Frauen auf Kreuzzügen - Literaturbericht


Hausarbeit, 2006

16 Seiten, Note: 2,8


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Literaturbericht
2.1 Dernbecher
2.2 Geldsetzer
2.3 Andere

3 Resümee

4 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Frauen auf Kreuzzügen ist ein recht junger Forschungsbereich. Veröffentlichungen gibt es vermehrt seit den 1990er Jahren, wobei der Anteil der franko- und besonders der anglophonen Publikationen markant ist.[1] Die wenigen Monographien aus diesem Bereich – im Fokus zwei deutschsprachige Dissertationen – sind daher das Thema dieser Arbeit, eben weil sie in Umfang und Schwerpunkt Grundlagen darstellen, also wegweisend und wegbereitend auf nachfolgende Untersuchungen wirken und ältere Arbeiten bestätigen, relativieren oder negieren können. Dass sie sich in vielen Punkten unterscheiden – sei es in Bezug auf die verwendeten Quellen, sei es in stilistischer und sprachlicher Form, sei es in einer einzigartigen Gewichtung von Facetten und Fragestellungen – mag nicht überraschen, da dies in Hinblick auf den individuellen Arbeitsschwerpunkt des Autors unvermeidlich und natürlich ist. Differenzierte Schlüsse und Thesen bieten einen dankbaren Nährboden für Diskussionen und sind daher für einen Vergleich im Rahmen dieser Arbeit interessant. Sie veranschaulichen und verorten potenzielle Problematiken innerhalb der Thematik. Aufschlussreich sind freilich auch die Gleichheiten. Die Frage, ob die AutorInnen zu ähnlichen oder gar identischen Ergebnissen kommen, ist wichtig. Sie ermöglicht weitere Rückschlüsse und untermauert die Wahrhaftigkeit der Aussagen. Die Monographien von Dernbecher und Geldsetzer[2] werden auf ihren unterschiedlichen Charakter hin untersucht, indem jede Publikation anhand auffälliger Merkmale vorgestellt wird. Abschließend sollen in einem engen Rahmen die Unterschiede und Gemeinsamkeiten beleuchtet werden. In Anbetracht des geringen Umfangs dieser Arbeit rückt dabei der Aspekt der Motivation in den Mittelpunkt, also die Frage, warum weibliche Teilnehmerinnen zu einem Kreuzzug aufbrachen. Die Fragestellungen und Schlussbetrachtungen beider Arbeiten bilden dabei einen sinnvollen Schlusspunkt. Nicht zuletzt ermöglicht der Vergleich der Monographien – unter Berücksichtigung weiterer Fachaufsätze und Sammelwerke zu diesem Thema – einen Blick in die aktuelle Frauen- und Geschlechterforschung[3].

2 Literaturbericht

2.1 Dernbecher

Die Publikation 'Deum et virum suum diligens. Zur Rolle und Bedeutung der Frau im Umfeld der Kreuzzüge'[4] basiert auf Christine Dernbechers Dissertation, die an der Universität des Saarlandes im Wintersemester 2001/2002 angenommen worden ist. Die Autorin strukturiert ihren Text wie folgt dreierlei: Teil 1 'Vorbemerkungen', Teil 2 'Die zuhausebleibenden Frauen der Kreuzfahrer', Teil 3 'Frauen in den Kreuzfahrerheeren'. Besonders ausführlich fragt die Autorin im dritten Kapitel nach Motivation und Aufgaben der Frauen, danach ob sie gekämpft haben und beleuchtet 'Sexuelle Aspekte' und die Gefangenschaft fränkischer Frauen.

Gleich zu Beginn nennt Dernbecher zwei Gründe, warum die Kreuzzugsforschung das Thema Frauen bislang kaum behandelt habe. Zum einen versucht sie ein Desinteresse der modernen Geschichtswissenschaft mittels eines Rückgriffs auf die patriarchale Tradition des Mittelalters zu begründen, also Ereignisse aus der Vergangenheit mit jenen der Moderne zu verknüpfen, was in diesem Fall äußerst kritisch betrachtet werden muss. Vor dem Hintergrund, dass die Kreuzzüge „zum großen Teil militärische Unternehmungen [...] in dieser von Männern dominierten Welt des Krieges [...]“[5] gewesen seien, seien Frauen von den heutigen Historikern kaum wahrgenommen worden. Auch ihr Hinweis auf die heutzutage nicht selbstverständliche Zulassung von Frauen zum Wehrdienst stärkt dieses Argument keineswegs. Ausbleibendes Forschungsinteresse des 20. und 21. Jahrhunderts mit der Mentalität respektive der Gesellschaftsstruktur des Mittelalters zu belegen ist meines Erachtens äußerst fragwürdig.[6] Treffender ist dagegen ihre Feststellung, dass die Grundproblematik in den mittelalterlichen Quellen selbst begründet liege, die Frauen als eine „Randerscheinung, etwas Nebensächliches“[7] kaum erwähnen. Ob die Historiographie der Kreuzzüge darüberhinaus einem „misogynen Frauenbild verhaftet“[8] sei, wie Dernbecher es ausdrückt, bedarf einer textkritischen Überprüfung und sei hiermit in Frage gestellt. Es fehlt, trotz Bezugnahme auf Bumke und Brundage, ein eindeutiger Nachweis.

Die Motivationen von Frauen fasst die Autorin in Teil 3.I zusammen. Das Kapitel beginnt zunächst mit einem historischen Abriss der Geschehnisse seit der Rede Urbans II. in Clermont, nennt dann verschiedene Beweggründe von Frauen im Allgemeinen und konzentriert sich abschließend ganz auf Eleonore von Aquitanien, um dann in einem knappen Absatz über Margarethe von der Provence zu enden. Dernbecher zählt folgende Gründe auf, die Frauen dazu bewogen, an einem Kreuzzug teilzunehmen[9]:

- „Migrationsabsicht“[10] des Ehemannes;
- Religiosität, dabei Hoffnung auf Sündenerlass, Bekehrungswunsch;
- Verbesserung der Lebenssituation;
- „Hysterie“[11] ;
- Liebe, Abenteuerlust, Neugierde, „Freiheitsdrang“[12] ;
- Suche nach einem verschollenen Ehemann;
- Verdienstmöglichkeiten, z. B. als Prostituierte.

Einige dieser Punkte stehen ohne überzeugenden Quellennachweis (bspw. die Religiosität, die trotzdem als wichtiger Motivationsgrund „für die Menschen im Mittelalter“[13] betont wird). Nicht alle sind exklusiv weibliche Motivationen, wie die Autorin resümiert.[14]

Die eigentliche Problematik dieses Kapitels, das hier exemplarisch vorsteht, liegt aber im Sprachduktus der Verfasserin begründet. Dernbecher formuliert in Teilen im Spektrum von spekulativ bis hin zu wertend: „Dieses bunte und disziplinlose Volksgemisch [...]“ (S. 54); „Der Papst dürfte kaum gewollt haben, daß [sic] so viele Frauen an diesem Abenteuer teilnahmen.“ (S. 55); „[...] hatte er sich gründlich getäuscht.“ (S. 57); „Andererseits gab es wohl auch Frauen [...]“ (S. 57); „[...] da von Liebe zu Ludwig offenbar nicht viel zu spüren war.“ (S. 60); „[...] die gebildete und lebenslustige Eleonore, die eher stolz und selbstbewußt [sic] [...] war“ (S. 65). Zwar kritisiert Dernbecher die Aussagen Pernouds über Eleonore von Aquitanien, verfällt aber teilweise in eine ähnlich populärwissenschaftliche Sprache.

Das Resümee der Arbeit bietet weder Bilanz noch Ausblick, sondern fasst die Ergebnisse zusammen. Das Bild, das dabei gezeichnet wird, ist vielfältig: Die Beweggründe der Kreuzzugsteilnehmerinnen seien eschatologischer, sozio-ökonomischer, privat-familiärer oder traditioneller Natur, abschließend der Hinweis: „Man darf unsere heutigen emanzipatorischen Vorstellungen nicht auf das Mittelalter übertragen.“[15]

2.2 Geldsetzer

Die Publikation 'Frauen auf Kreuzzügen. 1096-1291' von Sabine Geldsetzer basiert auf ihrer Dissertation 'Frauen auf den Nahostkreuzzügen des 11. bis 13. Jahrhunderts im Spiegel zeitgenössischer Quellen', angenommen an der Ruhr-Universität Bochum im Sommer 2003, und ist für die Veröffentlichung bearbeitet und gekürzt worden. Die Autorin stellt jedem Kapitel offenbar bewusst eine einfache Frage vor, was Kaufhold dazu veranlasst haben dürfte, von einem „Rechenschaftsbericht“[16] zu sprechen, der linear und puristisch und dadurch wenig innovativ wirke. Der Vorteil einer satzbaulich simplen Frage liegt aber auf der Hand. Zum einen ist das Buch als Veröffentlichung der WBG für ein breites Publikum ausgelegt und dementsprechend angepasst worden. Es ist keineswegs widersinnig, auf eine einfache Frage eine einfache Antwort zu erwarten, das spricht den Leser an und motiviert ihn. Zum anderen verdeutlicht das Einsetzen von Fragen den teils spekulativen – oder besser: ungenauen – Charakter der Quellentexte, weil der Historiker zumindest wissen sollte, dass die Frage „Warum gingen Frauen auf Kreuzzüge?“ nicht vollendet erläutert werden kann und daher mehr fordernd und antreibend für sich steht denn als Frage, die erschöpfend zu beantworten wäre. Inhaltlich arbeitet die Autorin Punkt für Punkt ab und bietet ein Stück systematischer Grundlagen-Forschung an: von der Frage „Wer ist eine Kreuzzugsteilnehmerin?“ zu „Wie lebten Frauen auf Kreuzzügen?“ hin zu der nur scheinbar naiven und eindimensionalen Überlegung „Was taten Frauen auf Kreuzzügen?“. Lundt lobt, die Autorin schließe eine Forschungslücke und habe sehr detailreich gearbeitet[17], Nève sieht die Publikation als systematische Studie, die das zugrundeliegende Material zu einseitig beleuchte[18], Richard dagegen vermisst die Frage danach, welche Rolle es spielte, wenn die Frau in heimischen Gefilden zurückgelassen worden sei[19] – eine meines Erachtens zu anspruchsvolle Forderung in Hinblick auf Umfang und Schwerpunkt dieser Arbeit.

[...]


[1] Zahlreiche Nachweise bei Christoph T. Maier, The roles of women in the crusade movement: a survey, JMH 30 (2004), S. 61-82; Anm. 12 bei Dernbecher 2003; Anm. 10 bei Geldsetzer 2003.

[2] Christine Dernbecher, Deum et virum suum diligens. Zur Rolle und Bedeutung der Frau im Umfeld der Kreuzzüge, St. Ingbert 2003 (=Diss. Saarbrücken 2001/2002); Sabine Geldsetzer, Frauen auf Kreuzzügen 1096 – 1291, Darmstadt 2003 (=Diss. Bochum 2003).

[3] Jüngste Veröffentlichungen Helen M. Jewell, Women in late Medieval and Reformation Europe 1200-1550, New York 2007; Margaret Schaus (Hg.), Women and gender in Medieval Europe. An encyclopedia, London 2006; Edeltraud Klueting (Hg.), Fromme Frauen - unbequeme Frauen? Weibliches Religiosentum im Mittelalter, Hildesheim 2006. Grundlegend immer noch Edith Ennen, Frauen im Mittelalter, München 1984. Siehe auch Bea Lundt (Hg.), Auf der Suche nach der Frau im Mittelalter. Fragen, Quellen, Antworten, München 1991. Ein Überblick bei Hedwig Röckelein, Historische Frauenforschung. Ein Literaturbericht zur Geschichte des Mittelalters, HZ 255 (1992), S. 377-409.

[4] Übersetzung: Gott und ihren Mann liebend/achtend. Angemerkt sei, dass trotz Recherche und anschließender Nachfrage beim Verlag m. W. noch keine Rezensionen dieses Buch vorliegen.

[5] Dernbecher 2003 S. 10.

[6] Auch andernorts findet diese These keine Erwähnung und kann möglicherweise als eine Fehlformulierung seitens der Verfasserin negiert werden.; „[...] kein Quellenproblem, sondern eine Folge ideologischer Vorurteile und politischer Interessen der Historiker [...]; Andrea Griesebner, Geschlecht als soziale und als analytische Kategorie. Debatten der letzten drei Jahrzehnte, in: Johanna Gehmacher/Maria Mesner (Hgg.), Frauen- und Geschlechtergeschichte. Positionen/Perspektiven, Innsbruck 2004, S. 37-52, hier 48.

[7] Dernbecher 2003 S. 10f.

[8] Ebenda S. 11.

[9] Ebenda S. 56-66.

[10] Ebenda S. 56.

[11] Ebenda S. 57.

[12] Ebenda S. 59.

[13] Dernbecher 2003 S. 57.

[14] „So werden die Motive, die Frauen veranlaßten [sic], ins Heilige Land zu ziehen, nicht selten denen der Kreuzfahrer ähnlich gewesen sein.“; Ebenda S. 66.

[15] Dernbecher 2003 S. 152.

[16] Vgl. Martin Kaufhold, Rezension zu: Geldsetzer 2004, VSWG 91 (2004) 4, S. 535.

[17] Vgl. Bea Lundt, Rezension zu: Geldsetzer 2004, HPB 53 (2005) 4, S. 358f.

[18] Vgl. Michael de Nève, Rezension zu: Geldsetzer 2004, Edgington/Lambert (Hgg.) 2002, ZfG 54 (2006) 7-8, S. 714f.

[19] Vgl. Jean Richard, Rezension zu: Geldsetzer 2004, LMA 111 (2005), S. 147f.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Frauen auf Kreuzzügen - Literaturbericht
Hochschule
Universität Osnabrück
Veranstaltung
Die Kreuzzüge. Konfrontation und Austausch
Note
2,8
Autor
Jahr
2006
Seiten
16
Katalognummer
V70255
ISBN (eBook)
9783638625050
ISBN (Buch)
9783640679584
Dateigröße
429 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Frauen auf Kreuzzügen ist ein recht junger Forschungsbereich. Die wenigen Monographien aus diesem Bereich - im Fokus zwei deutschsprachige Dissertationen, daneben englisch- und französischsprachige Publikationen - sind daher Thema dieser Arbeit. Der Aspekt der Motivation rückt dabei in den Mittelpunkt, also die Frage, warum weibliche Teilnehmerinnen zu einem Kreuzzug aufbrachen.
Schlagworte
Frauen, Kreuzzügen, Literaturbericht, Kreuzzüge, Konfrontation, Austausch
Arbeit zitieren
Kristine Greßhöner (Autor:in), 2006, Frauen auf Kreuzzügen - Literaturbericht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70255

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