Konfrontative Pädagogik. Ein kurzer Überblick


Referat (Ausarbeitung), 2004

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Konfrontative Pädagogik
2.1 Begriffsdefinition
2.2 Grundlegende Annahmen konfrontativer Pädagogik
2.3 Zielgruppe und Zielsetzung

3. Abgrenzung zur „Kuschelpädagogik“

4. Der provokative Stil: „Die Waffen des Wahnsinns“

5. Kritische Stellungnahme

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Man stelle sich folgende Situation vor:

Ein Lehrer hat seinen Unterricht begonnen und befindet sich mit seinen Schülern in einem konstruktiven Arbeitsprozess.

Plötzlich fliegt die Tür auf und Schüler X kommt, nach Entschuldigungen und Erklärungen suchend, in die Klasse gestürmt. Der Lehrer sagt ihm, er solle doch bitte beim nächsten Mal pünktlich sein, sich ruhig an seinen Platz setzen und sich möglichst schnell am Arbeitsprozess beteiligen. Dieses Muster wiederholt sich alle paar Tage.

Betrachtet man diese Situation, kann man einerseits dem Lehrer Recht geben und sagen: Er möchte den Arbeitsprozess so wenig wie möglich stören und den Schüler schnell integrieren. Auch erscheinen die Gründe für das Zu-Spät-Kommen sehr plausibel. Es war nicht seine Schuld. Wenn es mal passiert, ist es nicht so schlimm.

Andererseits frage ich mich, ob nicht Verständnis, Mitleid und Darüber-Weg-Sehen am Erziehungsauftrag einer Schule, gerade auch einer Schule für Erziehungshilfe vorbeigehen. Ob gesellschaftliche Vorgaben wie Pünktlichkeit, Ordentlichkeit und Höflichkeit nicht ebenso obligatorisch zum Lehrauftrag gehören, wie Mathematik und Deutsch auch.

2. Konfrontative Pädagogik

2.1 Begriffsdefinition

Laut Duden bedeutet der Begriff „Konfrontation“ ein „Gegenüberstellen, um einen Widerspruch oder eine Unstimmigkeit auszuräumen“ und, „Jemanden in die Lage bringen, sich mit Unangenehmen auseinanderzusetzen“.[1] Im „Wörterbuch der Psychologie“ wird sie als „Gegenüberstellung“[2] in der Einzelgesprächstherapie definiert.

So wird schon durch die begriffliche Definition klar, worum es der konfrontativen Pädagogik ungefähr geht:

Die Klienten sollen sich konkret und ehrlich mit ihrem (unerwünschten) Verhalten auseinandersetzen.

2.2 Grundlegende Annahmen konfrontativer Pädagogik

Zunächst geht man davon aus, dass sich jeder Mensch frei und selbständig für sein Verhalten entscheiden kann. Das bedeutet, dass der Klient, um Fehlverhalten zu erkennen und zu modifizieren in jedem Fall damit konfrontiert werden muss, wobei ihm klar werden soll, dass er allein dafür verantwortlich ist. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass der Therapeut/Betreuer stark genug sein muss, das Alltagsverhalten nicht nur auszuhalten, sondern, ganz im Sinne der konfrontativen Pädagogik hervorzuprovozieren.

Unter dieser Prämisse bekommt der Klient die Möglichkeit, mit ehrlicher Hilfe des Betreuers, sich zu entscheiden, sein Verhalten zu ändern[3] und gleichzeitig ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, bei dem gegenseitige Akzeptanz die Basis ist.

Die Arbeitsgrundlage der konfrontativen Pädagogik ist der Konflikt. Er ist „grundsätzlich gewollt“[4], soll Grenzen setzen.

Es werden nicht nur Fehler und Schwächen aufgezeigt, um deren „Korrektur“ man sich als Pädagoge bemüht.[5]. Des Weiteren ist es wichtig, den Jugendlichen klarzumachen, dass einmal getroffene Entscheidungen verbindlich sind[6], dass ein „heute mach ich das so, morgen so“ weder geduldet noch akzeptiert wird. Es soll deutlich werden, dass Verhalten immer eigenverantwortlich ist, dass wenn man sich einmal (richtig?) entschieden hat, etwas zu ändern, auch verbindlich dabei zu bleiben.

Hier ist es Aufgabe des Pädagogen, kritisch-konfrontativ dafür zu sorgen. So bleibt es nicht aus, dass Streit entsteht, bei dem es allerdings nicht um Machtdemonstrationen oder ähnliches geht, sondern darum, engagiert Normen, angemessene Verhaltensweisen und Spielregeln auszuhandeln[7], an die sich sowohl der Jugendliche, als auch der Pädagoge zu halten haben.

Die Methode konfrontative Pädagogik verlangt eine konsequente pädagogische Grundhaltung. Laut Wolters benötigt man als Pädagoge eine gleichzeitig wohlwollende und kritische Haltung gegenüber der Klientel.[8] Das bedeutet, die Jugendlichen sind nicht Opfer des Systems oder falscher Erziehung, sie werden konsequent zur Verantwortung gezogen, dazu gezwungen, sich mit sich selbst und ihrem Verhalten auseinanderzusetzen. Wolters macht deutlich, dass durch Direktheit mehr erreicht werden könne, als durch Belehrungen und Ermahnungen.[9]

Ein weiterer wichtiger Punkt der pädagogischen Grundhaltung ist die Empathie des Pädagogen. Ohne sie wäre eine nachhaltige Arbeit nicht möglich.[10]

Weidner/Kilb/Kreft weisen darauf hin, dass trotz allem die Achtung und Wertschätzung der Person grundlegendes Element der konfrontativen Pädagogik sei, wobei aber das Handeln der Klientel verurteilt werde.[11] Die Personen sollen also wertgeschätzt werden, nicht aber ihr Handeln. Dem Jugendlichen soll die Möglichkeit gegeben werden, seine Schuld anzuerkennen, damit er seine persönliche Würde vor sich selbst wiedererlangt und einsieht, dass sein Verhalten falsch war und nachhaltig geändert werden muss.[12]

2.3 Zielgruppe und Zielsetzung

Es erscheint logisch, dass eine solche Form der Pädagogik nicht obligatorisch für jeden Jugendlichen Sinn macht. Bei der Zielgruppenfrage geht es also um die Grenzen „herkömmlicher“ Pädagogik[13], nämlich der, die bei einer bestimmten Gruppe Jugendlicher keine Wirkung zeigt. Weidner beschreibt diese Jugendlichen als „irritierend“, sie seien geradezu erziehungsresistent.[14]

Meistens handele es sich um männliche Jugendliche, die aus schwierigen Familienverhältnissen kommen, die Gewalttätigsten unter ihnen seien oft selbst Opfer von physischer und psychischer Gewalt geworden.[15]

Wichtig sei, dass diese Jugendlichen auch in der Regel keine Motivation haben, ihr Verhalten zu ändern, weil es ihnen mit ihrem Sein, beispielsweise als Schläger sehr gut ginge. Es verschaffe ihnen den für sie notwendigen Status und Respekt innerhalb ihrer peer-group.[16]

Kurz gesagt, es geht um Jugendliche mit „dissozialen, offenem und oder verdeckten Verhalten, dass unter Umständen nicht eindeutig (als gewalttätig) fassbar ist, die Rechte anderer jedoch direkt oder indirekt beeinträchtigt.“[17]

[...]


[1] Duden: S. 388. 1985.

[2] Clauß e.a.: Wörterbuch der Psychologie. S. 322. 1981.

[3] Vgl. Stiels-Glenn, M.: Das Anti-Gewalt-Training in der Jugendgerichts- und Bewährungshilfe. 2001.

[4] Walkenhorst, P.: Anmerkungen zu einer „konfrontativen Pädagogik“. S. 5. 2003.

[5] Ebd.

[6] Ebd.

[7] Vgl. Weidner, J.: Vom Straftäter zum Gentleman- Über konfrontative Pädagogik als Erziehungs-

ultima ratio. S.7-54. 2001b.

[8] Vgl. Wolters, J.-M.: Konfrontative Sozialpädagogik. Streitschrift für endliches Umdenken in Jugendhilfe, Jugendstrafvollzug und Jugendpsychiatrie. In Sozialmagazin 26, H. 5. 2001.

[9] Ebd.

[10] Ebd.

[11] Weidner, J. / Kilb, R. / Kreft, D.(Hrsg.): Gewalt im Griff. Bd. 1: Neue Formen des Anti-Aggressivitäts- Trainings. Weinheim-Basel (3. Auflage).

[12] Ebd.

[13] Vgl. Walkenhorst, P.: Anmerkungen zu einer „konfrontativen Pädagogik“. S. 3. 2003.

[14] Vgl. Weidner, J.: Vom Straftäter zum Gentleman- Über konfrontative Pädagogik als Erziehungs-

ultima ratio. S.15. 2001b.

[15] Vgl. Weidner, J.: Vom Straftäter zum Gentleman- Über konfrontative Pädagogik als Erziehungs-

ultima ratio. S. 15 f. 2001b.

[16] Ebd.

[17] Walkenhorst, P.: Anmerkungen zu einer „konfrontativen Pädagogik“. S. 3. 2003.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Konfrontative Pädagogik. Ein kurzer Überblick
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
12
Katalognummer
V53625
ISBN (eBook)
9783638490214
ISBN (Buch)
9783656775171
Dateigröße
501 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konfrontative, Pädagogik
Arbeit zitieren
Karina Stolz (Autor:in), 2004, Konfrontative Pädagogik. Ein kurzer Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/53625

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