Zu: Wilhelm Maria Hubertus Leibl - „Das ungleiche Paar" (1875)


Hausarbeit, 2001

12 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitende Worte

II. „Das ungleiche Paar“
1. Analyse von Bildaufbau und -inhalt
2. Zur Bedeutung des Bauernsujets und der Gegenüberstellung von jung und alt
3. Bedeutung und Kritik eines französischen Phänomens - Der Realismus

III. Schlußbetrachtung

„...dem größten Malergenius seit der Renaissance“

(Max Liebermann über Wilhelm Leibl 1929)

I. Einleitende Worte

Das auf Leinwand gemalte, hochformatige Ölgemälde „Das ungleiche Paar“ (auch „Dachauerbauern-Ehepaar“ genannt) wurde von Wilhelm Maria Hubertus Leibl 1875 in Unterschondorf am Ammersee im Gasthaus Steininger gemalt und zeigt den Bildauschnitt eines bayrisches Bauernpaares unterschiedlichen Alters vereinigt auf einer engen Stubenbank. Das Bild hat die Maße und befindet sich seit im Besitz des Städelschen Kunstinstituts.

Leibls Malweise entwickelte sich von der Akademiemalerei mit detailgetreuer Abbildung antiker Vorbilder zu den beiden Hauptströmungen, an denen sich seine Malerei zeitlebens orientierte – der Leichtigkeit der Pinselzüge, wie man sie bei den Impressionisten vorfindet (möglicher Einfluß Eduoard Manets [1832-1883]) und der Temperatechnik mit dicht geschlossener Oberfläche und strenger Plastizität, wie sie die der handwerkliche Eigenart der altdeutschen Meister (Hans Holbein d. J. [1497-1543]) kennzeichnete. Nachvollziehbar sind diese gegensätzlichen Stile zeitlebens in seinen Gegenüberstellungen von jungen Figuren, deren Gestaltung des Gesichts in zarter und impressionistisch-verwischter Darstellung, und alten Personen, deren Falten plastisch herausgearbeitet sind, so auch anhand des Gemäldes „Das ungleiche Paar“ (Abb. 1) von 1875.

II. „Das ungleiche Paar“

1. Analyse von Bildaufbau und -inhalt

Das hochformatige und fast quadratische Bild Leibls zeigt zwei, die Bildfläche einnehmende und eng beieinander sitzende Personen, einen alten Mann und ein junges Mädchen. Beide sind dem Betrachter nach links zugewandt und sitzen auf einer hölzernen Stubenbank. Das Mädchen ist in Dreiviertelansicht gegeben, während der Greis hinter der Frau in Frontalansicht gegeben ist. Die Komposition weist einen knappen, nahgerückten Bildausschnitt auf: der rechte Arm des Greises wird vom Bildrand geschnitten, nur eine kleine Raumecke mit einer Fensternische am linken Bildrand ist für den Betrachter sichtbar. Die geschlossenen und geschnittenen Fensterläden verstärken den Eindruck dieser intimem Atmosphäre. Besitzergreifend hat der Bauer seinen linken Arm um das Mädchen gelegt und selbstgefällig die andere Hand auf die Knie gestemmt. Dieser rechte Arm und die dem Mädchen zugewandte Körperhaltung, welches selbst mit ihren linken Arm auf der Lehne in bildparalleler Manier den Betrachter auf Abstand hält, symbolisiert eine innere Geschlossenheit der gesamten Komposition und private Intimität des ungleichen Paares. Der goldene Ehering hebt sich im Sinne ehelicher Zusammengehörigkeit deutlich vom hellen Inkarnat des Armes ab.

Das Paar scheint sich in einem unterschiedlichen Gemütszustand zu befinden: der lachende Greis und das zurückhaltende Mädchen, welches den Beobachter fragend und ein wenig trotzig ins Gesicht blickt. Dennoch werden diese unterschiedlichen Charaktere, die einander nicht anblicken oder durch zärtliche Gebärde als Verliebte zu erkennen sind, durch Situation und Raum zum Paar. Besonders die junge Frau scheint dieser Verbindung eher reserviert gegenüber zu stehen, anstatt ihren Geliebten eine vertraute Geste zu signalisieren hat sie beide Arme an den Körper gelegt, eine Abwehrhaltung signalisierend. Dem Partner an ihrer nicht der kirchlichen Tradition entsprechenden, rechten Seite scheint sie nicht seelisch zu bedürfen, er tritt wörtlich wie bildlich in ihren Hintergrund.

Es handelt sich um den Fischer Lenz und die Stieftochter des Steiningerwirts Therese Bauer, der Geliebten Leibls, welches anhand eines Vergleichs mit einem weiteren Porträts „Bildnis der Therese Bauer“ (Abb.) von 1875/77 beweisen läßt[1]. Der in festlicher Bayerntracht gekleideten Frau ist eine innere Anspannung anzumerken, obwohl sie nach außen bemüht ist diese zu verdecken. Unaufmerksam hält sie das Bierglas in ihrer Rechten so schräg, daß die Flüssigkeit bis an den Glasrand schwappt. Der gerundete Leib gibt weitere Rätsel auf. An das Bildnis der „Arnolfini-Hochzeit“ (Abb. 2) von Jan van Eyck erinnernd, stellt sich gerade auch bezüglich des Altersunterschieds die Frage nach einer Schwangerschaft und der arrangierten, wenn nicht sogar bezüglich der Plazierung der Beiden, der morganatischen Ehe. Eine Verbindung zu Leibls persönlicher Situation, er bekam im folgenden Sommer 1776 mit der dargestellten Therese Bauer einen Sohn, ist anzunehmen.

[...]


[1] Boris Röhrl, Wilhelm Leibl, Hildesheim 1994, S. 142 f.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Zu: Wilhelm Maria Hubertus Leibl - „Das ungleiche Paar" (1875)
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Kunstgesch. Institut)
Veranstaltung
Deutsche Malerei im 19. Jhd.
Note
1
Autor
Jahr
2001
Seiten
12
Katalognummer
V75483
ISBN (eBook)
9783638800280
ISBN (Buch)
9783638803069
Dateigröße
412 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das auf Leinwand gemalte, hochformatige Ölgemälde „Das ungleiche Paar“ wurde von Wilhelm Maria Hubertus Leibl 1875 in Unterschondorf gemalt und zeigt ein bayrisches Bauernpaar unterschiedlichen Alters. Leibls Malweise entwickelte sich von der Akademiemalerei mit detailgetreuer Abbildung antiker Vorbilder zu den beiden Hauptströmungen, an denen sich seine Malerei zeitlebens orientierte - der Leichtigkeit der Impressionisten und der Temperatechnik mit dicht geschlossener Oberfläche und strenger Plastizität der altdeutschen Meister.
Schlagworte
Wilhelm, Maria, Hubertus, Leibl, Paar, Deutsche, Malerei
Arbeit zitieren
M.A. Martina Merten (Autor:in), 2001, Zu: Wilhelm Maria Hubertus Leibl - „Das ungleiche Paar" (1875), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75483

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