Die deutsch-französischen Beziehungen von 1958 bis 1974


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung
1.1. Ziel der Hausarbeit
1.2. Kurzer Rückblick auf die deutsch-französischen Beziehungen der IV Republik
1.3. Konstanten der deutsch-französischen Zusammenarbeit

2. Die deutsch-französischen Beziehungen von 1958 bis 1974
2.1. Die Ära Adenauer: 1958 bis 1963
2.1.1. Persönliches Verhältnis Adenauers und De Gaulles zueinander
2.1.1.1. Die Rolle der Politiker im eigenen Land
2.1.1.2. Erste Begegnung in Colombey-les-deux-Eglises und gegenseitige Sympathie
2.1.2. Problemfelder
2.1.2.1. Schwierigkeiten auf europäischer Ebene und ...
2.1.2.2. ... auf internationalem Gebiet
2.1.3. Die Grundlegung der deutsch-französischen Freundschaft im Traité d’Elysée
2.2. Krisenzeiten der deutsch-französischen Zusammenarbeit: 1963 bis 1969
2.2.1. De Gaulle und die deutschen Kanzler Erhardt und Kiesinger
2.2.2. Eine Periode zahlreicher Auseinandersetzungen
2.2.2.1.Erhardts Atlantismus und de Streit um die MFL
2.2.2.2. Der Rückzug aus der Nato
2.2.2.3. La politique de la chaise vide
2.2.2.4. Annäherung an die Sowjetunion
2.2.2.5. Innenpolitische Probleme: Mai 1986
2.2.3. Fazit der Periode von 1963 bis 1969
2.3. Pompidou und Brandt: zwischen Europa- und Ostpolitik
2.3.1. Persönliches Verhältnis
2.3.2. Konfliktlinien
2.3.2.1. Die Ostpolitik Brandts
2.3.2.2. ... und die zwiespältige Reaktion Frankreichs
2.3.3. Erfolge der Zusammenarbeit
2.3.3.1. Zusammenarbeit auf wissenschaftlichem Gebiet
2.3.3.2. Kooperation auf europäischer Ebene

3. Schlussbetrachtung

4. Zeittafel

5. Literaturangaben

1. Einleitung

1.1. Ziel der Hausarbeit

Im Januar 2003 hatten die deutsche und die französische Presse ein großes gemeinsames Thema: das 40jährige Jubiläum des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages. Zahlreiche Sonderdrucke und Schriften, Veranstaltungen, Lesungen und Tagungen rundeten die Feierlichkeiten in der Pariser Nationalversammlung ab. Die positive Berichterstattung fand ihre Bestätigung, als der von Schröder darum gebetene französische Staatspräsident Jacques Chirac die Vertretung der deutschen Interessen auf dem EU-Gipfel in Brüssel im vergangenen Oktober erfolgreich übernahm.

Bei aller Freude über gelungene Kooperation und zeitweilige Harmonie sollte aber nicht vergessen werden, dass die deutsch-französischen Beziehungen nicht zu aller Zeit eine Erfolgsgeschichte waren.

Im Rahmen dieser Hausarbeit sollen die deutsch - französischen Beziehungen zwischen 1958 und 1974 einer kritischen Analyse unterzogen werden. Hierbei ist unter anderem der internationale Kontext, die Persönlichkeiten der einzelnen Staatsmänner sowie ihr Verhältnis zueinander und die Existenz immer ständig wiederkehrender Grundhaltungen zu unterschiedlichen Themen zu berücksichtigen. Erst aus dem Wissen um Konstanten in der Politik der beiden Länder ergeben gewisse Verhaltensmuster, einzelne Reaktionen und konkrete Ereignisse einen Sinn.

Das Ziel der Hausarbeit ist es also, unter Berücksichtigung der genannten Aspekte, eine Bestandsaufnahme der Entwicklung der deutsch – französischen Beziehungen in der Zeit von 1958 bis 1974 zu vollziehen und dabei Höhepunkte und Krisen aufzuzeigen. Dies alles mit der Absicht, die Euphorie um die deutsch- französische Freundschaft zu widerlegen, gleichzeitig aber auch ihr Vorhandensein in einem realistischen Rahmen zu beweisen.

Zu diesem Zweck gliedert sich die Hausarbeit in drei große Abschnitte, die in chronologischer Reihenfolge den jeweiligen „Politikerpaaren“ gerecht werden und darüber hinaus in innere Themenkomplexe - wie konkrete Konflikte oder Erfolge, persönliches Verhältnis der Staatsmänner etc.- unterteilt sind.

1.2. Kurze Rückschau auf die deutsch- französischen Beziehungen der IV Republik:

Die Erlebnisse des zweiten Weltkriegs waren für die Franzosen traumatisch und eine Zusammenarbeit mit dem Erbfeind und Aggressor Deutschland schien für immer ausgeschlossen. Ein wesentliches Hauptziel französischer Außenpolitik der Nachkriegsjahre war deshalb auch die Sicherheitspolitik gegenüber Deutschland, die im Wesentlichen über eine wirtschaftliche, politische und militärische Schwächung des Nachbarlandes zu erfolgen hatte. So setzte sich de Gaulle für die „Zerschlagung Deutschlands, die Loslösung des Rheinlandes, des Ruhr- und des Saargebietes“ ein. (Geppert 2002: S.115)

Erst die Ablehnung diesen harten Kurses durch die übrigen Siegermächte und die Angst vor der sowjetischen Bedrohung ließen peu à peu ein Umdenken zu. In den Vordergrund trat nun das Konzept der „Kontrolle durch Einbindung“, ersichtlich zum Beispiel durch die Einbindung Deutschlands in europäische Strukturen wie der Montanunion oder seine Aufnahme in internationale Organisationen wie die Nato etc.

Diese Integrationspolitik zur Lösung des deutschen Problems war somit die wesentliche Leistung der IV Republik. Auf der Grundlage dieser Annäherung konnte in den Folgejahren der Prozess der Aussöhnung beginnen, der schließlich mit der vertraglichen Niederlegung der deutsch - französischen Freundschaft am 22. Januar 1963 seinen Abschluss fand.

1.3. Konstanten der deutsch-französischen Zusammenarbeit

Klassische Konstanten deutsch - französischer Verständigungsprobleme liegen vor allem im Bereich der Sicherheitspolitik, der europäischen Integrationspolitik, der Einstellung gegenüber den USA und der Nato. Sie ergeben sich zum einen aus dem unterschiedlichen Nationenbegriff der beiden Länder, zum anderen aus dem ungleichen Stellenwert des Souveränitätsbegriffs. Diese gilt in Frankreich als oberstes Staatsziel, was durchaus konkrete Einflüsse beispielsweise auf die französische Europapolitik hat. So hinderte de Gaulle durch seine übertriebene Abwehrpolitik aller Institutionen, die die französische Souveränität einschränken könnten, Europa daran eine politische Eigenständigkeit zu gewinnen. (Vgl. Abelein/Bondy 1973: S.266)

Während Frankreich großen Wert auf seine militärische Stärke legt und de Gaulle dies auch in zahlreichen Reden zum Ausdruck brachte, wie zum Beispiel am 27.01.1968 vor der Militärakademie Saint-Cyr, als er sagte: „Keine wirkliche Macht ohne politische Macht, keine politische Macht ohne militärische Macht“ (In: Abelein/Bondy 1973: S.255), gründet sich die deutsche Identität nicht so sehr auf militärische Unabhängigkeit, sondern eher auf die wirtschaftliche Überlegenheit.

Zudem hat Deutschland auch militärisch gar nicht die Möglichkeiten eines französischen Staates. Deutschland muss seine Sicherheit in der Einbindung in internationale Organisationen wie der Nato suchen. Diese Abhängigkeit macht es auch unmöglich, Kritik am amerikanischen Führungsstil aufkommen zu lassen. Im Gegenteil wird die Präsenz amerikanischer Truppen auf deutschen Boden als zusätzliches Sicherheitsmoment empfunden (Vgl. Abelein/Bondy 1973: S. 265)

Diese Unterschiede in der Denkweise zu begreifen, ist notwendig um konkrete Einzelentscheidungen richtig einordnen und analysieren zu können.

2. Die deutsch- französischen Beziehungen zwischen 1958 bis 1974

2.1. Die Ära Adenauer: 1958 - 1963

Im ersten Kapitel des Hauptteils soll auf die gemeinsame Amtszeit Adenauers und de Gaulles, also auf die Periode von 1958 bis 1963 eingegangen werden, die einerseits durch das freundschaftliche Verhältnis der beiden Männer und die Unterzeichnung des deutsch- französischen Freundschaftsvertrages gekennzeichnet war, andererseits allerdings auch keine Zeit des vollkommenen Einverständnisses gewesen ist.

2.1.1. Persönliches Verhältnis Adenauers und de Gaulles zueinander

2.1.1.1. Die Rolle der Politiker im eigenen Land

Das Jahr 1958 stand für den Beginn der V. Republik und der Rückkehr des in Frankreich längst als Legende verehrten Charles de Gaulle auf den höchsten Posten der Nation. Während Adenauer schon seit dem 15. September 1949 als Bundeskanzler die Geschicke der deutschen Nation leitete, wurde der General nach seiner kurzen Amtszeit in den letzten Monaten der IV. Republik am 21. Dezember zum ersten Präsidenten der V. Republik gewählt.

De Gaulle war vor allem durch seine führende Rolle im zweiten Weltkrieg bekannt, als er die französische „Résistance“ von London aus koordinierte und sich selbst zum Präsidenten der Exilregierung erklärte. Adenauer war ebenfalls einer der bedeutendsten Männer seiner Epoche. Er führte die CDU erfolgreich in die Machtposition, was sicher für viele überraschend war, wenn man bedenkt, dass die CDU neu gegründet worden war wohingegen die SPD während des dritten Reichs den Widerstand gegen das Hitler- Regime geleistet hatte.

2.1.1.2. Erste Begegnung in Colombey-les-deux-Eglises und gegenseitige Sympathie

Trotz ihrer jeweiligen Popularität waren sich die beiden Männer noch nie begegnet. Man kann durchaus sagen, dass Adenauer ein gewisses Misstrauen gegen den als nationalistisch und europaskeptisch geltenden General hegte. Diese Zurückhaltung änderte sich jedoch mit der ersten Begegnung der beiden Politiker, die aufgrund einer Einladung de Gaulles stattfand. Am 14./15. September 1958 lud der General Adenauer auf seinen privaten Landsitz nach Colombey-les-deux-Eglises ein. Die Bedeutung dieser Begegnung ist nicht zu unterschätzen. Zum einen, da Adenauer der einzige ausländische Staatsmann blieb, der jemals vom General in seine Privatwohnung eingeladen wurde, zum anderen weil diese Begegnung den Grundstein für eine gegenseitige Sympathie legte, die in den folgenden Jahren durch über 40 persönliche Briefwechsel und über 100 Stunden Telefongespräche belegt wurde (Vgl. Baums 1992: S.53). Die vereinbarten Zusammentreffen und Beratungen, die sich aus diesem ersten Treffen ergeben waren ebenso ein erster Schritt hin zu mehr Kooperation.

Erklären lässt sich ihre gegenseitige Sympathie möglicherweise mit ihrer charakterlichen Ähnlichkeit. So schrieb der langjährige Botschafter in Berlin und Bonn, André Francois Poncet: „Beide lieben die Autorität, besitzen einen starren, bis zur Starrköpfigkeit gehenden Willen, wahren gerne und gut das Geheimnis ihrer Vorhaben, haben keine Illusionen über Menschen und Menschheit, besonders nicht über ihre Umgebung und über ihre Widersacher.“ (Ziebura 1970: S.100)

Die positive Grundhaltung der beiden Männer wirkte sich auch positiv auf das deutsch-französische Verhältnis aus. So wurde beispielsweise de Gaulles erster Staatsbesuch vom 4. bis zum 9. September zu „einem echtem Triumphzug“ (Grosser 1986: S. 226). Besonders seine auf deutsch gehaltenen Reden wurden mit Euphorie aufgenommen, was auch kein Wunder war, denn er zollte darin dem deutschen Volk Bewunderung und rehabilitierte es somit auch ein stückweit vom Trauma der schuldigen Nation. "Er war der erste bedeutende Ausländer, der nach dem Krieg vom großen deutschen Volk sprach" (Vgl. Brandt 1976: S. 134), wie zum Beispiel in Ludwigsburg am 9.September 1962 vor den versammelten deutschen Jugendlichen: „Je vous félicite, ensuite, d’être de jeunes Allemands, c’est-à-dire les enfants d’un grand peuple. Oui! D’un grand peuple !“ (In: Maillard 1990: S.294) Und er schloss mit den Worten: „L’avenir de nos deux pays, la base sur laquelle peut et doit se construire l’union de l’Europe,…, c’est l’estime, la confiance, l’amitié mutuelles du peuple francais et du peuple allemand» (In: Maillard 1990 S. 294)

Umgekehrt konnte auch Adenauer, wenn nicht mit einem hysterischen, so doch mit einem sehr freundschaftlichen Empfang beim vorausgegangenen Besuch in Frankreich (5.-8. Juli 196) rechnen. Gipfelpunkt dieses scheinbaren deutsch-französischen „Höhenfluges“ (Abelein/Bondy 1973: S.223) der auch in der deutschen Öffentlichkeit auf eine sehr hohe Resonanz stieß (Vgl. Info 258: S.49) war die Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrag am 22.Januar 1963.

Doch auch eine gegenseitige Zuneigung kann nicht über alle politischen Schwierigkeiten hinweghelfen. So muss man sich darüber klar sein, dass der deutsche Kanzler und der französische Präsident zwar an gemeinsamen Projekten arbeiteten, dass jedoch die Intention, die Motivation und die Finalität die dahinter steckten in den meisten Fällen eine ganz andere, wenn nicht sogar entgegengesetzte war. Dies ergibt sich schon einfach aus den verschiedenen Grundhaltungen der beiden Länder zu gewissen Themen und im Fall de Gaulles auch aus der Tatsache heraus, dass er Deutschland einfach nicht den gleichen weltpolitischen Status wie Frankreich, das schließlich Nuklearmacht, ständiges Mitglied im UN Sicherheitsrat und Siegermacht war, anerkannte bzw. niemals beimessen wollte. Man muss sich geradezu fragen, warum Adenauer die Divergenzen nicht bemerkt hat oder sie nicht hat bemerken wollen? Viele Autoren begründen dies mit einer gewissen Naivität Adenauers was den Präsidenten angeht, so schreibt zum Beispiel Gilbert Ziebura folgendes: “Er hörte aus den Darlegungen de Gaulles das heraus, was er hören wollte. Er nahm seine Wünsche für Realitäten und die Franzosen profitierten davon.“ ( Ziebura 1970: S. 101)

Ein anderer Grund könnte auch die Tatsache sein, dass Adenauer sich durch das Mitwirken ihm bekannter Persönlichkeiten wie zum Beispiel den früheren Botschafter in Bonn Maurice Couve de Murville in der Pariser Regierung beruhigt fühlte.

2.1.2 Problemfelder

Die großen gemeinsamen Aufgabengebiete jener Zeit waren vor allem die Regelung der deutschen Frage, die Europapolitik und die internationale Sicherheitspolitik- bedingt durch die Bedrohung durch den Osten. Alle drei Themen beinhalten in sich die typischen Felder deutsch-französischer Interessenkonflikte. Obwohl Adenauer stets eine Politik der Stärke verfolgte, d.h. die Einbindung der BRD in den Westen zunächst der deutschen Wiedervereinigung vorziehen wollte, um durch den dadurch entsehenden Machtzuwachs Druck auf die Sowjetunion ausüben zu können, gab es doch einen gewissen Druck in der Bevölkerung die Wiedervereinigung voranzutreiben.

Es ist leicht verständlich, dass deutsche Wiedervereinigungsgedanken nicht in de Gaulles Konzept, Frankreich zur führenden Macht in Europa zurückzubilden passten, dass er „eine staatliche Vereinigung der Bundesrepublik mit der DDR aus französischer Sicht auch nicht für wünschenswert hielt“ ( Geppert 2002: S. 116). Andererseits betonte der General mehrfach, dass die DDR in seinen Augen „ein künstliches Gebilde“ sei .(Bondy/Abelein 1973: S.273).

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die deutsch-französischen Beziehungen von 1958 bis 1974
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Die Außenpolitik der V Republik
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V35792
ISBN (eBook)
9783638356077
Dateigröße
731 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Beziehungen, Außenpolitik, Republik
Arbeit zitieren
Katrin Planta (Autor:in), 2004, Die deutsch-französischen Beziehungen von 1958 bis 1974, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35792

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