Mich zieht es zur Hospizarbeit. Motivation von potentiellen Ehrenamtlichen in der Hospizarbeit

Eine deskriptive Studie


Forschungsarbeit, 2013

72 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Konzept der ehrenamtlichen Hospizarbeit im Bürgerinstitut

Die Stichprobe

Der Interviewleitfaden

Wie kam es zu der Konzeption der Fragen?

Ergebnisse der Interviews

Verlaufsergebnisse

Fallbeispiele: 14 dokumentierte Gespräche mit Seminarinteressentinnen

Interpretation und Diskussion der Ergebnisse

Abschließende Bewertung

Anhang

Leitfaden für Erstgespräche vor Seminar

Leitfaden für Orientierungsgespräch nach dem Seminar

Kurzdarstellung der Seminarinhalte für das Vorgespräch

Vorwort

Die Hospizgruppe im Bürgerinstitut, heute Hospizgruppe und Palliativberatungs-dienst, wurde 2002 gegründet. In den 11 Jahren seit Bestehen der Hospizgruppe wurden ca. 20 Hospizhelferseminare durchgeführt, wobei der genaue Seminartitel lautete: „Seminar zur Einführung in die Begleitung von Menschen in ihrer letzten Lebensphase“. In den Anfangsjahren wurden sowohl Hospizhelfer für die Hospizarbeit wie Personen für einen ehrenamtlichen Besuchsdienst in 10 Frankfurter Pflegeheimen (Projekt da sein – Lebensbegleitung bis zum Tode) gemischt damit geschult. Seit 2006 trat die Kooperation mit dem stationären Hospiz Sankt Katharina immer mehr in den Vordergrund. Jährlich wurden ein bis drei Kurse durchgeführt, meistens aber zwei Kurse pro Jahr. Seit 2003 wurden diese Kurse von Monika Müller-Herrmann gemeinsam mit wechselnden Kolleginnen, Kollegen und Co-Referentinnen durchgeführt. Nach einem sehr verhängnisvollen, schwierig verlaufenden Kurs im Herbst 2006, in dem sich einige noch ziemlich akut trauernde Personen befanden und auch zwei Personen mit schwierigen Nahtoderlebnissen, führten wir das Vorgespräch vor der Seminarteilnahme verbindlich ein. Die Kurse wurden verkürzt und komprimiert und als offenes Bildungsangebot beworben. Wir nahmen von da an niemanden mehr ohne Vorgespräch ins Seminar auf. Seitdem hat sich die Durchführung der Seminare deutlich besser planen lassen. Die Kurszusammensetzung war zwar heterogener und es wurden mehr fachliche Fragen diskutiert neben den Fragen der potentiellen Ehrenamtlichen, aber davon lebte auch die Diskussionsbereitschaft in den Kursen. .

Das Interesse an einer systematischen Auswertung der letzten fünf Jahre entstand zum einen aus der Chance, einen sehr gründlichen Überblick über die Motivationslagen potentieller Ehrenamtlicher zu bekommen. Wir wollten anhand konkreter Zahlen nachvollziehen, wie viele Personen sich für die Kurse interessiert hatten, wie viele real an den Kursen teilnahmen und wie viele danach ein Ehrenamt aufnahmen. Eine subjektive Hypothese war, dass nur ein sehr geringer Prozentsatz der Teilnehmer dann wirklich in ein ehrenamtliches Engagement geht. Eine weitere Hypothese war, dass deutlich mehr Teilnehmer im stationären Hospiz Sankt Katharina tätig würden.

Über 5 Jahre und mehr Zeit hinweg immer das gleiche, halbstrukturierte Interview zu führen, führte zu sehr viel Routine und Sicherheit in der Durchführung dieser Gespräche. Dennoch blieb es immer wieder noch sehr interessant, zu erfahren, was diese Menschen für Hospizarbeit motivierte und warum sie sich in diesem Bereich engagieren wollten. Alle Gespräche mit gleichbleibender Struktur wurden gleichermaßen dokumentiert. Wir hoffen, dass diese Auswertung der Kombination aus kurzen, komprimierten Hospizhelferkursen mit verbindlichen Vorinterviews zur Motivation, den Zugangswegen und der Aufnahme ehrenamtlichen Engagements vielleicht für andere Hospizgruppen nutzbar gemacht werden könnte. Dies ist keine von Anfang an geplante, wissenschaftliche Studie, sondern es ist gründlich dokumentierte und ausgewertete Praxis. Die statistischen Berechnungen sind rein deskriptiv geblieben.

Wir danken allen Seminarinteressenten und Interessentinnen, die sich sehr offen in diesen Gespräche geäußert haben und sich sehr persönliche Fragen stellen ließen. Ich habe mich sehr oft am Ende der Gespräche auch für diese persönliche Offenheit bedankt. Manchmal wurden mir im Anschluss danach die gleichen Fragen gestellt (Warum machen Sie das eigentlich? Woran glauben Sie eigentlich? Wie sind Sie denn dazu gekommen, so etwas zu machen?) und ich habe mir dann oft auch die Zeit genommen, offen zu antworten.

Neben den vielen Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Patienten führen diese Begegnungen mit Seminarinteressentinnen und potentiellen Ehrenamtlichen dazu, dass ich meine Arbeit als sehr abwechslungsreich und lebendig empfinde. Bedanken möchte ich mich auch bei allen Kollegen, Kolleginnen und Co-Referentinnen, die mit mir das Seminar gemeinsam durchgeführt haben. Da die Seminarinteressenten und Interessentinnen zu einem hohen Prozentsatz weiblich waren, wurde im ganzen Text die weibliche Pluralform genutzt.

Konzept der ehrenamtlichen Hospizarbeit im Bürgerinstitut

Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement haben in der Hospizbewe­gung schon immer eine tragende Rolle gespielt. Moderne ambulante Hospizarbeit ist heute ge­prägt vom Zusammenspiel eines meist ehrenamtlichen Vereinsvorstandes, eines Mitgliedervereins, einer tragenden Gruppe ehrenamtlicher Mitarbeiter und einigen wenigen hauptamtlichen Leitungskräften. Die Hospizbewegung ist eine Bürgerbewegung, in der sich heute ca. 80.000 Menschen ehrenamtlich in Deutschland engagieren. Ehrenamtliche und Hauptamtliche setzen sich dafür ein, dass die Sterbenden und ihre Angehörigen mit ihren Wünschen, Sorgen und Ängsten immer im Mittelpunkt stehen. Durch ihre Unterstützung und Begleitung wollen Hospizgruppen und Hospiz- und Palliativberatungsdienste ein Stück Normalität und Lebensalltag in die Familien bringen, so dass sie auch in dieser Lebensphase teilhaben können am Le­ben in der Gesellschaft. Daraus entsteht eine neue Kultur des Sterbens und des Le­bens, die es zu pflegen und weiter zu entwickeln gilt.

Hospizarbeit ist die aktive, ganzheitliche Unterstützung von Menschen mit einer progre­dient verlaufenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung und einer begrenzten Le­benserwartung. Darüber hinaus umfasst sie die Unterstützung der ihnen Naheste­henden während des Krankheitsverlaufs, des Sterbeprozesses und in der Trauer­phase. Hospizarbeit beinhaltet somit psychosoziale Begleitung, spirituellen Bei­stand, Palliativmedizin und Palliativpflege. Sie wird ambulant und stationär, ehren­amtlich und hauptamtlich geleistet in der ambulanten Pflege, in stationären Pflege­einrichtungen, Krankenhäusern und stationären Hospizen, aber in erster Linie zu Hause in der gewohnten Umgebung.

Für Ehrenamtliche und Hauptamtliche in der Hospizarbeit sind der gegenseitige Re­spekt und der wertschätzende Umgang aller miteinander sehr wichtig. Basis der besonderen Art unsere Arbeit ist das gegenseitige Vertrauen. Dafür ist größtmögliche Transparenz die Grundlage. Dem sterbenden Menschen soll eine ganzheitlich Begleitung und Versorgung angeboten werden als einem Menschen mit körperlichen, seelischen und geistigen Bedürfnissen.

(In Anlehnung an ein Thesenpapier des Deutschen Hospiz und Palliativverbandes zur ehrenamtlichen Hospizarbeit im Frühjahr 2011)

Der Einstieg ins Ehrenamt

Ehrenamt in der Hospizarbeit ist immer ein geschultes Ehrenamt. Voraussetzung für eine ehrenamtliche Tätigkeit ist der Besuch der vom Bürgerinstitut angebotenen Einfüh­rungsseminare oder der Nachweis vergleichbarer Seminare anderer Träger.

Vor Besuch des Einführungsseminars findet das hier ausführlich ausgewertete Kennenlerngespräch mit der Koor­dinatorin statt, das zur Abklärung der Motivation und der Ausschlusskriterien dient. Für das Gespräch wird ein halbstrukturiertes Interview genutzt. Als Ausschlusskriterien gelten in der Hospizarbeit üblicherweise: ein zu kurze Zeit zurückliegender persönlicher Trauerfall (Ein Sicherheitsabstand von ein bis zwei Jahren wird angeraten), eine ei­gene schwere, lebensbedrohliche Erkrankung, das Vorliegen psychiatrische Erkran­kungen wie z.B. Depressionen oder Sucht, Missionseifer im Sinne einer bestimmten Konfession oder Weltanschauung, zu esoterische Ansichten (z.B. praktizierte Geist­heilung), sich abzeichnende Überforderung durch das Ehrenamt, starker Zeitmangel.

Im Bürgerinstitut werden die Hospizhelferseminare seit 2007 in einer vergleichsweise sehr komprimierten Form als offenes Bildungsangebot und in Kooperation mit dem stationären Hospiz Sankt Katharina durchgeführt. Zur Beteiligung an der Kostendeckung und zur Erhöhung der Verbindlichkeit wird ein Seminarbeitrag erhoben, der nach einer halbjährlichen, aktiven ehrenamtlichen Tätigkeit erstattet werden kann. Das Seminar sollte und kann ergebnisoffen besucht werden, keine Person muss sich im Vorfeld auf ein ehrenamtliches Engagement festlegen.

Im Vorgespräch wird das Kurskonzept transparent dargestellt und auch die Bereit­schaft erfragt, sich auf dieses Kurskonzept einzulassen. Pro Kurs werden bis zu 4 Plätze auch für Teilnehmer anderer Träger oder Teilnehmer mit eher berufsbilden­dem Interesse angeboten. Das Seminar bietet Träger und Teilnehmerinnen auch die Möglichkeit, sich gründlich kennen zu lernen. Erste Anzeichen von Team- und Gruppenfähigkeit, Toleranz anderen Meinungen gegenüber, persönliche Werthaltungen des potentiellen Ehrenamtlichen und Bereitschaft zum Wechsel in die Rolle des Eh­renamtes werden in der Regel im Seminar deutlich sichtbar.

Im Seminar werden inhaltlich Anteile der verbalen Gesprächsführung (Kurzeinfüh­rung in Carl Rogers, das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun) Trauerpha­sen nach Verena Kast, Sterbephasen nach Kübler-Ross und Elemente der nonver­bale Kommunikation in Anlehnung an Konzepte der basalen Stimulation vermittelt. Geschult wird im Wesentlichen zu den Krankheitsbildern Krebs, zu hochaltriger Mul­timorbidität und zu demenziellen Erkrankungen. Aufgrund einer historisch gewachse­nen Arbeitsteilung mit der schon deutlich länger bestehenden AIDS Hilfe Frankfurt e.V. ist das Krankheitsbild AIDS aktuell nicht Gegenstand unserer Schulung. Es werden Praxiseinsichten vorgestellt zum Leben und Sterben im Altenpflegeheim, zum Leben und Sterben in der häuslichen Umgebung und im stationären Hospiz. Außerdem gibt es Themeneinheiten zu Palliativpflege und Morphintherapie, zur Bestattung, zum Fragenkomplex Therapieabbruch, Sterbe­hilfe und Patientenverfügung und zur vergleichenden Betrachtung von Spiritualität und existentiellen Fragen in der Sterbebegleitungssituation. Das Seminar ist eine Mischung aus Theorie-Inputs, leichten Selbsterfahrungsübungen, Gruppendiskussio­nen, Kleingruppenarbeit und Expertengesprächen.

Nach dem Seminar wird bei weiterem Interesse an einer Zusammenarbeit ein Aus­wertungsgespräch angeboten, ebenfalls als halbstrukturiertes Interview. Das Erleben des Seminars und eine mögliche Veränderung der Motivation werden reflektiert, eine Rückmeldung zum Seminar angeboten und dann eine Möglichkeit zur Hospitation vereinbart. Falls sich im Seminarverlauf weitere Ausschlusskriterien gezeigt haben, wird hierzu ebenfalls eine Rückmeldung gegeben und eine Ablehnung der Zusam­menarbeit begründet. In fraglichen Fällen wird eher eine Aufnahme der ehrenamtli­chen Tätigkeit im stationären Hospiz empfohlen, da hier die Ehrenamtlichen enger supervidiert werden können. Die Hospitation kann im Pflegeheim erfolgen und / oder im ambulanten Pflegedienst, sie sollte je Einrichtung ca. 20 Stunden betragen. Als Hospitationsmög­lichkeiten im Pflegeheim stellt sich das Justina von Cronstettenstift zur Verfügung, für die Hospitation im ambulanten Pflegedienst existieren Kooperationen mit dem Pfle­gedienst Melissa, Pflegedienst Kontakt, Pflegedienst KOMM Ambulante Dienste und den Diakoniestationen.

Der/die Ehrenamtliche wird von der Koordinatorin persönlich dem Pflegedienst vorge­stellt und erhält ein Hospitationstagebuch. Ab dem Einsatz in der Hospitation unter­liegt der/die Ehrenamtliche der Schweigepflicht und dem Datenschutz und ist bereits über die Hospizgruppe im Bürgerinstitut haftpflichtversichert.

Nach der Hospitationsphase erfolgt wieder eine Auswertung im halbstrukturierten Interview und bei gegenseitigem Einverständnis die Aufnahme ins Ehrenamt. Der/die Ehrenamtliche erhält folgende Unterlagen: Eine Verpflichtungserklärung („ehrenamtlicher Arbeitsvertrag“), eine Haftpflichterklärung, eine Liste der in nächster Zeit angebotenen Fortbildun­gen für Ehrenamtliche im Bürgerinstitut, die Adressliste der Mitglieder der Hospizgruppe, die Liste der Notrufnummern und die Terminliste der Gruppentreffen. Ausführlich wird die Patientendo­kumentation erklärt. Insbesondere wird in der Verpflichtungserklärung noch einmal auf die Schweigepflicht, die Haftpflicht- und Unfallversicherung, auf die Möglichkeit der Erstattung der Fahrtkosten und auf die Verbindlichkeit des Gruppen- und Super­visionsbesuchs hingewiesen. Der/die Ehrenamtliche wird gefragt, ob er darin einwilligt, dass seine Adressdaten im Bürgerinstitut geführt werden und den anderen Grup­penmitgliedern mitgeteilt werden. Als zeitliche Mindestverpflichtung sollte der/die Ehren­amtliche einen Besuch pro Woche (besser zwei) á zwei bis drei Stunden anbieten können, zuzüglich Fahrtzeit und regelmäßigem Gruppen und Supervisionsbesuch.

Im Weiteren werden die mögliche Einsatzplanung besprochen, es wird ein Einsatz­profil des Ehrenamtlichen erstellt bezüglich gewünschtem Patientenkreis (z.B. Aus­schluss von Krankheitsbildern), Stadtteilen, Fahrtwegen, gespendeter Einsatzzeit, Pausenwünschen und Urlauben. Ehrenamtliche, die ein sehr enges Einsatzprofil wäh­len, werden an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie dann evtl. länger warten müssen, bis ihnen ein Einsatz vermittelt werden kann. Nach Unter­zeichnung der Erklärung zur ehrenamtlichen Mitarbeit („Verpflichtungs-erklärung“), wird der/die Ehrenamtliche in die nächste Gruppensitzung eingeladen und den Grup­penmitgliedern vorgestellt.

Ein halbes Jahr nach Aufnahme der ehrenamtlichen Tätigkeit wird erneut ein Einzel­gespräch geführt und die gemeinsame Zusammenarbeit ausgewertet. Hierbei wird die Erstattung des Seminarbeitrags angeboten.

Alle Gespräche und Absprachen mit den Ehrenamtlichen werden schriftlich doku­mentiert. Ebenso existiert ein ständig aktualisierter Einsatzplan, der zusammenfasst, welcher Ehrenamtliche welche Einsatzwünsche hat, welchen Patienten er begleitet, wer gerade in der Nachbereitung, in der Pause oder im Urlaub ist.

Vermittlung der Einsätze an Ehrenamtliche

Vor Einsatz eines Ehrenamtlichen erfolgt immer ein Erstbesuch durch eine geschulte Koordinatorin. Diese Koordinatorin kann eine hauptamtliche Kraft oder eine Honorar­kraft sein, sie kann nur im Notfall durch eine ehrenamtliche Koordinatorin vertreten werden. Die hauptamtlichen KoordinatorInnen haben dafür nach der Rahmenverein­barung nach § 39 a SGB V folgende Voraussetzungen zu erbringen: Abgeschlos­sene Berufsausbildung, dreijährige Berufserfahrung, KoordinatorInnen Grundsemi­nar, Seminar Leitungskompetenz und die Weiterbildung Palliative Care für Pflegende oder Nicht Pflegende Fachkräfte.

Der Erstbesuch wird in einer sachgerechten Dokumentation dokumentiert. Im Erstbe­such wird vor allem geklärt: Von wem kommt die Anfrage und ist der Patient selbst mit dem Angebot von Beratung und ehrenamtlicher Begleitung einverstanden? Pas­sen die Erwartungen der Anfragenden (Familie, Pflegedienst, gesetzliche Betreuer usw.) zu den Bedürfnissen des Patienten und zum Angebot der Hospizgruppe? Steht erst einmal eine Verbesserung der pflegerischen Versorgung im Vordergrund, wird im Sinne von Case Management (palliativ)pflegerische Hilfe vermittelt. Steht die Verbesserung der palliativmedizinischen Situation im Vordergrund und ist die Sym­ptomlast hoch, wird erst einmal eine Verbesserung angestrebt z.B. durch Kontakt zum Hausarzt oder zum SAPV Team.

Ein ehrenamtliches Angebot der Sterbebe­gleitung kann nur ein kleiner, zusätzlicher Baustein sein aus ca. zwei bis drei Besu­chen in der Woche à 2 bis 3 Stunden. Viele Familien haben deutlich höhere Wün­sche nach Entlastung und wünschen sich auch pflegerische Hilfen. Ehrenamtliche, die nur einen Besuch anbieten, sind deutlich seltener vermittelbar. Zurzeit können über die Hospizgruppe kaum Nachtsitzwachen vermittelt werden, da aktuell nur drei Ehrenamtliche dazu bereit sind. Wenn mehrere Be­suche erwartet werden, sollten maximal zwei Ehrenamtliche im Tandem an die Fami­lie vermittelt werden. Zur Absicherung der Ehrenamtlichen sollte bereits im Erstbe­such geklärt werden, dass die Ehrenamtlichen keine pflegerischen oder medizini­schen Leistungen übernehmen sollen und dass die Besuche dokumentiert werden müssen.

Im Erstbesuch gewinnt die Koordinatorin auch einen Eindruck, welche/r Ehrenamtliche in die Begleitung passen würde. Kurz vor oder manchmal auch erst nach dem Erstbesuch nimmt die Koordinatorin Kontakt zu Ehrenamtlichen auf und schildert Ihnen die Anfrage anonymisiert am Telefon. Der/die Ehrenamtliche hat jederzeit das Recht, die Begleitung abzulehnen. Es ist gemeinsam mit der Gruppe ein stabiles Arbeitsbündnis anzustreben, dass die Koordinatorinnen jederzeit anfragen und die Ehrenamtlichen jederzeit absagen können in der Vermittlungssituation. In jeder Gruppensitzung wird den Ehrenamtlichen außerdem die Möglichkeit gegeben, Pau­sen- und Urlaubswünsche in einen Plan einzutragen.

Die Koordinatorin dokumentiert den Erstbesuch ausführlich und legt eine weitere Ko­pie der Patientenakte für den / die Ehrenamtliche/n an, damit dieser selbst Zeiten und Berichtbögen führen kann. Parallel wird eine deutlich verkürzte Dokumentation angelegt, die wenn möglich in der Wohnung des / der Patienten zu führen ist.

Wenn der Ehrenamtliche sich nach der Schilderung am Telefon die Begleitung vor­stellen kann, werden ihm die Daten übermittelt und ein gemeinsamer Besuch zur Vorstellung des Ehrenamtlichen in der Familie bzw. beim Patienten terminiert. In der Regel sind die Ehrenamtlichen ihrerseits bereit, ihre Telefonnummern der besuchten Familie, dem Patienten und dem Pflegedienst für Verabredungen und zur Informati­onsübergabe zu übermitteln. Diese Bereitschaft wird immer wieder erneut erfragt.

Nach der Vorstellung in der Familie bietet der /die Ehrenamtliche den nächsten Be­such alleine an. Im weiteren Verlauf der Begleitung haben sowohl der / die Ehren­amtliche die Möglichkeit, die Begleitung wieder abzubrechen, wenn sie nicht stimmig oder unzumutbar erscheint, wie die Patienten bzw. Familien. Ein Beschwerdenma­nagement zu den laufenden Begleitungen wird schon im Erstbesuch von der Koordi­natorin angeboten. Die Koordinatorinnen erfragen nach ein, zwei Besuchen sowohl beim Patienten bzw. der Familie wie beim Ehrenamtlichen, ob die Vermittlung zu beider Zufriedenheit verlaufen ist.

Auch im weiteren Verlauf der Begleitung kann es immer wieder sinnvoll sein, dass die Koordinatorinnen wieder selbst durch Besuche, Beratung oder Telefonate Kon­takt zur begleiteten Familie halten. Dabei muss das besondere Vertrauensverhältnis der Ehrenamtlichen zur Familie geschützt werden. Falls eine Vertretung in der Be­gleitung erforderlich wird oder ein zweiter Ehrenamtlicher zur Unterstützung, kann diese über die Koordinatorinnen oder direkt in der Gruppensitzung vermittelt werden.

Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Begleitung der Begleiter

Aufbauend auf der Grundschulung werden regelmäßig Fortbildungen für alle Ehren­amtliche des Bürgerinstituts angeboten, dazu werden zusätzlich Fortbildungen spe­ziell für die Hospizhelfer angeboten.

Der Besuch der regelmäßigen monatlichen Gruppensitzung ist verbindlich, die Ehrenamtlichen werden gebeten, sich zu entschuldigen. Bei unentschuldigtem Fehlen nimmt die Koordinatorin telefonisch Kontakt mit den Ehrenamtlichen auf. Damit alle auf gleichem Kenntnisstand bleiben, erhalten alle Ehrenamtliche regelmäßig schriftlich nach der Gruppensitzung ein Protokoll und die aktuellen Nach­richten von der Hospizgruppe. In der Gruppensitzung werden sowohl einfache orga­nisatorische Dinge besprochen, der Pausen- und Einsatzplan aktualisiert, evtl. Ver­tretungen und Tandems organisiert und bei Bedarf in kurzem Umfang wie auch kol­legiale Fallbesprechungen durchgeführt. Jedes Gruppenmitglied erhält in einem

An­fangs-Go-Round die Möglichkeit zu einer kurzen Stellungnahme und Gegenwarts-be­schreibung seiner ehrenamtlichen Tätigkeit.

Ergänzt wird die Gruppensitzung der Hospizgruppe durch eine vierteljährlich stattfin­dende Supervision durch eine externe Supervisorin und durch Klausurtage mit exter­nen Moderatoren. An der Supervision nehmen die Koordinatorinnen nicht teil. Die Ehrenamtlichen haben die Möglichkeit zu einer ausführlichen, extern angeleiteten Fallbesprechung oder zur Vertiefung von Themen, die aus der Begleitung entstehen. Die Klausurtage finden mit Koordinatorinnen und externem Moderator teil. Der Be­such der Supervision und der Klausurtage ist ähnlich verbindlich wie der Besuch der Gruppensitzungen. Für eine gelungene Zusammenarbeit in der Supervision steht aber die Freiwilligkeit im Vordergrund.

Am Ende der Begleitungen bietet die Koordinatorin den Ehrenamtlichen ein Einzel­gespräch zur Auswertung der Begleitung an, in der die Begleitung noch einmal ge­meinsam reflektiert wird. Bei kurzen Begleitungen kann das durchaus auch telefo­nisch geschehen, bei längeren Begleitungen ist ein persönliches Gespräch der Regelfall. Dabei wird auch gemeinsam über die Dauer der Pause entschieden. Zur Vorbeugung von Burnout und zum Anregen von Reflexionsprozessen kann die Koordinatorin eine längere Pause anregen, als der /die Ehrenamtliche selbst wünscht. Die von den Ehrenamtlichen geführten Dokumentationen werden dabei zurückgebracht und ebenfalls gemeinsam ausgewertet.

In größeren Abständen finden Personalgespräche statt, in denen die Koordinatorin und die Ehrenamtlichen gemeinsam in einem Einzelgespräch die Zusammenarbeit und die Stimmung in der Gruppe reflektieren.

Sicherstellung der Erreichbarkeit

Zur Sicherstellung der Erreichbarkeit der Koordinatorinnen für die Ehrenamtlichen existiert ein extern abhörbarer Anrufbeantworter und eine Rufbereitschaft an den Wochenenden. Rufbereitschaftsdienste können erfahrene Ehrenamtliche, die Honorarkräfte und die Ko­ordinatorinnen anbieten. Ehrenamtliche, die Rufbereit-schaftsdienste übernehmen wollen, sollten vorher mindestens das Koordinatorinnen Grundseminar belegt haben.

Anregung anderer Aufgaben außer der Begleitungstätigkeit im engeren Sinne

Es ist Aufgabe der Koordinatorin und der Gruppe, immer wieder die vielen, wichtigen anderen Tätigkeiten neben der Sterbebegleitung im engeren Sinne ins Gedächtnis zu rufen, die für das Funktionieren der Hospizgruppe so wichtig sind, und diese Tä­tigkeiten auf möglichst mehrere Schultern zu verteilen. Insbesondere können sich die Ehrenamtlichen beteiligen an der Rufbereitschaft, in der Öffentlichkeitsarbeit, an Standdiensten, an Bürodiensten, an Vorträgen, an Fortbildungen, als Gäste und Zeugen in der Ausbildung neuer Hospizhelfer. Dem Wunsch der Ehrenamtlichen, längerfristig auch Aufgaben in der Trauerbegleitung zu übernehmen, ist inzwischen Rechnung getragen worden durch ein erweitertes Konzept zur Entwicklung eines Trauercafés.

Wertschätzungskultur

Zur Wertschätzung der ehrenamtlichen Tätigkeit in der Hospizgruppe werden fol­gende Maßnahmen angeboten: Geburtstagskarte, Weihnachtskarte, Einladung zum Neujahrsempfang, ein bis zwei Ausflüge oder kulturelle Veranstaltungen pro Jahr, ein bis zwei gemeinsame Essen pro Jahr, Imbiss nach der Supervisionssitzung, Urkun­den bei Dienstjubiläen. In angemessenem Umfang werden den Ehrenamtlichen auch die Teilnahme an Fachtagungen und externen Fortbildungen für Ehrenamtliche Hospizhelfer ermöglicht.

Aufwandsentschädigungen

Ehrenamt in der Hospizarbeit ist immer ein reines Ehrenamt ohne generelle Auf­wandsentschädigung. Den Ehrenamtlichen sollen aber keine zusätzlichen Kosten entstehen aus ihrem Ehrenamt. Fahrt-, Telefon- und Taxikosten (bei späten Sitzwa­chen), Blumengebinde bei Beerdigungen, kleine Geschenke zum Geburtstag des Patienten können gegen Vorlage der entsprechenden Belege erstattet werden.

Die Stichprobe

Ausgewertet wurden alle Gespräche mit Seminarinteressentinnen aus fünf Jahrgängen (Frühjahr 2007 bis Herbst 2011). pro Jahrgang fanden in der Regel zwei Kurse statt, 2009 wurde nur ein Kurs angeboten. Insgesamt wurden in dem Zeitraum 9 Kurse angeboten und Vorgespräche mit 175 Personen geführt, davon waren 140 Personen weiblich. Die geringste Teilnehmerzahl in einem Kurs waren 8 Personen, die von uns als Obergrenze festgelegte Maximalteilnehmerzahl sind 14 Teilnehmer. Das Alter wurde leider nicht durchgängig erfragt und konnte daher nicht systematisch ausgewertet werden.

Der Interviewleitfaden

Alle Interessentinnen für das Hospizhelferseminar, die zu einem Vorgespräch bereit waren und auch zum Vorgespräch erschienen, wurden anhand eines einheitlichen, halbstrukturierten Interviewleitfadens befragt. Bis auf zwei Gespräche wurden alle Gespräche im vorgestellten Zeitraum von Frau Müller-Herrmann mit diesem Interviewleitfaden durchgeführt und dokumentiert. Der Interviewleitfaden wurde in leicht abgewandelter Form von Frau Julia Sipreck, übernommen und inzwischen seit 2007 kontinuierlich angewendet.

An erster Stelle wird der Zugang zum Bürgerinstitut erfragt mit der Frage: „Wie haben Sie von uns erfahren?“ Davon erhofften wir uns eine Rückmeldung zu unserer eigenen Öffentlichkeitsarbeit.

In einem zweiten Fragekomplex werden Zusammenhänge zur Berufstätigkeit erfragt, z.B. ob die Person berufstätig war oder ist. Als mögliche Kategorien kamen hier in Frage: Voll berufstätig, in Teilzeit berufstätig, in Rente, kurz vor der Rente stehend, Studentin oder Schülerin, selbständig, arbeitslos. Im Weiteren wird hier bereits erfragt, ob zwischen der Berufstätigkeit und dem Interesse am Hospizhelferseminar ein inhaltlicher Zusammenhang bestand, also ob die Person berufliche Vorkenntnisse im sozialen oder medizinischen Bereich hat und ob sich mit dem Hospizhelferseminar vielleicht ein beruflicher Veränderungs- oder Fortbildungswunsch verbindet.

Im dritten Abschnitt wird erfragt, ob die Person Vorerfahrungen mit anderen Ehrenämtern oder bereits in der Hospizarbeit hat. Im vierten Fragenabschnitt wird die Motivation für die Hospizarbeit oder das Hospizhelferseminar erfragt.

Im fünften Fragenbereich wird noch einmal dezidiert erfragt, welche Erwartungen an das Seminar bestehen, ob es plausibel erscheint, ein Seminar zur Vorbereitung auf das Ehrenamt zu besuchen und ob die Person eher ein Seminar- oder eher ein Ehrenamtsinteresse hat.

Dann wird als sechster Teil des Gesprächs mündlich und schriftlich die Seminarkonzeption und die Seminarinhalte ausführlich vorgestellt.

Im Folgenden wird als siebter Punkt noch einmal ausdrücklich erfragt, ob die Seminarinteressentin spezifische Ängste oder Unsicherheiten bezüglich des Verlaufs im Seminar hat. Die Formulierung war hier oft: „Sie kennen Sich als Mensch und Seminarteilnehmer im Allgemeinen. Gibt es etwas, wovor Sie bei diesem Seminar Angst haben oder was Ihnen Schwierigkeiten bereiten könnte?“

In der achten Fragestellung wird erkundet, welche speziellen und allgemeinen Erfahrungen mit Erkrankungen und Tod in Familie und Freundeskreis gemacht wurden. Insbesondere wurde hier beobachtet, wie viele Trauerfälle berichtet werden, wie lange sie zurückliegen und ob die Personen noch unter dem Einfluss eines Trauerprozesses stehen. Wenn von selbst keine Trauerfälle berichte wurden, wird als neunter Punkt noch einmal gezielt nachgefragt: „Wann war ihr letzter persönlicher Trauerfall?“ und „Hatten Sie in den letzten 2 Jahren persönliche Trauerfälle in der Familie oder im Freundeskreis?“

Als 10. Fragestellung wird erfragt, ob die Person in Bezug auf sich selbst Erfahrungen mit schweren Krankheiten, lebensverkürzenden Diagnosen, Unfällen, chronischen Erkrankungen, schweren Operationen und evtl. Nahtoderlebnissen hatte. Hier wurde oft gefragt: „Gab es für sie selbst einmal eine Situation, wo sie mit einer sehr schweren, lebensverkürzenden Krankheit, einer Verdachtsdiagnose, einem schweren Unfall oder einer Art Nahtoderlebnis konfrontiert waren?“

Im elften Punkt wird angesprochen, ob die Person ganz allgemein Interesse an einem Ehrenamt hat, ob sie schon Vorlieben für bestimmte Bereiche oder Einrichtungen hat. Aus dem Kurs konnten die Teilnehmerinnen in unterschiedliche Einsatzorte gehen, hier stand zur Verfügung: Die Hospizgruppe des Bürgerinstituts, das stationäre Hospiz Sankt Katharina und das damals in Gründung befindliche buddhistische Hospizprojekt Kunto Sangmo.

Im zwölften Abschnitt des Interviews werden die Personen gefragt, was sie schätzen würden, wie viel freie Zeit sie pro Woche für dieses Ehrenamt hätten.

Im dreizehnten Abschnitt wird angesprochen, ob die Person schon mit anderen Personen über ihr Seminarinteresse gesprochen hatte und wie die Reaktionen waren. Meistens war hier die Fragenformulierung: „Haben Sie schon mit jemandem aus der Familie oder aus dem Freundeskreis über ihr Interesse an diesem Kurs und diesem Ehrenamt gesprochen? Wie waren die Reaktionen?“

Als letzte persönliche Frage wird versucht, ganz allgemein die spirituelle oder weltanschauliche Orientierung zu erfassen. Die Formulierung war hier of: „Als letzte persönliche Frage möchte ich sie noch nach ihrer spirituellen oder weltanschaulichen Orientierung fragen. Sind Sie konfessionell gebunden, gehören sie einer bestimmten Weltanschauung an? Können Sie das kurz beschreiben oder umreißen?“ ich erklärte anschließend den Sinn der Frage aus der weltanschaulichen Neutralität unseres Trägers und aus dem Gebot der Missionsvermeidung in der Hospizarbeit..

Im Anhang befindet sich eine Kopie des Originalfragebogens, den wir als Gedächtnisstütze immer verwendet haben, und der Ausblick auf die Seminarinhalte, den Frau Müller-Herrmann unter Punkt 6 vorstellte und den Interessentinnen auch mitgab.

Wie kam es zu der Konzeption der Fragen?

Von der ersten Frage erhofften wir uns eine Rückmeldung zu unserer Öffentlichkeitsarbeit. Wir wollten erfassen, auf welchen Wegen die Personen von der Hospizgruppe bzw. vom Seminar erfahren hatten.

Die zweite Frage nach dem beruflichen Hintergrund erschien uns zum einen sinnvoll, um danach fragen zu können, dass einige Interessentinnen einschlägige berufliche Vorbildungen hatten. Wir wollten dazu einladen, dass die Interessentinnen offen damit umgehen konnten, wenn sie eher ein Fortbildungsinteresse hatten. Wir haben immer, wenn wir ein berufliches Fortbildungsinteresse vermuteten oder berichtet bekamen, auf die entsprechenden Fachfortbildungen verwiesen. Dennoch wollten viele Menschen aus Kosten- oder Zeitgründen erst einmal ein Hospizhelferseminar besuchen. Wir berechnen150 Euro Seminargebühr (für Studenten, Schüler und Arbeitslose 75 Euro). Das sind gegenüber 1500 bis 1700 Euro bei einer Palliative Care Weiterbildung sehr viel geringere Kosten. Unser komprimierter Hospizhelferkurs umfasst 50 Unterrichtsstunden plus zweimal 20 Stunden Hospitation. Das ist auch ein viel geringerer Zeitaufwand gegenüber 160 oder 120 Unterrichtsstunden bei einer Palliative Care Weiterbildung.

Wir führen die Hospizhelferkurse als ein offenes Bildungsangebot durch, keine der Teilnehmerinnen musste sich im Vorfeld auf ein ehrenamtliches Engagement festlegen. Wir hatten ein großes Interesse daran, dass wir und die Teilnehmerinnen sich erst nach dem Seminar auf ein Engagement festlegen. Wer sich im Anschluss ein halbes Jahr lang verbindlich in einer der drei beteiligten Praxiseinrichtungen engagiert hatte, bekam die Teilnahmegebühr vom jeweiligen Träger ersetzt. Pro Kurs haben wir maximal vier Teilnehmerinnen mit beruflichem Interesse zugelassen.

Die dritte Frage nach früheren ehrenamtlichen Tätigkeiten stellten wir, da wir vermuteten, dass hier Vorerfahrungen bestehen könnten. Für ehrenamtliche Tätigkeiten gibt es immer noch nur sehr selten Zeugnisse. Auch wenn es heute üblicher ist, sich auch dafür Zertifikate ausstellen zu lassen, wird es meiner Erfahrung nach noch selten genutzt. Außerdem interessierte uns, ob die Personen bereits Erfahrung in verwandten Ehrenämtern oder sogar im Hospizbereich hatten. Die Kursinteressentinnen, die über das stationäre Hospiz Sankt Katharina zu uns kamen, hatten dort oft bereits einen Kurzkurs zur Vorbereitung auf die Patientenfernen Dienste besucht und dort teilweise bereits Erfahrungen mit ehrenamtlicher Hospizarbeit gemacht.

Als vierte Fragestellung wurde die Motivation für Hospizarbeit allgemein oder für den Kursbesuch erfragt. Diese Frage sollte bereits einige Ausschlusskriterien abklären helfen. Wenn hier bereits eine spirituell-missionarische Absicht geäußert wurde, wurden die Interessentinnen zurückgewiesen und nicht in den Kurs aufgenommen.

Wenn hier bereits die Bearbeitung eines akuten Trauerfalls anklang, wurde schnell offensichtlich, dass die Teilnehmer noch ein oder zwei Jahre warten sollten, bis sie sich im Hospizbereich engagieren sollten. Eine eher berufliche Motivation konnte offen angesprochen werden. Wenn damit jedoch Wünsche nach einer beruflichen Beschäftigung in unserem Hause oder einer Vermittlung in andere Dienste verbunden waren, gingen wir offen damit um, dass in unserem Hause keine Stellen frei wären und dass dafür die beruflichen Fortbildungen geeigneter wären. Ich musste an dieser Stelle auch manchmal erklären, dass Hospizarbeit im Gegensatz zu einem sogenannten 1 € Job immer ein Ehrenamt ohne Aufwandsentschädigung ist.

Als fünftes wurde nach den Erwartungen in Bezug auf das Einführungsseminar gefragt, damit wir erfahren konnten, ob eher der Seminarwunsch oder der Wunsch nach dem ehrenamtlichen Engagement im Vordergrund steht. Hier konnte auch thematisiert werden, ob bereits Vorkenntnisse bestanden oder eher Vorbehalte gegen das Seminar oder Seminarbestandteile bestanden.

Daran schloss sich die konkrete Vorstellung des Seminarkonzepts an. Danach wurden noch einmal ausdrücklich Ängste und Unsicherheiten zur Seminarteilnahme erfragt. Hier sollte geklärt werden, ob die Teilnehmerinnen Angst hätten vor langweiliger Theorie, vor Wiederholungen ihres bereits bestehenden Wissens oder vor einer Teilnahme an den Selbsterfahrungsübungen. Außerdem kamen in Frage: Ängste vor Auseinandersetzung mit der eigenen Trauer oder dem Thema Tod, Angst vor Äußerungen von Traurigkeit von anderen Teilnehmerinnen, Angst vor Überforderung und auch Ängste vor Terminproblemen.

Der achte Fragenkomplex zu eigenen Trauerfällen sollte helfen, private und berufliche Vorerfahrungen mit Sterbebegleitungen offen auszusprechen. Hier konnte thematisiert werden, ob diese positiv ermutigend oder belastend waren, welche Krankheitsbilder bereits aus persönlicher Erfahrung bekannt waren. Wichtig war uns als Kriterium der Ausschluss von akuten Trauerfällen. Hier galt für uns als Mindestabstand zum letzten Trauerfall mindestens ein, besser zwei Jahre. Dieser Mindestabstand ist in den meisten Hospizdiensten und stationären Hospizen inzwischen üblich, damit nicht zu akute, unbearbeitete Trauer unvermittelt und noch wenig Bearbeitet in die Seminarzeit und in die ehrenamtliche Tätigkeit hineinwirkt.

Die Fragen nach eigenen Erfahrungen und Auseinandersetzungen mit Sterblichkeit, schweren oder chronischen Erkrankungen, Unfällen oder sogar Nahtoderlebnissen wurden eingeführt, um die Belastung im Kurs besser einschätzen zu können. Personen, die selbst eine Krebserkrankung überlebt haben, reagieren auf die Kursinhalte oft mit höherer eigener Betroffenheit. Personen, die ein eigenes Nahtoderlebnis hatten, sind in ihrer Sicht auf Tod und Sterben davon oft stark geprägt, manche Betroffene haben sogar etwas Missionarisches in ihren Ansichten. Insofern wollte die Kursleitung hier die eigene Betroffenheit einschätzen, wir haben aber nur sehr selten aus diesen Gründen jemanden vom Kurs ausgeschlossen.

Die 11. Frage nach dem Interesse am Ehrenamt sollte klären helfen, wie konkret die Vorstellungen der Person in Bezug auf ein Ehrenamt sind, ob es bereits eine Anbindung an ein bestimmtes Projekt gibt und ob das Seminar überhaupt aus ehrenamtlicher oder eher aus beruflicher oder aus ganz anderer Motivation besucht wird. Aufgrund unserer Seminarkonzeption war eine Motivation zum Ehrenamt keine zwingende Voraussetzung zur Teilnahme am Seminar.

Auch die 12. Frage, wie viel Zeit für ein Ehrenamt zur Verfügung gestellt werden könnte, sollte helfen, einzuschätzen, wie konkret die Personen sich schon Gedanken über ihr Ehrenamt gemacht hatten. Wenn jemand hier gar keine Zeitangaben machen konnte, waren die Planungen oft noch nicht so konkret. Die Personen wurden im Gespräch mit den zeitlichen Mindestanforderungen (3-4 Stunden plus Fahrtzeit, Gruppentreffen und Supervision) bekannt gemacht.

Die Absicht hinter der 13. Frage nach den Reaktionen im persönlichen Umfeld auf das geplante Seminar oder Engagement war, auf indirektem Wege eine Fremdeinschätzung der Personen zu erhalten. Eine weitere Absicht war, die Seminarinteressentinnen vorzuwarnen, dass sie oft skeptische Reaktionen erwarten können, wenn sie sich diesem Thema verstärkt zuwandten.

Die letzte persönliche Frage nach Weltanschauung, Verhältnis zur Spiritualität und Konfession sollte überleiten zu den Themen Verzicht auf Missionierung, der Bereitschaft zur weltanschaulichen Toleranz und unserer Trennung zwischen Hospizarbeit und Seelsorge. Hier konnten als Ausschlusskriterium missionarische Absichten oder auch sehr esoterische Ansichten erfragt werden.

Ergebnisse der Interviews

Frage 1: Woher haben Sie von uns erfahren?

24 Personen gaben das Internet als Zugangsweg an, 10 Personen die Zeitung. 32 Personen hatten über unseren Kooperationspartner, das Hospiz Sankt Katharina, von unserem Seminar erfahren, 12 Personen über das in Gründung befindliche buddhistische Hospizprojekt Kunto Sangmo. 13 Personen haben über den Flyer des Seminars oder der Hospizgruppe von unserer Arbeit erfahren. 11 Personen gaben den zweimal im Jahr angebotenen Schnupperabend an, der in Kooperation mit der Volkshochschule angeboten wird. 30 Personen nannten Bekannte als Quelle, 7 Personen waren über die Ausstellung zu Palliative Care auf uns aufmerksam geworden, die 2008 im Amt für Gesundheit gezeigt wurde. 15 Personen waren uns über die Freiwilligenagentur im Bürgerinstitut vermittelt worden. 40 Personen nannten noch andere Zugangswege, Mehrfachnennungen waren möglich. Tabelle 1 zeigt die Auflistung der Zugangswege.

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Ende der Leseprobe aus 72 Seiten

Details

Titel
Mich zieht es zur Hospizarbeit. Motivation von potentiellen Ehrenamtlichen in der Hospizarbeit
Untertitel
Eine deskriptive Studie
Autor
Jahr
2013
Seiten
72
Katalognummer
V307781
ISBN (eBook)
9783668069046
ISBN (Buch)
9783668069053
Dateigröße
561 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mich, hospizarbeit, motivation, ehrenamtlichen, eine, studie
Arbeit zitieren
Monika Müller-Herrmann (Autor:in), 2013, Mich zieht es zur Hospizarbeit. Motivation von potentiellen Ehrenamtlichen in der Hospizarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/307781

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