Der Peregrina-Zyklus - Vergleich und Interpretation der Fassungen zwischen 1824 und 1867


Seminararbeit, 2005

17 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Der Peregrina-Zyklus. Vergleich und Interpretation der Fassungen zwischen 1824 und 1867

A. Einleitung

B. Der Peregrina-Zyklus
1. Das Problem der Datierung
2. Der Zyklus im Erzählband
2.1. Peregrina I
2.2. Peregrina II
2.3. Peregrina III
2.4. Peregrina IV
2.5. Peregrina V

C. Schluss

D. Anhang

Literaturverzeichnis

Auflistung und Abkürzungsverzeichnis der Fassungen von 1824-1867

A. Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit vergleicht und interpretiert die einzelnen Fassungen des Peregrina-Zyklus’ von Eduard Mörike in ihren wichtigsten Punkten miteinander.[1] Zugunsten der Interpretation wird der formale Aufbau der Gedichte nur sehr kurz behandelt.

Peregrina, die Fremde[2],, das ist die unheimliche Geliebte, zu der Mörike durch Maria Meyer inspiriert wurde und die auch im Noltenroman in der Figur der Zigeunerin Elisabeth literarisch verarbeitet wurde. Es wird in dieser Arbeit jedoch auf jeglichen biographischen Bezug zu Personen im Umkreis Mörikes verzichtet. Des Weiteren bezieht sich die Hausarbeit hauptsächlich auf den Zyklus. Die umfassendere Peregrina-Dichtung und ihre Bezüge zu anderen literarischen Werken, beispielsweise Goethes Mignon, sowie ihre Stellung im „Maler Nolten“ werden nicht behandelt.

Die früheste Handschrift, die einen Teil des späteren Peregrina-Zyklus’ beinhaltet, stammt von 1824. Eduard Mörike hat bis wenige Jahre vor seinem Tod 1875 Änderungen an den einzelnen Gedichten vorgenommen, sowohl inhaltlicher als auch formaler Art, wie sich an den einzelnen Auflagen der Gedichtbände belegen lässt. Einzig die Fassung im „Maler Nolten“ wurde in diesem Kontext seit 1832 nicht mehr umgeändert.[3]

In Punkt 2 der Hausarbeit werden Umformulierungen aufgezeigt und Interpretationsmöglichkeiten angesprochen, die sich daraus für die Handlung im Zyklus neu ergeben. Zuvor ist es sinnvoll, einen Überblick über das Problem der Zuordnung der Gedichte bezüglich ihres Entwicklungszeitraumes zu geben. Zum Peregrina-Zyklus gibt es kontroverse Forschungsergebnisse, vor allem bezüglich der Datierung. Dies liegt daran, dass es keine schriftlichen Belege (mehr) gibt, die Schlüsse über die genaue Entstehungszeit zulassen.

B. Der Peregrina-Zyklus

1. Das Problem der Datierung

In der Handschrift von Wilhelm Hartlaub von 1824[4] taucht erstmalig ein Teil des späteren Peregrina-Zyklus’ auf. Es handelt sich um das Irrsals-Gedicht, das später in den Gedichtbänden mit III nummeriert wird und im „Maler Nolten“ die Überschrift „ Scheiden von ihr “ trägt. Es ist das einzig datierte Gedicht und vermutlich auch das Älteste des Zyklus’.[5] Die Entstehungszeit der übrigen Peregrina-Gedichte kann nur geschätzt werden. Man versucht, dies anhand der Gedichtstruktur zu bestimmen. Peregrina II (Die Hochzeit) und III (Scheiden von ihr) ähneln sich inhaltlich und formal, da sie beide über eine freie Versform und einen freien Rhythmus verfügen. Deshalb vermutet die Forschung einheitlich, dass sie die ersten Gedichte darstellen und im gleichen Zeitraum geschrieben wurden.[6]

Zu der genauen Entstehungszeit haben sich jedoch kontroverse Meinungen herausgebildet. So widerspricht beispielsweise Beck den Entstehungsthesen Emmels heftig, indem er die Entstehung von Peregrina I, IV und V in das erste Halbjahr 1828 verlegt.[7] Mayer wiederum setzt Peregrina V in deutliche zeitliche Distanz zu der Entstehung der anderen Gedichte. Fest steht, dass sich außer in der HS 1824, die jedoch von Mörikes Freund Hartlaub zu Papier gebracht wurde, kein Gedicht genau datieren lässt.

Man geht jedoch davon aus, dass bei Peregrina V, das zunächst im Juni 1928 unter dem Titel „ Verzweifelte Liebe. Sonett “ in der Handschrift aus „Neue weltliche Lieder“[8] veröffentlicht wurde, von Seiten Mörikes noch keine Verknüpfung zu den anderen „Agnes-Gedichten“ beabsichtigt war. Diese erschienen im gleichen Jahr im „Grünen Heft“[9] unter den Titeln „ Agnes, die Nonne “, „ Agnesens Hochzeit “, „ Abschied von Agnes “ und „ Nachklang von Agnes “. Erst durch die Einfügung des Namen „ Peregrina “ in den Text bildete das Sonett im „Maler Nolten“ 1832 unter dem Titel „ Und wieder “ den Abschluss des Zyklus’.

2. Der Zyklus im Erzählband

2.1. Peregrina I

Unter dem Titel „ Agnes, die Nonne “ in der HS 1828 erschien die erste Fassung der späteren Peregrina I. Sie ist im „Maler Nolten“ jedoch unter dem Titel „ Warnung “ als zweites Gedicht im Zyklus angesiedelt in Form einer Stanze zu drei Kreuzreimen und einem Paarreim. Die Strenge der Strophenform zeigt sich in der gleich bleibenden Verslänge und dem fast durchgehend verwendeten Jambus. Bleibt die Form in allen Fassungen gleich, so ist die HS 1824 die einzige Fassung, der noch eine zweite Strophe im gleichen Reimschema angehört.

Inhalt und Interpretation

Mit den Worten „ Spiegel dieser treuen blauen Augen “ führt die erste Strophe sogleich in eines der Hauptthemen des Peregrina-Zyklus’ ein: Wirklichkeit und Scheinwelt. Das lyrische Ich beschwört in den ersten Zeilen eine „poetische Bannung des Liebesmomentes“[10] mit seiner unbekannten Geliebten herauf. Während es von der Oberfläche weiter in die Tiefe des Augenspiegels dringt, stößt es auf „ Gold in heil’gem Gram “, welcher jedoch unerklärt bleibt. Die Geliebte wirkt somit unergründlich. Das Bild des heiligen Grams hat mystischen Ursprung. Einerseits gilt die Bedeutung von heilig als zauberhaft, geweiht, andererseits kann Gram im Sinne von Zorn, Wut und Wildheit gedeutet werden.[11] Typisch für den Zyklus ist die Gegensätzlichkeit, in welche die Worte und Bilder eingespannt sind.[12] Den treuen Augen steht in einer dämonischen Erweiterung die „ Nacht des Blickes “ gegenüber. Indem das „ unwissende Kind “ die Rolle der Verführenden einnimmt, welche die „Gefährlichkeit des Spiels“[13] nicht erkennt, zeigt sich bereits der angelegte Doppel-Charakter der Geliebten. Das lyrische Ich weiß um die Gefahr, entzieht sich jedoch jeglicher Verantwortung mit den Worten „ du selber “. Hierin zeigt sich auch die „Warnung“, welche in der Fassung des „Maler Nolten“ von 1832[14] Titel dieses Gedichtes wird.

In der HS 1828 endet die Strophe „ Weg reuebringend Liebesglück in Sünden “, was sich ab der FS 1832 in „ Reichst lächelnd mir den Tod im Kelch der Sünden “ wandelt.[15] Auffallend ist die Verwendung der christlichen Motive in Verbindung mit erotischer Konnotation. Einerseits der sakrale „ Kelch “, anderseits dessen Assoziation mit Lippen, dem Gipfeln in einem Kuss; also der Hinwendung zu Peregrina. Genau das Gegenteil davon löst die Verwendung des letzten Verses in der HS 1828 aus – die Verweigerung von Seiten des lyrischen Ichs.

Dadurch erklärt sich auch der Wegfall der zweiten Strophe im späteren Verlauf, denn diese wiederholt mit Hilfe von Traumsymbolik die Aussage der Ersten nur: Das lyrische Ich widersteht, es schreckt vor der Annäherung zurück. Der Unterschied zwischen beiden Strophen besteht darin, dass der Sog in die Tiefe in der zweiten Strophe statt zu Reue und „ Sünden “, nun in „sehnsuchtsvolle[m] Grauen“ resultiert. Hier wird auch die Zurückweisung begründet. Durch Verwendung der Zeitform Präteritum deutet das lyrische Ich an, dass es die Wiederholung des Erlebnisses von „ einst “ fürchtet.[16]

So handelt die erste Strophe von der Begegnung des lyrischen Ichs mit Peregrina und die zweite Strophe von seiner Erinnerung an das Geschehen.

2.2. Peregrina II

Agnesens Hochzeit “, wie es noch in der HS 1828 heißt, steht im Zyklus in fast allen Fassungen der Gedichtbände an zweiter Stelle. Im „Maler Nolten“ jedoch rückt sie unter dem Titel „ Die Hochzeit (Im Munde des Bräutigams gedacht) “ an den ersten Platz.

Bis zum revidierten Gedichtband von 1844[17] umfasst das Gedicht noch vier Strophen und erfährt bis auf eine kleinere Ausnahme keine großen Änderungen. Ab der zweiten Auflage des Bandes 1848[18] jedoch findet sich eine starke Erweiterung, sowohl was den Textumfang als auch die Umformung des Inhaltes anbelangt. Gleich bleibt jedoch der erzählende Ablauf. Die vier bzw. sechs verschieden langen Absätze, deren Verse im freien Rhythmus stehen, verfügen über ungleichmäßige Hebungen und Senkungen. Auffällig ist das „Hinausspülen des Satzzusammenhanges über das Versende“[19] und die metaphorische Sprache.

[...]


[1] Eine entsprechende Aufstellung der zehn Fassungen findet sich im Abkürzungsverzeichnis der Hausarbeit.

[2] lat. peregrina: die Fremde

[3] Anm.: Zwar gab es konkrete Pläne Mörikes, in einer neuen Fassung des „Maler Nolten“ statt der alten vierteiligen Version den kompletten fünfteiligen Zyklus entsprechend der vierten Auflage von 1867 einzubauen, dies wurde jedoch nicht realisiert.

[4] Handschrift von Wilhelm Hartlaub. Goethe und Schiller-Archiv Weimar 1824. [Anm. M.B: Im folg. gekürzt: HS 1824]

[5] Mayer, Mathias: Mörike und Peregrina. Geheimnis einer Liebe. München: C. H. Beck 2004, S. 73. Im folg. zit.: Mayer.

[6] Mayer, S.95

Graevenitz, Gerhard von: Eduard Mörike: Die Kunst der Sünde. Zur Geschichte des literarischen Individuums. Tübingen: Niemeyer 1978 (=Untersuchungen zur deutschen Literaturgeschichte Bd.20), S.25. Im folg. zit.:Graevenitz
Heydebrand, Renate von: Eduard Mörikes Gedichtwerk. Beschreibung und Deutung der Formenvielfalt und ihrer Entwicklung. Stuttgart: Metzler 1972, S. 73. Im folg. zit.: Heydebrand.

[7] Beck, S. 212

[8] Handschrift aus <Neue weltliche Lieder>. Deutsches Literaturarchiv Marbach 19.6.1828. [Anm. M.B: Im folg. gekürzt: HS 1828/6]

[9] Handschrift aus dem „Grünen Heft“. Landesbibliothek Stuttgart 1828. [Anm. M.B: Im folg. gekürzt: HS 1828]

[10] Mayer, S.128

[11] Etter, Hans Jürg: Eduard Mörikes Peregrinadichtung. Zürich: Juris 1985. Im folg. zit.: Etter

[12] Oppel, Horst: Peregrina. Vom Wesen des Dichterischen. Mainz: Kirchheim&Co 1947. Im folg. zit.: Oppel

[13] Etter, S.28

[14] Maler Nolten. Novelle in zwei Theilen von Eduard Mörike. Mit einer Musikbeilage. Stuttgart. E.Schweizerbart’s Verlagsbuchhandlung, 1832, S.557-560. [Anm. M.B: Im folg. abgekürzt: FS 1832]

[15] Anm.: Das Bild des Kelches verwendet Mörike bereits in der 4.Szene des Orplids in Form des Bechers.

[16] Beck, Adolf: Peregrina. Zur Berichtigung und Ergänzung des Buches von Hildegard Emmel: „Mörikes Peregrinadichtung und ihre Beziehung zum Noltenroman“. In: Euphorion 1953. Bd. 47:Heft 1, S.210. Im folg. zit: Beck.

[17] Gedichte von Eduard Mörike. Revidierte und mit Neuem vermehrte Sammlung. Manuscript des Verfassers. 1844. Facsimiledrucke literarischer Seltenheiten. Hg. von Julius Petersen. Leipzip o.J, Nachwort von Fritz Behrend, datiert 1924, S.180-184. [Anm. M.B: Im folg. gekürzt: FS 1844]

[18] Gedichte von Eduard Mörike. Zweite vermehrte Auflage. Stuttgart und Tübingen. J.G. Cotta’scher Verlag 1848, S.144-148. [Anm. M.B: Im folg. gekürzt: FS 1848]

[19] Oppel, S.38

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der Peregrina-Zyklus - Vergleich und Interpretation der Fassungen zwischen 1824 und 1867
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg  (Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Eduard Mörike und die Literatur des Biedermeier
Note
1.0
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V65348
ISBN (eBook)
9783638579421
ISBN (Buch)
9783656802747
Dateigröße
667 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Peregrina-Zyklus, Vergleich, Interpretation, Fassungen, Eduard, Mörike, Literatur, Biedermeier
Arbeit zitieren
Michelle Bayona (Autor:in), 2005, Der Peregrina-Zyklus - Vergleich und Interpretation der Fassungen zwischen 1824 und 1867, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65348

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