Sprachkritik in den Sprachwissenschaften am Beispiel der Fachsprache


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Sprachkritik
2.1 Von den Anfängen bis zur Gegenwart
2.2 Die Sprachkritiker und ihr Gegenstand
2.3 Ziele und Nutzen

3. Für und Wider dem Fachjargon
3.1 Begrifflichkeiten
3.2 Fachsprache unter Wissenschaftlern
3.3 Fachsprache im Alltag

4. Schlussbetrachtungen

5. Literatur

1. Einleitung

„Seine Entscheidung stützt der Sprachkritiker so gut wie nie auf linguistisch begründete Einsichten, er verläßt sich durchweg auf […] sein Sprachgefühl“ (Sanders 1992: 17).

Von einem Sprachwissenschaftler hingegen wird erwartet, dass er sachlich argumentiert und sich nicht von subjektiven Empfindungen leiten lässt. Ist er deshalb nicht als Kritiker an der Sprache geeignet? Oder sollte man vielleicht eher die Einstellung der Sprachkritik ändern und von jedem Kritiker erwarten, dass er wissenschaftlich vorgeht?

Für eine sprachwissenschaftliche Ausarbeitung sind diese Fragen von existentieller Bedeutung denn sie rechtfertigen erst ihre Entstehung. Sollten Sprachkritik und Sprachwissenschaft nicht in irgendeiner Weise miteinander verknüpft sein, hätte diese Arbeit keinerlei Berechtigung.

Es wäre wohl zu viel erwartet, all die großen Fragen, mit denen sich bedeutende Wissenschaftler unserer Zeit schon lange beschäftigen, umfassend zu beantworten. Ich kann jedoch einen groben Überblick über die Sprachkritik vermitteln, mögliche Probleme herausstellen und Denkanstöße für die Zukunft geben.

Die Arbeit ist anders gegliedert als gewöhnlich, da das Thema nur schlecht in das Raster eines kleineren Theorieteils und eines größeren Praxisteils passt. Vielmehr werden uns nur wenige Begriffsdefinitionen und gar keine Modelle oder namhaften Theorien begegnen. Leider, denn es gibt sie noch nicht.

Der erste Teil wird das Kernstück der Arbeit ausmachen und sich mit den zuvor schon angedeuteten Fragen nach der Entstehung, Beschaffenheit, Zielsetzung und Berechtigung der Sprachkritik beschäftigen. Den Einstieg macht dabei ein kurzer Blick in die Geschichte der Sprachkritik, denn:

Eine Geschichte der Sprachkritik kann deshalb verstanden werden als der Hintergrund, vor dem eine gegenwärtige und zukünftige Sprachkritik ihre Argumente sammeln, prüfen und selbstkritisch reflektieren kann. (Schiewe 1998: 7)

Es werden einige große Namen damaliger und heutiger Sprachkritiker fallen, die die Brisanz des Themas unterstreichen.

Die Geschichte dient nicht nur zur Einstimmung sondern auch zur Vorbereitung auf das nächste Unterkapitel, das den Versuch unternimmt, den Gegenstand sowie das Subjekt der Sprachkritik zu definieren. Die Frage nach dem Subjekt ist sicherlich eine der schwierigsten und wird den Streit zwischen Sprachkritikern und Sprachwissenschaftlern aufgreifen.

Das zweite Kapitel wird abgrundet mit den Zielen bzw. dem Zweck der Sprachkritik. Wir werden sehen, dass gerade die Zielsetzung stark abhängig ist von den einzelnen Gruppen, die Sprachkritik betreiben und dass manche Ziele besser nicht zum Zweck werden sollten.

Der Leser wird bis hierhin einige Ideen haben sammeln können, wie Sprachkritik konkret aussieht und soll nun im dritten Kapitel ein Anwendungsbeispiel aus nächster Nähe erleben. Ich habe das Thema der Fachsprache gewählt weil es in dieser Form noch sehr jung ist und weniger polarisiert als z.B. die Anglizismen- oder Binnen-I-Frage. Außerdem hat sich sicherlich jeder Student schon einmal die Frage gestellt, ob es wirklich nötig ist, dass Professoren sich oft so umständlich ausdrücken.

Der Professor ist ein Wissenschaftler, der die Sprache seines Faches verwendet und man möchte meinen, dass dagegen nichts einzuwenden ist.

Das Kapitel 3.2 wird sich damit beschäftigen, inwieweit innerfachliche Kommunikationsprobleme auftauchen können und wo die Grenze der Fachlichkeit liegt.

Ein verwandtes Phänomen ist das des „[…] seine ursprüngliche Sphäre überwuchernden Fachwortschatze[s…]“ (Schiewe 1998: 256), der plötzlich seinen Platz in der Alltagssprache einnimmt. Inwiefern macht sich diese Verwissenschaftlichung der Gemeinsprache bemerkbar? Woher kommt sie? Was sind die Folgen? Ich werde an dieser Stelle Antworten aus der Literatur zitieren aber auch auf Lücken in der Argumentation hinweisen. Wir werden sehen, dass es oft an Kriterien, Fakten und wissenschaftlicher Methodik fehlt womit wir wieder beim Anfang, dem Mangel an linguistischer Sprachkritik, angelangt sind.

Um Missverständnissen vorzubeugen, werden die Begriffe Fachsprache, Fachjargon und Wissenschaftssprache im Punkt 3.1 voneinander abgegrenzt. Die Definitionen mögen unterschiedlich sein von anderen in der Literatur doch werden im gesamten Verlauf der Arbeit konstant befolgt.

Das Schlusswort rundet ab mit einem Appell an die Linguistik und zieht die notwendigen Konsequenzen aus den Ergebnissen der Analyse.

2. Sprachkritik

2.1 Von den Anfängen bis zur Gegenwart

Wie viele Geschichten, beginnt auch diese bei den alten Griechen, genauer gesagt bei Platon und seinen Zeitgenossen. Im viel zitierten Kratylos-Dialog diskutieren die Philosophen darüber, ob Wörter eine natürliche Richtigkeit besitzen oder ob sie willkürlich gewählt sind. Davon hängt maßgeblich ab, „[…] ob Sprachkritik als Wortkritik überhaupt möglich sei“ (Schiewe 1998: 28). Das Ergebnis der Überlegungen ist die Einsicht, dass es primäre Wörter gibt (z.B. ‚Buch’ oder ‚Regal), die arbiträr sind aber auch sekundäre Wörter (z.B. ‚Bücherregal’), die durch Zerlegung oft Auskunft über ihre Bedeutung geben. Gegenstand der Sprachkritik sind daher vorrangig die sekundären Wörter da diese nicht der Willkür unterliegen.

Im Mittelalter setzt sich die Abwägung zwischen Realismus (natürlicher Richtigkeit der Wörter) und Nominalismus (arbiträren Zeichen) fort und erst in der frühen Neuzeit erhält die Sprachkritik eine neue Richtung. Gebeutelt und zersplittert durch den 30jährigen Krieg, widmen sich verschiedene Sprachgesellschaften dem Erhalt der deutschen Muttersprache und der Eingrenzung des Lateinischen sowie Französischen. Damals macht man die wichtige Beobachtung, „[…] daß sich die Gegenstände des Wissens prinzipiell in jeder Sprache darstellen lassen […]“ (Schiewe 1998: 57). Dieser Erkenntnis haben wir es zu verdanken, dass wir heute in deutscher Sprache studieren können.

Als zwingende Anknüpfung an die barocke Sprachkritik, beschäftigt sich im 18. Jhdt. Leibniz mit dem Danach indem er eine deutsche Wissenschaftssprache fordert, die die Fremdsprachen abzulösen in der Lage ist. Dieser Auffassung ist auch der Professor Thomasius, der nicht nur das Deutsch an inländischen Universitäten durchsetzt sondern sich auch für eine „[...] moderne, lebendige Sprache in den Wissenschaften […]“ (Schiewe 1998: 83) ausspricht. Christian Wolff wagt daraufhin den Schritt von der Theorie in die Praxis und entwirft eine eigene Sprache für ausgewählte Wissenschaften. Dabei folgt er neun Prinzipien, die bis heute noch eine erhebliche Relevanz für die Sprachkritik besitzen und die an späterer Stelle noch genauer durchleuchtet werden sollen.

Doch das 18. Jhdt. wird auch geprägt durch Männer wie Adelung, Campe und Gottsched, die sich mit der Frage beschäftigen, wie ein einheitliches Hochdeutsch beschaffen sein soll. Im Rahmen seiner Forderung nach einer volksnahen Sprache, beschäftigt sich Campe bis ins 19. Jhdt. hinein mit der Übersetzung von Fremdwörtern um das Deutsche für jedermann verständlich zu machen.

Es ist außerdem die Zeit der Besetzung durch Napoleon und in Deutschland kämpft man um eine reine, ursprüngliche Sprache „[…] damit ein Volk aufgrund seiner inneren Identität auch eine Abgrenzung nach außen vornehmen kann“ (Schiewe 1998: 155). Obwohl die Sprachkritik in dieser Zeit schon faschistische Züge annimmt, wird sie vom Regime des Dritten Reiches nicht aufgegriffen. Im Gegenteil, Fremdwörter dienen den Nationalsozialisten zur Verschleierung ihrer grausamen Taten und Absichten. Zeitgenossen wie Victor Klemperer beschäftigen sich mit der manipulativen Sprache der Nazis und üben Kritik an ihr.

Man wird sich noch lange mit der Sprache von Hitler, Goebbels, Himmler und anderen Verbrechern des Dritten Reiches auseinandersetzen doch mittlerweile haben sich noch einige weitere Themen dazugesellt. Das Spektrum reicht vom allgemeinen Sprachverfallstopos über die Diskriminierung der Frau bis hin zur politischen Sprache und Anglizismenkritik. Ob Sprachwissenschaftler, Journalisten oder Politiker, sie alle beschäftigen sich mit Sprachkritik und damit auch mit dem jüngsten Phänomen der Wechselwirkung von Fachsprache und Alltagssprache, das im späteren Verlauf näher analysiert werden soll.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Sprachkritik in den Sprachwissenschaften am Beispiel der Fachsprache
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen
Veranstaltung
Sprachkritik - Seminar
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
23
Katalognummer
V39310
ISBN (eBook)
9783638381154
ISBN (Buch)
9783638654197
Dateigröße
432 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachkritik, Sprachwissenschaften, Beispiel, Fachsprache, Sprachkritik, Seminar
Arbeit zitieren
M.A. Emily Nestler (Autor:in), 2005, Sprachkritik in den Sprachwissenschaften am Beispiel der Fachsprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39310

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