin des Königs, die neue Königin. Sie versuchte den ihrer Meinung nach konservativ illoyalen Junker ruhigzustellen. In Russland überdenkt Bismarck seine politische Rolle und freundet sich mit dem Gedanken eines einigen Deutschlands und sogar einer Verfassung an. Ihm war klar, dass wer in der Politik Karriere machen will, der muss sich auch auf Neues einlassen. Doch der Versuch wieder nach Berlin beordert zu werden scheitert, stattdessen wird er als Gesandter nach Paris geschickt. Hier macht er auch Urlaub und trifft Katharina Orlowa, die ihn an seine Jugendliebe erinnert und er verliebt sich in sie. Zum Abschied schenkt sie ihm einen Ölzweig, den er sein Leben lang als Glücksbringer aufbewahrt. Der König wich von seiner liberalen Haltung ab und wollte das Heer aufstocken, doch das liberale Parlament gibt das Budget nicht frei. König Wilhelm wollte lieber abtreten als dem Parlament klein bei zu geben. Bismarck reist nach Berlin um den König davon abzuhalten abzudanken.

2.11 Retter der Monarchie und Ernennung zum Ministerpräsident Preußens

Wie schon 1848 sieht sich Bismarck als Retter Preußens und der Monarchie und steht dann 1862 vor seinem König. Bismarck verspricht dem König die Heeresreform durchzusetzen und sogar das Parlament auszuhebeln. König Wilhelm ist begeistert und ernennt Bismarck zum neuen Ministerpräsidenten und Außenminister Preußens.38 Bei Bismarcks erster öffentlicher Erklärung zog das Kabinett den Budgetentwurf für 1863 zurück und versprach erst mit der Einführung des Wehrpflichtgesetzes den Budgetvorschlag wieder vorzulegen.39 Es folgt seine wohl bekannteste Rede „... nicht durch Reden oder Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der große Fehler von 1848 und 1849 gewesen – sondern durch Eisen und Blut. ...40 sie ist abgeleitet vom Gedicht von Max von Schenkendorf, “Das eiserne Kreuz“. Diese Rede war nur zum Zweck bestimmt, die Konflikte des Abgeordnetenhauses und der Regierung wegen des Budget beizulegen. Auch wegen des Budgets für die Militärreform die der König unbedingt wollte.41 Bismarck glaubte er spreche Selbstverständlichkeiten aus, wenn er von „ Blut und Eisen ...42 sprach, doch diese Worte haften bis heute an ihm. Am 13. Oktober beschloss die Regierung das budgetlose Regime, wie aber Bismarck beteuerte, würden alle Beschlüsse nachgereicht und deren Genehmigung erbittet werden. Die Abgeordneten beschlossen einen Brief an den König zu schreiben, in dem sie ihm einen Verfassungsbruch vorwarfen. Im Mai 1863 kam es dann zu einem Eklat, als der Parlamentspräsident und Kriegsminister Roon in seiner Rede unterbrochen wurde. Die Sitzung wurde aufgelöst. Auf eine Ermahnung des Königs reagierte das Abgeordnetenhaus mit wiederum einem Brief, der beinhaltete, das „ zwischen den Ratgebern der Krone und dem Lande eine Kluft ...43 bestehe, „ welche nicht anders als durch einen Wechsel der Personen, und mehr noch, durch einen Wechsel des Systems ausgefüllt werden kann. ...44. Doch der König lehnte den Brief ab. Die Regierung erließ eine Notverordnung, die ein rigoroses Vorgehen gegen die Presse erlaubte. Bismarck zeigte einige Beleidigungen durch die Presse an, doch es kam immer nur zu geringen Bestrafungen für die Beschuldigten. Im Frühjahr und Sommer des Jahres 1863 war Bismarck also der wohl meist gehasste Mann in Preußen, es grenzt an ein Wunder das er diese politisch heikle Phase überstand. Die Auflösung des Abgeordnetenhauses wurde vom König befohlen, es standen also Neuwahlen an. Die Konservativen konnten zwar einige Sitze gewinnen, doch immer noch besaßen die Liberalen eine Zweidrittelmehrheit. Bismarck traf sich mit den österreichischen Gesandten, er wollte eine Erneuerung der österreichisch-preußischen Allianz und drohte sogleich, wenn Österreich auf Kosten Preußens die Vormachtstellung in Europa erstrebte, würde es zum Krieg führen.

2.12 Revolution in Polen

In Polen brach die Revolution aus, Bismarck versprach dem russischen Zar, ihm bei zu stehen und sendete Truppen. Dies tat er nicht zum Vergnügen, denn er wollte, falls es zu einem Disput mit Frankreich kommen sollte, nicht einen Zweifrontenkrieg riskieren, denn wenn Polen ein eigener Staat werden würde, würde dieser Ansprüche auf Land in Ostpreußen erheben. Nach der Niederschlagung der polnischen Januarrevolution war wieder internationaler politischer Friede eingekehrt.45

2.13 Österreichs und die Reform im deutschen Bund

Österreich strebte die bundesrechtliche Totalreform an, sie würde die Überstimmbarkeit Preußens, sowie die Wahrung der Österreichischen Stellung im Deutschen Bund beinhalten. Es wäre die totale Kontrolle Österreichs über den Deutschen Bund. Über diese Reform sollte in Frankfurt beraten werden, doch der österreichische Entwurf zur Reform blieb noch im Geheimen. König Wilhelm lehnte die Einladung nach Frankfurt auf Bismarcks Wunsch ab. Denn wenn der preußische König nicht zustimmte, wollten die meisten anderen Staaten die Reform nicht in Kraft treten lassen. Bismarck erklärte, das Preußen nur unter drei Bedingungen in den Reformplan eintreten würde: Das Vetorecht der zwei Großmächte, Parität46 der beiden Großmächte im Bundesvorsitz und eine Nationalrepräsentation nach Bevölkerungszahl.

[...]


1 Vgl.: Jochen Thies (2013): Die Bismarcks – Eine deutsche Dynastie, Orginalaufl. 2013, S. 32-33

2 Eberhard Kolb (2009): Bismarck, Originalaufl. München 2009, S. 6

3 Ebd.: S. 7

4 Vgl. Wikipedia, o.V. (2014): Otto von Bismarck, http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_von_Bismarck 16.11.2014, (Abgerufen am 16.10.2014)

5 Vgl. Kolb (2009): S. 6

6 Vgl. Georg Bemmerlein (2000): Deutschland im 19. Jahrhundert, 13. Aufl. Stuttgart 1985, S. 97

7 Otto von Bismarck/Lothar Gall (1990): Bismarck Gedanken und Erinnerungen Mit einem Essay von Lothar Gall, 1. Aufl. München 1990, S. 17

8 Ebd.: S. 17

9 Ebd.: S. 17

10 Kolb (2009): S. 9

11 Bismarck/Gall (1990): S. 17

12 Anm.: Damaliger Ausdruck für das Erste juristische Staatsexamen

13 Vgl. Kolb (2009): S. 8-10

14 Kolb (2009): S. 10

15 Ebd.: S. 10

16 Ebd.: S. 11

17 Anm.: Nach der Vereidigung und Beförderung zum Regierungsreferendar

18 Kolb (2009): S. 11

19 Anm.: Als Techtelmechtel wird meist eine heimliche liebes Beziehung bezeichnet

20 Vgl. Kolb (2009): S. 12

21 Kohl, Horst (1998): Otto von Bismarck Gedanken und Erinnerungen, 1. Aufl. Essen 1998, S. 8-9

22 Kolb (2009): S. 13

23 Ebd.: S.17

24 Vgl. Kolb (2009): S. 13-15

25 Vgl. o.V. (2010): Otto von Bismarck – Biografie 1/4, in: Youtube, https://www.youtube.com/watch?v=Zb9yuEBDS0Q (Abgerufen am 19.11.2014)

26 Anm.: Pietisten sind streng gläubig und auf der immer währenden such nach der sichtlichen Hand Gottes im täglichen Leben. Außerdem sind sie eine sehr fleißige Gruppierung.

27 Vgl. o.V. (2014): Pietismus, in: Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Pietismus 12.11.2014, (Abgerufen am 22.11.2014)

28 Vgl. Kolb (2009): S. 14-18

29 Anm.: Der Vereinigte Landtag bestand aus Mitgliedern aller Provinziallandtage, es waren ungefähr 600 Männer darunter sein Schwiegervater.

30 Anm.: Zum ersten mal am 1. April 1847 einberufen von König Friedrich Wilhelm IV

31 Kolb (2009): S. 21

32 Anm.: Gesetzesvorschlag der es Juden ermöglichen sollte in den Staatsdienst zu gelangen.

33 Kolb (2009): S. 22

34 Vgl. Kolb (2009): S. 19-22

35 Anm.: Einen Sommer lang Regiert das erste frei gewählte Parlament (in Deutschland) in der Paulskirche

36 Vgl.: o.V. (2001): Otto von Bismarck, in: Wikipedia, https://www.youtube.com/watch?v=Zb9yuEBDS0Q (Abgerufen am 23.11.2014)

37 o.V. (2001): Otto von Bismarck, in: Wikipedia, https://www.youtube.com/watch?v=Zb9yuEBDS0Q (Abgerufen am 23.11.2014)

38 Vgl.: o.V. (2001): Otto von Bismarck, in: Wikipedia, https://www.youtube.com/watch?v=Zb9yuEBDS0Q, (Abgerufen am 22.11.2014)

39 Vgl.: Kolb (2009): S. 56

40 o.V. (2014): Blut und Eisen, in: Wikipedia,http://de.wikipedia.org/wiki/Blut_und_Eisen, 17.1.2014, (Abgerufen am 22.11.2014)

41 Vgl.: o.V. (2014): Blut und Eisen, in: Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Blut_und_Eisen, 17.1.2014, (Abgerufen am 22.11.2014)

42 o.V. (2014): Blut und Eisen, in: Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Blut_und_Eisen, 17.1.2014, (Abgerufen am 23.11.2014)

43 Kolb (2009): S. 58

44 Kolb (2009): S. 58

45 Vgl.: Kolb (2009): S. 58-62

46 Anm.: Parität bedeutet Gleichheit

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
„Mythos“ Bismarck. Realpolitiker, Reichsgründer oder Machtgieriger?
Note
1
Autor
Jahr
2014
Seiten
26
Katalognummer
V294692
ISBN (eBook)
9783656924500
ISBN (Buch)
9783656924517
Dateigröße
507 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mythos, bismarck, realpolitiker, reichsgründer, machtgieriger, Otto von Bismark, Deutschland, Sozialgesetze, 19. Jahrhundert, Krieg, Frieden Bismark
Arbeit zitieren
Sebastian Görz (Autor:in), 2014, „Mythos“ Bismarck. Realpolitiker, Reichsgründer oder Machtgieriger?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/294692

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