Eiszeitliche Geparde in Deutschland

Mit Zeichnungen von Shuhei Tamura


Fachbuch, 2011

48 Seiten


Leseprobe


Ernst Probst

Eiszeitliche Geparde in Deutschland

Shuhei Tamura

aus Kanagawa in Japan gewidmet,

der den Autor

bei zahlreichen Buchprojekten

unterstützt hat

Dank

Für Auskünfte, mancherlei Anregung, Diskussion

und andere Arten der Hilfe danke ich:

Thomas Engel,

geologischer Präparator,

Naturhistorisches Museum Mainz /

Landessammlung für Naturkunde Rheinland-Pfalz

Prof. Dr. Helmut Hemmer, Mainz

Dr. Brigitte Hilpert,

Geozentrum Nordbayern, Fachgruppe PaläoUmwelt, Erlangen

Dr. rer. nat. habil. Ralf-Dietrich Kahlke,

Leiter der Forschungsstation

für Quartärpaläontologie der

Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft, Weimar

Dr. Thomas Keller,

Landesamt für Denkmalpflege Hessen,

Archäologische und Paläontologische Denkmalpflege,

Wiesbaden

Professor Dr. Hans-Jürg Kuhn, Göttingen

Georg Sack,

Leiter des Heimatmuseums Biebrich, Wiesbaden

Shuhei Tamura, Kanagawa, Japan

Vorwort

Schnelle Jäger

Im Eiszeitalter (Pleistozän) vor etwa 2,6 Millionen Jahren bis vor ca. 10.700 Jahren lebten im Gebiet von Deutschland etliche große Raubkatzen. Durch fossile Funde von Knochen und Zähnen sind Mosbacher Löwen, Höhlenlöwen, Europäische Jaguare, Säbelzahnkatzen, Dolchzahnkatzen, Leoparden, Pumas und Geparde nachgewiesen. Das Taschenbuch „Eiszeitliche Geparde in Deutschland“ des Wiesbadener Wissenschaftsautors Ernst Probst befasst sich mit jenen Raubkatzen, die heute als die schnellsten Landtiere der Erde gelten. Es ist Shuhei Tamura aus Kanagawa in Japan gewidmet, der den Autor bei zahlreichen Buchprojekten unterstützt hat.

Eiszeitliche Geparde

in Deutschland

Die ältesten bekannten Funde der Geparde in Deutschland stammen aus dem Eiszeitalter vor mehr als einer Million Jahren. Genauer gesagt aus dem Bavelium-Komplex (etwa 1,07 Millionen Jahre bis 990.000 Jahre), auch Bavel-Komplex oder Bavelium genannt. Dieser Abschnitt des Eiszeitalters wurde 1983 von dem niederländischen Geologen Waldo H. Zagwijn und dem Palynologen Jan de Jong, beide am Rijksgeologischen Dienst in Harlem tätig, beschrieben.

Bei den frühesten Gepardresten aus Deutschland handelt es sich um einen Oberschädel und um einen fast 37 Zentimeter langen Oberschenkelknochen. Fundort dieser spektakulären Fossilien ist ein Leichenfeld bei Untermaßfeld unweit von Meiningen in Thüringen. Der Oberschädel und der Oberschenkelknochen werden der Gepard-Unterart Acinonyx pardinensis pleistocaenicus zugeschrieben die vorher nur aus Nordchina nachgewiesen war und 1925 erstmals von dem österreichischen Paläontologen Otto Zdansky (1894–1988) wissenschaftlich beschrieben wurde.

Bei den Ausgrabungen des Weimarer Paläontologen Ralf-Dietrich Kahlke im Flussbett der

Ur-Werra bei Untermaßfeld kamen Reste ungewöhnlich vieler Tiere zum Vorschein. Sie waren bei Hochwasser ums Leben gekommen.

Im eiszeitlichen Leichenfeld bei Untermaßfeld lagen Fossilien vom Flusspferd (Hippopotamus amphibius antiquus), Südelefanten (Mammuthus meridionalis), der Dolchzahnkatze (Megantereon cultridens adroveri), der Säbelzahnkatze (Homotherium crenatidens), vom Europäischem Jaguar (Panthera onca gombaszoegensis), Puma (Puma pardoides), Gepard (Acinonyx pardinensis pleistocaenicus), Luchs (Lynx issiodorensis), der Hyäne (Pachycrocuta brevirostris) und vom Makaken (Macaca sylvanus).

Die Fundstelle bei Untermaßfeld gilt als die mit Abstand wichtigste und reichhaltigste ihrer Zeitstellung in Europa. Insgesamt wurden mehr als 15.000 Wirbeltierreste (davon etwa 4.000 von Kleinsäugern) von rund 100 Arten geborgen. Darunter befinden sich spektakuläre Entdeckungen. Die Flusspferde aus Untermaßfeld gelten als die größten aller Zeiten. Weitere Raritäten sind der früheste Jaguar und Gepard aus Deutschland. Zudem entdeckte man bei Untermaßfeld neue Tierarten wie den Bison menneri, das Reh Capreolus cusanoides, den großen Hirsch Eucladoceros giulii, das Wildpferd Equus wuesti und den Bären Ursus rodei. Bison menneri ist mit einer Schulterhöhe von 1,78 Meter der größte Bison aller Zeiten.

Der eigenständige Charakter, die Vollständigkeit und die gute Überlieferungsqualität der Untermaßfelder Säugetierfossilien haben Ralf-Dietrich Kahlke bewogen, für die Zeit vor etwa 1,2 Millionen bis 900.000 Jahren den Begriff Epi-Villafranchium vorzuschlagen.

Die fossile Gepard-Art Acinonyx pardinensis wurde 1828 von den französischen Paläontologen Abbé Jean-Baptiste Croizet und Antoine Jobert erstmals wissenschaftlich beschrieben. Der Gattungsname Acinonyx kommt aus dem Griechischen und besteht aus den Wortteilen „akin“ (nicht beweglich) und „onyx“ (Kralle). Und der Artname pardinensis erinnert an den Fundort in Nähe des Dorfes Pardines an der Montage de Perrier.

Auch in etwa 600.000 Jahre alten Schichten der Mosbach-Sande von Wiesbaden (Hessen) ist der Gepard nachgewiesen. Die Mosbach-Sande sind nach dem ehemaligen Dorf Mosbach zwischen Wiesbaden und Biebrich benannt. Dabei handelt es sich um Ablagerungen des eiszeitlichen Mains, der damals weiter nördlich als heute in den Rhein mündete, des Rheins und von Taunusbächen.

Beim Abbau der Mosbach-Sande kamen immer wieder Überreste von Wirbeltieren zum Vorschein, die wohl zum größten Teil aus dem nach einem englischen Fundort bezeichneten Cromer-Komplex (etwa 800.000 bis 480.000 Jahre) stammen. Die charakteristische Cromer-Forest-Bed-Abfolge in Norfolk (England) wurde 1882 von dem englischen Geologen Clement Reid (1855–1916) beschrieben. Als so genannte Typuslokalität gilt West Runton bei Cromer mit einem Alter von höchstens 700.000 Jahren. Das Klima im Cromer war nicht einheitlich. Einerseits gab es sehr milde, andererseits aber auch kühle Abschnitte.

In Mitteleuropa wird das Cromer in vier Warmzeiten und vier Kaltzeiten gegliedert. Nur die früheste Cromer-Warmzeit I (auch Cromer-Interglazial I genannt) wird dem Altpleistozän (etwa 1,9 Millionen bis 780.000 Jahre) zuordnet. In diese Zeit fällt die fossilarme Mosbach 1-Fauna vor etwa einer Million Jahren, die ähnlich alt wie die Fossilien aus dem Leichenfeld bei Untermaßfeld nahe Meiningen in Thüringen ist.

Den größten Teil des Cromer-Komplexes rechnet man dem Mittelpleistozän (etwa 780.000 bis 127.000 Jahre) zu. Dazu zählen die Cromer-Warmzeiten II, III, IV und die dazwischen liegenden Kaltzeiten.

Die fossilreiche mittelpleistozäne Mosbach 2-Fauna und die gleichaltrigen Sande von Mauer bei Heidelberg gehören entweder in die ältere Cromer-Warmzeit III (auch älteres Cromer-Interglazial III genannt) oder in die jüngere Cromer-Warmzeit IV (Cromer-Interglazial IV).

In der Literatur heißt es oft, in der schätzungsweise etwa 600.000 Jahre alten Hauptfundschicht (so genanntes Graues Mosbach) lägen die Reste zweier Lebensgemeinschaften vor, die einer ausgehenden Warmzeit und einer heraufziehenden Kaltzeit innerhalb des Cromer entsprächen. Während der Warmzeit sollen beispielsweise der Waldelefant und das Flusspferd gelebt haben, in der Kaltzeit dagegen der riesige Steppenelefant, der Steppenbison, der Vielfaß und das Rentier.

Nach Forschungen des Wiesbadener Paläontologen Thomas Keller, die er seit 1991 in den Mosbach-Sanden unternimmt, gibt es aber keine Hauptfundschicht. Denn fast alle Schichten enthalten nach seinen Beobachtungen Fossilien. Außerdem vermutet er eher einen Wechsel von einer ausgehenden Kaltzeit zu einer beginnenden Warmzeit.

Die Geparde in der Gegend von Wiesbaden waren nicht die einzigen Raubkatzen. Durch Funde von Knochen und Zähnen aus den Mosbach-Sanden von Wiesbaden sind auch der riesige Mosbacher Löwe (Panthera leo fossilis), der Europäische Jaguar (Panthera onca gombaszoegensis) und die Säbelzahnkatze (Homotherium crenatidens) nachwiesen.

1969 erwähnte die Paläontologin Gerda Schütt (1931–2007) einen Leoparden-Fund (Panthera pardus) aus den Mosbach-Sanden von Wiesbaden, der in einer Privatsammlung aufbewahrt wurde und zur Publikation durch den Weimarer Paläontologen Hans Dietrich Kahlke vorgesehen war. Nach einem Hinweis von Kahlke wurde dieses Fossil 2002 von dem Paläontologen Jens Lorenz Franzen in der Mosbach-Sammlung der Sektion Paläanthropologie des Forschungsinstitutes Senckenberg in Frankfurt am Main aufgefunden. Es war per Kauf dieser Privatsammlung durch den Paläontologen Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald (1902–1982) in das Forschungsinstitut Senckenberg gelangt. Der Mainzer Zoologe Helmut Hemmer identifizierte das rund sechs Zentimeter lange rechte Unterkieferbruchstück mit Resten zweier Zähne 2003 als Gepard. Nach seiner Ansicht stammt es von einem etwa 60 Kilogramm schweren Weibchen.

1970 beschrieb die Paläontologin Gerda Schütt ein in den Mosbach-Sanden von Wiesbaden entdecktes linkes Oberarmknochenfragment von einem Gepard und ordnete es der Art Acinonyx pardinensis zu. Dieser 3,7 Zentimeter lange Fund von 1959 wird im Naturhistorischen Museum Mainz aufbewahrt. Es ist – laut Helmut Hemmer – ein Knochen von einem schätzungsweise rund 60 Kilogramm schweren Weibchen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Eiszeitliche Geparde in Deutschland
Untertitel
Mit Zeichnungen von Shuhei Tamura
Autor
Jahr
2011
Seiten
48
Katalognummer
V172559
ISBN (eBook)
9783640925216
ISBN (Buch)
9783640925049
Dateigröße
5953 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
eiszeitliche, geparde, deutschland, zeichnungen, shuhei, tamura
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2011, Eiszeitliche Geparde in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/172559

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