Die Säbelzahnkatze Homotherium

Mit Zeichnungen von Shuhei Tamura


Fachbuch, 2011

132 Seiten


Leseprobe


Ernst Probst

Die Säbelzahnkatze Homotherium

Vorwort

Die „Menschenfressende Bestie“

Maximal 1,90 Meter lang, 1,10 Meter hoch und womöglich bis zu 400 Kilogramm schwer war die Säbelzahnkatze Homotherium. Mit dieser imposanten Raubkatze befasst sich das Taschenbuch „Die Säbelzahnkatze Homotherium“ des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst. Der Name dieser 1890 erstmals wissenschaftlich beschriebenen Gattung soll zu deutsch „Menschenfressende Bestie“ bedeuten. Homotherium existierte zu unterschiedlichen Zeiten in Afrika, Nordamerika, Asien und Europa. Die frühesten Funde aus Afrika sind etwa vier Millionen Jahre alt. In Deutschland belegen Knochen und Zähne aus Thüringen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg die Anwesenheit jener Säbelzahnkatze während des Eiszeitalters vor knapp zwei Millionen Jahren bis vor etwa 300.000 Jahren. Auch aus Niederösterreich liegen Fossilien von Homotherium vor. Als jünger Fund einer Säbelzahnkatze in Europa gilt ein rund 28.000 Jahre alter Unterkieferast, der auf halbem Weg zwischen IJmuiden (Niederlande) und Lowescroft (Ostengland) von einem niederländischen Kutter aufgefischt wurde. Dieses Taschenbuch ist Shuhei Tamura aus Kanagawa (Japan), Professor Dr. Helmut Hemmer aus Mainz, Dr. Thomas Keller aus Wiesbaden, Dick Mol aus Hoofddorp (Niederlande) und Kees van Hooijdonk aus Rucphen (Niederlande) gewidmet. Diese Experten haben den Autor bei verschiedenen Buchprojekten über fossile Raubkatzen unterstützt.

Kein Name ist ideal:

Säbelzahntiger, Säbelzahnkatze,

Dolchzahnkatze

Gleich vorweg: Die Namen Säbelzahntiger, Säbelzahnkatze und Dolchzahnkatze sind allesamt mehr oder minder problematisch. Der vor allem gerne von Laien, aber auch von manchen Wissenschaftlern verwendete Ausdruck Säbelzahntiger weckt vielleicht die falsche Vorstellung, dieses Tier sei eng mit dem heutigen Tiger verwandt und immer so groß wie dieser. Auch der etwas modernere Begriff Säbelzahnkatze ist unzutreffend, weil die Eckzähne (Fangzähne) bei den verschiedenen Formen dieser Raubtiere nicht haargenau wie ein Säbel aussehen. Zudem klingt der Wortteil „katze“ bei einem bis zu tigergroßen Tier zumindest für Laien etwas merkwürdig.

Nicht nur auf Gegenliebe stößt die Aufsplitterung in Säbelzahnkatzen (englisch: saber-toothed cats, scimitar-toothed cats oder scimitar cats) und Dolchzahnkatzen (englisch: dirk-toothed cats). Säbelzahnkatzen heißen – dieser Einteilung zufolge – nur schlanke Gattungen wie Machairodus und Homotherium mit verhältnismäßig langen Beinen sowie kürzeren, breiteren, stark gebogenen, krummsäbelartigen Eckzähnen. Dolchzahnkatzen wie die Gattungen Megantereon und Smilodon dagegen waren eher robust gebaut, besaßen kurze und kräftige Beine, einen gestreckten Körper und trugen längere und schmalere Eckzähne. Verwirrend ist aber, dass die 1999 beschriebene neue Gattung Xenosmilus sowohl Merkmale von Säbelzahnkatzen als auch von Dolchzahnkatzen in sich vereint. Überdies können viele Laien mit dem Begriff Dolchzahnkatzen wenig anfangen, weil ihnen seit langer Zeit nur die Namen Säbelzahntiger oder Säbelzahnkatze vertraut sind.

In der wissenschaftlichen Systematik gehören die Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen zu den Höheren Säugetieren (Eutheria), Raubtieren (Carnivora), Katzenartigen (Feloidea), Katzen (Felidae) und Säbelzahnkatzen (Machairodontinae). Der amerikanische Zoologe Theodore Gill (1837–1914) hat die Unterfamilie der Machairodontinae 1872 erstmals beschrieben.

Echte Säbelzahnkatzen existierten vom Mittelmiozän vor etwa 15 Millionen Jahren bis zum Ende des Eiszeitalters (Pleistozän) vor etwa 11.700 Jahren. Wenn in der Literatur noch ältere Säbelzahnkatzen erwähnt werden, handelt es sich dabei um Formen, die man heute als falsche Säbelzahnkatzen oder Scheinsäbelzahnkatzen bezeichnet.

Zähne und Knochen von Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen hat man in Nordamerika, Südamerika, Asien, Europa und Afrika entdeckt. Auch in Deutschland wurden Reste von Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen geborgen. Nur aus Australien liegen keine Funde vor.

Die Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen werden in der Literatur oft in drei Stämme (Tribus) aufgeteilt: Metailurini, Homotheriini und Smilodontini.

Zu den Metailurini gehören folgende Gattungen:

Metailurus: Miozän in Europa und Asien

Adelphailurus: Miozän in Nordamerika

Dinofelis: Pliozän und Pleistozän in Afrika, Europa (Frankreich), Asien und Nordamerika Ein Teil der Wissenschaftler rechnet die Metailurini heute nicht mehr zu den Säbelzahnkatzen (Machairodontinae), sondern zu den Kleinkatzen (Felinae).

Zu den Homotheriini (saber-toothed cats, scimitar-cats) gehören folgende Gattungen:

Machairodus: Miozän und Pliozän in Europa, Asien, Afrika und Nordamerika

Xenosmilus: unterstes Pleistozän in Nordamerika

Homotherium: frühes Pliozän bis spätestes Pleistozän in Europa, Asien, Afrika, Nordamerika und neuerdings auch Südamerika

Zu den Smilodontini (dirk-toothed cats) zählen folgende Gattungen:

Paramachairodus (Promegantereon): mittleres bis oberes Miozän in Europa und Asien

Megantereon: Pliozän bis Mittelpleistozän in Europa, Asien, Afrika, Nordamerika Smilodon: oberes Pliozän bis oberstes Pleistozän in Nord- und Südamerika In Kino- oder Fernsehfilmen werden Säbelzahnkatzen bzw. Dolchzahnkatzen oft als sehr große und furchterregende Raubtiere dargestellt. Tatsächlich besaßen nur wenige Arten ungefähr die Größe eines heutigen Löwen (Panthera leo) mit einer Höhe von einem Meter und einer Gesamtlänge bis zu 2,80 Metern oder vielleicht sogar eines Sibirischen Tigers (Panthera tigris altaica) mit einer Höhe bis zu einem Meter und einer Gesamtlänge bis zu drei Metern.

Imposante Maße hatten die Säbelzahnkatzen Machairodus giganteus (ca. 2,50 Meter Gesamtlänge, 1,20 Meter Schulterhöhe) und Homotherium crenatidens (mehr als zwei Meter Gesamtlänge, 1,10 Meter Schulterhöhe) sowie die Dolchzahnkatze Smilodon populator (etwa 2,40 Meter Gesamtlänge, 1,20 Meter Schulterhöhe), die in älterer Literatur oft als größte Art der Säbelzahntiger bezeichnet wird. Viele andere Arten waren kleiner als ein Leopard (Panthera pardus), der mit Schwanz bis zu 2,30 Meter lang ist, oder ein Ozelot (Leopardus pardalis), der insgesamt bis zu 1,45 Meter lang wird.

Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen konnten ihren Unterkiefer bis um 120 Grad nach unten aufreißen. Das versetzte sie in die Lage, ihre langen Eckzähne voll einzusetzen. Gegenwärtige Katzen können ihre Kiefer nur um 65 bis 70 Grad öffnen.

Ober- und Unterkiefer der Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen waren durch ein Scharniergelenk verbunden. Ihr Gebiss hatte je nach Gattung oder Variation innerhalb derselben unterschiedlich viele Zähne. Bei Machairodus waren es 30 Zähne, bei Homotherium und Megantereon jeweils 28 Zähne und bei Smilodon 26 bis 28 Zähne. Davon abweichende Zahlenangaben beruhen darauf, dass der sehr kleine (rudimentäre) Backenzahn in beiden Oberkieferästen oft nicht in der Zahnformel erwähnt wird.

Lücken (Diastema) ermöglichten es, dass die Eckzähne beim Schließen des Maules aneinander vorbei gleiten konnten. Die Eckzähne dienten zum Packen, Festhalten und Töten der Beute, die Reißzähne zum Abbeißen von Fleischstücken, die unzerkaut geschluckt wurden. Die Reißzähne besaßen zackige Spitzen, die beim Beißen scherenartig aneinander vorbei glitten.

Über die Lebensweise der Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen gab und gibt es immer noch viele Diskussionen. Heute überwiegt die Ansicht, sie seien aktive Räuber gewesen. Gelegentlich heißt es aber auch, sie könnten sich als reine Aasfresser ernährt haben. Der niederländische Experte Kees van Hooijdonk aus Rucphen vermutet, Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen könnten versucht haben, anderen Raubkatzen die Beute abzunehmen, wenn sich Gelegenheit dafür bot. In Zeiten der Knappheit hätten sie vielleicht auch Aas gefressen. Wegen des teilweise recht großen Körpers mancher Arten nimmt man an, diese hätten recht stattliche Beutetiere zur Strecke bringen können.

Umstritten ist, ob Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen auch riesige erwachsene Rüsseltiere oder zumindest deren Jungtiere angegriffen haben. Anhaltspunkte hierfür lieferten zahlreiche Mammutskelette, die neben einigen Skeletten der Säbelzahnkatze Homotherium serum in der Friesenhahn-Höhle (Bexar County) bei San Antonio in Texas entdeckt wurden.

Nicht völlig geklärt ist die Funktion der charakteristischen Eckzähne der Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen, die kontinuierlich nachwuchsen. Einerseits heißt es, damit hätten diese Raubkatzen sehr großen Beutetieren tiefe Stich- und Reißwunden zufügen können, an denen die Beutetiere verblutet seien. Andererseits verweisen skeptische Experten darauf, dass die relativ weichen Eckzähne bei solch einer starken Belastung leicht brechen hätten können.

Ein Teil der Fachleute hält es für möglich, dass Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen mit ihren Eckzähnen bereits am Boden liegenden, wehrlosen Beutetieren gleichzeitig Halsschlagader und Luftröhre durchtrennten. Dabei hätten sie mit ihren kräftig ausgebildeten Vordergliedmaßen Beutetiere gegen den Boden gedrückt, um einen präzisen Todesbiss anzubringen.

Nach einer anderen Theorie dienten die eindrucksvollen Eckzähne der Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen lediglich dazu, ihren eigenen Artgenossen zu imponieren. Weil die Eckzähne bei verschiedenen Arten sehr unterschiedlich gestaltet sind, ist es auch möglich, dass sie auf unterschiedliche Art und Weise benutzt worden sind.

Laut einer weiteren Theorie könnten sich Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen von Blut, Eingeweiden und weichen, leicht abzufressenden Körperteilen ernährt haben, welche die langen Eckzähne nicht gefährdeten. Den Rest der Beute ließen sie vermutlich liegen, was oft Aasfresser anlockte. Vermutlich besaßen Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen wie heutige Katzen verhornte Papillen auf der Zunge, um ohne Gefahr für die Zähne von Knochen das Fleisch ablösen zu können.

Nach den bisherigen Funden zu schließen, stammen die ältesten Fossilien von Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen aus dem Mittelmiozän vor etwa 15 Millionen Jahren. Aus dem Obermiozän vor etwa zehn Millionen Jahren kennt man Reste der Säbelzahnkatze Machairodus aphanistus und der Dolchzahnkatze Paramachairodus ogygius aus Ablagerungen des Ur-Rheins bei Eppelsheim in Rheinhessen, vom ehemaligen Vulkan Höwenegg bei Immendingen/Donau (Kreis Tuttlingen) und aus Melchingen, heute ein Stadtteil von Burladingen (Zollernalbkreis). Etwas jünger sind die auf etwa 8,5 Millionen Jahre datierte Säbelzahnkatze Machairodus cf. aphanistus sowie die Dolchzahnkatzen Paramachairodus orientalis und Paramachairodus ogygius) aus Dorn-Dürkheim in Rheinhessen. Die Abkürzung „cf.“ (lateinisch: confer = vergleiche) wird benutzt, wenn eine Bestimmung unsicher ist. Sie steht vor dem unsicheren Bestandteil des Namens, im erwähnten Fall vor der Art aphanistus.

Machairodus war vielleicht der Ahne der Gattung Homotherium, die sich im frühen Pliozän entwickelte. Homotherium existierte etwa vor 5 Millionen bis 11.700 Jahren. Diese Gattung ist auch von mehreren eiszeitlichen Fundorten aus Deutschland bekannt.

Ein Zeitgenosse von Homotherium war die Dolchzahnkatze Megantereon, die vom frühen Pliozän vor etwa 4,5 Millionen Jahren bis zum mittleren Eiszeitalter vor etwa 500.000 Jahren verbreitet war. Homotherium und Megantereon kamen in der Gegend von Chilhac und Senèze (beide in Frankreich) sowie in Untermaßfeld bei Meiningen (Deutschland) zusammen vor. Megantereon ähnelte sehr seinem Nachfahren Smilodon.

Die Dolchzahnkatze Smilodon lebte vom Oberpliozän vor mehr als 2,5 Millionen Jahren bis zum späten Pleistozän und starb erst vor etwa 11.700 Jahren zu Beginn des Holozän (Heutzeit) aus. Von Smilodon wurden nur in Nord- und Südamerika fossile Reste gefunden. Besonders viele Fossilien von Smilodon sind vom Fundort Rancho La Brea im Stadtgebiet von Los Angeles in Kalifornien bekannt.

Als so genannte Scheinsäbelzahnkatzen gelten einige Arten der Nimravidae und der Barbourofelidae. Verlängerte obere Eckzähne wie bei den Säbelzahnkatzen und Dolchzahnkatzen gab es außerhalb der Raubtiere auch bei zwei anderen Ordnungen der Säugetiere. Nämlich bei den Creodonten wie Machaeroides und den zu den Beuteltieren gehörenden Thylacosmiliden wie Thylacosmilus.

Machaeroides wurde 1901 von dem aus Kanada stammenden Paläontologen William Diller Matthew (1871– 1930) beschrieben. Bei der wissenschaftlichen Untersuchung hatten ihm zwei Unterkiefer und ein Zahn aus Wyoming (USA) aus dem Eozän (etwa 53 bis 34 Millionen Jahre) vorgelegen. Der Artname Machaeroides simpsoni erinnert an den amerikanischen Paläontologen George Gaylord Simpson (1902–1984). Machaeroides hatte eine Schulterhöhe von ca. 30 Zentimetern, eine Kopfrumpflänge von etwa 60 Zentimetern und – zusammen mit dem ungefähr 30 Zentimeter langen Schwanz – eine Gesamtlänge von rund 90 Zentimetern.

Die erste Beschreibung von Thylacosmilus atrox erfolgte 1934 durch den amerikanischen Paläontologen Elmer Riggs (1869–1963). Sie erfolgte auf der Basis von zwei Teilskeletten aus dem Pliozän von Argentinien. Diese Funde gelten als die am komplettesten erhaltenen Fossilien jener Art. Thylacosmilus atrox hatte etwa die Größe eines südamerikanischen Jaguars. Er erreichte eine Schulterhöhe von ca. 60 Zentimetern, eine Kopfrumpflänge von etwa 1,20 Meter, wozu noch ein schätzungsweise 45 Zentimeter langer Schwanz kam.

Unter Kryptozoologen, die weltweit nach verborgenen Tierarten suchen, kursieren Berichte über angebliche Sichtungen von Großkatzen aus Südamerika und Afrika, bei denen es sich um Säbelzahnkatzen handeln soll. Der verhältnismäßig junge Forschungszweig der Kryptozoologie wurde um 1950 von dem belgischen Zoologen und Publizisten Bernard Heuvelmans (1916–2001) gegründet und bewegt sich zwischen seriöser Wissenschaft und purer Phantasie.

Eingeborene in der Zentralafrikanischen Republik und aus dem Tschad berichteten über mysteriöse „Tiger der Berge“ in ihrer Heimat. Spekulationen zufolge könnte es sich um überlebende Tiere der Gattungen Machairodus oder Meganteron handeln, die aus Afrika durch Fossilien belegt sind. Als an ein Leben im Wasser angepasste Säbelzahnkatzen werden so genannte „Wasserlöwen“ oder „Panther des Wassers“ gedeutet, die in der Zentralafrikanischen Republik existieren sollen.

Homotherium:

Die hyänenartige Säbelzahnkatze

Die Säbelzahnkatze Homotherium existierte in Afrika und Europa bereits im Pliozän vor mehr als vier Millionen Jahren. Letzte Funde aus dem „Schwarzen Erdteil“ sind rund 1,5 Millionen Jahre alt. In Europa, Asien, Nordamerika und Südamerika dagegen behauptete sich Homotherium bis zum Ende des Eiszeitalters vor ungefähr 11.700 Jahren. Homotherium gehört – wie erwähnt – zu den Säbelzahnkatzen und nicht zu den Dolchzahnkatzen.

Die Gattung Homotherium wurde 1890 von dem italienischen Mediziner und Naturforscher Emilio Fabrini di Montaione erstmals beschrieben. Bei der wissenschaftlichen Untersuchung hatten ihm Funde aus dem Arnotal (Val d’Arno) in der Toskana, die im Paläontologischen Museum der Unversität Florenz aufbewahrt werden, vorgelegen. Laut der Internetseite http://dinosaurs.about.com soll der Gattungsname Homotherium zu deutsch „Menschenfressende Bestie“ bedeuten.

Einer der geologisch ältesten Funde von Homotherium in Afrika kam in Koobi Fora in Kenia zum Vorschein. Sein Alter wird auf mehr als vier Millionen Jahre geschätzt. Ein ähnlich hohes Alter hat ein Fund aus Odessa (Ukraine) in Europa. Aus dem frühen Eiszeitalter kennt man die Säbelzahnkatzen Homotherium ethiopicum und Homotherium hadarensis in Afrika. Diese Arten aus dem „Schwarzen Erdteil“ unterscheiden sich aber nur wenig von den Formen jener Zeit aus Europa und Asien.

Der Säbelzahnkatze Homotherium mussten im Pliozän in Afrika die Vormenschen der Gattung Australopithecus („Südaffe“) und im Eiszeitalter die Frühmenschen der Gattung Homo (Mensch) aus dem Weg gehen. Denn sie konnten sich mangels Waffen gegen diese löwengroße Raubkatze nicht wirksam verteidigen. Lanzen und Speere wurden erst viel später erfunden.

In Nordamerika lebten vom so genannten obersten Pliozän bis zum oberen Pleistozän verschiedene Arten der Säbelzahnkatze Homotherium. Die frühe Art aus Nordamerika wird als Homotherium crenatidens bezeichnet, die späte Art als Homotherium serum.

Als Fundorte der frühen Art gelten – einer Publikation der amerikanischen Paläontologen George T. Jefferson (Borrego Springs) und Antonia E. Tejada-Flores (Los Angeles) zufolge – beispielsweise Sand Draw Quarry (Nebraska), Delmont (South Dakota), Cita Canyon (Texas) und Owyhee (Oregon). Der Fossilfund aus Oregon weist – laut Jefferson und Tejada-Flores – starke Ähnlichkeit mit dem Skelett von Homotherium crenatidens aus Senèze in Frankreich auf.

Häufiger als Funde der frühen Art sind solche der späten Art Homotherium serum geborgen worden. Man kennt etliche Fundorte zwischen Alaska und Texas.

Im nördlichen Nordamerika ist Homotherium offenbar die einzige Säbelzahnkatze gewesen. Dagegen war Homotherium im südlichen Nordamerika ein Zeitgenosse der Dolchzahnkatze Smilodon. Von Homotherium liegen bisher merklich weniger Funde als von Smilodon vor.

Früher hat man Homotherium serum als Dinobastis serus bezeichnet. Dinobastis serus wurde 1893 von dem amerikanischen Paläontologen Edward Drinker Cope (1840–1897), der als Dinosaurierjäger für Furore sorgte, erstmals beschrieben. Seit 1962 ist der Artname Homotherium serum üblich. In Nordamerika starb Homotherium vor etwa 11.700 Jahren aus.

Der kanadische Paläontologe Charles Richard („Dick“) Harington aus Ottawa schrieb 1996 über die amerikanische Säbelzahnkatze Homotherium serum: „Er war schlank gebaut (mit recht langen Vordergliedmaßen). Sein Schwanz war kurz. Und seine oberen Fänge ähnelten gekrümmten Steakmessern.“

Männliche Tiere von Homotherium serum erreichten eine Schulterhöhe von ca. 1,10 Meter, eine Kopfrumpflänge von etwa 1,90 Metern und Männchen ein Gewicht bis zu 190 Kilogramm. Das Gewicht der weiblichen Tiere wird auf ungefähr 175 Kilogramm geschätzt. Diese kurzschwänzige Säbelzahnkatze besaß wegen ihrer Vorderbeine, die merklich länger als die Hinterbeine waren, eine abfallende Rückenlinie und somit ein hyänenähnliches Aussehen. Die Hinterbeine hatten bärenartige Fersen und Knöchel. Homotherium serum war nach Ansicht von „Dick“ Harington schneller als ein Bär. Seine Höchstgeschwindigkeit soll bei etwa 60 Stundenkilometern gelegen haben.

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Ende der Leseprobe aus 132 Seiten

Details

Titel
Die Säbelzahnkatze Homotherium
Untertitel
Mit Zeichnungen von Shuhei Tamura
Autor
Jahr
2011
Seiten
132
Katalognummer
V169244
ISBN (eBook)
9783640875634
ISBN (Buch)
9783640875573
Dateigröße
35575 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
säbelzahnkatze, homotherium, zeichnungen, shuhei, tamura
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2011, Die Säbelzahnkatze Homotherium, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/169244

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