In der Lebensphase Jugend befindet sich der Jugendliche in einer Übergangssituation von der sozialen Kategorie eines unmündigen Heranwachsenden in die des Erwachsenen, der für sich selbst verantwortlich ist. Er sieht sich vielfältigen Erwartungen gegenübergestellt, mit denen er sich in irgendeiner Art und Weise auseinandersetzen muss und welche er gleichzeitig als Orientierung benutzt. Die Sozialisationsforschung versucht diese Art der Auseinandersetzung mit verschiedenen Erklärungsansätzen näher zu erläutern und analysiert die Jugendphase unter soziologischen Gesichtspunkten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsdefinition Sozialisation und Sozialisationsforschung
3. Geschichtlicher Überblick
3.1. Jugendforschung
3.2. Forschungsmethoden
4. Soziologische Betrachtung der Lebensphase Jugend
5. Handlungstheoretische Grundlagenkonzepte in soziologischer Perspektive
5.1. Handeln als Interaktion
5.2. Handeln als Konstruktion der Lebenswelt
5.3. Das Modell der produktiven Realitätsverarbeitung
6. Schlussteil
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der Lebensphase Jugend befindet sich der Jugendliche in einer Übergangssituation von der sozialen Kategorie eines unmündigen Heranwachsenden in die des Erwachsenen, der für sich selbst verantwortlich ist. Er sieht sich vielfältigen Erwartungen gegenübergestellt, mit denen er sich in irgendeiner Art und Weise auseinandersetzen muss und welche er gleichzeitig als Orientierung benutzt. Die Sozialisationsforschung versucht diese Art der Auseinandersetzung mit verschiedenen Erklärungsansätzen näher zu erläutern und analysiert die Jugendphase unter soziologischen Gesichtspunkten.
2. Begriffsdefinition Sozialisation und Sozialisationsforschung
Sozialisation, auch Sozialisierung oder Vergesellschaftung, ist die Bezeichnung für den Prozess der Eingliederung eines Menschen in eine soziale Gruppe bzw. in die Gesellschaft. In diesem Sozialisationsprozess werden die Verhaltensweisen durch die spezifischen Auseinandersetzungs- und Verarbeitungsprozesse mit der materiellen, kulturellen und sozialen Umwelt erlernt, die das Individuum zur Erfüllung sozialer Rollen und zum Erwerb seiner kulturellen Identität benötigt.[1]
Die Ergebnisse der Verarbeitung der äußeren Realität, „die Analyseeinheit Gesellschaft, repräsentiert durch Sozial – und Wertestruktur und soziale und materielle Lebensbedingungen“[2], und der inneren Realität, die Analyseeinheit menschlicher Organismus mit den physischen und psychischen Prozessstrukturen sowie den körperlichen Grundmerkmalen, werden in einer individuell einmaligen, von Mensch zu Mensch verschiedenen Form zusammengezogen. Als bewusst erziehende Sozialisationsinstanzen gelten Familie, Schule, Betrieb und andere gesellschaftliche Institutionen.[3]
„Sozialisationsforschung erforscht bzw. erweitert unser Verständnis vom Menschen, seiner Bildsamkeit und der verschiedenen anthropologischen und psychologischen Bedingungen für menschliche Bildungsprozesse. Insbesondere klärt sie genauer, welche äußeren Bedingungen hierbei wichtig sind und in welcher Art der Wechselwirkung zwischen ihnen und dem Subjekt besteht.“[4]
3. Geschichtlicher Überblick
3.1. Jugendforschung
Der theoretische Diskurs erlebte in der Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg eine Phase der Expansion und Ausdifferenzierung und wurde insbesondere durch Eduart Spranger und Charlotte Bühler geprägt, die die entwicklungspsychologischen Dimensionen des Jugendalters betonten.[5] Sie verstanden das Jugendalter als eine Zeit, in der der von innen kommende Drang zur Selbstständigkeit entsteht, wenn die Jugendlichen von den Eltern unabhängig werden wollen, z.B. durch Auszug aus dem Elternhaus oder die selbstständige Berufsfindung. Allerdings sah man hier auch besonders in der Zeit der Pubertät eine Zeit der Konflikte, wenn die Jugendlichen nicht genau wissen, was sie mit ihrem Leben anfangen wollen. Insbesondere Anna Freud, die Tochter von Sigmund Freud, beschäftigte sich in den 1930er und 40er Jahren mit der Persönlichkeitsentwicklung im Jugendalter und diesen Konflikten in der Phase der Adoleszenz. Weitere Theorieansätze z.B. durch Erik Homburger Erikson in den 40er und 50er Jahren, die die gesellschaftlichen Einflüsse auf die Prozesse der Identitätsfindung im Jugendalter herausarbeitete, „öffneten die psychoanalytische Konzeption stärker für soziologische Theorieelemente.“[6] Jedoch gelang es keinem, sich völlig von Freuds Triebkonzept zu lösen.[7]
Im Verlaufe der Nachkriegszeit setzte allerdings eine Akzentverschiebung ein. Wichtige Anstöße kamen bis zu Beginn der 70er Jahre von der Jugendsoziologie. Stand bisher eher die Entwicklungspsychologie des Jugendalters im Vordergrund, so interessierten nun mehr die gesellschaftlichen und politischen Zusammenhänge. Und trotz unterschiedlicher Bezugspunkte hatten die verschiedenen Theorieansätze wie von Helmut Schelsky, der Jugend als Übergangsphase vom Kind – zum Erwachsenenalter sah, eines gemeinsam, nämlich „sie analysierten den Zusammenhang von Jugend und Gesellschaft vorrangig aus der Perspektive des gesellschaftlichen Systems.“[8] Schelsky diagnostizierte einen Konflikt der Jugendlichen zwischen dem privaten Umfeld der Familie und der eher unpersönlichen Umwelt, und folglich entstanden wegen diesen widersprüchlichen Anforderungen bei den Jugendlichen Unsicherheit und Orientierungsprobleme.
Die sich Anfang der 70er Jahre entwickelnden Ansätze einer marxistischen Jugendtheorie stellen diese Annahmen der soziologischen Theorieansätze in Frage und kritisieren zum einen, dass die verschieden Klassen der Gesellschaft nicht berücksichtigt wurden und zum anderen, dass die Jugend ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Systemerhaltung betrachtet wurde.[9] Mitte der 70er gingen wesentliche Anstöße für die Diskussion um die Jugend von einer inzwischen sozialwissenschaftlich orientierten Erziehungswissenschaft aus. Sie bereiteten einer neuen Sichtweise in der Jugendforschung den Weg, „die Jugendliche nicht mehr als bloße Objekte, sondern als handelnde Subjekte begreift.“[10] Bis dahin wurde die Jugend immer als etwas gesehen, auf das die Umwelt einwirkt, nicht aber, dass die Jugendlichen ihr Umfeld auch aktiv beeinflussen und verändern. Vor allem aber kamen hier erste Forderungen nach einer mehr interdisziplinär ausgerichteten Jugendforschung, d.h., dass die verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen wie Psychologie, Soziologie, Geschichte und Pädagogik ihre Erkenntnisse miteinander verbinden und in einen Theorieansatz einbringen.
3.2. Forschungsmethoden
In den 1920er Jahren erlebten vor allem die qualitativen Forschungsmethoden, also die Erfassung von Daten in ihrer Qualität, eine erste Blüte. Im Interesse der Forschung standen hier die Selbstaussagen der Jugendlichen, die dokumentiert waren durch verschiedene literarische Zeugnisse wie Tagebücher oder Briefe. Allerdings zeigten sich hier deutliche Parallelen zwischen den theoretischen Sichtweisen in den Ansätzen von Spranger, Bühler und Siegfried Bernfeld und den methodischen Zugriffen.[11]
Neben den qualitativen Forschungsmethoden gab es aber auch schon Anfänge der quantitativen Jugendforschung, z.B. durch den Jugendsoziologen Lazarsfeld. Um die Einstellungen und Wünsche der Jugendlichen in den 20er und 30er Jahren beschreiben zu können, griff er auf vorliegende bzw. selbst erhobene Umfragedaten zurück und wertete diese aus. Aber auch andere Forscher wie Meumann oder Stern führten eine Reihe von Tests, Umfragen oder quantitativen Analysen zu Arbeitsorientierungen und sittlichen Einstellungen durch.
[...]
[1] Vgl. Geulen, Dieter: Sozialisation. In: Lenzen, Dieter [Hrsg.]. Erziehungswissenschaft. Ein Grundkurs. Reinbek bei Hamburg 1994, S. 101.
[2] Hurrelmann, Klaus: Einführung in die Sozialisationstheorie. Über den Zusammenhang von Sozialstruktur und Persönlichkeit. Weinheim und Basel 1993, S.71.
[3] Vgl. ebd.
[4] Geulen, Dieter.a.a.O., S.102.
[5] Vgl. Krüger, Heinz Hermann: Geschichte und Perspektive der Jugendforschung – historische
Entwicklungslinien und Bezugspunkte für eine theoretische und methodische Neuorientierung. In Krüger,
Heinz-Hermann [Hrsg.]: Handbuch der Jugendforschung. Leske und Budrich 1988, S.13.
[6] Ebd. S.14.
[7] Vgl. ebd.
[8] Ebd. S.15
[9] Vgl. ebd. S.16.
[10] Ebd. S.16.
[11] Vgl. ebd. S.19.
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