Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Abgrenzung
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Theoretischer Teil: Nutzungsmotive zur Co-Produktion auf Online-Plattformen
2.1 Definition relevanter Begriffe
2.1.1 Online-Plattform
2.1.2 Co-Produktion
2.2 Motive zur Nutzung digitaler Plattformen
2.2.1 Kognitive Motive
2.2.2 Affektive Motive
2.2.3 Soziale Motive
2.2.4 Motive zur Identitätsbildung
2.3 Ableitung der Forschungsfragen
3 Methodischer Teil: Operationalisierung der Forschungsfragen
3.1 Strukturbaum – Dimensionale Analyse
3.1.1 Dimension 1: Kognitive Motive
3.1.2 Dimension 2: Affektive Motive
3.1.3 Dimension 3: Soziale Motive
3.1.4 Dimension 4: Motive zur Identitätsbildung
3.2 Untersuchungsmethodik
3.2.1 Wahl der Methode
3.2.2 Auswahl der Probanden
3.2.3 Konzeption des Leitfadens
3.2.4 Kontaktaufnahme und Durchführung in der Praxis
3.3 Datenverarbeitung und Datenanalyse
4 Diskussion
4.1 Kritische Reflexion der geplanten Untersuchung
4.2 Prüfung der Gütekriterien
5 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang 1: Konstrukt „Motivation der Kunden zur Co-Produktion
Anhang 1: Halbstandardisierter Leitfaden
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ausschnitt des Strukturbaums
Abbildung 2: Sechsstufige Auswertungsverfahren
1 Einleitung
In den letzten Jahren hat kaum etwas anderes so stark die Welt verändert wie die globale Vernetzung und der damit verbundene weltweite Durchbruch von Online-Plattformen. Im Augenblick scheint die Flut an neuen Möglichkeiten der Kommunikation und Vernetzung unerschöpflich. Jeden Tag entstehen Hunderte neue, spannende Geschäftsideen und Plattformen, die sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen mit einer Selbstverständlichkeit nutzen, als hätte es noch nie etwas anderes gegeben.1
1.1 Problemstellung
Auch die Küchenhelfer GmbH, ein größerer Hersteller für Küchenmaschinen, hat das Potenzial von digitalen Geschäftsmodellen erkannt und plant in naher Zukunft verstärkt in diesem Bereich zu investieren. Im Laufe des letzten Jahres hat das Unternehmen eine neue Küchenmaschine entwickelt, die viele digitale Funktionen aufweist. Unter Anderem ist es möglich die Maschine mit dem WLAN (Wireless Local Area Network) des Kunden zu verbinden. Insbesondere hierdurch ergeben sich weitere Möglichkeiten, beispielsweise eine Verbindung mit dem Kühlschrank des Kunden mittels eines Smart-Home-Konzeptes. Zukünftig sind ebenfalls eine Integration mit intelligenten Vorratsschränken sowie eine Schnittstelle zu intelligenten Küchenherden in Planung. Des Weiteren kann der Nutzer, über eine von der Küchenhelfer GmbH betriebene Online-Plattform, Rezepte auf die Maschine herunterladen sowie selbst erstellte Rezepte hochladen und mit weiteren Usern der Plattform teilen.
Die genauen Bedingungen des Geschäftsmodells sowie das Ertragsmodell befinden sich aktuell noch in der Erarbeitung durch das Business Development Department der Küchenhelfer GmbH. Es steht bereits fest, dass die Küchenmaschinen für einen festen monatlichen Betrag durch den Kunden zu mieten sind. Für die Nutzung der Online-Services bzw. Online-Plattformen sind zusätzliche Gebühren fällig.
Um die Erfolgschance des neuen Geschäftsmodells einschätzen zu können, stellt sich das Unternehmen nun die Frage, wie erfolgreich sich das Konzept am Markt durchsetzen wird. Für das Management sind insbesondere drei Aspekte von Bedeutung, die den Erfolg und letztlich die Profitabilität der neuen Küchenmaschine und des damit verbundenen Geschäftsmodells beeinflussen. Zu den Einflussfaktoren zählen neben der Zahlungsbereitschaft potenzieller Kunden sowie der Erzeugung positiver Netzwerkeffekte ebenfalls die Motivation der Kunden eigene Rezepte auf der Online-Plattform für andere Kunden zu veröffentlichen.
1.2 Zielsetzung und Abgrenzung
Aufgrund des begrenzten Rahmens der wissenschaftlichen Arbeit können nicht alle der drei zuvor beschriebenen Aspekte behandelt werden. Deshalb wird in dieser Ausarbeitung auf die Motivation der Kunden zur Co-Produktion eingegangen. Eine zentrale Frage, die sich die Küchenhelfer GmbH im Zuge ihrer strategischen Überlegungen in Bezug auf die neue Küchenmaschine und des neuen Geschäftsmodells stellt ist, ob die Kunden ausreichend motiviert sein werden, eigene Rezepte auf der Online-Plattform der Küchenhelfer GmbH für andere Kunden bereitzustellen.
Das Ziel der Arbeit ist, eine Befragungsmethode für potenzielle Nutzer der Online-Plattform zu entwickeln, um mögliche Motive der Kunden zur Bereitstellung von eigenentwickelte Rezepten auf der Online-Plattformen herauszufinden. Hierbei steht die Konzeption eines halbstrukturierten Leitfadens im Vordergrund. Aufgrund der zeitlichen Begrenzung und des vorgegebenen Umfangs der vorliegenden Arbeit beinhaltet diese ausschließlich die theoretisch-fundierte Erstellung eines Fragebogens und nicht die Erhebung von Daten. Folglich ist es nicht möglich Ergebnisse der geplanten Untersuchung vorzustellen.
1.3 Aufbau der Arbeit
Nach der Einleitung im ersten Kapitel mit der Darstellung der Problemstellung, der Zielsetzung und der Abgrenzung der Arbeit, erfolgt im zweiten Kapitel die Erläuterung theoretischer Grundlagen. Mit Hilfe wirtschaftswissenschaftlicher Fachliteratur wird der aktuelle Stand der Wissenschaft zu den Themenbereichen Online-Plattformen, Co-Produktion sowie Motive zur Nutzung digitaler Plattformen aufbereitet. Im Anschluss werden die Forschungsfragen der Arbeit aufgestellt.
Im Rahmen des dritten Kapitels werden die Forschungsfragen operationalisiert. Zunächst wird durch einer dimensionalen Analyse anhand eines Strukturbaums das Konstrukt „Motivation der Kunden zur Co-Produktion“ erläutert. Danach erfolgt die Begründung der Untersuchungsmethodik und die Konzeption eines halbstrukturierten Interviewleitfadens, abgeleitet aus den zuvor erörterten Dimensionen, Kategorien und Indikatoren des Konstrukts. Abschließend werden in diesem Kapitel die mögliche Durchführung der Studie in der Praxis sowie die theoretische Vorgehensweise in Bezug auf die Datenanalyse- und -auswertung abgebildet.
Das vierte Kapitel beinhaltet die kritische Reflexion und die Diskussion über mögliche bevorstehende Herausforderungen bei der Durchführung der Befragung. Hierbei werden auch die wichtigsten Gütekriterien wissenschaftlicher Erhebungen berücksichtigt.
Eine Zusammenfassung der zuvor dargestellten Inhalte sowie ein Fazit über die praktische Relevanz der Arbeit bilden das fünfte und somit letzte Kapitel der Arbeit.
2 Theoretischer Teil: Nutzungsmotive zur Co-Produktion auf Online-Plattformen
Als Grundlage für den methodischen Teil werden in diesem Kapitel die theoretisch relevanten Themen dargestellt. Hierzu werden zunächst die Begriffe „Online-Plattform“ und „Co-Produktion“ definiert und erläutert. Anschließend werden die wichtigsten Motive zur Nutzung von Online-Plattformen dargestellt. Abgeschlossen wird das zweite Kapitel, indem theoretisch abgeleiteten Forschungsfragen aufgestellt werden, die durch die geplante Untersuchung beantwortet werden sollen.
2.1 Definition relevanter Begriffe
Zum Verständnis der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe „Online-Plattform“ und „Co-Produktion“ zu definiert.
2.1.1 Online-Plattform
Um den Begriff der Online-Plattform einordnen zu können, ist zunächst das Wort Plattform im herkömmlichen Sinne zu definieren. Eine Plattform ist ein physischer Raum, wo mehrere Akteure aufeinander treffen, um voneinander zu profitieren.2 Solch einen Raum, in dem Anbieter und Nachfrager zusammenkommen, bilden beispielsweise. Einkaufszentren, Immobilien- und Reisebüros. Aufgrund des Verkaufs von physischen Gütern, wie zum Beispiel Pauschalreisen, können daraufhin Transaktionen entstehen, aus denen die beteiligten Interessengruppen einen Nutzen erhalten.3
Da die Welt der Online-Plattformen durch eine große Vielfalt und Dynamik geprägt ist, gibt es keine anerkannte einheitliche Definition für die zahlreichen teilweise höchst unterschiedlichen Online bzw. digitalen Plattformen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie beschreibt digitale Plattformen, als internetbasierte digitale Räume bzw. Foren für Interaktion und Transaktion verschiedener Nutzergruppen. Sie werden daher auch als Intermediäre bezeichnet, da sie als zentrales Bindeglied zwischen den beteiligten Akteuren dienen, wodurch mehrseitige oder mindestens zweiseitige Plattformmärkte entstehen. Zu den Online-Plattformen gehören unter anderem Suchmaschinen, Vergleichs- und Bewertungsportale, Marktplätze, Mediendienste, Online-Spiele, soziale Netzwerke sowie Kommunikationsdienste.4
Charakteristisch für digitale Plattformen sind die hohe Skalierbarkeit und Reichweite. Da die Bereitstellung dieser Plattformen mit keinen technischen Engpässen verbunden ist, kann in kurzer Zeit schnell und flexibel auf zusätzlichen Bedarf, unabhängig von der Zeit und Geografie seitens des Anbieters reagiert werden.5 Darüber hinaus erhält auch der Nutzer die Möglichkeit, zu jeder beliebigen Zeit, unabhängig von seinem Aufenthaltsort, auf die gewünschten Inhalte zuzugreifen. Dadurch werden unter anderem Aspekte, wie die Suche nach geeigneten Angeboten, beziehungsweise potenziellen Transaktions- und Interaktionspartnern, vereinfacht. Zusätzlich werden gewohnte Strukturen auf digitalen Märkten gebrochen, sodass die Grenzen zwischen Anbietern und Nachfragern verschwimmen.
Digitale Inhalte werden nicht nur durch den Anbieter verbreitert, sondern auch die Nutzer vernetzten und tauschen sich untereinander aus.6 Neben der Reduzierung der Transaktionskosten digitaler Technologien sind insbesondere starke Netzwerkeffekte ein entscheidendes Merkmal von Online-Plattformen. Da digitale Plattformen viele Akteure aus unterschiedlichen Gruppen am Markt verknüpfen und die Interaktion dieser dabei im Vordergrund steht, hängt die Attraktivität maßgeblich mit der Anzahl der Nutzer der Plattform zusammen. Positive Netzwerkeffekte führen dazu, dass digitale Güter mit zunehmender Verbreitung und mit jedem zusätzlichen Nutzer im Wert gesteigert werden. Darüber hinaus nehmen diese Effekte entscheidenden Einfluss auf die Marktdynamik. Sobald eine Plattform die kritische Masse überschritten hat, können die positiven, sich verstärkenden Netzwerkeffekte dazu führen, dass eine Plattform zur dominierenden, sogar alleinigen Plattform, nach der „Winner-take-all“-Dynamik, auf dem Markt wird.7
2.1.2 Co-Produktion
Unter dem Begriff „Co-Produktion“, in der englischsprachige Literatur als „Co-Production“ bezeichnet, verstehen Bruhn und Hadwich die Kooperation von Anbietern und Nachfragern im Rahmen eines Leistungserstellungsprozesses.8 Durch die Einbringung von Inputfaktoren oder die Übernahme von Teilleistungen nimmt der Nachfrager aktiv und signifikant an dem Produktionsprozess teil.9 Auch Grün und Brunner definieren den Begriff der „Co-Produktion“ ähnlich. Sie bezeichnen das Modell als Weiterentwicklung der traditionellen Selbstbedienung zu einem integrierten Management-Konzept. Sie gehen dabei von einem Hersteller aus, der bestimmte Aktivitäten auf seinen Kunden verlagert, wobei die Kooperation trotzdem eine zentrale Rolle spielt und nicht außer Acht gelassen werden darf. Dies bedeutet, dass Produzenten und Prosumenten (Konsumenten, die zugleich Produzenten sind) trotz unterschiedlicher Interessen zusammenarbeiten müssen, um das Produkt zu erstellen.10 Aus diesem Grund sind fünf Elemente für die Co-Produktion charakteristisch und erfolgskritisch: Der Produzent, das Produkt, der Prosument, die Prozesse und das Portal.11
Der Begriff “Co-Produktion” ist hierbei deutlich von dem Begriff “Co-Creation” abzugrenzen. Unter dem Begriff “Co-Creation” wird die Einbeziehung des Kunden in den Produktgestaltungs- und Erstellungsprozess verstanden. Die Co-Creation kann dabei die Integration von Kundenideen in der Entstehungsphase des Produktes, die Ideenauswahl der Kunden sowie die kundenindividuelle Gestaltung umfassen. Die Differenzierung der beiden Begrifflichkeiten begründet sich demnach auf Basis der Wertschöpfungsphase.12 Während bei der Co-Creation die Integration des Kunden bereits in den frühen Phasen des Innovationsprozesses stattfindet, erfolgt die Co-Produktion erst in der deutlich späteren Produktionsphase.13
In diesem Kontext ist es von Bedeutung, den Oberbegriff der „interaktiven Wertschöpfung“ zu erläutern. Denn dieser wird häufig im Zusammenhang mit den zuvor definierten Begrifflichkeiten in der Literatur erwähnt. Nach Reichwald und Piller handelt es sich bei der interaktiven Wertschöpfung um eine bewusste, arbeitsteilige Zusammenarbeit zwischen Anbieterunternehmen und externen Akteuren im Sinne eines sozialen Austauschprozesses. Die extern Beitragenden der Wertschöpfung nehmen dabei eine aktive freiwillige Rolle ein. Dies kann unter anderem bedeuten, dass sie keine erkennbare Gegenleistung für ihre erbrachte Leistung erhalten. Sie sind demnach kein rein passiver Empfänger einer vom Anbieter autonom geleisteten Wertschöpfung und werden auch nicht zwangsweise in diese Wertschöpfung integriert. Konkret findet somit interaktive Wertschöpfung statt, wenn ein Anbieter eine interne Aufgabe an ein undefiniertes, großes Netzwerk von Kunden, Nutzern oder anderen externen Akteuren vergibt.14
2.2 Motive zur Nutzung digitaler Plattformen
Interaktive Wertschöpfung als sozialer Austauschprozess ist nur dann langfristig erfolgreich, wenn alle Beteiligten einen angemessenen Nutzen daraus ziehen. Wenn Kunden bewusst auf eine Gegenleistung verzichten, tragen sie zu einem öffentlichen Gut bei und müssten demnach keinen direkten sinnvollen Nutzen wahrnehmen. Nichts desto trotz sind während des Prozesses der interaktiven Wertschöpfung und auch Co-Produktion Motive zu erkennen, warum Kunden ihr Wissen ohne Gegenleistung an ein Herstellerunternehmen weitergeben.15
Über die Jahre wurden in der Uses-and-Gratifications-Forschung unterschiedliche Bedürfnis- und Motivkataloge aufgestellt. Bereits im Jahr 1972 leitete Mc Quail auf Basis verschiedener Studien anhand der Bedürfnispyramide nach Maslow vier grundlegende Arten von Gratifikation zur individuellen Mediennutzung von Massenmedien her, die unter anderem auf die Motive zur Nutzung digitaler Plattformen zurückzuführen sind. Diese wurden nochmals im Jahr 2001 durch Kunczik und Zipfel belegt, welche ebenfalls folgende vier Motivklassen definierten: Kognitive Motive, affektive Motive, soziale Motive, Motive zur Identitätsbildung. Diese Motive sind klar abgrenzbar, können jedoch auch bedingt ineinander übergehen.16
2.2.1 Kognitive Motive
Das Bedürfnis des Menschen nach Informationen über die verschiedensten Wissens- und Lebensbereiche ist nicht nur so alt wie die Massenmedien selbst, sondern auch ihr Entstehungsgrund. Menschen benötigen Wissen über ihre Umwelt und alle relevanten Ereignisse, um in der heutigen Welt handlungsfähig zu sein. Gäbe es keine Nachrichtendienste und letztlich keine Medien, wie Zeitungen, Fernsehen oder auch Online-Plattformen, wüssten Bürger kaum etwas über aktuelle Ereignisse, Neuheiten und Trends.17
Insbesondere in den sozialen Medien zählt die Informationsbeschaffung sowie -austausch und damit einhergehend die Informationsweitergabe zu den beliebtesten Aktivitäten. Nicht umsonst gehören posten, sharen und retweeten zu den meist angebotenen Funktionen im Web. Häufig ist dabei die Weitergabe von Informationen an die Erwartung gekoppelt, dass weitere Nutzer ihrerseits Informationen weitergeben. Daher zählt in bestimmten Medien ein Geben und Nehmen von Informationen zum erhofften Verhalten innerhalb der Community. Insbesondere Foren können hierbei der Wissensvermittlung und des Austausches dienen. Darüber hinaus hat die Weitergabe sowie Beschaffung von Informationen und Wissen Einfluss auf die Identitätsbildung und Gruppenzugehörigkeit der Nutzer. Sie werden innerhalb der Community zur Experten, wodurch sich ihr Selbstbild und Status innerhalb der Gruppe verstärken kann. Der Austausch von Informationen ist neben dem Wissensbedürfnis somit ein wichtiger Faktor bei der Etablierung und Pflege sozialer Kontakte.18
2.2.2 Affektive Motive
Zu den affektiven Nutzungsmotiven zählt vorwiegend die Unterhaltung. Anders als bei den kognitiven Motiven, erfolgt die Befriedigung des Motivs nicht nach, sondern während der Mediennutzung. Somit ist die Unterhaltung kein instrumentelles Nutzungsmotiv, sondern reiner Selbstzweck. Dazu können neben den Bedürfnissen nach Erheiterung, Entspannung und Erholung auch das Bedürfnis nach Zeitvertreib oder die Bekämpfung von Langeweile zählen. All diese Bedürfnisse sind hierbei oftmals auf den Faktor Gewohnheit zurückzuführen. Darüber hinaus zählt zu der Unterhaltung auch das Verbringen einer angenehmen Zeit, wodurch unangenehme Emotionen verringert und angenehme Emotionen verstärkt werden können. So existiert unter anderem das Bedürfnis nach Aktivität und Spannung, wenn ein zu geringes Erregungsniveau vorhanden ist. Online-Plattformen sowie soziale Medien können dieses Bedürfnis befriedigen, da sie die Möglichkeit bieten auf verschiedene Weise aktiv zu werden und für eine höhere Erregung sorgen.19
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass keine strikte Abgrenzung des affektiven Motivs zu den anderen drei Motiven vorgenommen werden kann. Die Nutzung von Online-Plattformen ermöglicht ein Gefühl der Selbstwirksamkeit und Zufriedenheit. Die Nutzer lassen sich durch bestimmte Inhalte inspirieren und setzten sich mit ihrer Identität und virtuellen Selbstdarstellung auseinander. Außerdem werden sie zur Partizipation in der Gemeinschaft sowie Kommunikation mit anderen Nutzern angeregt.20
2.2.3 Soziale Motive
Menschen haben das Bedürfnis mit anderen Menschen zu kommunizieren. Die Massenmedien stellen eine ideale Möglichkeit der Pflege und Suche nach sozialen Kontakten dar, um später mit diesen in eine direkte soziale Beziehung zu treten. Durch einfache Kommunikationsmöglichkeiten wie Messenger- und direkte Chatfunktionen ermöglichen unzählige digitale Plattformen ein soziales Miteinander. Durch die Kommunikation in den Medien erhalten die Nutzer die Möglichkeit mit anderen in Kontakt zu treten und sich auszutauschen. Dabei steht nicht nur die Kontaktpflege im Vordergrund, sondern auch die Anschlusskommunikation. Medien liefern Gesprächsstoff und Themen, die eine breite Masse an Personen anspricht, interessiert und zur Kommunikation sowie Informationsweitergabe motiviert. Des Weiteren vermitteln Massenmedien Individuen das Gefühl Teil einer sozialen Gruppe, Milieu oder gesamten Gesellschaft zu sein. Denn Medien liefern nicht nur Inhalte, die zur Diskussion innerhalb einer Gruppe anregen, sondern sie bieten darüber hinaus Anlässe für gemeinsame Aktionen und Unternehmungen im und außerhalb des Web.21
Auch das Feedback anderer Nutzer in Form von einer positiven Bewertung oder eines Likes lösen einen digitalen Belohnungseffekt aus und führen zu verstärkten Aktivitäten des Nutzers auf Plattformen. Ein weiteres Phänomen, welches insbesondere auf sozialen Medien zu finden ist, ist der Konformitätszwang bzw. Gruppendruck. Je mehr „Gefällt-mir“ beispielsweise ein Foto von anderen Nutzern erhält, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass andere Teilnehmer ebenfalls eine positive Bewertung, unabhängig von dem eigentlichen Bild, vergeben. Darüber hinaus befriedigt die Mitwirkung auf Bewertungsplattformen, Blogs, Foren und Communitys das Bedürfnis nach Verbundenheit und Zugehörigkeit. Die Suche und Pflege nach Kontakten als Ausdruck des Strebens nach Verbundenheit stellt somit für viele Nutzer das Hauptmotiv für das Engagement auf Online-Plattformen dar.22
2.2.4 Motive zur Identitätsbildung
Die Identitätsentwicklung des Menschen ist ein kontinuierlich fortlaufender Prozess, der nicht nur bei Kindern und Heranwachsenden, sondern auch bei Erwachsenden zentrale Entwicklungsaufgabe des Lebens ist und als nie abgeschlossen betrachtet werden kann. Die Identität kann als Ausdruck besonderer Merkmale einer Person festgehalten werden, die das Individuum zum einen von anderen Individuen unterscheidbar macht und zum anderen eine Zuordnung des Individuums zu einer sozialen Gruppe ausdrückt. In der Online-Umgebung, beispielsweise. auf digitalen Plattformen, ist es häufig möglich seine Identität darzustellen. Das Ziel liegt ebenfalls darin, die besonderen individuellen Merkmale hervorzuheben, sich aber gleichzeitig mit gewissen kollektivierenden Eigenschaften zu präsentieren, um einer Gruppe anzugehören.23
[...]
1 Vgl. Schlüter (2013), S.15
2 Vgl. Clement et al. (2019), S.42
3 Vgl. Dewenter/Rösch (2015), S.115
4 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2016), S.26
5 Vgl. Engelhardt et al. (2017), S.11
6 Vgl. Clement et al. (2019), S.31
7 Vgl. Engelhardt et al. (2017), S.3 f.
8 Vgl. Senn/Bruhn (2019), S.1
9 Vgl. Bilstein et al. (2015), S.219
10 Vgl. Reichwald/Piller (2009), S.55
11 Vgl. Grün/Brunner (2018), S.229
12 Vgl. Markgraf (2018)
13 Vgl. Robbert et al. (2019), S.512
14 Vgl. Reichwald/Piller (2009), S.45
15 Vgl. Reichwald/Piller (2009), S.85
16 Vgl. Schweiger (2007), S.80
17 Vgl. Schweiger (2007), S.92
18 Vgl. Puschmann/Peters (2017), S.213 ff.
19 Vgl. Schweiger (2007), S.109 ff.
20 Vgl. Trepte/Reinecke (2010), S.219 f.
21 Vgl. Schweiger (2007), S.120 f.
22 Vgl. Kreutzer (2018), S.64
23 Vgl. Kneidinger-Müller (2017), S.63