Diese Arbeit verfolgt hinsichtlich der Problematik des Verhältnisses von Absolutem und Kontingentem
zwei miteinander korrelierende Ziele. Zum einen soll gezeigt werden, daß in Anbetracht
der Logik Hegels die für die Philosophie seit der Antike so grundlegende Frage nach
der Seinsweise und der Art des Zusammenhangs von Absolutem und Kontingentem wesentlich
falsch gestellt ist, weil nach ihrer klassischen Lesart beide als prinzipiell verschieden
voneinander präsupponiert werden. 1 Die Begründung für diese These wird in der Darstellung
eben jener Hegelschen Position in diese Zusammenhang bestehen, ja es wird sich ergeben,
daß, wenn eine stichhaltige Kritik der Frage und ihrer möglichen Lösungsvorschläge überhaupt
noch eine Alternative zuließen, es dann notwendig wäre, der Problematik gegenüber
von vornherein einen völlig anderen Standpunkt einzunehmen – den der dialektischen Vernunft
statt den des (endlichen) Verstandes.2 Der erste Teil der Arbeit wird begriffsanalytisch
verfahren; die Darstellung konkreter historischer Positionen wird vermieden, um deren Detailproblemen
aus dem Wege zu gehen. Statt dessen wird versucht, allein auf Grundlage der
möglichst allgemein gehaltenen und auf ihren Wortsinn (hier: auf notwendige Bedingungen)
reduzierten Begriffe von Absolutem, Kontingentem und dem einer etwaigen Vermittlung beider
prinzipielle und aus bestimmten Gründen notwendige Divergenzen zwischen der beanspruchten
und der wirklichen Bedeutung (zwischen Pragmatik und Semantik oder, wenn man
so will: zwischen Form und Inhalt) dieser Begriffe aufzuzeigen. [...]
1 Besonders deutlich wird dies bei Hegels Betrachtung der „verständigen“ Frage nach der Verendlichung des
Unendlichen. (Hegel, G.W.F.: Wissenschaft der Logik I. Frankfurt/Main 2000, S. 170f. – im folgenden „L“)
2 „Wenn vom Denken die Rede ist, so muß man das endliche, bloß verständige Denken vom unendlichen, vernünftigen
unterscheiden. Die Denkbestimmungen, so wie sie sich unmittelbar, vereinzelt vorfinden, sind endliche
Bestimmu ngen. Das Wahre aber ist das in sich Unendliche, welches durch Endliches sich nicht ausdrücken
und zum Bewusstsein bringen läßt.“ (ders.: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften I. Frankfurt/Main
1999, S. 94f. – im folgenden „EZ“)
Inhaltsverzeichnis
- Die Frage nach dem Absoluten und dem Kontingenten und ihre Aporien
- Notwendige Bedingungen für Absolutes und Kontingentes
- Absolutes
- Kontingentes
- Aporien der Ausgangsfrage und die Selbstwidersprüchlichkeit ihrer Implikationen
- Der Primat des Absoluten und seine begrifflichen Widersprüche am Beispiel der platonischen Lehre von den Ideen
- Die Frage nach dem Endlichen und Unendlichen bei Hegel
- Vorklärungen und Reformulierung der Fragestellung
- Die Entwicklung der Kategorie der Endlichkeit – Etwas und Anderes
- Überlegungen zur dialektischen Methode – Widerspruch und indirekter Beweis
- Die Endlichkeit
- ,,Schlechte Unendlichkeit“
- Affirmative Unendlichkeit: Die Wahrheit der „schlechten Unendlichkeit“ als symmetrische Implikation von Endlichkeit und Unendlichkeit
- Zwischenergebnis
- Die absolute Idee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das Verhältnis von Absolutem und Kontingentem im Kontext der Hegelschen Philosophie. Dabei wird gezeigt, dass die klassische Formulierung der Frage nach der Seinsweise und dem Zusammenhang dieser beiden Begriffe in der Hegelschen Logik als falsch betrachtet werden muss. Die Arbeit argumentiert, dass die dialektische Vernunft, im Gegensatz zum (endlichen) Verstand, einen fundamental anderen Standpunkt benötigt, um diese Problematik angemessen zu erfassen.
- Die grundlegende Frage nach dem Verhältnis von Absolutem und Kontingentem in der Philosophie
- Die Kritik der klassischen Formulierung dieser Frage in der Hegelschen Logik
- Die Bedeutung der dialektischen Vernunft als Methode zur Überwindung der Widersprüchlichkeit dieser Kategorien
- Die Rolle der Kategorien Endlichkeit und Unendlichkeit in der Hegelschen Logik
- Die absolute Idee als epistemologische und ontologische Instanz, die die Aporien des Absoluten und des Kontingenten auflöst
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel analysiert die notwendigen Bedingungen für Absolutes und Kontingentes auf begrifflicher Ebene. Es werden die Aporien der Ausgangsfrage sowie die Selbstwidersprüchlichkeit ihrer Implikationen beleuchtet. Das Beispiel der platonischen Lehre von den Ideen verdeutlicht, wie das Absolute mit begrifflichen Widersprüchen konfrontiert ist. Im zweiten Kapitel widmet sich die Arbeit der Hegelschen Philosophie und der Frage nach dem Endlichen und Unendlichen. Die Entwicklung der Kategorie der Endlichkeit, die Bedeutung der dialektischen Methode sowie die Unterscheidung zwischen "schlechter" und "affirmativer" Unendlichkeit werden erörtert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen der Philosophie, wie dem Verhältnis von Absolutem und Kontingentem, der Hegelschen Logik, der dialektischen Vernunft, den Kategorien Endlichkeit und Unendlichkeit, sowie der absoluten Idee.
- Arbeit zitieren
- Frank Lachmann (Autor:in), 2003, Die Frage nach dem Absoluten und dem Kontingenten vor dem Hintergrund der Logik Hegels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37779