Die Ehegesetzgebung des Augustus


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

27 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Inhalte und Bedeutung der Gesetze
2.1 Die lex Iulia de maritandis ordinibus und die lex Papia Poppaea
2.2 Die lex Iulia de adulteriis coercendis

3. Motive für die Gesetzgebung

4. Gesellschaftliche Bedeutung und Auswirkungen der Gesetze
4.1 Opposition und Proteste
4.2 Ehebruchverfolgung im Umfeld des Prinzeps: Iulia und Iulia minor

5. Erfolg oder Misserfolg der augusteischen Ehegesetze?

6. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„I for my part praise you the more, and am heartily grateful to you because you have shown yourselves obedient and are helping to replenish the fatherland. For it is by lives so conducted that the Romans of later days will become a mighty multitude. We were at first a mere handful, you know, but when we had recourse to marriage and begot us children, we came to surpass all mankind not only in the manliness of our citizens but in the size of our population as well.“[1]

Mit diesen Worten lässt Cassius Dio Augustus in einer Rede 9 n. Chr. vor einer Gruppe von ‚equites‘ den anwesenden Ehemännern und Vätern sein Lob aussprechen. Gleichzeitig wird hier 27 Jahre nach Erlass der ersten Ehegesetze die Kritik an den immer noch zahlreichen Unverheirateten laut. Diese Gesetze waren 18 v. Chr. die lex Iulia de maritandis ordinibus (julisches Gesetz über die Eheordnung) und die lex Iulia de adulteriis coercendis (julisches Gesetz zur Eindämmung des Ehebruchs). Komplettiert wurde die augusteische Ehe- und Moralgesetzgebung 9 n. Chr. durch die lex Papia Poppaea, die ihren Namen von den beiden einbringenden Konsuln M. Papius Mutilus und Q. Poppaeus Secundus hat und die die lex Iulia de maritandis ordinibus modifizierte und ergänzte.

Die Zeitspanne von fast 30 Jahren zwischen den Gesetzen weist auf die Bedeutung hin, die Augustus ihnen beimaß, wenn er die Thematik so lange nach den ersten Gesetzen wieder aufgriff. Tatsächlich wird der Ehe- und Moralgesetzgebung auch in der Forschung eine große Bedeutung beigemessen. So wird sie z.T. als „one of the most significant aspects of [Augustus‘] principate“[2] angesehen und es wird u.a. konstatiert, dass „kaum ein antikes Gesetzgebungswerk in unserer Überlieferung ein so starkes Echo gefunden [hat], wie gerade die Ehegesetze des Augustus.“[3]

Der hohe Stellenwert der ‚leges’ zeigt sich auch in ihrer Behandlung und Bewertung in biographischen Werken zu Augustus. Sie werden dort im Vergleich recht umfangreich behandelt und als bedeutend für die augusteische Zeit gewertet. Insbesondere sei hier auf die Arbeiten von Jochen Bleicken und Dietmar Kienast hingewiesen.[4]

Bei der Beschäftigung mit der augusteischen Ehe- und Ehebruchgesetzgebung ergibt sich das Problem, dass die Texte der einzelnen Gesetze leider nicht überliefert sind. Zwar lässt sich aufgrund späterer Rechtskommentare und anderer Erwähnungen in den Quellen auf den Inhalt des Gesamtwerkes schließen, doch bereitet es insbesondere Probleme, den beiden Ehegesetzen von 18 v. Chr. und 9 n. Chr. einzelne Bestimmungen konkret zuzuordnen. Erschwert wird dies zusätzlich dadurch, dass meist auch keine Unterscheidung vorgenommen wurde, sondern allgemein von der lex Iulia et Papia als Gesamtehegesetz gesprochen wird.[5]

Trotz dieser Schwierigkeiten herrscht über die Inhalte der Gesetze relative Einigkeit in der Forschung. Sowohl im älteren Beitrag von Hugh Last in der Cambridge Ancient History, wie auch in neueren Aufsätzen und Werken finden sich die den Gesetzen zugeordneten Einzelbestimmungen übersichtlich dargestellt. Von den neueren Beiträgen seien hier nur die Aufsätze von Dieter Nörr und Peter Brunt erwähnt, die die Inhalte auf knappem Raum zusammenfassen. Ergiebiger für eine nähere Auseinandersetzung mit den Inhalten ist die Arbeit von Angelika Mette-Dittmann, die die rechtlichen Regelungen detailliert aufführt und vielfach kommentiert. Auch für die weitere Beschäftigung mit den Ehegesetzen ist Mette-Dittmann sicherlich die ergiebigste der neueren Arbeiten.[6]

Während sich zum inhaltlichen Aspekt kaum Abweichungen in den Betrachtungen finden lassen, gibt es doch deutliche Unterschiede in der Bewertung der Zielsetzung der Gesetze. Insbesondere eine demographische Absicht der Regelungen findet einerseits Zuspruch, bei anderen Autoren dagegen heftige Ablehnung. Während z.B. Nörr, Brunt und Csillag für die späte römische Republik einen Bevölkerungsrückgang konstatieren und die ‚leges’ als hierauf gezielt sehen, um ein Bevölkerungswachstum zu erreichen, stellen Rudolf Fehrle, Galinsky und Mette-Dittmann fest, dass ein Bevölkerungsproblem eher fraglich ist. Sie sehen mit Recht die Zielsetzung der augusteischen Legislation in der Festigung von Moral und Nachkommenschaft der römischen Oberschicht, um das für die Verwaltung des Imperium Romanum nötige Personal zu sichern.[7]

Ich werde nun die für diesen Aspekt wesentlichen Inhalte der Gesetze vorstellen, wobei zunächst die beiden Ehegesetze und dann das Ehebruchgesetz zu betrachten sein werden. Im Anschluss daran soll der Frage nachgegangen werden, warum Augustus eine derartige Legislation initiierte und was mit ihr bezweckt werden sollte. Hier wird es nötig sein, auf Sittenverfall und die Situation der römischen Oberschicht einzugehen. Im folgenden Abschnitt werde ich mich dann mit den Auswirkungen der Gesetzgebung befassen und ihre gesellschaftliche Bedeutung untersuchen. Hierzu wird es auch eine Betrachtung der Gesetzesanwendung im Umfeld des Prinzeps erfolgen, da die bekanntesten „Opfer“ der ‚leges’ Augustus Tochter Iulia und seine Enkelin Iulia minor sind. Schließlich soll im Fazit wenigstens skizzenhaft der Erfolg oder Misserfolg des Gesetzgebungswerkes behandelt werden und als Abschluss der Arbeit dienen.

2. Inhalte und Bedeutung der Gesetze

2.1 Die lex Iulia de maritandis ordinibus und die lex Papia Poppaea

Aufgrund der gleichen Ausrichtung dieser beiden Gesetze und der bereits erwähnten Probleme bei der exakten Zuordnung einzelner Regelungen werde ich die ‚leges’ gemeinsam vorstellen und an den jeweiligen Stellen die bekannten Änderungen der lex Papia Poppaea gesondert erwähnen.

Die beiden Ehegesetze lassen sich in drei Bereiche gliedern, in denen die Regelungen auf bestimmte Grundabsichten zielen:

i. die Festlegung einer Eheschließungspflicht und die Beseitigung von möglichen Ehehindernissen, um Eheschließungen zu ermöglichen;
ii. Einschränkungen und Verbote betreffend die Wahl des Ehepartners;
iii. die Schaffung eines Systems von Privilegien und Strafen zur Förderung der Geburt legitimer Nachkommen.[8]

Zuerst legten die Ehegesetze für alle römischen Bürger eine Ehepflicht fest, die für männliche Bürger zwischen 25 und 60 Jahren und für Bürgerinnen zwischen 20 und 50 Jahren galt. Jeder, der sich innerhalb dieser Altersgrenzen befand, hatte demnach verheiratet zu sein. Dies bedeutete auch, dass eine Wiederheirat verpflichtend war, sollte eine Ehe durch Scheidung oder den Tod eines Partners beendet worden sein und die Altersgrenze von 50 bzw. 60 Jahren noch nicht erreicht worden sein. Hierfür gab die lex Iulia auch genaue zeitliche Vorgaben, bis wann eine Wiedervermählung zu erfolgen hatte: nach einer Scheidung blieben den Geschiedenen sechs Monate, nach dem Tod des Ehepartners hatte die Witwe oder der Witwer nach spätestens einem Jahr wieder zu heiraten.. Die lex Papia dehnte diese Fristen dann allerdings auf ein Jahr nach Scheidung und 2 Jahre für den Todesfall aus. Bürger, die ihrer Verpflichtung nicht nachkamen, trafen deutliche Sanktionen. So verloren Unverheiratete das Erbrecht außerhalb der eigenen Familie, d.h. sie konnten kein Erbe mehr antreten, das ihnen nicht von ihren nächsten Angehörigen vermacht worden war. Mit den Bestimmungen der lex Papia Poppaea erhielten Unverheiratete allerdings eine Frist von 100 Tagen, in denen sie durch Heirat solch ein Erbe dennoch erhalten konnten. Heirateten sie aber auch innerhalb dieser Frist nicht, so wurde das Erbe für das ‚aerarium‘ eingezogen.[9]

Zu diesen erbrechtlichen Sanktionen kam die Benachteiligung von Unverheirateten bei der Wahl zu Ämtern und bei der Provinzvergabe nach dem Konsulat. Hier wurde nun nicht mehr nach Alter des Kandidaten bzw. des Konsuls entschieden, sondern das Senioritätsprinzip durch die Bevorzugung von Verheirateten vor Unverheirateten ersetzt. Schließlich wurden Verheirateten im Theater oder Circus besondere Sitzplätze zugewiesen und Ledigen z.T. sogar der Besuch von bestimmten Spielen und öffentlichen Festen verboten. Allerdings scheint dieses letzte Verbot bald wieder aufgehoben worden zu sein.[10] Von der Existenz eines solchen sicher sehr einschneidenden Verbotes wissen wir durch die Erwähnung zeitweiser Lockerungen z.B. für das Jahr 12 v. Chr. bei Cassius Dio: „For this action and others the senators honoured [Augustus] with statues […], and also by giving bachelors and spinisters the right to behold spectacles and to attend banquets along with other people on his birthday; for neither of these things had been permitted previously.“[11]

Die ‚leges’ versuchten zusätzlich, mögliche Ehehindernisse zu beseitigen. So war nun ein Eheschluss auch dann möglich, wenn der ‚pater familias‘ seine Zustimmung zur Heirat ohne rechtskräftige Gründe verweigerte. In diesem Fall war jetzt ein Magistrat befugt, die väterliche Einwilligung zu ersetzen und den ‚consensus patri‘ zu erteilen. Hinzu kam auch das Verbot von testamentarischen Wiederheiratsverboten, die Ehemännern ihren Frauen durch den letzten Willen erteilten. Solche Verfügungen galten nun als unrechtmäßig. Neben der Aufhebung dieses möglichen Hindernisses wurde durch zusätzliche Schutzbestimmungen die Mitgift der Frau vor dem Zugriff und der Veräußerung durch den Ehemann gesichert. Auf diese Weise gewährleisteten die Gesetze, dass nach einer gescheiterten Ehe eine neue Vermählung der Frau möglich war, da hierfür die ‚dos‘ eine nicht unerhebliche Rolle spielte.[12]

[...]


[1] Dio 56, 2, 1f.

[2] Galinsky, Karl: Augustus‘ Legislation on Morals and Marrige, in Philologus 125 (1981), S. 126.

[3] Nörr, Dieter: Planung in der Antike. Über die Ehegesetze des Augustus, in: Horst Baier (Hg.): Freiheit und Sachzwang. Beiträge zu Ehren Helmut Schelskys, Opladen 1977, S. 318.

[4] Vgl. Bleicken, Jochen: Augustus. Eine Biographie, 3. Aufl., Berlin 1999, S. 484-494 und Kienast, Dietmar: Augustus. Prinzeps und Monarch, 2. Aufl., Darmstadt 1992, S. 98f. und 137-139.

[5] Zur Überlieferung, den Zuweisungsproblemen und der daraus resultierenden Vermischung und zur Datierung der Gesetze siehe: Mette-Dittmann, Angelika: Die Ehegesetze des Augustus. Eine Untersuchung im Rahmen der Gesellschaftspolitik des Prinzeps, Stuttgart 1991, (Historia Einzelschriften 67), S. 15f.; Csillag, Pál: Das Eherecht des Augusteischen Zeitalters, in: Klio 50 (1968), S. 113, 115 und 138; Radista, Leo F.: Augustus‘ Legislation Concerning Marriage, Procreation, Love Affairs and Adultery, in: ANRW II.13 (1980), S. 320 und Nörr, Planung in der Antike, S. 311.

[6] Last, Hugh: The Social Policy of Augustus, in: Cambridge Ancient History 10 (1934), 425-464. Die Regelungen der ‘leges’ sind hier von S. 443-456 dargestellt. Nörr, Planung in der Antike, S. 311-313 gibt die Bestimmungen in kurzen Stichpunkten wieder, ähnlich auch Brunt, Peter A.: Italian Manpower 225 B.C. – A.D. 14, Oxford 1971, S 562-565. Die detailiertere Darstellung findet sich bei Mette-Dittmann, Ehegesetze des Augustus, S. 39-75 für die lex Iulia de adulteriis coercendis und ebenda, S. 131-165 für die lex Iulia de maritandis ordinibus und die lex Papia Poppaea.

[7] Vgl. Nörr, Planung in der Antike, S. 310; Brunt, Italian Manpower, S. 565, Csillag, Eherecht des Augusteischen Zeitalters, S. 114; Fehrle, Rudolf: Augusteische Ehegesetze – Bevölkerungspolitik in der Antike, in: Journal für Geschichte 1984:1, S. 21; Galinsky, Augustus‘ Legislation, S. 127 und 129f. und Mette Dittmann, Ehegesetze des Augustus, S. 26f.

[8] Vgl. hierzu Last, Social Policy of Augustus, S. 448 und Mette-Dittmann, Ehegesetze des Augustus, S. 131.

[9] Vgl. Mette-Dittmann, Ehegesetze des Augustus, S. 131. Zur Änderung durch die lex Papia Poppaea siehe ebenda, S. 163f.

[10] Vgl. ebenda, S. 147 und 149; Nörr, Planung in der Antike, S. 312 und Kienast, Augustus, S. 139.

[11] Dio 54, 30, 5.

[12] Vgl. Mette-Dittmann, Ehegesetze des Augustus, S. 133 und 138.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Die Ehegesetzgebung des Augustus
Hochschule
Universität Kassel  (FB 05 Geschichte)
Veranstaltung
Senatorische Familien in der frühen Prinzipatszeit
Note
1
Autor
Jahr
2000
Seiten
27
Katalognummer
V8321
ISBN (eBook)
9783638153140
ISBN (Buch)
9783656059813
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ehegesetzgebung, Augustus, Senatorische, Familien, Prinzipatszeit
Arbeit zitieren
Ralf Käcks (Autor:in), 2000, Die Ehegesetzgebung des Augustus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8321

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