Qualitative Marktforschung als Methodik zur Gewinnung von Neuproduktideen - theoretische Grundlagen und Anwendungsbeispiele


Seminararbeit, 2006

29 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Neuproduktidee
2.1 Eine Begriffsbestimmung
2.2 Die Ideenquellen

3 Die Qualitative Marktforschung
3.1 Die theoretischen Grundlagen der qualitativen Marktforschung
3.2 Die Methoden der qualitativen Marktforschung
3.2.1 Das qualitative Interview
3.2.2 Die Gruppendiskussion
3.2.3 Die Kreativitätstechniken
3.2.4 Die projektiven Verfahren

4 Ein Anwendungsbeispiel

5 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Durch die sich ständig wandelnden Kundenbedürfnisse, Fortschritte in der Technologie sowie durch den hohen Wettbewerbsdruck sind die kontinuierliche Weiterentwicklung bestehender Produkte sowie die Entwicklung neuer Produkte ein wesentlicher Faktor für den Erfolg eines Unternehmens.[1] So erwirtschaftet Siemens 50 Prozent seines Umsatzes mit Produkten, die vor 5 Jahren noch nicht existierten.[2] Dabei ist die Entwicklung neuer Produkte immer schwieriger, denn der scharfe Wettbewerb hat den Markt zunehmend zersplittert und die ansprechbaren Marktsegmente verkleinert.[3] Um Produkte nicht am Markt vorbei zu entwickeln, ist die Kenntnis der latenten Bedürfnisse der Kunden von Vorteil. Was denkt, wie fühlt, was will der Kunde? Oftmals wünschen sich die Kunden ein bisher noch nicht existentes Produkt und haben schon eine konkrete Neuproduktidee. Das Ziel der Marktforschung ist es, dieses verborgene Potenzial für die Unternehmen nutzbar zu machen. Dies stellt die Unternehmen vor eine außerordentliche Herausforderung. Die Generierung von Neuproduktideen stößt mit den quantitativen Methoden der Marktforschung schnell an ihre natürliche „Grenze“. Für solche „weiche“ Daten werden die Methoden der qualitativen Marktforschung benötigt.

Ziel der Arbeit ist, die qualitative Marktforschung in Bezug auf ihre Relevanz zur Generierung von Neuproduktideen zu beschreiben. Dazu erfolgen zunächst eine Begriffs­bestimmung der Neuproduktidee sowie eine Erläuterung zu den möglichen Quellen der Neuproduktidee. Danach beschäftigt sich die Arbeit mit den Grundlagen der qualitativen Marktforschung und gibt einen Überblick über das zur Neuproduktgenerierung geeignete qualitative Methodenspektrum, dessen Anwendung an einem Beispiel demonstriert wird.

2. Die Neuproduktidee

2.1 Eine Begriffsbestimmung

Als erstes gilt es zu klären, was unter einer Neuproduktidee zu verstehen ist. Der Begriff einer Neuheit ist stets relativ.[4] Fast jedes Unternehmen gibt sich als innovativ zu verstehen.[5] Doch was sind Innovationen? Eine Innovation soll in jeder Hinsicht „… eine wesentliche Verbesserung oder gänzliche Neuerung [sein] und muß eine Weiterentwicklung zum Vorteil Ihrer Kunden und Ihres Unternehmens darstellen“.[6] In der Literatur werden zur Bestimmung verschiedene Ansätze herangezogen.[7] Meffert zieht zur Beschreibung von Produkt­innovationen vier Dimensionen heran: Die Subjektdimension, die Intensitätsdimension, die Zeitdimension und die Raumdimension.[8]

Bereits der relative Charakter von Innovationen deutet darauf hin, dass die subjektive Wahrnehmung maßgeblich das Empfinden, was als neu bezeichnet werden kann, determiniert. In der Subjektdimension wird demzufolge zwischen der Art des wahrnehmenden Personen­kreises differenziert und in der Folge in Hersteller- und Konsumenteninnovation unter­schieden. Denn auf der Seite der Konsumenten kann ein Neuheitserlebnis allein durch Veränderung bzw. Neugestaltung der Verpackung, veränderte Werbebotschaften oder durch neue Absatzwege geschaffen werden. Auf der Herstellerseite interessiert der Grad der produkt- und produktionstechnischen Veränderungen.[9]

Grundsätzlich wird in der Intensitätsdimension zwischen der Marktneuheit und der Betriebs­neuheit unterschieden.[10] Eine Marktneuheit ist eine neue Problemlösung, die eine Aufgabe alternativ löst oder ein Bedürfnis befriedigt, für das es bislang noch keine Lösung gab.[11] Betriebsneuheiten sind Produkte, welche nur für das Unternehmen neu sind und folglich „me-too“-Produkte darstellen.[12] Ungefähr 30 Prozent aller Neuproduktideen ergeben sich aus der Betrachtung der Angebote der Konkurrenz.[13] Jedoch stellen „me-too“-Produkte oftmals keine Lösung dar, da die Verbraucher den neuen oder zusätzlichen Produktnutzen durch die Fülle ähnlicher Produkte nicht mehr wahrnehmen.[14] Folglich ist die Generierung von Ideen für Marktneuheiten für die Unternehmen die beste Möglichkeit, Marktanteile zu gewinnen.

Die Zeitdimension beschreibt zwei unterschiedliche Aspekte: Zum einen, wie lange ein Produkt als neu gilt und damit von einer Innovation gesprochen werden kann. Dies ist abhängig von der Produktgattung, denn in Abhängigkeit vom produktspezifischen Patent­schutz, ist es eine Frage der Zeit, wann die ersten Nachahmer auf den Markt treten. Der andere Aspekt der Zeitdimension beschreibt, dass eine Innovation mehr ist als nur eine Erfindung. Sie muss erst mehrere Entwicklungsphasen, angefangen mit der Ideengenerierung, durchlaufen, bevor eine Markteinführung stattfindet. Eine Neuproduktidee bedeutet also nicht sofort ein Neuprodukt.[15]

In der Raumdimension wird der Sachverhalt beschrieben, dass ein Produkt, das schon auf einem regionalen Markt verkauft wird, sich durchaus in einem anderen Markt als Neuheit verkaufen lässt. Dies trifft insbesondere auf die Einführung neuer Produkte im Ausland zu.[16]

Diese Ausführungen verdeutlichen, dass aufgrund der Relativität einer Innovation, die dafür notwendige Neuproduktidee ebenfalls relativ ist.

Die Unterscheidung zwischen den Dimensionen ist deshalb so wichtig, da sich für jede Dimension unterschiedliche Aufgaben für die Marktforschung ergeben. Kann bei Betriebsinnovationen bereits auf Erfahrungen im Markt, bei Abnehmern und Konkurrenten zurückgegriffen werden, stößt die Marktforschung bei Marktinnovationen schnell an ihre „Grenzen.“ Hier versagen die herkömmlichen Befragungs­techniken zur Generierung von Neuproduktideen. Um zukunftsfähige Produktideen zu entwickeln reicht es nicht aus, die Anwender einfach nur nach dem zu fragen, was gut oder schlecht sei. Daher müssen andere Wege und Verfahren angewendet werden, welche die Innovationsfreudigkeit fördern. Grundsätzlich ist jeder Mensch mehr oder weniger kreativ, er benötigt nur die richtigen Methoden, um dieses schöpferische Potenzial zu nutzen.[17]

2.2 Die Ideenquellen

Da während des Innovationsprozesses die Ausfallrate der Neuproduktideen zum Beispiel aufgrund fehlender technologischer Umsetzbarkeit oder der Verfehlung wirtschaftlicher Zielvorgaben besonders hoch ist, bedarf es einer Vielzahl von Produktideen.[18] Dabei kann die Ideengenerierung als die „… Suche nach Möglichkeiten zur besseren Nutzung der verfüg­baren Ressourcen oder die Suche nach potentiellen Problemlösungen“[19] definiert werden. Es stellt sich die Frage, welche der vielfältigen Quellen sich für die Neuproduktgenerierung ergeben.[20] Grundsätzlich kann zwischen unternehmensinternen und unternehmensexternen Quellen unterschieden werden.[21] Bei der unternehmensinternen Suche verlässt sich das Unternehmen darauf, dass Konsumenten, unternehmensexterne Experten oder die eigenen Mitarbeiter Neuproduktideen an die Unternehmensleitung herantragen.[22] Dies geschieht vor allem durch Ideenwettbewerbe, der hauseigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung und dem innerbetrieblichen Vorschlagswesen.[23] Der wesentliche Vorteil unternehmensinterner Quellen sind die geringen Kosten.[24]

Besondere Bedeutung kommt den unternehmensexternen Quellen zu, da gerade diese Personengruppen die innovativsten Impulsgeber sind.[25] Kamen früher Innovationen aus den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Unternehmen, so werden heute die Verbrau­cher systematisch in die Entwicklung neuer Ideen mit einbezogen.[26] Dies ist nach Salcher einer der wichtigsten Gründe für die wachsende Bedeutung der qualitativen Markt­forschung.[27] Laut Kepper wird die qualitative Marktforschung mit dem Ziel der Generierung von Ideen immer dann betrieben, wenn unternehmensexterne Personen, wie zum Beispiel Kunden, Lieferanten und Weiterverkäufer, für die Erhebung produktbezogener Informationen als Quelle für Ideen zu Rate gezogen werden.[28] Der Kunde oder Verbraucher erweist sich besonders bei Investitionsgütern oft als „Experte“ hinsichtlich bestehender anwendungs-technischer oder emotionaler Probleme.[29] Auch Unternehmensberater und Wissenschaftler fordern, den Kunden konsequent in den Produktentstehungsprozess einzubinden.[30] Kunden­befragungen sind ein oft genutztes Instrument, um Probleme zu erörtern.[31] Besonders in der Computerindustrie haben sich so genannte Usergroups durchgesetzt.[32] Diese Gruppen werden von den Herstellern eingeladen und sollen ihre Wünsche und Anregungen für neue Produktideen äußern.[33] So wird etwa ein Drittel der Anwendungssoftware bei IBM aufgrund von Kundenvorschlägen entwickelt.[34] Durch die Identifikation und der Diskussion mit den Leadusern lassen sich Trends für die Zukunft einzelner Märkte ableiten. Leaduser sind besonders qualifizierte Anwender neuer Produkte.[35] Die daraus abgeleiteten Trends sind für die Generierung von Neuprodukten richtungsweisend.[36] Mitarbeiter des Handels und Zulieferer sind ebenfalls aufgrund ihres produktspezifischen Wissens eine gute Quelle.[37] Die Einbindung unternehmensexterner Quellen für die Generierung von Ideen ist eng mit den charakteristischen Eigenschaften der qualitativen Marktforschung verbunden.[38] Die unternehmensexternen Quellen bieten das größte Potenzial für die Generierung von Neu­produktideen.[39]

3. Die Qualitative Marktforschung

3.1 Die theoretischen Grundlagen der qualitativen Marktforschung

Die Marktforschung im weiteren Sinn lässt sich als ein Instrument für die systematische Sammlung von Informationen aus einem jeweils definierten Teilmarkt, mit dem Ziel der Regelung von Angebot und Nachfrage, verstehen.[40] Eine genaue Kenntnis des Marktes ist maßgeblich für die Entwicklung eines erfolgreichen Produktes.[41] Es lassen sich je nach Zielsetzung und Zweck der Untersuchung verschiedene Formen der Marktforschung unter­scheiden. Grundsätzlich lässt sich die Marktforschung in zwei Teilbereiche aufgliedern: die Sekundärforschung und die Primärforschung.[42] Während die Sekundärforschung auf die Verwendung von bereits vorhandenen Daten, wie amtliche oder betriebsinterne Statistiken, abstellt, werden in der Primärforschung die Daten erst noch erhoben.[43] Die Primärforschung lässt sich in die in die quantitative und die qualitative Methode aufgliedern.[44]

Auf eine allgemein anerkannte Definition der qualitativen Marktforschung konnte sich die Wissenschaft noch nicht einigen. So schreibt Kepper, dass es nahezu unmöglich sei, eine Definition zu finden, die allen Anforderungen genügt.[45] Müller spricht gar von einem Definitionsproblem.[46] Salcher definiert sie als „… die Analyse des Verbrauchers, die über die reine Verhaltensschilderung hinaus zur Erklärung von Ursachen und zur Aufdeckung von nur teilweise bewussten Wünschen, Vorstellungen und Bedürfnissen führt“[47]. Eine geeignete Definition liefert das deutsche Marktforschungsinstitut GfK:

„ Die Qualitative oder Psychologische Marktforschung dient zur Erklärung der Motivationen des Konsumenten und geht über die deskriptiven Daten der quantitativen Marktforschung hinaus. Wenn es nicht mehr ausreicht zu wissen, wer, was, wann, wo, wie oft konsumiert, sondern wenn das Warum des Verhaltens erfasst und beschrieben werden soll, dann wird qualitative Marktforschung unerlässlich.“ [48]

[...]


[1] Vgl. Kotler et. al. (2003), S. 672.

[2] Vgl. Salcher (1995), S. 207.

[3] Vgl. Kotler et. al. (2003), S. 677.

[4] Vgl. Koppelmann (2001), S. 100.

[5] Vgl. Kastin (1999), S. 273.

[6] Kastin (1999), S. 273.

[7] Siehe z.B. Koppelmann (2001), S. 100f. oder Meffert (2000), S. 375f.

[8] Vgl. Meffert (2000), S. 375.

[9] Vgl. Meffert (2000), S. 375.

[10] Vgl. Kastin (1999), S. 273; vgl. Meffert (2000), S. 375.

[11] Vgl. Kastin (1999), S. 273; vgl. Meffert (2000), S. 375.

[12] Vgl. Kastin (1999), S. 273; vgl. Meffert (2000), S. 375.

[13] Vgl. Kotler et. al. (2003), S. 684.

[14] Vgl. Salcher (1995), S. 206.

[15] Vgl. Meffert (2000), S. 375f.

[16] Vgl. Meffert (2000), S. 376.

[17] Vgl. Higgens/Wiese (1996), S. 8; vgl. Kastin (1999), S. 273f.

[18] Vgl. Kotler et. al. (2003), S. 682.

[19] Crawford (1992), S. 48.

[20] Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 465; vgl. Pepels (2000), S. 11.

[21] Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 465; vgl. Pepels (2000), S. 11; vgl. Sander (2004), S. 366.

[22] Vgl. Bruhn/Homburg (2001), S. 261.

[23] Vgl. Bruhn/Homburg (2001), S. 261.

[24] Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 465.

[25] Vgl. Homburg/Krohmer (2003), S. 465.

[26] Vgl. Salcher (1995), S. 207f.

[27] Vgl. Salcher (1995), S. 207.

[28] Vgl. Kepper (1996), S. 148; vgl. Koppelmann, S. 100.

[29] Vgl. Salcher (1987), S. 321f.

[30] Vgl. Füller/Mühlbacher/Rieder (2004), S. 59.

[31] Vgl. Haedrich/Tomczak (1996), S. 188.

[32] Vgl. Haedrich/Tomczak (1996), S. 188.

[33] Vgl. Haedrich/Tomczak (1996), S. 188.

[34] Vgl. Kotler et. al. (2003), S. 683.

[35] Vgl. Haedrich/Tomczak (1996), S. 188.

[36] Vgl. Haedrich/Tomczak (1996), S. 188.

[37] Vgl. Kepper (1996), S. 150.

[38] Vgl. de Groot (1986), S. 137.

[39] Vgl. Schub von Bossiazky (1992), S. 154ff.

[40] Vgl. Salcher (1995), S. 3f.

[41] Vgl. Salcher (1995), S. 3.

[42] Vgl. Kiss/Teusch (1995), S. 13f.

[43] Vgl. Kiss/Teusch (1995), S. 13f.

[44] Vgl. Hüttner/ Schwarting (2002), S. 23.

[45] Vgl. Kepper (1996), S. 3.

[46] Vgl. Müller (2000), S. 131ff.

[47] Salcher (1995), S. 6.

[48] GfK (2006).

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Qualitative Marktforschung als Methodik zur Gewinnung von Neuproduktideen - theoretische Grundlagen und Anwendungsbeispiele
Hochschule
Technische Universität Bergakademie Freiberg
Note
2.0
Autor
Jahr
2006
Seiten
29
Katalognummer
V56822
ISBN (eBook)
9783638514095
ISBN (Buch)
9783638902731
Dateigröße
593 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Qualitative, Marktforschung, Methodik, Gewinnung, Neuproduktideen, Grundlagen, Anwendungsbeispiele
Arbeit zitieren
Robert Scholz (Autor:in), 2006, Qualitative Marktforschung als Methodik zur Gewinnung von Neuproduktideen - theoretische Grundlagen und Anwendungsbeispiele, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/56822

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