Der individuelle Stil oder wie kommt ein Autor zu dem, was er schreibt


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0 Einleitung “Geist ist zweifellos das auszeichnende Merkmal des Menschen und macht sein Wesen aus” (Zeitlinger, 1986)

1 „Das Was“ oder das linguistische Gewebe
1.1 Das Produkt, das Medium, der Gedanke
1.2 Die Selektion der Interessen

2 Die Intention – Eine gedankliche Selektion
2.1 Begrifflichkeit und Begriffsgeschichte
2.2 Der Begriff der Intention in der Sprechakttheorie von Searle
2.3 Die Autorenintention

3 „Das Wie“ oder der individuelle Stil

4 Schlußbeurteilung
„Le style c`est l`homme même » (Graf Buffon)

Literaturverzeichnis

Selbständigkeitserklärung

0 Einleitung – “Geist ist zweifellos das auszeichnende Merkmal des Menschen und macht sein Wesen aus.”

Der Begriff „Stil“ umschließt[1] ein weites Forschungsfeld und wird aus verschiedenen Perspektiven unterschiedlich beobachtet und eingeordnet.

„Stil“ ist nicht nur aufgrund seiner Allgemein- bzw. Alltagssprachlichkeit ein schwer zu fassender Begriff, sondern auch, weil bis heute noch keine klar eingegrenzte Definition existiert.

In seiner Vielschichtigkeit kann „Stil“ nur aus der jeweiligen Betrachtung der Perspektive erfasst und eingegrenzt werden.

In der Linguistik, wie in der Literaturwissenschaft werden dahingehend unter-schiedliche Schwerpunkte gesetzt und diskutiert, wobei es in der Sprachwissenschaft ganz allgemein um „die Art und Weise des Schreibens, die Art des mündlichen und schriftlichen Ausdrucks...“, also um „... die Gesamtheit von mehr oder weniger auffälligen Eigenheiten des sprachlichen Ausdrucks“ (Lewandowski, 1990, S. 1099 f.) geht. Stil ist hier vorwiegend auf das Sprachliche konzentriert.

Die Stilistik, also die Wissenschaft vom Sprachstil, stellt dabei als Teildisziplin der Linguistik einen Grenzbereich zur Literaturwissenschaft dar.

Die Literaturwissenschaft ordnet Stile hauptsächlich in verschiedene Stilkonzepte ein und beurteilt sie nach den jeweilig charakteristischen Merkmalen. Hier spielen philosophische, sozial bedingte und individuell psychologische Kriterien eine wichtige Rolle.

„..., dass der Literaturwissenschaftler unter Stil weitgehend anderes versteht als der Linguist. Wo dieser vorrangig das gesamte Regelsystem einer Sprache im Auge hat, befasst sich jener mit Individual, Epochen- und Gattungstypischem, also mit Erscheinungen von geringerer Regelhaftigkeit oder gar von vorneherein mit Regelabweichungen.[2]

Bezeichnend für die Komplexität des Begriffs ist ebenso die divergente Betrachtung innerhalb der einzelnen Disziplinen. In der Linguistik, wie auch in der Literaturwissenschaft besteht eine Vielzahl unterschiedlichster, auch epochenbedingter Stilrichtungen, deren historische Vorläuferschaft zum Teil in der Rhetorik liegt.

Um den Begriff für die vorliegende Arbeit greifbarer zu gestalten, ist im Folgenden von einem kommunikationswissenschaftlichen Ansatz ausgegangen worden, wobei Stil als besondere Prägung einer Mitteilung begriffen wird.

In den klassischen Kommunikationstheorien teilt dabei ein Sender (Produzent) über einen Kanal eine enkodierte Nachricht mit, die der Empfänger (Rezipient) wiederum dekodiert.

Dies stellt zweifelsohne nur eine Nominaldefinition von Kommunikationsvorgängen dar, soll aber als Basis für die Ausarbeitung der Fragestellung ausreichend sein.

Der Schwerpunkt liegt im Besonderen auf der Seite des Produzenten, der hier gleichzusetzen ist mit dem Autor schriftlicher Texte. Ausgeklammert wird demnach die Seite des Empfängers, des Rezipienten oder Lesers.

Ein eher stiefmütterlich behandeltes Thema ist in der linguistischen und literaturwissenschaftlichen Stilforschung der menschliche Geist, also der Ort der Entstehung sprachlicher und schriftlicher Äußerungen.

In der vorliegenden Arbeit soll aber gerade der menschliche Geist mit seinem signifikanten Gedankengut, das sich im produzierten Text widerspiegelt, untersucht und der Fragestellung nachgegangen werden, wie ein Autor zu dem kommt, was er schreibt und wie sich dabei ein individueller Stil ausprägt.

Ausgangspunkt der Analyse wird demnach die konkrete Äußerung sein, die wir im Weiteren als Mitteilung vor allem in schriftlicher Form, also als Textäußerung auffassen.

Verzichtet wird auf ein Textbeispiel, anhand dessen eine Stilanalyse durchgeführt werden könnte, um eben angesprochene Prozesse zu verdeutlichen, da solch ein Vorgehen immer nur aus einer bestimmten Teildisziplin bzw. aus einer bestimmten Theorie heraus vorgenommen werden kann. Die Ausarbeitung soll abstrakter, aber möglichst allgemein erfolgen, damit die Prozesse der Stilbildung vor und während des Schreibvorgangs umfassend dargestellt werden können.

Ziel der Arbeit wird sein, die Prozesse herauszustellen, aufgrund derer sich bestimmte Gedanken manifestieren und wie diese schließlich in einem spezifischen Stil festgehalten und mitgeteilt werden.

1 „Das Was“ oder das linguistische Gewebe

1.1 Das Produkt, das Medium, der Gedanke

Ganz allgemein umfasst der Begriff Text (lat. textus = Gewebe, Geflecht) all das, was man sagt oder schreibt. Also alles, was man äußert.

Jede mündliche oder schriftliche Äußerung ist ein Text oder Bestandteil eines Textes. Ein Text ist eine funktionale und finale Einheit, die aus einer Folge von Sätzen oder Äußerungen besteht, welche in ihren Bedeutungen sinnvoll zusammenhängen und einen erkennbaren Anfang und ein Ende haben. (vgl. Lewandowski, 1990, S. 1153f.)

Unterschieden wird zwischen dem „texte infini“, also der Gesamtheit von einer Sprache vorliegenden Äußerungen und dem begrenzten Text, der als Teilmenge des texte infini oft als ganzheitliche sprachliche Kette zum Gegenstand von Analysen wird.

Bezüglich der Fragestellung, wie ein Autor zu dem kommt, was er schreibt, ist vor allem der schriftliche Text als tatsächliches Produkt des literarischen Schaffens von weiterem Interesse.

Der Unterschied zur mündlichen Rede liegt besonders in der Materialität des literarischen Textes selbst: „Ein literarischer Text will nicht nur etwas sagen, ...; er will auch etwas sein; und er ist in der Tat etwas, rein materiell, er ist nicht nur in seiner Bedeutung. Oder: er hat, neben der Bedeutung, die er ist, auch noch etwas: das nämlich, was er in seiner Materialität ist.“[3]

Zunächst ist aber ein Text in seiner Materialität, abgesehen von seiner Bedeutung immer vorrangig etwas Sprachliches; Er ist eine Sprachäußerung.

Das heißt also, dass die Vermittlungsinstanz bzw. das Medium Sprache benötigt wird, um etwas ausdrücken zu können.

Es werden Sprachzeichen verwendet, da jedes Ausdrücken und Äußern durch Zeichen erfolgt. Diese werden in eine zeitlich oder räumlich lineare Abfolge gebracht, die wiederum durch Sprache bestimmt wird.

Sprache wird hierbei ganz allgemein verstanden, als ein System, indem bestimmte Bedeutungen ihren bestimmten materiellen Trägern, den Lautgruppen, zugeordnet sind (vgl. dazu Schaff, 1974, S. 95).

Die Schriftlichkeit der Sprache kann dabei als „Sprache der Distanz“ von der Mündlichkeit als „Nähesprache“ unterschieden werden.

Sprache ist eine typisch menschliche und zugleich gesellschaftliche Erscheinung. Sie ist das primäre System von Zeichen, ein Werkzeug des Denkens und des Handelns, sowie das wichtigste Kommunikationsmittel (vgl. dazu Lewandowski, 1990, S. 994).

Der Akt des Schreibens ist demnach nicht nur zuerst ein Denkakt, sondern auch, im Sinne von der Absicht, jemandem etwas mitteilen zu wollen, ein kommunikativer Akt.

Zweifellos gibt es eine innere Rede, ein Kommunizieren mit sich selbst, eben das Denken im alltagsüblichen Sinne, das vor dem eigentlichen Mitteilungsprozess, dem kommunikativen Akt steht.

Über den Zusammenhang von Sprache und Denken existieren eine Reihe von Untersuchungen und weiterführende Theorien, die gerade in den erkenntnis-theoretischen Ansätzen darzulegen versuchen, wie der Mensch seine Umwelt, seine Realität in Gedanken begreift und wie sich dieses in seinem Sprachgebrauch äußert. Bedeutsam für unseren Zusammenhang ist dabei aber nur, daß der Mensch im Gebrauch der Sprache sein individuelles Bild der Wirklichkeit ausdrückt und seine spezifischen Gedanken zum Tragen kommen, die für die Ausprägung eines eigenen, besonderen Stils von entscheidender Wichtigkeit sind.

Das zeigt sich auch in der soziologischen Definition, die Denken als „...diejenige geistige Tätigkeit des Menschen betrachtet, bei denen Objekte, Verhaltensweisen, etc. nach bestimmten Kriterien zusammengefasst, verglichen, unterschieden, abstrahiert, Erfahrungen verarbeitet und daraus Urteile, Schlüsse, Begriffe, etc. abgeleitet werden“ (vgl. dazu Soziologielexikon, 1997, S. 109).

Unterschieden wird dabei zwischen reinem Denken und sekundärem Denken, also dem Ausdruck der Gedanken im Wort bzw. dem Eindrücken der Gedanken in eine sprachliche Schablone.

[...]


[1] Aus: Zeitlinger, 1986, S. 7

[2] Aus: Asmuth, in Bleckwenn/Neuland, 1991, S. 23

[3] Aus: Gauger, 1995, S. 131

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der individuelle Stil oder wie kommt ein Autor zu dem, was er schreibt
Hochschule
Universität Mannheim  (Neuere deutsche Literatur)
Veranstaltung
Hauptseminar Was ist ein Autor?
Note
1,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
17
Katalognummer
V6521
ISBN (eBook)
9783638140683
Dateigröße
443 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit den Vorbedingungen für die literarische Produktion. Welche Intentionen führen dazu, etwas zu produzieren und wie bildet sich der individuelle, persönliche Stil eines Werkes aus? Behandelt wird das Thema und sprachwissenschaftlicher Sicht und streift Searles Sprechakttheorie am Rande. 264 KB
Schlagworte
Stil, Searle, Sprechakttheorie, Autor
Arbeit zitieren
Nadine Buschmann (Autor:in), 2000, Der individuelle Stil oder wie kommt ein Autor zu dem, was er schreibt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6521

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