Jugendliche als Gewalttäter

Klärung der Ursachen von Gewalt und ihre Prävention


Hausarbeit, 2007

35 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


1 Inhaltsverzeichnis

2 Einleitung

3 Definitionen
3.1 Gewalt
3.2 Aggression

4 Ursachen von Gewalt
4.1 Übergreifende Ursachen
4.2 Ursachen in Familie
4.3 Ursachen in Freizeit
4.4 Ursachen in Schule
4.5 Erklärungsansätze zur Entstehung von Gewalt
Desintegrations-Verunsicherungs-Erklärungsansatz
Dominanztheorie
4.6 Prozessverlauf von Gewalt

5 Prävention
5.1 Allgemeine Prävention
5.2 Prävention in Familie
5.3 Prävention in Schule
5.4 Prävention in Institutionen / Pädagogische Konzepte
5.4.1 Konfrontativ
5.4.2 Mediativ
5.4.3 erlebnispädagogisch
5.4.4 Szenisches Spiel

6 Warum gerade die Jungen?

7 Schlussbemerkungen
Anhang I
Anhang II
Anhang III

8 Quellenverzeichnis
8.1 Bücher:
8.2 Internet:
8.3 Andere

2 Einleitung

In dieser Hausarbeit wird das Thema der Gewalt unter Jugendlichen behandelt. Außerdem wird versucht die Gründe, warum meist männliche Jugendliche gewalttätig werden, zu klären.

Die Verbindung zur Pädagogik besteht darin, dass man sich in diesem Seminar viel mit den Erziehungsstilen, die im Laufe der Jahre entwickelt wurden (z.B. Fröbel, Pestalozzi) beschäftigt. Außerdem sind die Rechte der Kindern ein Thema. Wenn nun genau diese Kindern gewalttätig werden, stellt sich die Frage woran das liegt. Haben die vorhandenen pädagogischen Konzepte versagt, müssen alte überarbeitet oder gar neue überlegt werden? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, ist es wichtig sich mit den Ursachen der Gewaltanwendung zu befassen. Diese Arbeit gibt einen Überblick über verschiedene Versuche diese Ursachen zu finden. Gleichzeitig befasst sie sich mit dem Ablauf der Gewalttanwendung an sich, was muss passieren, damit man Gewalt als Lösungsmittel benutzt, was geschieht während der Anwendung. Ebenso gibt diese Hausarbeit einen Überblick über verschiedene Methoden und Pädagogische Konzepte, um Gewalt vorzubeugen. In beiden Aspekten werden die verschiedenen Lebensbereichen Jugendlicher betrachtet. Nicht analysiert werden hierbei die Medien, da das den Rahmen sprengen würde. Ebenso fällt das bekannte Prinzip des Anti-Aggressions-Trainings (AAT) weg, da es zu ausführlich wäre und ein eigenes Thema ergibt.

An diese Arbeit wurde wissenschaftlich herangegangen. Sie stellt eine Zusammenfassung verschiedener Forscher dieses Themengebiets dar. Alle Autoren haben Praxiserfahrungen auf diesem Gebiet gemacht und die vorgeschlagenen Lösungen selbst erprobt.

3 Definitionen

3.1 Gewalt

„Vereinfacht gesagt, ist Gewalt jedes Mittel, das eingesetzt wird, um einem anderen Menschen den eigenen Willen aufzuzwingen oder etwas machen zu lassen, was er/ sie nicht will (Durchsetzung von Macht)“ (http://www.mut-gegen-gewalt.de/definition.htm)

Man unterteilt Gewalt in zwei Arten: die der körperlichen und die der seelischen. Von körperlicher Gewalt spricht man, wenn ein Lebewesen/Gegenstand getreten, geschlagen oder anderweitig körperlich verletzt wird. Seelische Gewalt, das heißt, jemandem Angst durch Drohung, Erpressung o.ä. zu machen. Beide Formen treten oft miteinander kombiniert auf.

Gewalt ist ein Verhalten, das darauf ausgerichtet ist die individuellen Genzen einer bestimmten Person zu überschreiten. Der Wille dieser wird durch Machtausübung gebrochen. Gewalt ist das, was die Person, der Gewalt angetan wird, als solche empfindet (vgl. Korn S.12, 2006)

3.2 Aggression

„Aggressionen (lat. aggredi=herangehen) sind die in einem Menschen innewohnenden Dispositionen und Energie.“ (vgl. Korn S.12, 2006)

Aggressionen sind Reaktionen z.B. der menschlichen Psyche auf Angriffe, Verletzungen etc., in Situationen, in denen man sich unsicher fühlt. Bauriedl definiert Aggressivität als inneren Zustand.

„Natürlich daran ist, dass wir Menschen im Zustand der Verunsicherung eine Reaktionsmöglichkeit haben, die unser psychisches Gleichgewicht wieder herstellt und uns befähigt uns – notfalls angreifend – zu verteidigen: wir werden 'aggressiv'“ (Kuhlmann S.40, 1999)

4 Ursachen von Gewalt

4.1 Übergreifende Ursachen

Ursachen für Gewalt sind vielfältig und weit gefasst. Oft treten sie in Kombination miteinander auf. In den unterschiedlichen Bewegungsräumen der Jugendlichen treten verschiedene Aspekte auf, die zu späterer Gewaltanwendung führen.

Einer, der in der Öffentlichkeit meist genannten Gründe, ist die eigene Opferrolle der Täter. Viele von ihnen haben in ihrer Entwicklungsgeschichte selbst Gewalt erlebt. Diese Erfahrungen begannen oft in der frühen Kindheit und bestanden über einen längeren Zeitraum. Dennoch kann man nicht pauschalisierend davon ausgehen, dass alle Opfer später zu Gewalttätern werden.

Bei der Argumentation für die Ursachen der Gewaltanwendung Jugendlicher vergisst die Allgemeinheit, dass es viel mehr, weit reichendere Gründe gibt.

Eine fehlende Bezugsperson kann sich ebenfalls zum Auslöser für gewalttätiges Verhalten im Jugendalter entwickeln. „Im Idealfall besteht die Familie aus 3 Personen – Mutter, Vater, Kind - einer Triangel“ (Völker S124, 2007). Fehlt eine dieser Personen, kann es passieren, dass das Kind ohnmächtig der Macht der überbliebenen Bezugsperson ausgeliefert ist. Es existiert keine Kontrolle mehr, die dafür sorgt, dass die Frustrationsaggressionen der überforderten Erziehungsperson nicht in Gewalt gegen das Kind ausarten. In der Psychologie spricht man dann von einer missratenen Triangulierung (vgl. Völker S124, 2007)

In den reicheren Gebieten des Westen Deutschlands tritt häufig die so genannte „Wohlstandsverwahrlosung“ Kuhlmann S.25, 1999) auf. Das bedeutet, dass die Jugendlichen aufgrund des Übermaßes an elektronischen Spielsachen (Nintendo, Playstation, Laptop etc.) emotional erkalten und distanziert werden. Diese Beschäftigungsmöglichkeiten stellen eine Ersatzerziehung dar. Die eigentliche Realität kann mangels Erfahrungen nicht mehr bewältigt werden. Die Fiktion wird zur Realität (vgl. Kuhlmann S.26, 1999)

Damit einher kann auch die Tatsache gehen, dass gerade in den reicheren Familien den „Kindern fast jedweder Wunsch“ (Kuhlmann S.27, 1999) von den Augen abgelesen wird, sie bekommen alles erfüllt. Dadurch können sie keine Frustrationserfahrungen machen. Sie lernen nicht wie man damit umgeht und reagieren bei späteren Frustrationen in Schule und Freizeit mit den primitivsten Mitteln.

Viele der konservativeren Bürger kritisieren die Alt-68er und ihre angebliche antiautoritäre Erziehung. Dass damit der „Laissez-Fair-Stil“ (Kuhlmann S.28, 1999) gemeint ist, wird übersehen. Dieser Erziehungsstil funktioniert nach dem Lustprinzip. Als Erziehender handelt man nur, wenn man Lust dazu verspürt und gleichzeitig handelt man nur so, dass das Kind keine Unlusterfahrungen machen muss. Somit kann man auch bei dieser Methode keine Erfahrungen mit Frustrationen machen. Das Kind baut keine Frustrationstoleranz auf und reagiert später bei dem kleinsten Ärgernis mit hoher Reizbarkeit.

Da in der BRD an allen Punkten gekürzt und gespart wird, und das meist im sozialen Bereich anfängt, gibt es kaum noch Beschäftgungsangebote und –möglichkeiten für Kinder und Jugendliche. Dadurch kommt es dazu, dass viele früher oder später anfangen sich zu langweilen. Es gilt lieber etwas Negatives zu erleben, als überhaupt nichts (vgl. Kuhlmann S.33, 1999). So entsteht für sie wenigstens für einen kurzen Augenblick eine „positive Erlebnisqualität“ (Kuhlmann S.33, 1999)

Auch die in den Menschen innewohnenden Feindbilder sorgen für Gewaltanwendungen. Sie dienen dazu, die eigene Unsicherheit oder Schuld auf andere zu übertragen, einen ,Sündenbock' zu finden, um umgehen zu können, sich mit sich selbst beschäftigen zu müssen. Die dadurch entstandene Bösartigkeit des Gegenübers ersetzt die Spiegelung der eigenen Person.

Wird Kindern während ihres Aufwachsprozesses signalisiert sie seien egal, nichts wert, unwichtig etc., verinnerlichen sie dieses und entwickeln kein positives Bild von sich selbst. Es entsteht das „negative Selbstkonzept“ (Kuhlmann S.46, 1999). Sieht man sich selbst nicht als wichtig an, empfindet man auch keinen Respekt vor sich selbst. Demnach fällt es auch schwer in anderen Positives anzunehmen. Der Gegenüber ist dann ebenso nichts wert und egal, es macht also nichts aus auf ihn Gewalt anzuwenden.

„Schläger und Körperverletzer sind fast immer Menschen, die in ihrer Kindheit und Jugend sehr viele Zurückweisungen, Demütigungen und Kränkungen erfahren haben.“ (Heilemann S.17, 2001).

Oft wurde gerade Scheidungskinder während des Aufwachsprozesses die Geborgenheit der Familie und die Illusion selbst grandios zu sein entzogen.

Daraus entwickelten sich eine mangelhafte Selbstkontrolle und eine geringe Einsatzbereitschaft für gemeinsame Ziele, sowie Kontaktängste. Kinder mit solchen Erfahrungen zeigen ein sozial unsicheres Verhalten.

Es gibt eine gemeinsame, universelle Ideologie aller gewaltbereiten Menschen, nämlich die Feindseligkeit gegenüber anderen und der Drang Angst hervorzurufen. Das ist das Resultat der Erfahrungen, die die Täter selbst machen mussten, die Demontage des Ichs. Weil sie daran gewöhnt sind und nichts anderes kennen. Als Rache an die Verursacher ihrer Schäden sollen andere Menschen nieder gemacht oder gar zerstört werden.

Ebenso führt die Angst vor Blamagen, das Denken, andere Menschen seien „der Schiedsrichter ihres Wertes“ (Heilemann S.18, 2001), zur Vermehrung der Gewaltbereitschaft. Die eigenen Minderwertigkeitsgefühle, die innere Unruhe und die hohe Erregbarkeit sollen kompensiert werden. Das veranlasst ,Kicks' und ,Thrills', das heißt zu Handlungen, die einen hohen Adrenalinausstoß herbeiführen. So wird die „Sinnlosigkeit im eigenen beschissenen Leben“ (Heilemann S.18, 2001) für einen kurzen Moment vergessen. Das macht abhängig und will von den Jugendlichen immer wieder neu erlebt werden.

Gründe für die Gewaltbereitschaft tauchen selten allein auf. Oft ist sind es mehrere, die zu einem hohen Gewalt- und Aggressionspotenzial führen: die eigenen Opferrolle, der Mutter-/Vaterverlust, zu wenig Liebe und/oder Halt, Ausgrenzung etc. .

Bei den gewalttätigen Ausschreitungen wertet sich der Täter immer selbst auf. Er sieht sich als Verteidiger der Gerechtigkeit beispielsweise im Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit, oder er vergilt hinterhältige Angriffe als Rache für seine Freunde, Bekannt, Menschen aus seinem näheren Umfeld.

Der Täter verdreht die Tatsachen, um sich Legitimation für sein Handeln zu verschaffen. Das Unrecht, welches er im allgemeinen moralischen Verständnis begeht, verneint er und entwickelt somit eine Loyalität zum Ganzen. Auslöser sind immer die Anderen. So rechtfertigt er sich mit Aussagen, er sei in eine soziale Position oder Situation wie zum Beispiel Arbeitslosigkeit gedrückt worden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: (vgl. http://www.do.nw.schule.de/mbr/netdays/00/gewalt/alteranalyse.htm)

4.2 Ursachen in Familie

Die Familie ist der erste Ort, in dem man bewusst Gewalterfahrungen macht. Die Eltern demonstrieren ihre Gewalt mit Sätzen wie „Solange du deine Füße unter meinen Tisch stellst, tust du ,was ich sage!“ (Kuhlmann S.42, 1999). Dabei wird nicht lang gezögert. Entweder gibt es Verbote oder leider oft auch Schläge. Dadurch wird vermittelt, wer die Macht hat und dass es Wege - über Gewalt - gibt, die schneller zum Ziel führen als andere. Gewalt wird als äußerst sinnvoll angesehen, weil es zu einer schnellen Lösung beiträgt. Jugendliche, denen ein solches Verhalten vorgelebt wird, haben oft keine Möglichkeit Konfliktsituationen anders zu lösen. Sie verspüren den Wunsch, den dabei empfundenen Stress schnell wieder los zu werden, und greifen zu gewalttätigen Lösungen. Sie lernen zwar in Auseinandersetzungen mit Geschwistern, dass dies auf Dauer keine effektive Lösung ist, aber ihnen geht es auch nicht primär um Gewalt als Gegenwehr, sondern lediglich um Gewalt als sinnvolles Lösungsmittel für den Moment.

Abbildung 2: Raten aktiver Gewalttäter nach elterlichen Gewalterfahrungen

(vgl. http://www.diakonie.de/downloads/DD-01-2000.pdf)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Individualisierung der Gesellschaft hat auch in der Familie große Auswirkungen. So verliert das soziale Milieu an Bedeutung. Viele Eltern verfolgen ihre eigenen Interessen stärker als die ihrer Kinder. Es kommt zu Vernachlässigungen der Kinder. Zwar werden Pflichten, wie Abholen der Kinder etc. noch eingehalten, aber die Zeit, die man nach der Arbeit mit den Kindern verbringt wird immer knapper. Der Vater mag das Kind zwar abholen, aber übergibt es nach kurzer Zeit der Mutter, um seinen Hobbies nach zu gehen. Die Mutter geht ebenso ihren Interessen nach und liefert das Kind auch bei irgendwem ab. Man sieht sich nur noch selten, weil die Zeit dafür fehlt (vgl. Kuhlmann S.44, 1999). Das Zuhause verkommt zu einem Raum der Verabschiedungen und Begrüßungen und verliert den Status als sicheren Raum. Die Familie wird zur „,Inter-City-Familie'“ (Kuhlmann S.44, 1999). Dadurch fehlt den Kindern die Sicherheit, die sie brauchen. Die nicht mit den Kindern verbrachte Zeit führt zu weniger Kommunikation in der familiären Gemeinschaft. Doch diese ist wichtig. Auch durch Kommunikation erzieht man Kindern. Sie lernen Frustrationstoleranz, weil ihnen etwas verboten oder verwehrt wird, sie lernen mit Kritik umzugehen etc. . Auf der anderen Seite sprechen die Kinder mit ihren Eltern über Probleme, ist diese Möglichkeit aber nicht gegeben, verschließen sich viele und lassen es später, wenn es nicht mehr auszuhalten ist, durch Gewalthandlungen heraus. In diesem Moment wird das von den Jugendlichen als geeignetes Mittel, um den Hilferuf zu unterstützen, angesehen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Jugendliche als Gewalttäter
Untertitel
Klärung der Ursachen von Gewalt und ihre Prävention
Hochschule
Evangelische Hochschule Berlin
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
35
Katalognummer
V86229
ISBN (eBook)
9783638020596
ISBN (Buch)
9783638921473
Dateigröße
1062 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Jugendliche, Gewalttäter
Arbeit zitieren
Alexandra Haberecht (Autor:in), 2007, Jugendliche als Gewalttäter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86229

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