Großbritanniens Mandatsherrschaft in Palästina. Katalysator für den arabisch-israelischen Konflikt?

Das britische Mandat in Palästina als Untersuchungsgegenstand im Hinblick auf den arabisch-israelischen Konflikt


Hausarbeit, 2013

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ausgangslage vor britischer Mandatsherrschaft
2.1. Die Hussein-McMahon Korrespondenz
2.2. Das Sykes-Picot Abkommen
2.3. Die Balfour-Erklärung

3. Palästina unter britischer Mandatsherrschaft 1922-
3.1. Juden in Palästina
3.2. Araber in Palästina

4. Fazit

5. Quellen- und Literaturverzeichnis
5.1. Quellen
5.2. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Eine Nation schenkt einer zweiten Nation das Land einer dritten“1 kommentierte der Schriftsteller Arthur Koestler das gegebene Versprechen der Briten über die Errichtung einer nationalen jüdischen Heimstätte in der Balfour-Deklaration von 1917, welche dann 1920 in den Mandatstext des Völkerbundes inkorporiert wurde. Mit dieser Formulierung beschrieb Koestler die Absurdität des Umstandes, dass sich Großbritannien das Recht herausnahm, wahllos über den Verbleib eines Gebietes zu entscheiden und somit ein Konflikt zwischen der dort ansässigen Bevölkerung und den zuwandernden Juden vorprogrammiert war.

Nachdem Palästina 1920 auf der Konferenz von San Remo als A-Mandat an die Briten übertragen wurde, begann ein Buhlen um die Gunst der vermeintlichen britischen Befreier. Denn sowohl die Araber, als auch die Juden Palästinas hofften aufgrund der Hussein-McMahon-Korrespondenz von 1915 und der Balfour-Deklaration von 1917 auf die Realisierung eines unabhängigen Staates durch die Briten. Als Heilsarmee empfangen, offenbarten die Briten jedoch bereits nach kurzer Zeit, dass sie der „two-fold duty“2, die sie sich durch die Unterzeichnungen des Mandatsvertrages, der die schnellstmögliche Übergabe in die Selbstverwaltung vorsah und der Balfour-Deklaration, welche die Unterstützung einer jüdischen Heimstätte versprach, auferlegt hatten, nicht gerecht werden konnten.3 Dass die Briten den bereits entflammten Konflikt zwischen Arabern und Juden während ihrer Mandatszeit in Palästina nicht lösen konnten, ist offensichtlich. Ob sie ihn jedoch mit ihrer unentschlossenen Politik sogar beschleunigt haben, soll in folgender Arbeit herausgearbeitet werden. Zunächst soll ein kurzer Überblick über die Ereignisse vor Beginn der Mandatsherrschaft gegeben werden. Daraufhin soll die Agency, sowohl der Juden, als auch der Araber in Palästina unter britischer Mandatsherrschaft dargestellt und primär ihre Beziehung zu den Briten fokussiert werden.

Die Auseinandersetzung mit dem israelisch-arabischen Konflikt ist Gegenstand unzähliger Forschungsliteratur, wenngleich es sich umso schwieriger gestaltet, politisch neutrale Publikationen ausfindig zu machen, die sich mit der Entstehungsgeschichte des Konfliktes und der Agency der britischen Mandatsmacht beschäftigen. Nicholas Bethell stellt die Briten in seinem Werk „Das Palästina Dreieck“ als Mandatsmacht vor, die von beiden Parteien umworben wurde und sowohl durch clevere Strategie die eigenen Interessen durchsetzen konnte als auch den arabisch-israelischen Konflikt provoziert hat.4 Gudrun Krämer beschreibt in ihrer „Geschichte Palästinas“ ausführlich sowohl die Mittel der Briten, beispielsweise das der Indirekt Rule, welches zur Kontrolle der Lokalbevölkerung und gleichzeitiger Interessensdurchsetzung eingesetzt wurde, als auch die konkrete Lebenssituation der beiden Völker in einem Land5. Heinz Wagner betrachtet den arabisch-israelischen Konflikt aus völkerrechtlicher Perspektive und untersucht akribisch die Ereignisse vor und während der britischen Mandatszeit.6

Beziehen wird sich diese Arbeit unter anderem auf oben genannte Forschungsliteratur, sowie auf die Balfour-Deklaration7 und den Mandatstext des Völkerbundes8 als Quellen, um den weiteren Verlauf des Konfliktes zwischen Arabern und Juden in Palästina nach Beginn der Mandatsherrschaft nachvollziehen zu können.

2. Ausgangslage vor britischer Mandatsherrschaft

Während des Ersten Weltkriegs trafen die kriegsführenden Mächte verschiedene Abmachungen mit am Krieg beteiligten Akteuren, welche dem strategischen Vorteil dienen sollten. Ohne den „Blick auf regionale Belange, lokale Interessen und Akteure“9 zu werfen und ohne dass die Auswirkungen auf die verschiedenen Parteien nach Kriegsende in Augenschein genommen wurden, wurde Palästina von den Briten zu einem „much too promised land“10 gemacht. Die für die Zukunft des Mandats relevantesten Übereinkünfte in dem vorherrschenden „Dickicht der Versprechungen“11 sollen im Folgenden aufgezeigt werden.

2.1. Die Hussein-McMahon Korrespondenz

Aufgrund des Eintritts des Osmanischen Reichs in den Ersten Weltkrieg an der Seite der Mittelmächte versuchte Großbritannien die Araber zum Kriegseintritt auf ihrer Seite zu überreden. Gruppen arabischer Intellektueller, die den Kern der arabischen Nationalbewegung darstellten, forderten größere lokale Unabhängigkeit vom Osmanischen Reich. In der Zeit von Juli 1915 bis März 1916 fand ein reger Briefwechsel zwischen dem Scharifen von Mekka Hussein ibn Ali und dem Hohen Kommissar in Kairo Henry McMahon statt. Diese Vereinbarungen beinhalteten die Zusicherung einer arabischen Revolte gegen die Türken und forderten im Gegenzug das Versprechen der Briten über die Unterstützung der Realisierung eines arabischen Großreichs nach Kriegsende.12 In seinem Brief vom 24. Oktober 1915 bestätigte McMahon diese Forderung mit dem Vorbehalt, dass „die Gebiete westlich der Bezirke Damaskus, Homs, Hama und Aleppo liegenden Teile Syriens nicht als arabisch gelten und deshalb außerhalb der geforderten Grenzen liegen sollten“13 Diese Passage stellt den zentralen Punkt späterer arabischer Ansprüche gegenüber Großbritannien auf Palästina dar: Die Araber sahen Palästina als in McMahons Ausführungen inbegriffen, da es eher südlich als westlich von Damaskus liegt. Großbritannien und jüdische Befürworter hingegen sprechen von möglichen Übersetzungsfehlern oder von dem nicht vorhandenen rechtsverbindlichen Charakter des Briefes.14 Die Araber hielten ihren Teil der Abmachung ein bis zur ernüchternden Erkenntnis, dass die Briten ihnen niemals ein unabhängiges arabisches Reich gewähren würden. Am 9. Dezember 1916 erreichte die britische Truppe unter General Edmund Allenby Jerusalem - mit Hilfe arabischer Streitkräfte.15

Im Oktober 1916, begannen die Alliierten das Osmanische Reich unter sich aufzuteilen, noch bevor der Ausgang des Kriegs überhaupt feststand. Die Verhandlungen brachten die Konstantinopel-Vereinbarung vom April 1915, die Vereinbarung von Saint-Jean de Maurienne vom August 1917, das Londoner Übereinkommen vom April 1915 und das Sykes-Picot Abkommen vom Mai 1916 hervor.16

2.2. Das Sykes-Picot Abkommen

Nach Zerschlagung des Osmanischen Reichs legten Frankreich und Großbritannien am 16. Mai 1916 ihre Interessensgebiete im Nahen Osten fest. Stellvertretend teilten der französische Botschafter François George-Picot und der britische Diplomat Mark Sykes das asiatisch-arabische Gebiet, mit Ausnahme des heutigen Saudi-Arabiens und des Jemens, in fünf Zonen. Die sogenannte „Braune Zone“ umfasste einen Teil des westjordanischen Palästinas und sollte nach Kriegsende internationalisiert werden. Großbritannien und Frankreich wollten sich aber, je nach späterer Interessenslage, politische und wirtschaftliche Privilegien vorbehalten.17

Ohne Beachtung der Hussein-McMahon-Korrespondenz begab sich Großbritannien in Verhandlungen mit Frankreich, das im Unwissen über die zuvor gemachte Abmachung gelassen wurde. Vor Allem die Entscheidung über den Verbleib des Gebiets, das später Palästina genannt wurde, sollte aufgrund des britischen Versprechens eines arabischen Nationalstaates und der gleichzeitigen Zusicherung einer jüdischen nationalen Heimstätte im Zuge der Balfour-Erklärung vom Dezember 1917 für Kontroversen sorgen.

2.3. Die Balfour-Erklärung

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts bildete sich bei den in Europa verstreuten Juden die Bewegung des politischen Zionismus aus. Als Gründe hierfür können der Druck von Diskriminierungen, Pogromen und des allgemein erwachten Nationalismus gesehen werden.18 Die staatenlosen Juden suchten durch Rückkehr in ihre historische Heimat „Zion“- dem späteren Palästina- einen Ausweg aus der „Judennot“19, wie sie der wohl bedeutendste zionistische Anführer Theodor Herzl in seinem Werk „der Judenstaat“ aus dem Jahre 1886 nennt.20

Nachdem Großbritannien Kriegsgegner des Osmanischen Reichs geworden war, wandte sich die Zionistische Bewegung der britischen Regierung zu. Die in London lebenden Führer der World Zionist Organisation 21 Chaim Weizmann, der erste Staatspräsident Israels und Nahum Sokolow, späterer Führer der WZO, bauten enge Verbindungen zum damaligen Premierminister David LIyod George auf, um ihre zionistischen Interessen taktisch klug umsetzen zu können.22 Die letztendliche Fassung der Balfour-Erklärung fand vor Veröffentlichung Zustimmung des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson und der französischen sowie der italienischen Regierung23 und wurde am 02. November 1917 in Form eines Briefes des britischen Außenministers Arthur James Balfour an den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Großbritannien Lord Walter Rothschild verfasst und am 09.November 1917 veröffentlicht.24

Balfour spricht zu Beginn der Balfour-Erklärung stellvertretend für „His Majesty’s Government“25 und erhebt somit den Anspruch, die Überzeugung der gesamten britischen Regierung zu repräsentieren. Er spricht über die Erklärung als eine „declaration of sympathy with Jewish Zionist aspirations“26 und verleiht ihr somit den Charakter einer „moralische[n] Verpflichtung Großbritanniens“27 gegenüber der zionistischen Idee, ohne sich jedoch eine rechtlichen Verantwortung aufzuerlegen. Auch die Aussagen, dass die britische Regierung „view with favour the establishment in Palestine of a national home for the Jewish People“28 und „will use their best endeavours to facilitate the achievement of this object”29 drücken zwar eindeutig eine positive Grundhaltung der Briten gegenüber dem Aufbau einer nationalen jüdischen Heimstätte aus, weisen aber von Vornherein jegliche Verpflichtung der aktiven Umsetzung von sich, in dem sie nur vage Formulierungen ohne rechtlichen Charakter verwenden. Für einige Zionisten verlieh die Formulierung „ a national home“30 der Balfour-Erklärung einen „Kompromisscharakter“31, da diese gehofft hatten, Großbritannien würde Palästina als die nationale Heimstätte anerkennen. Später wurde diese undeutliche Ausdrucksweise Zentrum vieler Kontroversen, da von Seiten der Briten nicht deutlich gemacht worden war, ob Palästina nicht nur „jüdische Heimstätte“, ein „völkerrechtlich unbelasteter Begriff“32, der „weitreichende Interpretationen“33 offenließ, sondern auch ein jüdischer Staat werden sollte.34 Desweiteren erläutert Balfour, dass „nothing shall be done which may prejudice the civil and religious rights of existing non-jewish communities in Palestine“35 und gibt damit ein nicht einzuhaltendes Versprechen.

[...]


1 Bethell, Nicolas: Das Palästina Dreieck, Juden und Araber im Kampf um das britische Mandat 1935-1948, Frankfurt am Main 1979, S. 13.

2 Krämer, Gudrun: Geschichte Palästinas, München 2006, S. 202.

3 Vgl. ebd. S. 202.

4 Bethell, Das Palästina-Dreieck.

5 Krämer, Geschichte Palästinas.

6 Wagner, Heinz: Der arabisch-israelische Konflikt im Völkerrecht, Berlin 1979.

7 Balfour, Arthur James: The Balfour Declaration, 02.09.1917, in: The Balfour Declaration, hrsg. von Leonard Stein, London 1961.

8 League of Nations, Foreign Office: Mandate for Palestine. London 1922, unter: University of Toronto Libraries, http://www.archive.org/details/mandateforpalest00leaguoft (30.09.2013).

9 Krämer, Die Quadratur des Kreises, S. 170.

10 Caplan, Neil: The Israel-Palestine Conflict. Contested Histories, Malden 2010, S. 57.

11 Krämer, Die Quadratur des Kreises, 170.

12 Vgl. Caplan, The Israel-Palestine Conflict, S. 57.

13 Krautkrämer, Elmar: Krieg ohne Ende? Geschichte eines Konflikts, Darmstadt 2003, S.13.

14 Vgl. Caplan, The Israel-Palestine Conflict, S. 67.

15 Vgl. Bethell, Das Palästina-Dreieck, S.10.

16 Wagner, Der arabisch-israelische Konflikt, Berlin 1979, S. 102.

17 Vgl. Wagner, Der arabisch-israelische Konflikt, S. 102 f.

18 Vgl. Bethell, Das Palästina-Dreieck, S. 11.

19 Herzl, Theodor: Der Judenstaat. Hrsg.: Wagner, Nike. Neudruck der Erstausgabe, Augsburg 1986, S. 5.

20 Vgl. Herzl, Der Judenstaat, S. 5.

21 Im Folgenden WZO genannt.

22 Vgl. Bethell, Das Palästina-Dreieck, S. 12.

23 Vgl. ebd., S.13.

24 Vgl. Krämer, Geschichte Palästinas, S. 179.

25 Balfour, Arthur James: The Balfour Declaration, 02.09.1917, in: The Balfour Declaration, hrsg. von Leonard Stein, London 1961.

26 Balfour, The Balfour Declaration.

27 Wagner, Der arabisch-israelische Konflikt, S.120.

28 Balfour, The Balfour Declaration.

29 Ebd.

30 Ebd.

31 Bethell, Das Palästina-Dreieck, S. 13.

32 Krämer, Geschichte Palästinas, S. 179.

33 Ebd.

34 Vgl. Bethell, Das Palästina-Dreieck, S.13.

35 Balfour, The Balfour Declaration.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Großbritanniens Mandatsherrschaft in Palästina. Katalysator für den arabisch-israelischen Konflikt?
Untertitel
Das britische Mandat in Palästina als Untersuchungsgegenstand im Hinblick auf den arabisch-israelischen Konflikt
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Note
1,7
Autor
Jahr
2013
Seiten
14
Katalognummer
V302539
ISBN (eBook)
9783668006560
ISBN (Buch)
9783668006577
Dateigröße
488 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mandatssystem des Völkerbundes, Palästinakonflikt, Mandatsherrschaft Großbritannien, arabisch-israelischer Konflikt;, Balfour Erklärung;
Arbeit zitieren
Katharina Müller (Autor:in), 2013, Großbritanniens Mandatsherrschaft in Palästina. Katalysator für den arabisch-israelischen Konflikt?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/302539

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Großbritanniens Mandatsherrschaft in Palästina. Katalysator für den arabisch-israelischen Konflikt?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden