Zu: P.F. Strawson - Einzelding und logisches Subjekt - Essay 1 - 3


Essay, 2005

17 Seiten, Note: 1,3

Christine Porath (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Essay 1
1.1. Zwei Formen der Identifikation von Einzeldingen: demonstrativ und nicht-demonstrativ
1.2. Das Problem der nicht-demonstrativen Identifikation und Strawsons Lösung
1.3. Das System von Raum und Zeit: grundlegend für die Möglichkeit Einzeldinge zu identifizieren
1.4. Zwei Kategorien von Einzeldingen bei denen eine Identifizierbarkeits-Abhängigkeit eines Typs von Einzeldingen besteht

2. Essay 2
2.1. Materielle Körper: die grundlegenden Einzeldinge für die Identifikation von Einzeldingen
2.2. Universalität der Behauptung, materielle Körper seien die grundlegenden Einzeldinge – das Gedankenexperiment einer rein auditiven Welt
2.3. Zusammenhang zwischen der Idee eines nicht-solipsistischen Bewusstseins und der Idee der Identifikation objektiver Einzeldinge
2.4. Gareth Evans Kritik an Strawsons Nachweis, dass Identifikation von Einzeldingen in einer rein auditiven Welt möglich ist

3. Essay 3
3.1. Zuschreibung von Bewusstseinszuständen zu einem Subjekt: Strawsons Kritik an der „Cartesianischen Auffassung“ und der Theorie des „Nicht-Besitzen“.
3.2. Der Begriff der Person – ein primitiver Begriff.
3.3. Abhängigkeit von Selbstzuschreibung und Fremdzuschreibung von Bewusstseinszuständen
3.4. Verwendungsweise und Referenz des Wortes „ich“.
3.5. Unterschiedliche Basis der Selbstzuschreibung und der Fremdzuschreibung von Bewusstseinszuständen und der daraus folgende Denkfehler des Skeptikers.
3.6. Die logische Rolle des Begriffs „materieller Körper“ und des Begriffs „Person“ in unserem Begriffssystem und deren Zusammenhang.

Essay 1

Die zentrale Frage in P.F. Strawsons Werk „Einzelding und logisches Subjekt“[1] (individuals) ist, wie der Mensch über die Begriffe von Dingen seiner Umwelt verfügt und wie es möglich ist, dass er darüber verfügen kann (d.h. die Struktur dieser Begriffe und unser Denken über Einzeldinge).

Zunächst geht er davon aus, dass oft in einem Dialog von Dingen gesprochen wird (S.18) und es dabei darauf ankommt, dass der Hörer genau weiß von welchem Einzelding der Sprecher redet. Wenn das der Fall ist, so ist der Hörer in der Lage das betreffende Einzelding zu „identifizieren“. Nun ist es aber fraglich, wann man sich sicher sein kann, dass diese Identifikation funktioniert. Um eine Beantwortung zu finden, unterscheidet Strawson zwei Arten der Identifikation. Eine Form ist die „demonstrative Identifikation“. In diesem Fall ist der Hörer genau dann in der Lage ein Einzelding zu identifizieren, wenn er es im Moment der Erwähnung visuell und taktil wahrnehmen kann oder es kurz vorher konnte. Der Sprecher nimmt dabei demonstrativen Bezug (z.B. durch passende Demonstrativpronomina) auf das betreffende Ding, d.h. er weißt explizit auf das sichtbare oder kurz vorher sichtbar gewesene Objekt hin. Durch diesen Bezug wird ein bestimmter Bereich („Ausschnitt aus dem Universum“ S.23), das dem visuellen Blickfeld des Hörers und Sprechers entspricht, eingeschränkt, in dem die Identifikation stattfindet. Dadurch kann der Hörer das Einzelding lokalisieren und somit identifizieren.

Die andere Form der Identifikation ist die „nicht-demonstrative Identifikation“ von Einzeldingen. Sie trifft immer dann zu, wenn ein demonstrativer Bezug auf ein Ding nicht möglich ist, weil zum Beispiel die Szene, mit den zu identifizierenden Elementen, unübersichtlich oder verschiedene Abschnitte dieser Szene täuschend ähnlich sind und man Fehler bei der Beschreibung des betreffenden Objekts machen kann; aber auch wenn dieses Einzelding gegenwärtig nicht wahrnehmbar ist.

Um diese Einzeldinge trotzdem identifizieren zu können bzw. sich identifizierenden auf diese zu beziehen, sind andere sprachliche Mittel notwendig. Dies wäre zum Beispiel die Verwendung von Namen und bestimmten Beschreibungen. Namen deklariert Strawson jedoch für unbrauchbar, da sie nicht individuell und ausschließlich für ein einziges Ding zutreffend sind. Daher muss sich diese Art der Identifikation auf die Beschreibung von Einzeldingen mit Hilfe von allgemeinen Begriffen stützen (S.24). Dabei tritt jedoch das Problem auf, dass man nicht hundertprozentig sicher sein kann, dass das Einzelding, über das man spricht, in irgendeinem Abschnitt des Universums, von dem man keine Kenntnisse hat, in der gleichen Form ein zweites Mal existiert. Demnach wäre es also durchaus möglich, dass die allgemeinen Begriffe, die man zur Identifikation eines bestimmten Einzeldings verwendet, auf ein weiteres Einzelding zutreffen. Es gibt daher keine Garantie, dass die nicht-demonstrative Identifikation eineindeutig zutrifft. Selbst wenn man die Beschreibung auf die, das betreffende Einzelding umgebende, Umwelt erweitern würde, wäre eine Tautologie (Doppelung) nicht ausgeschlossen, da man nicht sicher sein kann, ob der „Sektor“, auf den man sich bezieht, irgendwo, außerhalb unseres Wissens, in der selben Weise vorhanden ist.

Eine mögliche Lösung dieses Problems wäre, das fragliche Einzelding durch solche Beschreibungen zu identifizieren, durch die es mit anderen, demonstrativ identifizier- baren Einzeldingen, in Beziehung gesetzt, beziehungsweise verknüpft wird (S.25).

Fernerhin muss der räumliche Ausschnitt, in dem die Identifikation stattfindet, mit dem des Hörers und Sprechers in Beziehung gebracht werden, um ihn somit zu definieren. Beschreibungen, die diese Bedingungen erfüllen, nennt Strawson „individuierende Tatsachen“ (S.27), was bedeutet, dass man dadurch etwas über ein Einzelding weiß, das einzig auf dieses und kein anderes zutrifft.

Diesbezüglich ist die Frage angebracht, ob es überhaupt für jedes Einzelding solche Relationen gibt und ob passende Beschreibungen formulierbar sind, die diese Dinge in eine Beziehung zu den Teilnehmern setzen.

Doch da wir die Welt in raum-zeitlichen Relationen erleben, ist es einleuchtend zu sagen, dass sich jedes Einzelding in einem System von Raum und Zeit befindet oder zumindest mit einem darin befindlichen Einzelding verknüpft werden kann. In diesem geschlossenen System oder Rahmen haben wir selbst und die uns umgebenden Dinge einen festen Platz und stehen in einer eindeutigen Beziehung zueinander. Er besteht aus der Summe unserer Kenntnisse über die Welt und den dazugehörigen Begriffen, die eine durch Raum und Zeit definierte Struktur aufweisen. Wenn wir nun ein Einzelding identifizieren, nutzen wird diesen Rahmen. Entweder ordnen wir neue, uns unbekannte Dinge in dieses System ein, indem wir ihnen durch Verknüpfung mit bekannten Elementen und Objekten einen Platz zuweisen, oder wir sind in der Lage das zu identifizierende Einzelding als ein uns bereits Bekanntes wieder zu erkennen. Immer geschieht dies, indem wir eine Relation zu diesem Rahmen definieren. Strawson geht davon aus, dass dieses System nicht individuell verschieden, sondern allgemein und die ganze Welt umfassend ist und benutzt wird, weshalb eine Identifikation eindeutig funktionieren kann (S.37). Wenn also ein Bezug zum allgemeingültigen raum-zeitlichen Begriffsystem hergestellt und ein Einzelding in diesem lokalisiert wird, können beide Gesprächspartner sicher sein, dass sie vom selben Ding sprechen und welches genau dieses ist. Wenn wir dieses Raum-Zeit-System nicht hätten oder nicht darüber verfügen könnten, wären wir nicht in der Lage irgendwelche Einzeldinge zu identifizieren. Diese Annahme beruht darauf, dass wir dieses System benötigen um Dinge wieder erkennen zu können, was wiederum mit der Identifikation selbst zusammenhängt.

Um ein Begriffssystem zu konstituieren, ist es notwendig, dass bestimmte Dinge (durch die dieses System begründet werden kann, weil sie ihre Eigenschaften auf dieses übertragen, z.B. materielle Körper) demonstrativ identifiziert und in Beziehung zu einander gesetzt werden können, dazu muss aber die Begrifflichkeit von Raum und Zeit bewusst sein, weil diese Beziehungen auf Raum und Zeit beruhen, z.B. weil zwei Dinge einen bestimmten räumlichen und zeitlichen Abstand zueinander haben. Fernerhin muss es möglich sein, dass man diese Dinge immer wieder als das Gleiche erkennt und sie somit eine gewisse Stabilität und Kontinuität für uns besitzen. Wenn man aber mit jeder demonstrativen Identifikation ein einziges Ding immer als etwas Neues erkennen würde, weil z.B. der Unterschied zwischen Vergangenheit und Gegenwart nicht bekannt ist (man nicht wieder erkennt), dann kann man auch keine anderen Einzeldinge dazu in Beziehung setzen. Es gäbe immer nur `hier´ und `jetzt´ und nicht `dort´ und `gestern´. Aber dieses `dort´ und `gestern´ sind Begriffe der Räumlich- und Zeitlichkeit, durch die wir Dinge unserer Umwelt einordnen und zueinander in Relation setzen, was damit einhergeht, dass wir nur mit dieser Methode Einzeldinge eindeutig identifizieren können. Das Raum-Zeit-System ist also grundlegend für die demonstrative und für die nicht-demonstrative Identifikation.

Dass die Identifikation von einem raum-zeitlichen Begriffssystem abhängig ist, scheint einsichtig zu sein. Strawson stellt nun aber die Frage, ob es auch, neben den bestehenden Relationen untereinander, eine Abhängigkeit zwischen den einzelnen Einzeldingen oder Typen von Einzeldingen gibt (S.48), das heißt, ob die Identifikation eines bestimmten, grundlegenderen Typs von Einzeldingen Voraussetzung dafür ist, dass ein anderer Typ von Dingen identifiziert werden kann und umgekehrt.

Aus diesem Grund unterteilt er die Einzeldinge in zwei Kategorien. Zum einen die grundlegenden Einzeldinge, wozu Personen (Tiere) und materielle Körper bzw. Dinge mit materiellem Körper zählen und zum anderen die abhängigen Einzeldinge, zu denen die Prozesse, Ereignisse, Zustände, Beschaffenheiten und „privaten Einzeldinge“ (Empfindungen, seelische Vorgänge etc.) gehören (S.51/55).

Die Identifizierbarkeitsabhängigkeit zwischen diesen Typen von Einzeldingen zeigt sich dadurch, dass Ereignisse, Beschaffenheiten, Prozesse etc. immer an etwas, z.B. einem materiellen Körper, ablaufen, sich zeigen oder stattfinden. Wenn man also diese Art von Einzeldingen identifizieren möchte, muss man immer das Einzelding an dem sie „stattfinden“ mit betrachten. Sie wären ohne das grundlegende Ding nicht denkbar, wodurch sie von Diesem abhängig sind. Das Ereignis Altern oder die Beschaffenheit Alter ist kein Einzelding, das man ohne die Betrachtung eines Menschen, an dem dieses zu sehen ist, identifizieren kann. Eine Beschaffenheit z.B. ist immer eine Beschaffenheit eines Körpers. Dies ist nur eines von vielen Beispielen an denen man sehen kann, dass es Einzeldinge gibt, die, was ihre Identifizierbarkeit betrifft, von anderen, basaleren Einzeldingen abhängig sind.

Diese Abhängigkeit verhält sich jedoch linear, ist also nicht umgekehrt vorhanden. Ein Körper (grundlegendes Einzelding) kann durchaus unabhängig von den Dingen des anderen Typs (Eigenschaften etc.) identifiziert werden. Auch wenn man nicht abstreiten kann, dass sie grundlegende Einzeldinge äußerlich und innerlich gestalten, so sind z.B. Körper auch unabhängig von ihren Eigenschaften denkbar.

[...]


[1] Strawson, P.F.: Einzelding und logisches Subjekt (Individuals). Stuttgart. 1972. Die Seitenangaben beziehen sich im Folgenden auf diese Ausgabe.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Zu: P.F. Strawson - Einzelding und logisches Subjekt - Essay 1 - 3
Hochschule
Universität Potsdam
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V47064
ISBN (eBook)
9783638441018
Dateigröße
504 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Hausarbeit besteht aus drei seperaten Essays, die aber einen inhaltlichen Zusammenhang haben und zum Thema P.F. Strawsons Werk "Einzelding und logisches Subjekt" (Kapitel 1-3)sind.
Schlagworte
Strawson, Einzelding, Subjekt, Essay, Philosophie
Arbeit zitieren
Christine Porath (Autor:in), 2005, Zu: P.F. Strawson - Einzelding und logisches Subjekt - Essay 1 - 3, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47064

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