Verbraucherschutz im BGB


Diplomarbeit, 2006

67 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung

2 EG-Einfluss und Schuldrechtsmodernisierung

3 Verbraucher in Abgrenzung zum Unternehmer
3.1 Der Verbraucherbegriff
3.2 Der Unternehmerbegriff
3.2.1 Unternehmer i. S. d. § 14 Abs. 1 BGB
3.2.2 Rechtsfähige Personengesellschaft i. S. d. § 14 Abs. 2 BGB

4 Verbraucherleitbild

5 Instrumente des privatrechtlichen Verbraucherschutzes
5.1 Informationspflichten
5.2 Widerrufs- und Rückgaberecht
5.2.1 Voraussetzungen des Widerrufsrechts
5.2.2 Widerrufserklärung
5.2.3 Beginn der Widerrufsfrist
5.2.4 Länge der Widerrufsfrist, Erlöschen des Widerrufsrechts
5.2.5 Ersetzung des Widerrufsrechts durch ein Rückgaberecht
5.2.6 Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe
5.3 Besondere Vertragsgestaltung, Inhaltskontrolle von AGB
5.4 Einschränkung der Rechtswahlfreiheit
5.4.1 Verbraucherverträge
5.4.2 Verbraucherschutz in EU- und EWR-Staaten
5.5 Unterlassungsanspruch der Verbraucherschutzverbände

6 Verbraucherschutz bei Vertragsschluss
6.1 Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch AGB
6.1.1 Einbeziehung von AGB in den Vertrag
6.1.2 Inhaltskontrolle
6.1.3 Besonderheiten bei Verbraucherverträgen
6.1.4 Sonstige Besonderheiten
6.1.5 Umgehungsverbot
6.2 Besondere Vertriebsformen
6.2.1 Haustürgeschäfte
6.2.1.1 Begriff des Haustürgeschäfts
6.2.1.2 Widerrufsrecht
6.2.2 Fernabsatzverträge
6.2.2.1 Begriff des Fernabsatzvertrags
6.2.2.2 Informationspflichten
6.2.2.3 Widerrufsrecht
6.2.3 E-Commerce-Verträge
6.2.3.1 Begriff des E-Commerce-Vertrags
6.2.3.2 Informationspflichten und sonstige Pflichten
6.2.4 Unabdingbarkeit
6.3 Verbrauchsgüterkauf
6.3.1 Begriff des Verbrauchsgüterkaufs
6.3.2 Besondere Vertragsgestaltung
6.3.3 Rückgriff des Unternehmers
6.4 Teilzeit-Wohnrechteverträge
6.4.1 Begriff des Teilzeit-Wohnrechtevertrags
6.4.2 Informationspflichten, Prospektpflicht
6.4.3 Schriftform, Vertragsinhalt
6.4.4 Widerrufsrecht, Anzahlungsverbot
6.4.5 Unabdingbarkeit
6.5 Verbraucherdarlehensvertrag; Finanzierungshilfen und Ratenlieferungsverträge
zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher
6.5.1 Verbraucherdarlehensvertrag
6.5.1.1 Begriff des Verbraucherdarlehensvertrags
6.5.1.2 Schriftform, Vertragsinhalt
6.5.1.3 Widerrufsrecht
6.5.1.4 Besondere Vertragsgestaltung
6.5.2 Finanzierungshilfen
6.5.3 Ratenlieferungsverträge
6.5.4 Unabdingbarkeit
6.6 Darlehensvermittlungsvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher
6.6.1 Begriff des Darlehensvermittlungsvertrags
6.6.2 Schriftform, Vertragsinhalt
6.6.3 Besondere Vertragsgestaltung
6.6.4 Unabdingbarkeit
6.7 Verbundene Verträge
6.7.1 Begriff des verbundenen Vertrags
6.7.2 Widerrufsdurchgriff
6.7.3 Einwendungsdurchgriff

7 Schutz des Verbrauchers vor wettbewerbswidrigen Vertriebspraktiken
7.1 Unbestellte Leistungen
7.2 Gewinnzusagen

8 Schutz des Verbrauchers vor fehlerhaften Produkten
8.1 Haftung
8.2 Inhalt des Schadensersatzanspruchs
8.3 Verjährung, Erlöschen von Ansprüchen
8.4 Unabdingbarkeit

9 Verbraucherschutz aus der Sicht des Unternehmers

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

Wird zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ein Vertrag geschlossen, so besteht für den Verbraucher bei bestimmten Vertragstypen bzw. bei Verträgen, die unter bestimmten Umständen zustande kommen, insbesondere aufgrund des Informationsdefizits und infolge unsachlicher Beeinflussung die Gefahr, dass er vom Unternehmer übervorteilt wird. Die Gefahr besteht u. a. darin, dass der Verbraucher einen Vertrag abschließt, den er eigentlich gar nicht abschließen will, oder auch darin, dass er einen Vertrag mit solchen Vertragsbedingungen abschließt, die ihn unangemessen benachteiligen. Deshalb wird der Verbraucher in solchen Fällen durch zahlreiche gesetzliche Vorschriften besonders geschützt.

Im deutschen Recht gibt es kein gesondertes Gesetz, das alle Fragen des Verbraucherschutzrechts regeln würde. Verbraucherschutzrecht ist vielmehr auf eine Vielzahl von Gesetzen verstreut. Die zentralen Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers vor einer Übervorteilung bei Vertragsschluss mit einem Unternehmer finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Sie werden durch Vorschriften im Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB), im Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) sowie in der BGB-Informationspflichten-Verordnung (BGB-InfoV) ergänzt. Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. Weitere Vorschriften finden sich etwa im Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG).

Ferner wird der Verbraucher im Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) vor fehlerhaften Produkten außerhalb vom vertraglichen Schuldverhältnis besonders geschützt. Kommt es bei einem Verbraucher durch den Fehler eines Produkts zu Schäden, so ist der Hersteller des Produkts dazu verpflichtet, dem Verbraucher den entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Verbraucher wird im ProdHaftG insoweit besonders geschützt, dass es dort eine verschuldensunabhängige Haftung des Herstellers begründet wird, während in solchen Fällen grundsätzlich nur derjenige zum Schadensersatz verpflichtet ist, wer vorsätzlich oder fahrlässig handelt (§ 823 Abs. 1 BGB). U. a. wird der Verbraucher auch im Wettbewerbsrecht, vor allem im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geschützt. Das UWG enthält Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers vor unlauteren Wettbewerbshandlungen, insbesondere vor irreführender Werbung sowie unzumutbarer Belästigung.

Insgesamt lässt sich das Verbraucherschutzrecht nicht eindeutig abgrenzen. Im weiteren Sinne sind hierunter alle Vorschriften zu verstehen, die den Schutz des Verbrauchers oder die Förderung seiner Interessen zum Ziel haben oder hierzu geeignet sind.[1] Jedenfalls ist Verbraucherschutzrecht eine Querschnittsmaterie. Die Schwerpunkte dieser Querschnittsmaterie liegen im Zivilrecht und im besonderen Verwaltungsrecht.[2]

In dieser Arbeit wird auf den Verbraucherschutz im BGB einschließlich des Einführungsgesetzes sowie der Nebengesetze (UKlaG, BGB-InfoV, ProdHaftG) eingegangen. Dabei wird vom Verbraucherschutz im engeren Sinne ausgegangen, d. h. vom expliziten Schutz des Verbraucher i. S. d. § 13 BGB, wobei ihm stets ein Unternehmer i. S. d. § 14 Abs. 1 BGB gegenübersteht. Nicht eingegangen wird folglich auf solche Vorschriften, die den Schutz aller Marktteilnehmer bezwecken, wie etwa die Anfechtbarkeit einer Willenserklärung.

Zunächst erfolgt ein Überblick über die Entwicklung des Verbraucherschutzrechts unter dem Einfluss der Europäischen Gemeinschaft (EG). Sodann wird auf die Begriffe „Verbraucher“ und „Unternehmer“ als zentrale Grundbegriffe des Verbraucherschutzrechts eingegangen. Ferner wird auf die Instrumente des privatrechtlichen Verbraucherschutzes sowie auf die einzelnen Vorschriften, die den Schutz des Verbrauchers bei Vertragsschluss bezwecken, eingegangen. Schließlich werden sonstige Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers dargestellt, insbesondere Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers vor fehlerhaften Produkten.

2 EG-Einfluss und Schuldrechtsmodernisierung

Das in Deutschland geltende private Verbraucherschutzrecht stellt eine relativ junge Materie dar, die einer ungebrochener Rechtssetzungsdynamik unterworfen ist. Die meisten Regelungen wurden in den letzten fünfzehn Jahren geschaffen.[3] Die Entwicklung des Verbraucherschutzrechts wird dabei vor allem durch die Vorgaben des EG-Rechts gesteuert.

Nach Art. 3t und 153 des EG-Vertrags (EGV) verfügt die EG über eine ausdrückliche Zuständigkeit für den Verbraucherschutz. Danach leistet die Gemeinschaft zur Förderung der Interessen der Verbraucher und zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus u. a. einen Beitrag zum Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher. Mit der Stärkung des Verbraucherschutzes verfolgt die EG neben dem verbraucherpolitischen Ziel zugleich noch andere Ziele. So will die EG den Verbraucher zu einer aktiveren Nutzung der Freiheiten des EG-Binnenmarktes veranlassen, mögliche Wettbewerbsverzerrungen beseitigen und damit letztendlich ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Binnenmarktes gewährleisten.

Zur Erreichung dieser Ziele hat die EG auf der Grundlage der Art. 94 und 95 EGV zahlreiche Verbraucherschutzrichtlinien erlassen, vor allem solche Richtlinien, die den Schutz des Verbrauchers bei Vertragsschluss bezwecken, insbesondere

- die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (im folgenden Haustürgeschäfterichtlinie genannt),
- die Richtlinie 87/102/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (Verbraucherkreditrichtlinie),
- die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (Klauselrichtlinie),
- die Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (Timesharingrichtlinie),
- die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatzrichtlinie),
- die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf) und
- die Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen).

Die Ziele der EG werden in den Erwägungsgründen dieser Richtlinien aufgeführt.

Nach Art. 249 Abs. 3 EGV ist die Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. Die Richtlinien müssen also in allen Mitgliedstaaten der EG umgesetzt werden, wobei sie - zumindest bislang - überwiegend dem Grundsatz der Mindestharmonisierung folgen und damit die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, im nationalen Recht ein höheres Verbraucherschutzniveau vorzusehen.[4]

Über die Auslegung der europarechtlichen Fragen entscheidet der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Wege einer Vorabentscheidung nach Art. 234 EGV. Wird eine solche Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, so kann es diese Frage dem EuGH zur Entscheidung vorlegen. Wird eine solche Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so muss es diese Frage dem EuGH zur Entscheidung vorlegen. Dadurch soll eine einheitliche Rechtsprechung für die gesamte EG bezüglich der europarechtlichen Fragen erreicht werden.

Die EG-Richtlinien setzte der Bundesgesetzgeber zunächst in Sondergesetzen um, insbesondere

- im Haustürwiderrufsgesetz (umgesetzt wurde die Haustürgeschäfterichtlinie),
- im Verbraucherkreditgesetz (Verbraucherkreditrichtlinie),
- im AGB-Gesetz (Klauselrichtlinie),
- im Teilzeit-Wohnrechtegesetz (Timesharingrichtlinie) und
- im Fernabsatzgesetz (Fernabsatzrichtlinie).

Bis auf das AGB-Gesetz, das bereits vor der Umsetzung der entsprechenden Richtlinie existierte, wurden diese Sondergesetze neu geschaffen. Die Vielzahl der neu entstandenen Sondergesetze bedeutete allerdings eine zunehmende Auslagerung des Schuldrechts aus dem BGB und führte somit zu einer Rechtszersplitterung (BT-Drucks. 14/6857 S. 1), sodass der Gesetzgeber sich schließlich für andere Lösung entschieden hat.

Bereits mit dem am 30. Juni 2000 in Kraft getretenen Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro, das als Artikelgesetz erlassen wurde und als Art. 1 das Fernabsatzgesetz enthielt, hat der Gesetzgeber die Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie dazu genutzt, den Verbraucherschutz teilweise in das BGB zu integrieren.[5] Die Begriffe „Verbraucher“ und „Unternehmer“ sowie ein einheitliches verbraucherschützendes Widerrufsrecht wurden in das BGB aufgenommen. Insbesondere die Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf, die zum 1. Januar 2002 umgesetzt werden musste, war für den Gesetzgeber nun letzter Anlass dazu, eine umfassende Schuldrechtsreform durchzuführen.[6] Im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, das am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist, wurden u. a. die o. g. Sondergesetze im BGB integriert sowie die Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf im BGB umgesetzt. Der Gesetzgeber hat sich also zur Integration des privaten Verbraucherschutzrechts in das BGB entschieden.

3 Verbraucher in Abgrenzung zum Unternehmer

Die zentralen Grundbegriffe des Verbraucherschutzrechts „Verbraucher“ und „Unternehmer“ werden in den §§ 13 und 14 BGB in Gestalt einer Legaldefinition geregelt. Diese Vorschriften gehen auf die EG-Richtlinien zurück. Wie bereits erwähnt, wurden sie durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro in das BGB aufgenommen. Der Standort im Allgemeinen Teil des BGB wurde vom Gesetzgeber bewusst gewählt, nachdem er sich mit der Integration des Verbraucherschutzrechts in das BGB auch dafür entschieden hat, dass das Verbraucherschutzrecht kein Sonderprivatrecht, sondern ein Bestandteil des allgemeinen Zivilrechts ist.[7] Zur Anwendung gelangen die Begriffsbestimmungen der §§ 13 und 14 immer dann, wenn in den verbraucherschützenden Vorschriften auf den Terminus „Verbraucher“ oder „Unternehmer“ Bezug genommen wird.[8]

3.1 Der Verbraucherbegriff

Nach § 13 ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.

Als Verbraucher werden ausschließlich natürliche Personen erfasst. Juristische Personen (z. B. Aktiengesellschaft, GmbH) sind also, auch wenn sie nicht oder noch nicht beruflich oder gewerblich tätig sind, und unabhängig von ihrer individuellen Schutzbedürftigkeit, vom Verbraucherbegriff ausgeschlossen.[9] Folglich können sich auch Idealvereine und gemeinnützige Stiftungen als juristische Personen nicht auf die verbraucherschützenden Vorschriften berufen.[10] Auch die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG) sind mit Geschäftsbeginn, spätestens mit ihrer Eintragung in das Handelsregister nicht als natürliche Personen anzusehen, da sie der juristischen Person weitgehend angenähert sind (§§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB). Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), zu der sich mehrere natürliche Personen geschlossen haben, kann hingegen Verbraucher i. S. d. § 13 sein.[11]

Des Weiteren darf das Rechtsgeschäft, das von einer natürlichen Person getätigt wird, weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Es muss also zu einem privaten Zweck geschlossen worden sein. Darunter fallen insbesondere die Rechtsgeschäfte, die dem privaten Haushalt, der Freizeit, dem Urlaub, dem Sport oder der Gesundheitsvorsorge dienen.[12] Verbraucher i. S. d. § 13 sind demzufolge auch Unternehmer, die außerhalb ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handeln. Nach h. M. sind auch Rechtsgeschäfte von Existenzgründern – über die Regelungen der §§ 507 und 655e Abs. 2 hinaus – bis zum Beginn ihrer unternehmerischen Tätigkeit als solche von Verbrauchern anzusehen. Keine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit i. S. d. § 13 stellt nach h. M. grundsätzlich auch die Verwaltung eigenen Vermögens (z. B. der Erwerb und die Veräußerung von Wertpapieren) dar.[13] Bei der Auslegung, zu welchem Zweck das Rechtsgeschäft abgeschlossen worden ist, ist nach wohl h. M. nicht auf den inneren Willen des Handelnden, sondern auf den Inhalt des Rechtsgeschäfts abzustellen, der gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln ist.[14] Entscheidend für die Beurteilung des Zweckes ist der Zeitpunkt, in dem das Rechtsgeschäft abgeschlossen wurde.

Für den Fall, das eine gemischte Nutzung (sog. „dual use“) des Vertragsgegenstandes vorliegt, d. h. er wird sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich verwendet, gibt es keinerlei Aussagen in der Gesetzesbegründung. Es fehlt auch eine Rechtsprechung des EuGH.[15] Nach h. M. ist in diesem Fall maßgeblich, zu welchem Zweck der Gegenstand überwiegend verwendet wird.[16] Die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des § 13 erfüllt sind, trägt derjenige, wer sich auf die verbraucherschützenden Vorschriften beruft.[17]

3.2 Der Unternehmerbegriff

Nach § 14 Abs. 1 ist Unternehmer eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist nach § 14 Abs. 2 eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

3.2.1 Unternehmer i. S. d. § 14 Abs. 1 BGB

Als Unternehmer werden natürliche und juristische Person sowie rechtsfähige Personengesellschaften erfasst, die am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbieten.[18] Darunter fallen alle Gewerbetreibenden, ohne dass es auf die Art oder Umfang des betriebenen Gewerbes ankommt,[19] selbst wenn sie nicht im Handelsregister eingetragen sind,[20] sowie Freiberufler (z. B. selbständige Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Architekten), Landwirte und andere Urproduzenten, freischaffende Künstler und Notare, nicht jedoch ein Geschäftsführer einer GmbH.[21]

Der Unternehmerbegriff umfasst auch eine nur nebenberuflich ausgeübte unternehmerische Tätigkeit, wenn diese eine gewisse Dauerhaftigkeit besitzt und nicht rein gelegentlich erfolgt.[22] Ausgeschlossen ist dagegen eine unselbständige berufliche Tätigkeit mit der Folge, dass Arbeitnehmer, Angestellte oder Beamte etwa beim Erwerb von Arbeitsmitteln, eines Pkw oder von Berufskleidung kein Geschäft eines Unternehmers, sondern das eines Verbrauchers tätigen.[23] Umstritten ist allerdings die Frage, wie der Arbeitnehmer im Hinblick auf den Abschluss des Arbeitsvertrags sowie dessen Änderung oder Aufhebung einzuordnen ist. In diesem Fall wird in der Literatur wohl überwiegend eine Verbraucherstellung des Arbeitnehmers abgelehnt.[24]

Eine Gewinnerzielungsabsicht ist für die Unternehmereigenschaft nicht erforderlich, es genügt die Entgeltlichkeit der ausgeübten Tätigkeit. Der Verbraucher ist auch dann bei einem entgeltlichen Rechtsgeschäft schutzbedürftig, wenn sein Vertragspartner nicht in der Absicht der Gewinnerzielung handelt.[25] Unter den Unternehmerbegriff i. S. d. § 14 Abs. 1 fallen daher auch juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie privatrechtliche Verträge schließen bzw. wenn sie sich gewerblich betätigen und die Leistungsbeziehung nicht ausschließlich öffentlich-rechtlich organisiert ist. Dies ist vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge der Fall (z. B. kommunale Schwimmbäder, Theater, Museen, Konzerthallen und andere kulturelle Einrichtungen, Verkehrsbetriebe).[26]

3.2.2 Rechtsfähige Personengesellschaft i. S. d. § 14 Abs. 2 BGB

Als rechtsfähige Personengesellschaften i. S. d. § 14 Abs. 2 werden insbesondere die OHG, die KG, die Partnerschaftsgesellschaft, die Europäische Wirtschaftliche Interessengemeinschaft sowie die GbR erfasst, die zwar keine juristischen Personen sind, jedoch Teilrechtfähigkeit besitzen. Für die GbR gilt dies nur, soweit sie durch ihre Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet.[27]

4 Verbraucherleitbild

Von der Definition des Verbrauchers ist das Verbraucherleitbild zu unterscheiden. Verbraucherleitbild stellt ein normativ-typisierendes Modell des Verbrauchers zur inhaltlichen Kennzeichnung seiner Kompetenzen bzw. Inkompetenzen dar und dient vor allem dazu, die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers und damit den Grad der Rücksichtnahme auf seine Belange zu ermitteln.[28] Die Rechtsprechung des EuGH entwickelte ein Verbraucherleitbild des mündigen und informierten Verbrauchers im Gegensatz zu dem früher vom Bundesgerichtshof verfochtenen Leitbild des flüchtigen und unkritischen Verbrauchers.[29]

Das Verbraucherleitbild des EuGH hat sich auch in Deutschland durchgesetzt. Es hat vor allem die Liberalisierung des Wettbewerbsrechts ermöglicht. So wurden etwa das Rabattgesetz und die Zugabeverordnung im Jahre 2001 abgeschafft. Diese Gesetze führten zu einer schwerwiegenden Beschränkung des Preiswettbewerbs auf der Einzelhandelsstufe.[30] Ursprünglich dienten sie dem Schutz des flüchtigen und unkritischen Verbrauchers vor einer Irreführung über den Preis und die Qualität der Angebote (BT-Drucks. 14/5441 S. 6, linke Spalte). Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher ist allerdings heutzutage mit den Marktgegebenheiten vertraut. Er trifft sine Entscheidung über den Vertragsschluss erst nach ausreichender Information über die Konkurrenzangebote und reichlicher Abwägung unterschiedlicher Vor- und Nachteile (BT-Drucks. 14/5441 S. 7, linke Spalte). Folglich muss der Verbraucher auch nicht mehr durch Werbeverbote geschützt werden. Es besteht für ihn grundsätzlich keine Gefahr der Irreführung mehr. Nur noch dann, wenn besondere Umstände vorliegen, kommt eine Irreführung in Frage. Die einzelnen Vorschriften hierzu finden sich im UWG.

5 Instrumente des privatrechtlichen Verbraucherschutzes

Das Verbraucherleitbild des EuGH impliziert einen Verbraucher, der in der Lage ist, eigenverantwortlich am Marktgeschehen teilzunehmen und Verträge zu schließen. Damit aber auch ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher den Vertrag entsprechend seinen Erwartungen abschließen kann, muss er mit Informationen versorgt werden. Daher legt der Gesetzgeber dem Unternehmer in bestimmten Fällen eine Reihe von Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher auf. Ferner gewährt der Gesetzgeber dem Verbraucher in bestimmten Fällen ein Widerrufsrecht. Dadurch hat der Verbraucher die Möglichkeit, sich ohne Grund aus dem Vertrag mit einem Unternehmer zu lösen.

Die Informationspflichten und das Widerrufsrecht sind die wesentlichen Instrumente des privatrechtlichen Verbraucherschutzes. Weitere Instrumente sind vor allem die besondere Vertragsgestaltung, die Inhaltskontrolle von AGB, die Einschränkung der Rechtswahlfreiheit sowie der Unterlassungsanspruch der Verbraucherschutzverbände.

5.1 Informationspflichten

Der Verbraucher wird bei Vertragsschluss mit einem Unternehmer vor allem durch die Information geschützt. Dadurch soll der Verbraucher vor Vertragsschluss u. a. klar erkennen können, welche Pflichten und Risiken im Vertrag auf ihn zukommen. Zusätzlich zu den Informationspflichten treten bei bestimmten Vertragstypen verstärkend Formerfordernisse hinzu, die neben der Informations- vor allem die Warnfunktion erfüllen.[31]

Die auf die EG-Richtlinien zurückgehenden Informationspflichten waren vor der Schuldrechtsmodernisierung größtenteils in den Sondergesetzen geregelt. Als die Sondergesetze in das BGB integriert wurden, hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, dass die meisten Informationspflichten gesondert in einer Rechtsverordnung zusammengefasst werden müssen. Hierzu wurde das Bundesministerium der Justiz in den Art. 238 ff. EGBGB ermächtigt. Das Bundesministerium der Justiz hat die Informationspflichten in der BGB-InfoV zusammengefasst. Auf diese Informationspflichten wird seither in den einschlägigen Normen des BGB verwiesen. Zum Teil werden die Informationspflichten im BGB selbst geregelt.

Ein Verstoß gegen die Informationspflichten wird auf unterschiedliche Weise gesetzlich sanktioniert. So kann er dazu führen, dass die Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts nicht zu laufen beginnt. Darüber hinaus kann vor allem ein Schadensersatzanspruch aus den §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 begründet werden.

5.2 Widerrufs- und Rückgaberecht

Grundsätzlich kann eine Willenserklärung nur widerrufen werden, solange sie dem Empfänger noch nicht zugegangen ist (§ 130 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Widerruf muss spätestens gleichzeitig mit der Willenserklärung dem Empfänger zugehen, anderenfalls ist der Empfänger in seinem Vertrauen auf die Wirksamkeit der ihm zugegangenen Willenserklärung schutzwürdig.[32]

Das Widerrufsrecht räumt dem Verbraucher die Möglichkeit ein, seine auf den Vertragsabschluss gerichtete Willenserklärung auch dann zu widerrufen, wenn sie dem Empfänger zugegangen ist. Das Widerrufsrecht bezweckt den Schutz des Verbrauchers vor vertraglichen Bindungen, die er eventuell übereilt und ohne reichliche Überlegung oder aber auch ohne den notwendigen Überblick zu haben, eingegangen ist.[33]

Nach § 355 Abs. 1 S. 1 ist der Verbraucher an seine Vertragserklärung nicht mehr gebunden, wenn er diese widerrufen hat. Zunächst bleiben die abgegebene Willenserklärung und der abgeschlossene Vertrag schwebend wirksam.[34] Durch den Widerruf können sie endgültig unwirksam gemacht werden. Die Willenserklärung und der Vertrag werden also erst mit dem Erlöschen des Widerrufsrechts wirksam.

Das Widerrufsrecht wurde zusammen mit den Begriffen „Verbraucher“ und „Unternehmer“ durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro in das BGB aufgenommen. Bis zur Schuldrechtsmodernisierung fand sich das Widerrufsrecht im § 361a a. F. und wurde durch das Rückgaberecht im § 361b a. F. ergänzt. § 361a a. F. regelte die Ausübung und die Rechtsfolgen des Widerrufsrechts. Ob ein Widerrufsrecht gegeben war und unter welchen Voraussetzungen, folgte allerdings aus den einzelnen Sondergesetzen.[35] Das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts behält das Widerrufsrecht in § 355 sowie das Rückgaberecht in § 356 bei und integriert mit den §§ 358 und 359 die Regelungen über verbundene Verträge in das BGB. § 355 regelt nun die Ausübung des Widerrufsrechts, die Rechtsfolgen werden in § 357 für Widerrufs- und Rückgaberecht einheitlich geregelt. Auch die Voraussetzungen des Widerrufsrechts sind seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts fast ausschließlich im BGB geregelt.

5.2.1 Voraussetzungen des Widerrufsrechts

Das Widerrufsrecht nach § 355 besteht grundsätzlich nur, wenn es dem Verbraucher durch das Gesetz eingeräumt wird. Im BGB sind solche Regelungen in den §§ 312 Abs. 1. S. 1 (bei Haustürgeschäften), 312d Abs. 1 S. 1 (bei Fernabsatzverträgen), 485 Abs. 1 (bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen), 495 Abs. 1 (bei Verbraucherdarlehensverträgen) und 505 Abs. 1 S. 1 (bei Ratenlieferungsverträgen) enthalten. Aber auch § 4 Abs. 1 S. 1 FernUSG verweist auf das Widerrufsrecht nach § 355 BGB. Aufgrund der Vertragsfreiheit kann ferner auch für die nicht kraft Gesetzes unter § 355 fallende Verträge ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift vereinbart werden.[36]

5.2.2 Widerrufserklärung

Der Widerruf wird durch einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung des Verbrauchers ausgeübt. Nach § 355 Abs. 1 S. 2 muss der Widerruf keine Begründung enthalten und ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären, wobei zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung genügt.

Die Widerrufserklärung muss deutlich machen, dass der Verbraucher den Vertrag nicht mehr gelten lassen will, wobei er das Wort „widerrufen“ nicht zu verwenden braucht und den Widerruf nicht begründen muss. Ausreichend und erforderlich ist, dass der Vertrag, der widerrufen werden soll, und die Person, die den Widerruf erklärt, identifizierbar sind.[37] Der Widerruf kann zum einen in Textform i. S. d. § 126b BGB erklärt werden. Damit muss die Widerrufserklärung zur dauerhaften Widergabe in Schriftzeichen geeignet sein. In diesem Fall kann der Verbraucher also den Widerruf insbesondere hand- oder maschinenschriftlich auf Papier, per e-mail, durch Telegramm oder durch Fax erklären.[38] Zum anderen kann der Widerruf konkludent durch Rücksendung der Sache erklärt werden.

Die Widerrufserklärung wird nach § 130 Abs. 1 S. 1 BGB erst mit dem Zugang beim Unternehmer wirksam. Da zur Fristwahrung die Rechtzeitige Absendung genügt, trägt der Unternehmer das Verzögerungsrisiko, während das Verlustrisiko beim Verbraucher verbleibt. Die h. M. räumt dem Verbraucher allerdings ein Recht zu unverzüglicher fristwahrender Wiederholung ein,[39] wenn er Anhaltspunkte dafür hat, dass die Erklärung beim Unternehmer nicht angekommen ist.[40] Wenn der Verbraucher nachweisen kann, dass er die erste, verlorengegangene Widerrufserklärung innerhalb der Zwei-Wochen-Frist abgesendet hat, ist der Widderruf auch dann wirksam, wenn die zweite Widerrufserklärung dem Unternehmer nach Ablauf dieser Frist zugeht.

5.2.3 Beginn der Widerrufsfrist

Nach § 355 Abs. 2 S. 1 beginnt die Widerrufsfrist erst zu laufen, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Die Belehrung muss deutlich gestaltet sein, in Textform erfolgen, dem Verbraucher seine Rechte deutlich machen, den Namen und die Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist und einen Hinweis auf den Fristbeginn sowie die Regelung des § 355 Abs. 1 S. 2 enthalten. Diese Anforderungen werden zum Teil durch die einzelnen Verbraucherschutzvorschriften ergänzt, und zwar durch die §§ 312 Abs. 2 (bei Haustürgeschäften), 485 Abs. 2 (bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen) und 358 Abs. 5 (bei verbundenen Verträgen). Eine Musterbelehrung über das Widerrufsrecht findet sich in der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV.

Nach § 355 Abs. 2 S. 3 beginnt bei schriftlich abzuschließenden Verträgen die Frist allerdings nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher zudem eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrages zur Verfügung gestellt werden.

Außerdem finden sich in den einzelnen Verbraucherschutzvorschriften besondere Regelungen, die den Beginn der Widerrufsfrist von der Erfüllung weiterer Voraussetzungen abhängig machen. Diese Regelungen sind in den §§ 312d Abs. 2 (bei Fernabsatzverträgen), 312e Abs. 3 S. 2 (bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr) und 485 Abs. 4 (bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen) enthalten.

5.2.4 Länge der Widerrufsfrist, Erlöschen der Widerrufsrechts

Nach § 355 Abs. 1 S. 2 beträgt die Widerrufsfrist grundsätzlich einheitlich zwei Wochen. Wird die Belehrung über das Widerrufsrecht dem Verbraucher nach Vertragsschluss mitgeteilt, so beträgt die Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 S. 2 nicht zwei Wochen, sondern einen Monat. Ferner enthält § 484 Abs. 3 eine besondere Regelung über die Fristverlängerung auf einen Monat bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen. Ist der Fristbeginn streitig, so trifft die Beweislast nach § 355 Abs. 2 S. 4 den Unternehmer. Die Fristberechnung richtet sich nach den §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB.

Wird der Verbraucher zwar über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt, der Unternehmer jedoch seine zusätzlichen Pflichten nicht erfüllt, so erlischt das Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 3 S. 1 spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. Nach § 355 Abs. 3 S. 2 beginnt die Frist von sechs Monaten bei der Lieferung von Waren nicht vor dem Tag ihres Eingangs beim Empfänger. Dies gilt allerdings nur für Fernabsatzverträge, denn nur bei Fernabsatzverträgen macht eine entsprechende Ausnahmevorschrift (§ 312d Abs. 2) den Beginn der Widerrufsfrist auch vom Eingang der Waren beim Empfänger abhängig.

Wird der Verbraucher über sein Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt oder erfüllt der Unternehmer bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen seine Mitteilungspflichten gemäß § 312c Abs. 2 Nr. 1 nicht ordnungsgemäß, so erlischt das Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 3 S. 3 überhaupt nicht. Der Unternehmer hat in diesem Fall jedoch die Möglichkeit, den Verbraucher nachträglich zu belehren bzw. ihm alle erforderlichen Informationen mitzuteilen und dadurch die Monatsfrist des § 355 Abs. 2 S. 2 in Gang zu setzen, sodass er Rechtsklarheit schaffen kann.[41]

Eine besondere Regelung für das Erlöschen des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen enthält § 312d Abs. 3. Umstritten ist jedoch, ob diese Regelung auch dann greift, wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist.[42]

5.2.5 Ersetzung des Widerrufsrechts durch ein Rückgaberecht

Nach § 356 Abs. 1 S. 1 kann das Widerrufsrecht nach § 355, soweit dies ausdrücklich im Gesetz zugelassen ist, bei Vertragsschluss aufgrund eines Verkaufsprospekts im Vertrag durch ein uneingeschränktes Rückgaberecht ersetzt werden. Der wesentliche Unterschied zum Widerrufsrecht besteht darin, dass das Rückgaberecht nur durch Rücksendung der Sache oder bei Sachen, die nicht als Postpaket versandt werden können, durch Rücknahmeverlangen ausgeübt werden kann. Insofern ist das Rückgaberecht für den Unternehmer vorteilhafter.

Eine Ersetzung des Widerrufsrechts durch ein Rückgaberecht ist nur dann möglich, wenn dies ausdrücklich im Gesetz zugelassen ist. Eine solche Zulassung findet sich in den §§ 312 Abs. 1 S. 2 (bei Haustürgeschäften), 312d Abs. 1 S. 2 (bei Fernabsatzverträgen) und 503 Abs. 1 (bei Teilzahlungsgeschäften). Ferner muss der Vertragsschluss aufgrund eines Verkaufsprospekts (z. B. Katalog, Postwurfsendung) erfolgen. Nach § 356 Abs. 1 S. 2 muss der Verkaufsprospekt schließlich eine deutlich gestaltete Belehrung über das Rückgaberecht enthalten (Nr. 1), der Verbraucher muss vor Vertragsschluss den Verkaufsprospekt in Abwesenheit des Unternehmers zur Kenntnis nehmen können (Nr. 2) und das Rückgaberecht muss dem Verbraucher in Textform eingeräumt worden sein (Nr. 3). Es ist grundsätzlich nicht erforderlich, dass das Rückgaberecht dem Verbraucher in einer vom Verkaufsprospekt gesonderten Urkunde eingeräumt wird.[43] Bei Verträgen, die aufgrund eines flüchtigen Verkaufsprospekts (z. B. Internetkatalog) geschlossen werden, muss der Unternehmer jedoch die Rückgabebelehrung auf einem dauerhaften Datenträger wiederholen.[44] Eine Musterbelehrung über das Rückgaberecht findet sich in der Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV.

Die Ausübung des Rückgaberechts erfolgt nach § 356 Abs. 2 S. 1 innerhalb der Widerrufsfrist, die jedoch nicht vor Erhalt der Sache beginnt, und nur durch Rücksendung der Sache, wenn diese als Paket versandt werden kann (bis 20 kg).[45] Ist die Versendung als Paket nicht möglich (über 20 kg), kann das Widerrufsrecht nur durch Rücknahmeverlangen ausgeübt werden. Das Rücknahmeverlangen muss in Textform erfolgen und bedarf keiner Begründung.[46] Nach § 356 Abs. 2 S. 2 i. V. m. § 355 Abs. 1 S. 2 genügt zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung.

[...]


[1] vgl. Borchert (2003), S. 1.

[2] vgl. Borchert (2003), S. 7.

[3] vgl. Martinek (2005), S. 449.

[4] vgl. Martinek (2005), S. 451.

[5] vgl. Löwisch (2004), S. 724, Rn 1.

[6] vgl. Lorenz/Riehm (2002), S. 1, Rn 1.

[7] vgl. Roth (2004), S. 390, Rn 15.

[8] vgl. Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (2002), S. 347, Rn 3.

[9] vgl. Lütcke (2002), S. 23, Rn 10.

[10] vgl. Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (2002), S. 348, Rn 5.

[11] vgl. Pechstein (2005), S. 162.

[12] vgl. Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (2002), S. 349, Rn 7.

[13] vgl. Martis/Meinhof (2005), S. 24, Rn 37.

[14] vgl. Pechstein (2005), S. 163.

[15] vgl. Lütcke (2002), S. 25, Rn 16.

[16] vgl. Pechstein (2005), S. 163.

[17] vgl. Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (2002), S. 350, Rn 8.

[18] vgl. Lütcke (2002), S. 28, Rn 24.

[19] vgl. Lütcke (2002), S. 28, Rn 25.

[20] vgl. Pechstein (2005), S. 165.

[21] vgl. Roth (2004), S. 435, Rn 43.

[22] vgl. Lütcke (2002), S. 29, Rn 29.

[23] vgl. Roth (2004), S. 433, Rn 38.

[24] vgl. Pechstein (2005), S. 164.

[25] vgl. Roth (2004), S. 432, Rn 35.

[26] vgl. Roth (2004), S. 437, Rn 48.

[27] vgl. Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (2002), S. 352, Rn 11.

[28] vgl. Lütcke (2002), S. 27, Rn 21.

[29] vgl. Martinek (2005), S. 454.

[30] vgl. Emmerich (2004), S. 100.

[31] vgl. Martinek (2005), S. 455.

[32] vgl. Brox (2002), S. 87, Rn 154.

[33] vgl. Brox/Walker (2003), S. 172 Rn 19.

[34] vgl. Brox/Walker (2003), S. 173, Rn 21.

[35] vgl. Löwisch (2004), S. 724, Rn 2.

[36] vgl. Brox/Walker (2003), S. 173, Rn 22.

[37] vgl. Löwisch (2004), S. 733, Rn 25.

[38] vgl. Löwisch (2004), S. 733, Rn 25.

[39] vgl. Pechstein (2005), S. 168.

[40] vgl. Löwisch (2004), S. 732, Rn 24.

[41] vgl. Pechstein (2005), S. 169.

[42] vgl. Pechstein (2005), S. 170.

[43] vgl. Löwisch (2004), S. 758, Rn 25.

[44] vgl. Löwisch (2004), S. 759, Rn 27.

[45] vgl. Pechstein (2005), S. 171.

[46] vgl. Lütcke (2002), S. 162, Rn 108.

Ende der Leseprobe aus 67 Seiten

Details

Titel
Verbraucherschutz im BGB
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
67
Katalognummer
V66188
ISBN (eBook)
9783638584470
ISBN (Buch)
9783656809296
Dateigröße
671 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In dieser Arbeit wird auf den Verbraucherschutz im BGB einschließlich des Einführungsgesetzes sowie der Nebengesetze (UKlaG, BGB-InfoV, ProdHaftG) eingegangen. Dabei wird vom Verbraucherschutz im engeren Sinne ausgegangen, d. h. vom expliziten Schutz des Verbraucher i. S. d. § 13 BGB, wobei ihm stets ein Unternehmer i. S. d. § 14 Abs. 1 BGB gegenübersteht.
Schlagworte
Verbraucherschutz
Arbeit zitieren
Eugen Nickel (Autor:in), 2006, Verbraucherschutz im BGB, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66188

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