Mautsysteme für den Straßengüterverkehr in Europa


Seminararbeit, 2005

111 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeines zur Maut
2.1 Definition des Mautbegriffes
2.2 Ziele der Maut
2.3 Informationen und Prognosen zur Transportleistung

3. Autobahngebühr in Deutschland vor Toll Collect

4. Mauterhebung in Deutschland mit Toll Collect
4.1 Rechtsgrundlage der Maut
4.2 Beteiligte Akteure der Maut
4.3 Chronologie der LKW-Maut
4.4 Eigenschaften des Mautsystems
4.4.1 Gebührensystem
4.4.2 Erhebungsverfahren
4.4.2.1 Automatische Einbuchung über ein Fahrzeuggerät
4.4.2.2 Manuelle Einbuchung übers Internet
4.4.2.3 Manuelle Einbuchung über Mautstellen-Terminals
4.5 Kontrollsystem
4.5.1 Automatische Kontrollen durch die Kontrollbrücken
4.5.2 Standkontrollen mit Ausleitung von Fahrzeugen
4.5.3 Mobile Kontrollen mit Ausleitung von Fahrzeugen
4.5.4 Betriebsprüfungen bei Unternehmen
4.5.5 Lücken bei der Mautkontrolle
4.5.6 Folgen durch Verstöße gegen die Mautpflicht:

5. Ausblick und Bewertung des Mautsystems
5.1 Chancen für den Wirtschaftsstandort Deutschland
5.2 Auswirkungen der Maut
5.2.1 Änderungen der Verbraucherpreise
5.2.2 Einfluss auf den Umweltschutz
5.2.3 Hinsichtlich der Verkehrsverlagerung
5.3 Kritikpunkte am Ansatz von Toll Collect
5.4 Entwicklungsfelder im Telematikbereich
5.4.1 Allgemein Telematik (Telekommunikation und Informatik)
5.4.2 Beispiele für Telematikanwendungen im Straßenverkehr:

6. Aktueller Stand der Technologien europäischer Länder
6.1 Grundprinzipien der Mauterhebung
6.1.1 Italien
6.1.2 Frankreich
6.1.3 Spanien
6.1.4 Österreich
6.1.5 Schweiz/Liechtenstein
6.1.6 Großbritannien
6.1.7 Weitere europäische Länder

7. Mauterhebung auf EU-Ebene
7.1 Hintergründe der europäischen Maut
7.2 Galileo
7.2.1 Galileo: Ein strategisches Programm für die Europäische Union
7.2.2 Das Unternehmen
7.2.3 Das Funktionsprinzip von Galileo
7.2.4 Einsatzfelder des Galileo-Systems
7.2.5 Die verschiedenen Programmphasen des Projektes
7.2.6 Die angebotenen Dienste

8. Planungen der europäischen Länder hinsichtlich ihrer nationalen Mautsysteme

9.Schlussbetrachtung

10. Quellenverzeichnis
10.1 Bücher
10.2 Zeitungen
10.3 Sonstiges Informationsmaterial
10.4 Online-Dokumente
10.5 Abbildungsquellen

1. Einleitung

Deutschland ist aufgrund seiner wirtschaftlichen und geographischen Lage der Dreh- und Angelpunkt sämtlicher europäischen Verkehrsströme. Das dadurch entstehende starke Verkehrsaufkommen führt zu erheblichen Schäden an dem deutschen Autobahnnetz. Es gilt zu überlegen, wie diese immensen Belastungen verursachergerecht finanziert werden können. Bis zum 1.Januar 2005 wurde das deutsche Straßennetz überwiegend durch Steuergelder finanziert. Dieses System entsprach in keiner Weise einem gerechten Verursacherprinzip. Zwar wurde der Schwerlastverkehr durch die Eurovignette zur Kasse gebeten, jedoch war dies nur ein kleiner Ansatz im Hinblick auf eine verursachergerechte Finanzierung. Am 1.Januar 2005 löste das satellitengestützte Mautsystem in Deutschland die Eurovignette ab. Durch diese Maut ist heute eine nutzerbezogene Finanzierung gewährleistet. Gerade ausländische Transportunternehmen werden stärker zur Kasse gebeten. Das stellt vor allem auch unter wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten ein wichtiger Aspekt dar. Nach der Einführung der Vollversion (OBU II) am 1.Januar 2006 wird mit jährlichen Mauteinnahmen in Höhe von 2,8 Milliarden € (nach Abzug aller Kosten) gerechnet. Dieser Betrag deckt dann den größten Teil des ca. 4,3 Milliarden € schweren Verkehrsetats des Bundes. Benötigt werden aber etwa 5,8 Milliarden € für die Instandhaltung und die vordringlichen Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplans. Hierbei sei angemerkt, dass trotz der zusätzlich in den Verkehrsetat einfließenden Mittel der Etat in Zukunft weiter gekürzt wird. Der Grund dafür ist die drastische Kürzung des in den Verkehrshaushalt einfließenden Steueranteiles. Auf der anderen Seite steigen die Kosten für die Erhaltung der Infrastruktur stetig. Die Folge ist eine wachsende Unterfinanzierung des Straßennetzes in Deutschland. Andere Länder zeigen uns für dieses Problem längst die Lösung: Privatisierung der Autobahnen und Gebühren für die Nutzung. Gebühren hätten den Vorteil, dass sie wieder „in die Straße“ zurückfließen, anders als die ca. 40 Milliarden €, die der Staat von den Autofahrern, in Form von KFZ-, Versicherungs-, Öko- und Mineralölsteuer, einnimmt. Von dieser Belastung der Verkehrsteilnehmer sind in der Vergangenheit nur ca. 5 Milliarden € ins Straßennetz geflossen. In Zukunft wird, wie bereits genannt, dieser Betrag sogar noch gekürzt.

In folgender Studienarbeit soll neben Begriffsdefinitionen auf aktuelle Fragestellungen zum Thema Straßengüterverkehrsmaut in Deutschland und Europa eingegangen werden. Zuerst wird die Mautsituation mittels Eurovignette vor Einführung der satellitengestützten LKW-Maut betrachtet. Danach wird das neue deutsche Mautsystem tief greifend analysiert. Dabei wird neben politischen und wirtschaftlichen Hintergründen auf das technologische Funktions- und Kontrollprinzip eingegangen. Außerdem wird das Konzept auf Stärken und Schwächen untersucht, sowie die Entwicklungspotenziale und Zukunftsaussichten herausgearbeitet.

Ein weiterer Schwerpunkt der Ausarbeitung liegt in der Analyse der aktuellen Mauterhebungsverfahren anderer europäischer Staaten. Dabei wird vor allem auf die Mautkonzepte der Österreicher und der Schweizer eingegangen, da diese

ebenfalls in den letzten Jahren auf automatische Mauterhebungsverfahren umgestellt haben. Darüber hinaus befasst sich die Seminararbeit mit den Bestrebungen anderer europäischer Länder, auf ein automatisches Mauterhebungsverfahren umzustellen. Gerade ein solches automatisches Mautsystem wird heute im Rahmen einer europaweiten Mautlösung in der Europäischen Union diskutiert. Als Plattform für diese eventuell satellitengestützte Maut könnte dann möglicherweise das Satellitenprogramm „Galileo“ der EU dienen. Im Hinblick auf eine mögliche Verknüpfung einer zukünftigen, gemeinsamen „europäischen Maut“ mit dem europäischen Satellitennavigationsprogramm „Galileo“ wird auf Fragestellungen hinsichtlich des Projektablaufes, der Einsatzfelder und des technologischen Funktionsprinzips von „Galileo“ eingegangen.

2. Allgemeines zur Maut

2.1 Definition des Mautbegriffes

Allgemein ist der Begriff „Maut“ die Bezeichnung eines Entgeltes für die Nutzung von Straßen. Abrechnungsgrundlage kann ein bestimmter Zeitraum oder die tatsächlich gefahrenen Kilometer sein. Der Zahlungsempfänger einer Maut kann im Gegenteil zu einer Straßenbenutzungsgebühr sowohl eine staatliche Stelle als auch ein privates Unternehmen sein.[1] Gebühren werden für eine spezielle Gegenleistung von Behörden oder öffentlichen Anstalten bezahlt, weshalb Straßenbenutzungsgebühren als direkte Entgelte für die Nutzung der Straßen dem Staat als Träger der Infrastrukturlast zustehen. Die Bezugsgrundlage einer Straßenbenutzungsgebühr sind in der Regel die zurückgelegten Kilometer, weshalb das zum 1.1.1995 in Deutschland, Benelux- Länder und Dänemark eingeführte zeitabhängige Entgelt (Eurovignette) für LKW ab 12 Tonnen zul. Gesamtgewicht streng genommen keine Gebühr, sondern einen Beitrag darstellt.[2]

Die am 12.04.2002 in Deutschland beschlossene und am 01.01.2005 eingeführte Lkw-Maut für Bundesautobahnen stellt jedoch eine Gebühr dar, da die vom Nutzer zu zahlende Maut von den gefahrenen Autobahnkilometern und somit von der tatsächlichen Nutzung abhängt. Diese Maut ersetzt die bisherige zeitbezogene Eurovignette. Die aktuelle Maut wird für ein bestimmtes Fahrzeug mit einem genau zugeteilten Kennzeichen erhoben und gilt sowohl für inländische als auch für ausländische LKW.[3]

2.2 Ziele der Maut

Da das jetzige Mautsystem fahrleistungsbezogen ist, wird eine verursachergerechte Beteiligung an den Kosten des Straßenbaus künftig möglich. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass ein LKW mit 40 Tonnen Achslast die Straßen ca. 60.000-mal mehr belastet als ein normaler PKW. Da unnötige Leerfahrten, die heute immerhin bis zu 30 % ausmachen, künftig abnehmen werden, kann auch von einem ökologischen Vorteil gesprochen werden.4

Der Systemwechsel erfolgt aber hauptsächlich aus finanzpolitischen Überlegungen. Die Bundesregierung will weg von einer steuerfinanzierten und hin zu einer nutzerfinanzierten Verkehrsinfrastruktur.4

Des Weiteren sollten die Verkehrsträger Schiene und Wasserstraße durch eine Belastung des Verkehrsträgers Straße eine gewisse Wettbewerbsverbesserung erlangen. Dies unterstreicht die umweltpolitischen Ziele der Bundesregierung.

Die Staffelung der Mauttarife nach Achszahl und Schadstoffklassen zeigen ebenfalls die ökologischen Gedanken der politisch Verantwortlichen.[4]

Außerdem werden nun erstmals auch ausländische LKW an den Kosten beteiligt, die immerhin rund 30 % der in Deutschland verkehrenden LKW ausmachen, da Deutschland aufgrund seiner geographischen Lage ein relativ starkes Transitaufkommen hat.5

Die erwarteten 2,4 Mrd. € an Mauteinnahmen (nach Abzug aller Kosten / vorläufige Softwareversion) sollen für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur verwendet werden. Den Bundesfernstraßen sollen rund die Hälfte der Einnahmen, den Bundesschienenwegen 38% und den Bundeswasserstraßen der Rest zu gute kommen.[5]

Genau diese Verteilung der Mauteinnahmen ist für Politiker der Opposition nicht nachvollziehbar. Sie fordern den § 11 des Autobahnmautgesetzes nicht weiter zu umgehen und die Mauteinnahmen für die Verkehrsinfrastruktur, überwiegend für den Straßenbau, zusätzlich einzusetzen. Die Mauteinnahmen würden derzeit rechtswidrig im Bundeshaushalt verbraucht, so die Opposition.[6]

Außerdem wird erwartet, dass das erste Satelliten gestützte Mautsystem der Welt als technologische Innovation den Wirtschaftsstandort Deutschland langfristig stärken wird. Das Verkehrsministerium rechnet damit, dass dieses innovative, ökologische und gerechte Mautsystem schon bald zu einem Exportschlager werden könnte.[7]

2.3. Informationen und Prognosen zur Transportleistung

Da Deutschland, wie bereits erwähnt, das geographische und wirtschaftliche Zentrum Europas darstellt, werden im Folgenden die verschiedenen Verkehrsträger hinsichtlich ihrer Transportleistungen im Gesamtzusammenhang analysiert. Die Grafiken heben die besondere Stellung des Straßengüterverkehres an der gesamten Transportleistung in Deutschland und somit die damit verbundene Bedeutung der deutschen LKW-Maut hervor. Des weiteren werden zukünftige Entwicklungen der Transportleistungen der jeweiligen Verkehrsträger prognostiziert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: Transportleistung der Verkehrsträger im Bundesgebiet (Quelle: BGL e.V., Online-Dokument; a.a.O.)

Betrachtet man diese Grafik, so stellt man auf den ersten Blick fest, dass die Transportleistung im Bundesgebiet seit 1950 stetig steigt. In erster Linie ist dafür das Wirtschaftswachstum verantwortlich, da dieses eine Steigerung des Straßengüterverkehrs mit sich bringt. Dies liegt darin begründet, dass der Straßengüterverkehr gegenüber den anderen Verkehrsträgern verschiedene Vorteile aufweist. Bereits 1965 löste der Schwerkraftverkehr die bis dahin traditionell führende Eisenbahn ab und trägt heute das rund vierfache zur gesamten Transportleistung bei. Allgemein ist außerdem zu erwähnen, dass die Binnenschifffahrt im Hinblick auf die Transportleistung seit Jahrzehnten auf einem konstant niedrigen Niveau verharrt. Die Transportleistungen der Verkehrsträger Flugzeug und die Pipeline sind in der BRD zu vernachlässigen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2: Transportleistung der Verkehrsträger im Bundesgebiet (Quelle: BGL e.V.; Online-Dokument; a.a.O.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3: Transportleistung ist nicht gleich Fahrleistung (Quelle: BGL e.V., Online-Dokument; a.a.O.)

Vergleicht man die Transportleistung und die Fahrleistung im Straßengüterverkehr auf Basis des Indexjahres 1952 so stellt man fest, dass die Transportleistung (Tonnenkilometer) gegenüber der Fahrleistung (Kilometer) überproportional angestiegen ist. Dies ist auf eine computeroptimierte Routenplanung sowie auf verbesserte Kommunikationsmöglichkeiten zwischen dem Disponenten und dem Fahrer zurückzuführen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.4: Modal-Split im Güterverkehr (Quelle: BGL e.V., Online-Dokument; a.a.O.)

In diesem Schaubild wird der prozentuale Anteil der einzelnen Verkehrsträger an der gesamten Transportleistung dargestellt. Dies unterstreicht nochmals die Erkenntnisse aus dem Schaubild 1.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5: Straßengüterverkehr in Deutschland (Quelle: BGL e.V., Online-Dokument; a.a.O.)

Obige Darstellung verdeutlicht, dass die Prognosen für die Transportleistung im Straßengüterverkehr in der Vergangenheit ständig nach oben korrigiert werden mussten. Die Transportleistung des Straßengüterverkehrs entwickelte sich stets stärker als prognostiziert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.6: Anteile an der Gesamttransportleistung in Deutschland (Quelle: BGL e.V., Online-Dokument; a.a.O.)

Betrachtet man dieses Diagramm, so wird damit veranschaulicht, dass die ausländischen LKW immerhin mit circa 22 % an der gesamtdeutschen Transportleistung beteiligt sind. Des Weiteren kann man diesem Schaubild entnehmen, dass die Transportleistung der ausländischen LKW in Deutschland fast halb so groß ist, als die der einheimischen LKW.

3. Autobahngebühr in Deutschland vor Toll Collect

Im Jahr 1990 wurde auf Basis des Autobahnbenutzungsgesetzes vom selben Jahr auf den deutschen Autobahnen eine Lkw-Gebühr eingeführt. Die Erhebung musste aber schon nach wenigen Wochen auf Grund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes eingestellt werden. Nach EG-Recht war die vorgesehene Verbindung der Gebühr mit einer Absenkung der Kfz-Steuer nicht zulässig. Somit wurde auf der Grundlage der Richtlinie der Europäischen Union 93/89/EWG vom 25.10.1993 für alle Lastkraftwagen mit einem Gesamtgewicht von mindestens 12 Tonnen, die für den Gütertransport in den Verbundstaaten Deutschland, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Dänemark und Schweden unterwegs sind, eine Gebührenpflicht festgelegt. Am 9. Februar 1994 wurde dann mit den Verbundstaaten Belgien, Niederlande, Luxemburg und Dänemark das „Übereinkommen über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Straßen für schwere Nutzfahrzeuge“ abgeschlossen. 1997 trat Schweden diesem Abkommen ebenfalls bei. Dieses Gebührensystem wurde daraufhin am 1.Januar 1995 als zeitabhängiges Eurovignettensystem eingeführt. In Deutschland wurde dieses System nach acht Jahren und acht Monaten Ende August 2003 wieder eingestellt. Der Grund hierfür lag in der geplanten Einführung der streckenbezogen LKW-Maut zum 1. September 2003 (der Termin wurde bekanntlich nicht eingehalten). Diese streckenbezogene Straßenbenutzungsgebühr (LKW-Maut) ist nach EG-Recht mit einer gleichzeitigen Erhebung einer zeitbezogenen Straßenbenutzungsgebühr (Vignette) nicht zulässig. Durch die vertragsmäßige vereinbarte Kündigungsfrist wurde der Vertrag von der Bundesrepublik Deutschland rechtzeitig neun Monate vor dem geplanten Start der LKW-Maut gekündigt. Dies hatte zur Folge, dass durch die auf den Einführungstermin am 1. Januar 2005 verschobene LKW-Maut in der Zwischenzeit keinerlei Straßenbenutzungsgebühren erhoben wurden. Daraus entstanden beträchtliche Einnahmeausfälle in der Staatskasse. Die Eurovignettenpflicht besteht jedoch weiterhin in den europäischen Verbundstaaten Belgien, Niederlande, Luxemburg, Dänemark und Schweden.[8] [9]

Grundsätzlich handelt es sich um ein deklaratives "pre paid" System von der Betreibergesellschaft AGES (Arbeitsgemeinschaft Gebührenentrichtungssystem GmbH & Co. KG). Dabei muss der Kunde im Voraus folgende Angaben an einer ausgewiesenen Gebührenbegleichungsstelle (GBS) machen: Gütigkeitsdauer des Tickets, KFZ- Kennzeichen, Achsenzahl, Nationalität und Zahlungsweise (bar oder Kartenzahlung). An der Gebührenbegleichungsstelle gibt das Personal die Daten in ein Gebührenterminal ein. Daraufhin erhält der Kunde eine Quittung und ist somit seiner Gebührenpflicht nachgekommen. Die Transaktionsdaten werden bei AGES verarbeitet und an die B/CA (Steuerzentralverwaltung des niederländischen Finanzministerium) übermittelt. Die Eurovignetten können an über 260 Standorten mit beliebiger Gültigkeitsdauer, bis zu maximal einem Jahr, erworben werden. Beispielsweise kostete die Jahres-Eurovignette für einen „40 Tonner“ im durchschnitt 1.400 €.[10]

4. Mauterhebung in Deutschland mit Toll Collect

4.1 Rechtsgrundlage der Maut

Die Maut wird aufgrund folgender Rechtsgrundlagen erhoben:

- Autobahnmautgesetzes (ABMG)
- Mauthöheverordnung (MautHV)
- Lkw-Maut-Verordnung[11]

4.2 Beteiligte Akteure der Maut

Der Konstrukteur und Betreiber des Mautsystems in Deutschland ist die Firma Toll Collect. An dieser Gesellschaft ist die Deutsche Telekom und die DaimlerChrysler AG mit je 45 % und die französische Cofiroute mit 10% beteiligt.[12]

Die Aufgabe des Bundesamt für Güterverkehr (BAG) ist die Überwachung der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut und die Kontrollen auf Autobahnen. Das BAG ist dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen zugeordnet und unterstellt. Außerdem hat das BAG die Betreibergesellschaft Toll Collect, wie vertraglich fixiert, zu kontrollieren und überwachen.[13]

4.3 Chronologie der LKW-Maut

Mitte der 1990er: Durchführung eines Versuches zur automatischen Gebührenerhebung auf der A 555 zwischen Köln und Bonn. Durch das daraus resultierende Ergebnis wurden verschiedene Erhebungsverfahren für eine streckenbezogene Autobahngebühr untersucht und einer Nutzwert-Analyse unterzogen.

1998: Im Koalitionsvertrag wird die Einführung einer streckenabhängigen und automatischen Gebührenerhebung für Lkw fest vereinbart.

Ende 1999: Die Entwicklung, die Finanzierung und der Betrieb des künftigen Lkw-Mautsystems werden europaweit ausgeschrieben.

August 2001: Die Bundesregierung beschließt die Einführung einer streckenbezogenen Maut ab 2003.

Juni 2002: Das Betreiberkonsortium Toll Collect erhält nach einer Ausschreibung den Zuschlag für das Mautprojekt.

September 2002: Der damalige Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig unterzeichnet Mautvertrag mit Toll Collect. Geplanter Mautstarttermin ist der 31. August 2003.

Juli 2003: Technische Probleme seitens des Betreiberkonsortiums Toll Collect sind der Grund für das Verschieben des Starttermins auf den November 2003.

Oktober 2003: Der zweite Versuch, die Maut einzuführen, scheitert erneut.

Dezember 2003: Scheitern der Verhandlungen zwischen dem Bundesverkehrsministerium und Toll Collect. Toll Collect wird aufgefordert bis zum 31.01.2004 einen verbindlichen Starttermin der Maut zu nennen.

27. Januar 2004: Dritter Starttermin wird vorgelegt: Toll Collect bietet zum Mautstart eine abgespeckte Version zum 1. Januar 2005 an. Die Vollversion soll zum

1. Januar 2006 starten.

Februar 2004: Dieses Angebot vom 27. Januar wird vom Bundesverkehrsministerium, zurückgewiesen. Toll Collect erhält eine Frist von zwei Monaten, um ein verbessertes Angebot vorzulegen. Das Hauptproblem des gescheiterten Angebotes liegt in der mangelhaften Haftungsregelung. Das Konsortium soll stärker mit in die Haftung einbezogen werden.

29. Februar 2004: Das erneute, verbesserte Angebot des Konsortium wird angenommen. Die Zusammenarbeit wird fortgesetzt. Der neue Starttermin für die Maut wird mit einer abgespeckten Version auf den 1. Januar 2005 festgesetzt. Die Vollversion mit einer verbesserten Software, die ein ständiges Aktualisieren der Daten zulässt, beispielsweise bei neuen Autobahnabschnitten, soll am 1. Januar 2006 erstmals eingesetzt werden.

9. September 2004: Die Bundesregierung hat wegen des verspäteten Starts der Lkw-Maut entsprechend dem Betreibervertrag gegen das Konsortium Toll Collect ein Schiedsgerichtsverfahren eingeleitet. Sie fordert Schadensersatz in Höhe von 3,56 Millionen € zuzüglich Zinsen. Außerdem wird wegen einer Vielzahl von Verletzungen des Betreibervertrages eine Vertragsstrafe in Höhe von gegenwärtig 1,02 Milliarden € plus Zinsen beantragt.

20. September 2004: Aufgrund der positiven Ergebnisse bei den dafür erforderlichen Tests kann die für den 1. Oktober geplante Generalprobe des Mautsystems vorgezogen werden.

31. Oktober 2004: Die technischen Voraussetzungen für einen Start des Erfassungssystems am 1. Januar 2005 sieht Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe als gegeben an.

[...]


[1] vgl. Vahlens Großes Logistik Lexikon; a.a.O.; S. 709

[2] vgl. Vahlens Großes Logistik Lexikon; a.a.O.; S. 1020/1021

[3] vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen; Die Lkw-Maut: Fragen und Antworten; a.a.O.; (Online-Dokument)

[4] vgl. REGIERUNG ONLINE, Die LKW Maut; a.a.O.; (Online-Dokument)

[5] vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen; LKW-Maut ist gestartet, vom 01.01.05; a.a.O.; (Online-Dokument)

[6] vgl. Stolpe zieht positive Bilanz; DVZ vom 04.01.05; a.a.O.

[7] vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen; LKW-Maut ist gestartet, vom 01.01.05; a.a.O.; (Online-Dokument)

[8] vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen; Informationen zur Eurovignette; a.a.O. (Online-Dokument)

[9] vgl. AGES International GmbH & Co KG; LKW-Maut Deutschland Eurovignette; a.a.O. (Online-Dokument)

[10] vgl. AGES International GmbH & Co.KG; LKW-Maut Deutschland Eurovignette; a.a.O. (Online-Dokument)

[11] vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen; Die LKW-Maut: Fragen und Antworten; a.a.O.; (Online-Dokument)

[12] vgl. Borchers, Detlef; Nun doch ein Vorzeigeobjekt; c`t - Magazin für Computertechnik , 02/2005, S.68; a.a.O. (Online-Dokument)

[13] vgl REGIERUNG ONLINE; Die LKW Maut; a.a.O.; (Online-Dokument)

Ende der Leseprobe aus 111 Seiten

Details

Titel
Mautsysteme für den Straßengüterverkehr in Europa
Hochschule
Hochschule Pforzheim
Veranstaltung
Distributionslogistik II
Note
1,0
Autoren
Jahr
2005
Seiten
111
Katalognummer
V43015
ISBN (eBook)
9783638409094
Dateigröße
1225 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Zusätzlich enthalten: Präsentation mit 44 Folien!! Zielfunktionen der Mautsysteme, aktuelle Stände und Ausblicke der Mauteinführung sämtlicher Staaten, Unterschiede im Technologieeinsatz, zukünftige Entwicklung auf nationaler und europäische Ebene, Telematik, Satellitennavigationssysteme / Galileo... - eine umfassende Seminararbeit mit tiefgreifender Recherche.
Schlagworte
Mautsysteme, Straßengüterverkehr, Europa, Distributionslogistik
Arbeit zitieren
Simon Kohler (Autor:in)Holger Zendler (Autor:in), 2005, Mautsysteme für den Straßengüterverkehr in Europa, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43015

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