Optische Algorithmen zur Qualitätssicherung im Additive-Manufacturing-Prozess. Inwiefern eignen sich optische Algorithmen zur Unterstützung AM-basierter Wertschöpfungsprozesse


Bachelorarbeit, 2020

47 Seiten, Note: 2.0

Anonym


Leseprobe


Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Motivation und Problemstellung
1.2 Stand der Forschung
1.3 Forschungsfrage und Bezugsrahmen
1.4 Gang der Arbeit

2. Grundlagen Additive Manufacturing
2.1 Additive Manufacturing und AM- Wertschöpfungskette
2.1.1 Virtuelles Additive-Manufacturing-Bauteil
2.1.2 Physisches Additive-Manufacturing-Bauteil
2.2 Qualitätssicherung durch Bildverarbeitung
2.2.1 Qualitätssicherung
2.2.2 Qualitätsanforderungen an Bauteile
2.2.3 Qualitätsmerkmale im Additive-Manufacturing-Bauteil
2.3 Optische Algorithmen und Ansatzpunkte
2.3.1 Maschinelles Sehen
2.3.2 Optische Algorithmen in der Bildverarbeitung
2.3.2.1 Kantenextraktion als Grundlage für die Bildverarbeitung
2.3.2.2 Bildverbesserung durch optische Algorithmen

3. Gang der Forschung
3.1 Forschungsdesign
3.2 AM- Wertschöpfungskette und Anforderungen
3.2.1 Processing
3.2.2 Post-Processing
3.3 Anforderungen an die Qualitätssicherung
3.4 Anforderungen an die Bildverarbeitung
3.5 Einsatzmöglichkeiten optischer Algorithmen in der Bildverarbeitung

4. Prototyp Studienprojekt
4.1 Einordnung in die AM- Wertschöpfungskette
4.2 Architektur des Prototyps
4.3 Ausführung des Prototyps
4.4 Verwendete optische Algorithmen
4.4.1 Binärsegmentierung: Schwellenwertverfahren
4.4.2 Kantendetektion: Canny- Algorithmus
4.4.3 Konturenvergleich: Algorithmus von Suzuki und Abe
4.5 Analyse des Prototyps
4.5.1 Evaluation anhand der Anforderungsanalyse
4.5.2 Stärken-Schwächen-Analyse

5. Diskussion

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

AM - Additive Manufacturing

BV - Bildverarbeitung

CAD - Computer Aided Design

DXF - Drawing Interchange Format

PNG - Portable Network Graphics

QS - Qualitätssicherung

SLM - Selektive Laser Melting

STL - Standard Tessellation Language

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Bezugsrahmen

Abbildung 2: AM-Wertschöpfungskette

Abbildung 3: CAD-Modell und STL-Format

Abbildung 4: Treppenstufeneffekt am physischen AM-Bauteil

Abbildung 5: Qualität, Beschaffenheit und Güte

Abbildung 6: Zusammenhang Computergrafik und Bildverarbeitung

Abbildung 7: Oberes Teilbild: Bildausschnitt mit einer vergrößerten Grauwertkante. Unteres Teilbild: Grafische Darstellung des Grauwertverlaufs entlang der Strecke (AB) (Grauwertprofil)

Abbildung 8: (a) Die Original-Lena, (b) Gradient vertikal, (c) Gradient horizontal, (d) Betrag des Gradienten

Abbildung 9: Baufortschrittsbestimmung

Abbildung 10: Drei-Schichten-Architektur

Abbildung 11: Klassendiagramm Architektur des Prototyps

Abbildung 12: Aktivitätsdiagramm Programmablauf „Image-DXF-Comparing“

Abbildung 13: Vergleich mit DXF-Dateien

Abbildung 14: Vergleich mit Hilfe von Bildexport mit Referenzobjekt

Abbildung 15: Segmentierung mit fester Schwelle bei unterschiedlichen Kontrasteigenschaften

Abbildung 16: Übersicht Canny-Algorithmus

Abbildung 17: Konturenerkennung mit dem Algorithmus Suzuki und Abe - Links: Hierarchieebene [1/15]; Rechts: Hierarchieebene [9/15]

Abbildung 18: Prüfungsablauf Prototyp

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Anforderungen an die Qualitätssicherung

Tabelle 2: Anforderungen an die BV

Tabelle 3: Prüfung der Anforderungen am Prototyp

1. Einleitung

Das Ziel dieser Bachelorarbeit mit dem Titel „Optische Algorithmen zur Qualitätssicherung im Additive-Manufacturing-Prozess" ist es, die Rolle optischer Algorithmen in der Qualitätssicherung (QS) im Additive Manufacturing (AM) festzustellen. Die optischen Algorithmen finden im Rahmen der QS ihre Anwendung im Bereich der Bildverarbeitung (BV).

Im vorausgegangenen Studienprojekt mit dem Titel „Optische Algorithmen zur Qualitätssicherung im Additive-Manufacturing-Prozess" wurde ein Prototyp entwickelt, der es ermöglicht, physische Objekte mit deren virtuellem 3D-Modell zu vergleichen, um Aussagen zur Übereinstimmung und Qualität des Objektes treffen zu können. Dies setzt der Prototyp durch einen Vergleich der Konturen des physischen mit dem virtuellen Objekt um.

Im Rahmen dieser Bachelorarbeit liegt der Fokus darauf, inwiefern optische Algorithmen als Teil der BV die QS unterstützen können. Dabei werden Anforderungen aus der AM-Wertschöpfungskette an die QS und BV erhoben. Der Prototyp dient hierbei als Grundlage zur Evaluierung der gestellten Anforderungen.

1.1 Motivation und Problemstellung

Der AM-Prozess erstellt physische Bauteile aus digitalen 3D-Modellen. Dabei wird das Bauteil nach den Vorgaben des 3D-Modells schichtweise aufgebaut. Es gibt dazu eine Vielzahl an Fertigungstechnologien.1 Die beiden Technologien, die am meisten verwendet werden, sind Fuseddepositionmodeling und Selective Laser Sintering.

AM wird bereits heute in vielen Branchen eingesetzt, bspw. in der Luftfahrtindustrie. Dort wird AM nicht nur zur Produktion neuer Bauteile, sondern auch zur Reparatur bereits existierender verwendet.2

Das AM zeichnet sich gegenüber klassischen Fertigungsverfahren durch eine hohe Gewinnspanne aus, die durch seine niedrigeren Herstellungskosten ermöglicht wird.3 Ein zusätzlicher Vorteil ist auch die geringe Time-to-Market, die es den Unternehmen ermöglicht, flexibler zu agieren.4

Dies hat zur Folge, dass AM in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. So hat sich das Marktvolumen im Vergleich von 2009 zu 2016 bereits versechsfacht, von 1 Milliarde US-Dollar auf 6 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2020 wurde eine weitere Steigung des Marktvolumens um 31% prognostiziert.5

Gerade in Branchen wie der oben genannten Luftfahrtindustrie ist es unabdingbar, Produkte mit hoher Qualität zu verwenden. Deshalb kommt hier der Qualitätssicherung eine zentrale Rolle in der Sicherstellung dieser zu. Eine hohe Bauteilqualität kann nur durch die Anwendung von zuverlässigen QS-Methoden erreicht werden.

1.2 Stand der Forschung

Obwohl AM ein großes Potenzial aufgrund der freien Gestaltung von komplexen Bauteilen hat, wird dieses Verfahren zur Erstellung von Objekten aktuell nur verhalten in der Praxis eingesetzt. Gründe dafür sind die große Anzahl an Mängeln, die sich durch schwankende Prozessparameter ergeben.6

Während sich die Produktion von Plastikteilen durch AM rasant verbreitet hat, befinden sich die Herstellungsmethoden von Metallbauteilen noch in den Kinderschuhen. Hier ist abgesehen von der Bauteilqualität und der Reproduzierbarkeit, die Zuverlässigkeit der Bauteile das Hauptanliegen, da die Stabilität bei metallischen Produkten eine wichtige Eigenschaft ist.7

Es existiert im Bereich des AM kein einheitliches QS-Verfahren, um sämtliche Qualitätsmerkmale eines Bauteils zerstörungsfrei ermitteln zu können. Ein vielversprechender Ansatz ist der Einsatz von Computertomographen zur Bildaufnahme. Damit wird ermöglicht, neben Aussagen über die Form des Bauteils auch eine Prüfung über die innere Beschaffenheit des erstellten Objekts durchzuführen. Aber um den Einsatz eines Computertomographen in der Praxis etablieren zu können, werden noch weitere Forschungen benötigt.8

Neben Computertomographie verspricht der Einsatz des maschinellen Lernens in der QS eine verbesserte und schnellere Qualitätsbestimmung durch BV. In der Praxis findet das bislang jedoch nur zu Testzwecken Anwendung. Auch hier ist es notwendig, weitere Forschungen in diesem Bereich durchzuführen.9

1.3 Forschungsfrage und Bezugsrahmen

Die Qualitätssicherung ist aufgrund der hohen Fehlerrate in der Produktion eine der wichtigsten Disziplinen im Bereich des AM. Dabei werden im Rahmen der Qualitätsprüfung BV-Methoden verwendet. Die Methoden der BV basieren dabei auf dem Einsatz von optischen Algorithmen.

Ziel dieser Arbeit ist es, den Einfluss von optischen Algorithmen auf die QS mittels BV im AM zu bestimmen. Im Rahmen der Bearbeitung dieser Thematik ergibt sich die Forschungsfrage:

„Inwiefern eignen sich optische Algorithmen zur Unterstützung AM-basierter Wertschöpfungsprozesse".

Es wurden die Zusammenhänge zwischen optischen Algorithmen, der BV und der QS zur Unterstützung AM-basierter Wertschöpfungsprozesse darstellt und erläutert. Der Bezugsrahmen in Abbildung 1 stellt dabei eine Übersicht über die Themenbereiche dar.

Das AM-Bauteil ist dabei der Ausgangspunkt für die anderen für diese Arbeit relevanten Bereiche. An dieses Bauteil werden Qualitätsansprüche in Form von Qualitätsmerkmalen gestellt. Die QS soll die Erfüllung dieser an das Bauteil gestellten Anforderungen unterstützen und überwachen. Dabei bedient sich die QS der BV-Methoden. Die BV führt einen Soll-Ist-Vergleich zwischen dem physischen und dem virtuellen Bauteil durch, um so eine Aussage über die Qualität des AM-Bauteils treffen zu können. Der Vergleich wird in der BV durch den Einsatz einer Vielzahl optischer Algorithmen unterstützt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Bezugsrahmen

1.4 Gang der Arbeit

Um zunächst notwendige theoretische Hintergrundinformationen der vorliegenden Thematik darzustellen, erfolgt in Kapitel 2 der Bachelorarbeit eine kurze Einführung in die Wertschöpfungskette des AM und dem Übergang von virtuellen in physische Bauteile. Es folgen die Grundlagen der QS durch BV und die Besonderheiten speziell im AM. Abschließend wird in Kapitel 2 auf die optischen Algorithmen und ihre Verbindung zur BV eingegangen. Des Weiteren werden in Kapitel 2.3.2.1 „Kantenextraktion als Grundlage für die Bildverbesserung“ die grundlegenden Operationen der BV erläutert.

Der theoretische Teil in Kapitel 3 wird ergänzt durch eine Darstellung des Forschungsdesigns, ehe anschließend die zwei für diese Arbeit wichtigsten Fertigungsschritte der AM-Wertschöpfungskette genauer beschrieben werden. In den nachfolgenden Kapiteln werden Anforderungen an die QS und BV erhoben. Als letztes werden die Einsatzmöglichkeiten von optischen Algorithmen für das Erfüllen der an QS und BV gestellten Anforderungen beschrieben.

Aufbauend auf dem theoretischen Grundverständnis und den in der Folge erhobenen Anforderungen wird die Evaluation des während des vorausgegangenen Studienprojekts erstellten Prototyps durchgeführt. Hierzu wird in Kapitel 4 zunächst der Prototyp in die AM-Wertschöpfungskette eingeordnet und die Architektur sowie die Ausführung des Prototyps vorgestellt. Es folgt die Erläuterung der verwendeten Algorithmen, der Binärsegementierung, der Kantendetektion und des Konturenvergleichs. Zum Abschluss des Kapitels wird der Prototyp anhand der im vorherigen Kapitel erhobenen Anforderungen geprüft und einer Stärken-Schwächen-Analyse unterzogen.

Kapitel 5 gibt einen Überblick über die sich in der Forschung befindenden möglichen Zukunftstechnologien und wie sich diese sowohl auf AM, QS als auch auf die BV und die optischen Algorithmen auswirken können, ehe in Kapitel 6 ein Fazit zu der Thematik und der Forschungsfrage dieser Bachelorarbeit gezogen wird.

2. Grundlagen Additive Manufacturing

In diesem Kapitel geht es darum, die für das weitere Verständnis dieser Arbeit nötigen Grundlagen zu vermitteln.

Beginnend mit den Grundlagen des AM-Wertschöpfungsprozesses, in dem neben der Wertschöpfungskette auch die virtuelle und die physische Ebene des AM erläutert wird.

Anschließend wird in diesem Kapitel die QS durch BV beschrieben, indem zuerst auf den Begriff der QS eingegangen wird, ehe die Formulierung von Qualitätsanforderungen an Bauteile erfolgt. Abschließend werden die Besonderheiten der QS beim Umgang mit AM-Bauteilen erläutert.

Der letzte Teil dieses Kapitels beschäftigt sich mit den optischen Algorithmen und den Ansatzpunkten, beginnend mit den Grundlagen des maschinellen Sehens, bevor auf die Kantendetektion als Ausgangspunkt der Kanten- und Konturextraktion eingegangen wird.

Optische Algorithmen und ihre Ansatzpunkte werden zum Ende des Kapitels erläutert, indem auf die Grundlage für die Anwendung von optischen Algorithmen eingegangen wird, welche das maschinelle Sehen darstellt. Anschließend wird auf die Rolle der Kantenextraktion in der BV und die Bildverbesserung durch optische Algorithmen erläutert.

2.1 Additive Manufacturing und AM- Wertschöpfungskette

Das AM ist ein generatives Fertigungsverfahren, bei dem Bauteile durch das Schichtbauprinzip gefertigt werden. Der AM-Fertigungsprozess läuft komplett automatisiert und computergestützt ab. Das herzustellende Objekt wird durch slicing in Scheiben aufgeteilt und anschließend schichtweise aufgebaut.

Das Schichtbauprinzip hat den Vorteil, dass es möglich ist, geometrisch komplexe Strukturen zu erstellen, die durch traditionelle Fertigungsverfahren nicht oder nur mit einem hohen Aufwand realisierbar sind.10

Der AM- Wertschöpfungsprozess besteht, wie in Abbildung 2 dargestellt, aus einem virtuellen und einem physischen AM-Bauteil. In der virtuellen Ebene wird eine digitale Vorlage des gewünschten Bauteils erstellt und verarbeitet. In der physischen Ebene wird Schicht für Schicht ein physisches Bauteil nach den Vorgaben der virtuellen Ebene gefertigt und verarbeitet. Die AM- Wertschöpfungskette besteht insgesamt aus fünf Verarbeitungsschritten.

Im ersten Verarbeitungsschritt, dem Design, werden die gewünschten Bauteile mit Hilfe von Computerprogrammen als CAD-Dateien (Computer Aided Design) erstellt. Sie werden anschließend im zweiten Verarbeitungsschritt, dem Pre-Processing in die Schichtdarstellung überführt, indem aus den CAD-Dateien STL-Dateien (Standard Tessellation Language) generiert werden. Aus den Komponenten des Pre-Processing wird ein Build Job erstellt. Dieser wird im dritten Fertigungsschritt, dem Processing benötigt. Processing stellt die erste physische Ebene der Wertschöpfungskette dar. Es wird physische Bauteil schichtweise erstellt, indem der im Pre-Processing erstellte Build Job ausgeführt wird. Um eine hohe Bauteilqualität erreichen zu können werden im Post-Processing verschiedene Korrekturen an dem Bauteil ausgeführt. Eine dieser Korrekturen ist zum Beispiel das Entfernen von nötigen Stützen und das Reinigen des Bauteils. Anschließend wird im fünften Verarbeitungsschritt, der Application, das Bauteil an der gewünschten Stelle installiert.11 12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: AM-Wertschöpfungskette12

2.1.1 Virtuelles Additive-Manufacturing-Bauteil

Die vollständige Beschreibung der Geometrie durch einen digitalen 3D-Datensatz, der als 3D-Modell bezeichnet wird, ist die unabdingbare Voraussetzung für die additive Fertigung eines Bauteils. Das 3D-Modell enthält zusätzliche Informationen über Werkstoff, Oberflächengüte, Fertigungsverfahren und viele mehr.13

Es ist sehr wichtig, dass das 3D-Modell des herzustellenden Objekts vollständig und fehlerfrei beschrieben wird. Die benötigten Daten stammen in der Regel aus CAD- Konstruktionen.

Es gibt neben der manuellen Konstruktion am Computer auch die Möglichkeit, die Messwerte aus geeigneten Maschinen wie 3D-Scannern und Computertomographen zu erhalten und aus diesen Daten die CAD-Modelle zu rekonstruieren. Die Modelle werden unabhängig von der Fertigung erstellt. Zur Produktion muss das virtuelle Modell an die Fertigungsanlage übergeben werden.14

Die Anwendung additiver Verfahren ist im Kontext der industriellen Produktentstehung deshalb in besonderem Maße mit CAD-Verfahren verknüpft.

Wie anhand des Beispiels einer Tasse in Abbildung 3, werden die durch AM zu fertigenden Bauteile vor dem Druck, ausgehend von der CAD-Datei, mathematisch in Schichten gleicher Stärke unterteilt. Wobei für jede dieser Schichten die Kontur definiert vorliegen muss. Das ist die Voraussetzung, dass das Objekt produziert werden kann.

Durch die Umwandlung wird die Oberfläche des Bauteils trianguliert, das bedeutet, sie wird mit Dreiecken überzogen. Dabei kann es sich um unterschiedlich große Dreiecke handeln, diese müssen allerdings eben sein. Die in der STL-Formulierung mit Dreiecken überzogene Oberfläche bezeichnet man als Triangulation oder Tesselation. Dabei wird die Form der tatsächlichen Geometrie durch Triangulation angenähert. Das Verwenden von STL-Dateien ist für das AM nicht standardisiert, stellt jedoch einen de facto Industriestandard dar, da fast alle additiven Fertigungsmaschinen in der Praxis damit arbeiten.15 16

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: CAD-Modell und STL-Format16

2.1.2 Physisches Additive-Manufacturing-Bauteil

Physische Bauteile im AM können aus Kunststoffen, Metallen, Keramiken und einigen anderen Materialien bestehen, bei denen sich das Fertigungsverfahren unterscheidet.17

Normalerweise besitzt das physische Bauteil die Farbe des Ausgangsmaterials. Es gibt jedoch bereits Technologien, die eine individuelle Färbung erlauben. Die Färbung ist allerdings dadurch, dass nur jedes Dreieck individuell gefärbt werden kann, limitiert.18

Durch Abweichungen von Prozessparametern wie der Laserstärke, Scangeschwindigkeit, Pulverbetttemperatur und der Pulverkorngrößen ist es so gut wie unmöglich, eine exakte Reproduktion eines Bauteils zu erzeugen.19

Wie in Abbildung 4 sichtbar, tritt durch den schichtweisen Aufbau bei generativen Fertigungsverfahren ein sogenannter Treppenstufeneffekt auf, bei dem die einzelnen Schichten am physischen Bauteil sichtbar sind.20

Dieser Treppenstufeneffekt, kann durch Verringerung der Schichtdicke minimiert werden, jedoch nicht gänzlich abgeschafft, da die Schichtdicke nicht den Wert null annehmen kann.21 22

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Treppenstufeneffekt am physischen AM-Bauteil22

2.2 Qualitätssicherung durch Bildverarbeitung

Durch die Steigerung des Automatisierungsumfangs bei zunehmender Flexibilität ist in vielen Industrieebenen ist eine Entwicklung der Produktionstechnik festzustellen. Nachdem die Fertigung größtenteils automatisiert ist, ist es das Ziel, auch die Qualitätsprüfung zu automatisieren. Gründe hierfür liegen auch im stetig wachsenden Qualitätsbewusstsein und in den strengeren Abnahmebedingungen.

Um eine gleichbleibend hohe Produktqualität sicherstellen zu können genügen, die in der Vergangenheit häufig ausreichenden Stichproben nicht mehr. Stattdessen werden Vollprüfungen bzw. 100 Prozent Prüfungen durchgeführt. Eine besondere Bedeutung bei den Vollprüfungen hat die visuelle Kontrolle. Durch die höheren

Qualitätsansprüche müssen neben dem Erkennen von Oberflächenfehlern zunehmend auch die sichtbaren Störstellen erkannt werden, die keine Funktionsbeeinträchtigung des Produktes zur Folge haben. Folglich reicht die visuelle Kontrolle zur reinen Fehlererkennung nicht mehr aus. Es muss eine Qualitätsbeurteilung der Oberflächen durchgeführt werden.

Viele Prüfungen werden derzeit von Prüfpersonal durchgeführt, was unter dem Begriff „manuell-visuelle-Prüfung" verstanden wird. Diese bringt mehrere Nachteile mit sich. Es ist durch diese Art der Prüfung und der subjektiven Beurteilungen der Prüfer unmöglich, eine standardisierte Prüfung durchzuführen. Der Beurteilungsprozess ist außerdem eine monotone Arbeit und daher sehr anstrengend, was zu mehr Fehlern in der Beurteilung führt.

Die Beurteilung von texturierten Oberflächen stellt zudem eine fast unlösbare Aufgabe dar und eine hohe Produktionsrate ermöglicht keine Vollprüfung durch einen „manuellvisuellen" Prüfvorgang.

Eine der Hauptaufgaben von BV-Systemen stellt deshalb heutzutage die Qualitätskontrolle dar.23

2.2.1 Qualitätssicherung

„Die Qualitätssicherung umfasst ... alle organisatorischen und technischen Maßnahmen, vorbereitend, begleitend und prüfend der Schaffung und Erhaltung einer definierten Qualität eines Produkts ... dienen."24

Die QS besteht aus drei Teilfunktionen, der Qualitätsplanung, Qualitätssteuerung und der Qualitätskontrolle.

In der Qualitätsplanung werden zulässige Ausprägungen in Form einer Norm für die Qualitätsmerkmale festgelegt.

Die Qualitätssteuerung beinhaltet die Vorgabe der Produktanforderungen sowie deren Erfüllungsüberwachung, um, falls nötig, Korrekturen im Produktionsprozess vorzunehmen.

Die Qualitätskontrolle nutzt einen Soll-Ist-Vergleich, um festzustellen, ob und in welchem Umfang die Produkte die an sie gestellten Qualitätsanforderungen erfüllen. Die Qualitätskontrolle kann in Totalkontrolle, welche alle Erzeugnisse kontrolliert und dadurch für das AM relevant ist, und Partialkontrolle, die nur Stichproben überprüft, stattfinden.25

2.2.2 Qualitätsanforderungen an Bauteile

Es existiert eine Vielzahl an Definitionen zum Begriff Qualität. Eine der zentralen Definitionen ist der Ansatz, den Begriff Qualität, nach Garvin, in fünf Teile zu zerlegen.

Die Vorstellung, die ein Mensch über Qualität durch Erfahrungen über die Jahre entwickelt hat, ist der transzendente Ansatz. Bei diesem die Qualität nicht eindeutig definiert werden kann. Dies liegt an der subjektiven Wahrnehmung von Qualität eines jeden Menschen.

Der zweite Ansatz ist der wertorientierte Ansatz, bei dem die Kosten-Leistungs-Rela- tion eine zentrale Rolle spielt. Hier wird die Qualität als relative Größe gesehen, welche von der vom Kunden wahrgenommenen Qualität und dem monetären oder nicht-monetären Aufwand abhängig ist.26

Die hersteller-, produkt- und kundenorientierten Ansätze stellen heutzutage die Standards des Qualitätsmanagements dar. Beim herstellerorientierten Ansatz wird die Qualität anhand interner Qualitätsstandards bestimmt.

Der produktorientierte Ansatz bestimmt die Qualität durch Messungen und Einhalten von vorbestimmten Normen.

Während beim kundenorientierten Ansatz die durch den Kunden gegebenen Anforderungen an das Produkt verwendet werden, um die Qualität zu bestimmen.

Wie in Abbildung 5 zu sehen, wird Qualität häufig in bewertbar und nicht bewertbar eingeteilt. Die Beschaffenheit und somit der nicht wertende Teil sind messbare Qualitätsmerkmale, die mit den an sie festgelegten Qualitätsanforderungen verglichen werden können. Die Güte hingegen bezeichnet eine zweckbezogene Wertung und ist somit ein subjektives Charakteristikum. Da eine subjektive Bewertung in dieser Arbeit keine Rolle spielt, wird in Zukunft unter dem Begriff Qualität nur die Beschaffenheit eines Produkts verstanden.27

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Qualität, Beschaffenheit und Güte28

2.2.3 Qualitätsmerkmale im Additive-Manufacturing-Bauteil

AM-Bauteile unterscheiden sich von klassischen Bauteilen hauptsächlich durch ihren schichtweisen Aufbau. Eine weitere Besonderheit ist, dass es nahezu unmöglich ist, eine exakte Reproduktion eines Bauteils zu erstellen, aufgrund der voneinander abweichenden Prozessparameter während des Druckvorgangs. Die Parameter unterscheiden sich bspw. in der Scangeschwindigkeit, Pulverkorngröße oder Laserstärke.26

Dies macht eine Prüfung eines jeden erstellten Bauteils auf Qualitätsmerkmale unumgänglich. Im Folgenden werden die Qualitätsmerkmale an AM-Bauteilen genauer erläutert.

Die BV ermöglicht es, die Form- und Maßhaltigkeit und die Oberflächengüte durch Soll-Ist-Vergleiche zu prüfen. Die Erfassung geometrischer Größen erfolgt in der Form- und Maßprüfung, diese Überprüfung ist elementar, um fehlerhafte Teile frühzeitig aussortieren zu können.27 Damit das Bauteil qualitativ hochwertig ist, müssen die Kennzahlen der Ist-Daten im definierten Toleranzbereich liegen.28 Optische Methoden spielen eine zentrale Rolle in der Erhebung von Ist-Daten. Es gibt eine Reihe verschiedener Verfahren zur Bestimmung dieser Daten.30

Durch einen Soll-Ist-Vergleich können die folgenden Kategorien von Qualitätsmerkmalen eines Bauteils durch die BV überprüft werden:

- Formhaltigkeit

Einhaltung von Formmerkmalen eines Bauteils wie Kontur, Flächenform, Linienform, Geradheit, Ebenheit, Rundheit und Zylinderform

- Maßhaltigkeit

Einhaltung von Maßmerkmalen, wie Länge, Abstand, Winkel, Radius, Durchmesser, Schichtdicke und Wandstärke.

- Oberflächengüte

Die Oberflächengüte ist unterteilt in quantitative und qualitative Merkmale. Unter quantitativen Merkmalen versteht man die periodisch auftretenden Abweichungen, dargestellt durch Welligkeit und Rauheit. Die Farbe, Oberflächenfehler und Texturierung des Bauteils zählen hingegen zu den qualitativen Merkmalen. Die Prüfung der Farbe erfolgt durch den Vergleich mit einer Referenzfarbe oder durch Gleichmäßigkeitsprüfungen. „Als Oberflächenfehler bezeichnet man die nicht beabsichtigten oder eine vorgegebene Toleranz überschreitenden örtlichen Verformungen, Auftragungen oder Trennungen vom Werkstoff, die vor, während oder nach der Bearbeitung entstanden sind."29 Der visuelle Eindruck der Beschaffenheit des Bauteils wird durch die Textur beschrieben. Eigenschaften der Textur sind u.a. die Glattheit, Faserung oder das Raster der Oberfläche.30

2.3 Optische Algorithmen und Ansatzpunkte

2.3.1 Maschinelles Sehen

Die Ursprünge hat das maschinelle Sehen im menschlichen Sehen. Das menschliche Sehen kann in drei Teile eingeteilt werden. Sehen, Erkennen und Entscheiden. Da das maschinelle Sehen an das menschliche Sehen angelehnt ist, wird diese Dreiteilung hier ebenfalls verwendet.

Im Kontext der BV bedeutet Sehen, im Gegensatz zum menschlichen Sehen, ein ganzes Spektrum an BV-Operationen und nicht nur die eigentliche Bildaufnahme. Es gibt außerdem eine Vielzahl von Bildaufnahmeverfahren, wie z. B. indirekte Bildaufnahmemethoden, bei denen nicht direkt ein Bild geliefert wird, sondern dieses Bild, bevor es verwendbar ist, durch Rekonstruktionsverfahren bearbeitet werden muss. Außerdem müssen nach der Bildaufnahme geeignete Schritte zur Kalibrierung und zur Verminderung von Störungen bei der Bildaufnahme durchgeführt werden. Des Weiteren gibt es Methoden, welche statt einem einzigen Bild zeitgleich mehrere aufnehmen, um so die unterschiedlichen Eigenschaften wiedergeben zu können. Ein Beispiel hierfür ist die mehrdimensionale Kernspin-Resonanz-Spektroskopie.31

Nach dem Sehen folgt das Erkennen, das durch Merkmalsextraktion geeignete Merkmale identifiziert und diese Merkmale eindeutig Objekten zuordnet.32

Dabei spielt die Objekterkennung durch Nachbarschaft eine große Rolle. Diese stellt die Grundlage für die Identifikation von Kanten (Kapitel 2.3.2.1) und Texturen dar. Die Kantendetektion ermöglich das Gewinnen von Bildinformationen, indem aus der Bilddatei durch Zusammensetzung von Kanten Objektkonturen extrahiert werden können. Dabei können Bilder in Regionen eingeteilt werden. Regionen sind Bereiche im Bild mit gleichen Texturen.

Durch die Ermittlung von Kanten, Texturen und Regionen wird die Abstandsmessung ermöglicht, indem zwei aus verschiedenen Blickrichtungen aufgenommene Bilder betrachtet werden und in diesen die Kanten, Texturen und Regionen bestimmt und verglichen werden.33

Der letzte Schritt des maschinellen Sehens ist das Entscheiden. Nach dem Erkennen von Objekten, ist es möglich, die Maße und die Geometrie von ihnen zu extrahieren. Durch die Extraktion der Parameter der Objekte ist es möglich, diese zu klassifizieren und Entscheidungen und Reaktionen abhängig von der erkannten Klasse durchzuführen.35

[...]


1 Vgl. Thompson u. a. (2016), S. 738

2 Vgl. Forbes u. a. (2017), S. 225

3 Vgl. Thompson u. a. (2016), S. 737

4 Vgl. Patel u. a. (2019), S. 1ff.

5 Vgl. Pei u. a. (2019), S. 15

6 Vgl. Hartmann u. a. (2012), S. 1

7 Vgl. Mandeville u. a. (2017), S. 1ff.

8 Vgl. Toth u. a. (2015), S. 13f.

9 Vgl. Patel u. a. (2019), S. 1f.

10 Vgl. Gebhardt (2016), S. 1f.

11 Vgl. Morar u. a. (2017), S. 1f.

12 Abbildung übernommen und bearbeitet aus: Morar u. a. (2017), S. 2

13 Vgl. Gebhardt (2016), S. 29

14 Vgl. Gebhardt (2016), S. 26

15 Vgl. Gebhardt (2016), S. 35

16 Abbildung übernommen aus: Gibson u. a. (2015), S. 25

17 Vgl. Gibson u. a. (2015), S. 109ff.

18 Vgl. Gibson u. a. (2015), S. 368

19 Vgl. Gibson u. a. (2015), S. 123

20 Vgl. Gibson u. a. (2015), S. 22

21 Vgl. Breuninger u. a. (2013), S. 55f.

22 Abbildung übernommen aus: Gebhardt (2016), S. 23

23 Vgl. Jähne u. a. (1996), S. 80f.

24 Prof. Dr. Kai-Ingo Voigt (19.02.2018), URL siehe Literaturverzeichnis

25 Vgl. Prof. Dr. Kai-Ingo Voigt (19.02.2018), URL siehe Literaturverzeichnis

26 Vgl. Gibson u. a. (2015), S. 123

27 Vgl. Jähne u. a. (1996), S. 98f.

28 Vgl. Demant u. a. (2011), S. 22

29 Jähne u. a. (1996), S. 101

30 Vgl. Jähne u. a. (1996), S. 99ff.

31 Vgl. Jähne u. a. (1996), S. 36

32 Vgl. Jähne u. a. (1996), S. 38

33 Vgl. Jähne u. a. (1996), S. 19

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Optische Algorithmen zur Qualitätssicherung im Additive-Manufacturing-Prozess. Inwiefern eignen sich optische Algorithmen zur Unterstützung AM-basierter Wertschöpfungsprozesse
Note
2.0
Jahr
2020
Seiten
47
Katalognummer
V1006968
ISBN (eBook)
9783346392459
Sprache
Deutsch
Schlagworte
3D Druck, Additive Manufacturing, Qualitätssicherung, Bildverarbeitung, Optische, Schichtenmodel, Algorithmen
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Optische Algorithmen zur Qualitätssicherung im Additive-Manufacturing-Prozess. Inwiefern eignen sich optische Algorithmen zur Unterstützung AM-basierter Wertschöpfungsprozesse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1006968

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