Habsburg wird Großmacht


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

11 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Autor: Hannes Kazianka

Habsburg wird Großmacht

Das Geschlecht der Habsburger, die später zu einem der großen Geschlechter Europas werden sollten, lässt sich bis ins 10.Jahrhundert zurückverfolgen. Die Habsburger waren zu dieser Zeit Landgrafen des Zürich- und des Aargaus und übten die Vogteirechte am Vierwaldstättersee, in Schwyz, Uri und Unterwalden aus. Die Stammburg der Habsburger ist die Habichtsburg, welcher sie ihren Namen verdanken.

Der erste deutsche Kaiser aus dem Hause Habsburg war Rudolf I, der von den Kurfürsten gewählt wurde.

Nachdem die Habsburger bei der Wahl zum deutschen Kaiser nicht berücksichtigt wurden, ließ Herzog Rudolf IV fünf Schriftstücke in seiner Wiener Kanzlei fälschen, die beweisen sollten, dass der Herzog von Österreich schon immer eine bevorzugte Stellung im Reich eingenommen hat. Als Vorlage für diese Fälschungen diente das Privilegium Minus, Kaisers Friedrichs III, in dem Österreich am 17.September 1156 zum Herzogtum erhoben wurde. Im genaueren sind dies Briefe von Kaiser Heinrich IV, Kaiser Friedrich I, König Heinrich VII und Kaiser Friedrich II, sowie ein Privileg König Rudolf I. So wurde Österreich zum Erzherzogtum und bekam damit besondere Vorrechte.

Anfang des 16 Jahrhunderts war das Haus Habsburg kometenhaft zu einer Großmacht aufgestiegen. Karl V wurde 1519 zum römischen König gewählt und 1530 als letzter Regent im Reich von Papst Klemens VII zum Kaiser gekrönt. In seinem Herrschaftsbereich ging tatsächlich ,,die Sonne nie unter", denn der jugendlich Monarch vereinigte die habsburgerischen Erblande seines Großvater väterlicherseits, Kaiser Maximilian I, mit dem Besitz seines Vaters, Erzherzog Philipp von Österreich, Herr der Niederlande, und dem Erbe seines Großvaters mütterlicherseits, König Ferdinand II von Aragon-Kastillien. Damit herrschte er über die amerikanischen Besitzungen Spaniens, die ihm in der Folge reiche Einnahmen an Gold und Silber verschafften.

Die Habsburger wurden zu dieser Zeit von den Türken stark bedroht. Dieses Volk, welches seit der Einnahme von Konstantinopel im Mai 1453 über den Balkan kam, stand mit seinem Befehlsherren Sultan Süleyman II, dem Prächtigen, am 25.9.1529 nach der Eroberung der Festung Ofen vor den Toren Wiens. Insgesamt griffen die Türken in vier Angriffsstürmen an. Der erste Angriff erfolgte bereits am 22. September, wurde jedoch mühelos zurückgeschlagen. Am 24. ordnete der oberste Feldhauptmann, Niklas Graf zu Salm, die Niederbrennung der Wiener Vororte an, da sie keine Minute länger verteidigt werden konnten: Mehr als 800 Häuser fielen den Flammen zum Opfer. Am 25. trafen die letzen Reichstruppen zur Verteidigung Wiens in der Stadt ein, am darauffolgenden Tag hatte das osmanische Heer seinen Aufmarsch beendet, am 27. war auch die Donaufront geschlossen, nachdem die Flotte der Türken die Donaubrücken und den Tabor in Brand gesteckt hatten. Die Belagerung begann.

Dreimal versuchten die Türken die Stadt im Sturm zu erobern, doch vergebens. Für den 14. Oktober wird daraufhin zum letzten, entscheidenden Angriff geblasen. Doch die nur notdürftig geschlossenen Breschen der Stadtbefestigung halten Dank des mutigen Einsatzes der Verteidiger stand. Gegen 15 Uhr ist der Ansturm der Türken abgewehrt. Die hohen Verluste, Seuchen im Heerlager und die ungünstiger werdenden Witterungsverhältnisse veranlassen Sultan Süleyman die Belagerung Wiens erfolglos abzubrechen. Gegen Mitternacht ertönt lautes Geschrei aus dem Lager der Türken die nur die jungen und gesunden Gefangenen in die Sklaverei mitführen wollen, die alten und kranken aber ermorden. Am 17.Oktober ist der Großteil des osmanischen Heeres bereits abgezogen, am 18. Oktober verlässt auch die Nachhut unter Ibrahim Pascha das aufgegebene Lager. Zwei Tage später treffen die von Pfalzgraf Friedrich bei Rhein geführten Einsatztruppen in Wien ein. Am 17. Februar 1568 schließen Kaiser Maximilian II und Sultan Selim II den Frieden von Adrianopel: Die Übereinkunft des letzen Friedensschlusses vom März 1562 von Kaiser Ferdinand I, in dem der gegenseitige Besitzstand garantiert und die Zahlung eines jährlichen Ehrengeschenkes an den osmanischen Sultan vorgesehen wird, wird erneuert. Außerdem wird eine Friedensdauer von acht Jahren vereinbart. Selim hat den Krieg seines Vaters, nach dessen Tod Anfang September 1566 bei der Belagerung der ungarischen Festung Sziget weniger heftig weitergeführt und zeigte sich zu einer Einigung mit dem Kaiser bereit. Der Friedensschluß von Adrianopel führt auch zu einem Vertrag zwischen Maximilian II und dem ungarischen Gegenkönig Johann Sigmund Zapolya, der fortan nicht mehr mit der Unterstützung der Türken rechnen kann und deshalb im Vertrag von Speyer, am 16.8.1570, auf den Titel eines Königs von Ungarn verzichtet, allerdings Fürst von Siebenbürgen bleibt und mehrere ungarische Komitate, zu Lehen erhält. In einem zusätzlichen Geheimvertrag sichert sich Zapolya dem Kaiser Hilfe gegen seine einstigen Verbündeten zu.

Im Sommer 1578, weil trotz des Friedens von Adrianopel die osmanischen Grenzzwischenfälle, die es schon zuvor gab, anhalten, setzt Kaiser Rudolf II seine Brüder als Verantwortliche für die Grenzverteidigung ein. Erzherzog Ernst ist für die ungarische, Erzherzog Karl II von Innerösterreich für die kroatische Grenze zuständig. Der Kaiser ernennt seinen Bruder Ernst zudem zum Statthalter im Land über und unter der Enns.

Obwohl der Friede von Adrianopel ein weiteres Mal verlängert wird kommt es wieder zu regelmäßigen Grenzverletzungen durch die Türken, die Einfälle ohne Artillerie nicht als Friedensverletzung begreifen. Im Frühjahr 1593 überschreitet Pascha Hassan von Bosnien ohne Kriegserklärung den Grenzfluß Kulpa und belagert die wichtige kroatische Festung Sissek. Am 22.6.1593 endet die Schlacht bei Sissek mit dem Sieg der kaiserlichen Truppen. Pascha Hassan und rund 20 000 Türken bleiben auf dem Schlachtfeld zurück. Sultan Murad III erklärt Rudolf II den Krieg und fällt mit einer großen Streitmacht in Kroatien ein. Der folgende Türkenkrieg dauert vom 13.5.1594 bis zum 11.11.1606. Mit diplomatischem Geschick hat der Kaiser eine ansehnliche Türkenhilfe bewilligt erhalten. Auch Papst Klemens VIII sagt Hilfstruppen zu. Im Herbst 1594 wird die kaiserliche Armee unter Erzherzog Matthias mehrmals vom überlegenen osmanischen Heer geschlagen. Die ungarische Festung Raab muss sich den Türken ergeben, da die bewilligten Reichstruppen noch nicht zur Verfügung stehen. Kaiser Rudolf II gewinnt mit Sigismund Bathory einen tatkräftigen Verbündeten gegen die Türken, indem er ihn zum freien Fürsten von Siebenbürgen ernennt. Bei der Schlacht von Meszö-Keresztes, nahe Erlau, besiegen die Türken die kaiserlich siebenbürgischen Truppen.

Die kaiserlichen Truppen erobern im März 1598 die Festung Raab wieder zurück. Ein Jahr vor dem Ende des Türkenkrieges erobert das osmanische Unterstützungsheer Gran, Visegrad, Palota, Veszprem und Neuhäusel.

Am 11.11.1606 kommt es zum Frieden zwischen Erzherzog Mathias und Sultan Ahmed I in Zsitvatorok, nördlich von Komorn, Ungarn. Grundlage des Friedensvertrages ist der tatsächliche Besitzstand beider Parteien. Für die Habsburger gehen so nur Gran, Erlau und Kanizsa verloren. Das bisherige jährliche Ehrengeschenk über dreißigtausend Dukaten an den Sultan, welches praktisch eine Art von Tributleistung darstellt, wird durch ein einmaliges ,,Geschenk" in Höhe von zweihunderttausend Gulden ersetzt. Erstmals wird mit dem Vertrag von Zsitvatorok der Kaiser von den Türken erstmals als gleichwertiger Partner anerkannt.

Rudolf II stimmt dem Frieden trotzdem nur widerwillig zu- der Grund dafür liegt wohl weniger in den Vertragsbestimmungen, als vielmehr in der Abneigung des Kaisers gegenüber seinem Bruder Matthias. Zudem war der Kaiser vom Schah von Persien um eine Weiterführung des Kampfes gebeten worden, um dem osmanischen Sultan in einem Zweifrontenkrieg die erhoffte schwere Niederlage zuzufügen. Der auf zwanzig Jahre abgeschlossene Friedensvertrag wird schon 1616 und abermals 1625 erneuert. Der Frieden währt recht lange, doch dann erobern die Türken die Festung Neuhäusel und in der Folge ganz Oberungarn. Der Reichstag beschließt die Aufstellung eines Heeres gegen die Türken und am 1.8.1664 wird das osmanische Heer bei Mogersdorf entscheidend besiegt. Der Vormarsch der Türken nach Westen ist damit beendet. Der Sieg führt unmittelbar zum Abschluss des Friedens von Vasvar. Trotz des militärischen Erfolges überlässt Kaiser Leopold I den Türken Neuhäusel und Großwardein, zu dem wird der von Istanbul protegierte Michael Apafi als Fürst von Siebenbürgen anerkannt. Der für den Kaiser wenig vorteilhafte Vertrag wird auf zwanzig Jahre abgeschlossen, doch er verliert mit dem Zug zur zweiten Türkenbelagerung Wiens 1683 seine Gültigkeit.

Im Frühjahr 1683 bricht Sultan Mehmed IV mit einem großen osmanischen Heer von Adrianopel Richtung nordwesten auf; am dritten Mai übergibt er dem Großwesir Kara Mustafa den Oberbefehl über das 150 000 Mann starke Heer, das mit 300 Kanonen gegen Wien zieht. Die Einnahme der Residenzstadt Kaisers Leopold I, der als Repräsentant des christlichen Abendlandes verstanden wird, soll die Überlegenheit des islamischen Morgenlandes dokumentieren. Am 7. Mai hält der Kaiser in der Nähe von Preßburg Heerschau - gemeinsam mit seinem Verbündetem, Kürfürst Max Emanuel von Bayern, überträgt Leopold Herzog Karl V von Lothringen den Oberbefehl über das kaiserliche Heer:

22 000 Infanterie, 100 000 Kavalleristen und 56 Kanonen. Auf anraten eines päpstlichen Gesandten werden die Feldzeichen mit dem Bild der Gottesmutter versehen, was den religiösen Charakter des bevorstehenden Feldzuges gegen die heidnischen Türken unterstreicht. Diesen Brauch behalten die österreichischen Truppen 255 Jahre bei.

Am 1. Juli überschreitet Kara Mustafa die Leitha, am Abend des 7. Juli flieht der Kaiser, der ,,nit wollte in Wien eingspehrt werden" nach Linz, Ernst Rüdiger Graf von Stahemberg wird zum Stadtkommandanten ernannt. Am 8.Juli trifft Herzog Karl V mit seiner Kavallerie in Wien ein. Am 13. Juli folgen 6 000 Mann der regulären kaiserlichen Infanterie. Zusammen mit der Bürgerwehr und anderen Freiwilligen zählen die Verteidiger Wiens ungefähr 15 000 Mann. Am selben Tag beginnt die Belagerung von Wiener Neustadt, das über zwei Monate Stand hält. Die Türken haben bereits Hainburg und Schwechat erobert, sowie Pellendorf, Laa, und Inzersdorf gebrandschatzt. Am 14. Juli erscheint das osmanische Heer vor Wie und beginnt mit der Einschließung der Stadt. Herzog Karl V zieht mit seinem Reiterheer auf das linke Donauufer und verhindert dadurch, dass Wie gänzlich umzingelt wird. Nachdem die Aufforderung, den islamischen Glauben anzunähem und sich auf Tribut zu ergeben abgelehnt worden ist, beginnt am 15.Juli die Kanonade Wiens. Am folgenden Tag ist die Stadt in einem Halbkreis von der Donau bei Erdberg bis zur Donau in der Roßau eingeschlossen. Reiterschwärme durchziehen das Land südlich und westlich von Wien, brechen jeglichen Widerstand, plündern und brandschatzen Dörfer, Märkte und Klöster. Osmanische Streifschaaren ziehen über das Tullnerfeld entlang der Donau bis nach Oberösterreich. Nur wenige befestigte Plätze vermögen den Ansturm der Türken, die sich in St. Pölten festsetzen, erfolgreich abzuwehren, zum Beispiel die Stifte Lilienfeld, Melk und Klosterneuburg. Am 2. August zünden die Türken erstmals eine Mine, die fortan regelmäßig erfolgenden Sprengungen verursachen zum Teil schwere Schäden an der Befestigungsmauer der Stadt. Der Kampf um Wien ist durch wechselnde Angriffe der Belagerer und Ausfälle der Verteidiger gekennzeichnet. Am 17. August kehrt der am 13. Ausgeschickte Kundschafter mit der Nachricht zurück, dass ein polnisches Entsatzheer im Anmarsch ist. Am 31. Übergibt Herzog Karl V im niederösterreichischen Oberhollabrunn dem vorausgeeilten polnischen König Johann III den Oberbefehl über den Entsatz von Wien.

Die Lage der Verteidiger Wiens wird immer bedrohlicher, da neben Lebensmittel- und Munitionsmangel auch die Ruhr in der Stadt ausbricht. Am 9.September stirbt der Wiener Bürgermeister Andreas von Libenberg und nach am gleichen Tag erreicht das Entsatzheer den nördlichen Rand des Wienerwaldes und zieht in drei getrennten Marschsäulen weiter. Die Schlacht über die Türkenschanze gegen 14 Uhr entwickelt sich zu einem gewaltigen Ringen, welches um 16 Uhr entschieden ist. Die Türken beginnen zu fliehen, erst am nächsten Tag zeigt sich das wahre Ausmaß des errungenen Sieges: 10 000 gefangene Türken, alle dreihundert Geschütze und 15 000 Zelte, ungezählte Waffen und Feldzeichen haben die Belagerer bei ihrer Flucht hinterlassen. Die Verbündeten klagen nur über 2000 Tote. Allerdings sind Hunderte Kriegsgefangene von den Türken vor ihrer Flucht erschlagen worden. Noch am 13. September zieht der polnische König in Wien ein, einen Tag später trifft erst der Kaiser auf dem Schlachtfeld ein und reitet durch das Stubentor in die Stadt, wo im Stephansdom ein Dankgottesdienst zelebriert wird. Die Habsburger verübeln jedoch den Polen, dessen alleinigen Einzug in die Residenzstadt, die nach 62 Tagen eines gnadenlosen Verteidigungskampfes, großen Verlusten und starken Verwüstungen von der Belagerung durch die Türken befreit ist.

Nach der zweiten Türkenbelagerung wird am 17. Jänner 1685 das erste Kaffeehaus eröffnet. Ein kaiserliches Heer erringt am 12. August 1687 in der Schlacht an der Donaubrücke bei Mohacs in Ungarn einen entscheidenden Sieg über die Türken, der zur Zurückeroberung ganz Ungarns und zum Ende der osmanischen Herrschaft im ganzen Land führt. Prinz Eugen von Savoyen zeichnet sich durch seinen persönlichen Einsatz im Kampf besonders aus und wird schwer verletzt.

Sechzehn Jahre nach dem Entsatz von Wien schließen Kaiser Leopold I und Sultan Mustafa II den Frieden von Karlowitz. Das osmanische Reich muss Ungarn und Siebenbürgen, aber allerdings ohne das Temesvarer Banat, an Österreich, Teile Dalmatiniens und der Herzegovina, sowie Morea an Venedig abtreten und auch mit Polen Frieden schließen. Die Verhandlungen über eine Beendigung des 16jährigen Krieges, wurde bald nach dem entscheidenden Sieg des Prinzen Eugen in der Schlacht bei Zenta aufgenommen, wo mehr als 25 000 Türken gefallen sind. Der Prinz leitete allerdings die Gespräche zwischen Gesandten des Kaisers und der ,,Hohen Pforte" in Istanbul ein, die zum Abschluss des Friedens von Karlowitz führen.

Der Friede sollte 25 Jahre gelten, doch kommt es bereits im April 1716 zu einem erneuten Krieg mit den Türken. Der Kaiser wird von Venedig um Beistand gegen die Türken gebeten, die Morea besetz hatten. Die Aufforderung Karl VI, die Bestimmungen des Friedens von Karlowitz einzuhalten, beantwortete das osmanische Reich mit der Kriegserklärung an Österreich. Kurz darauf kam es bei Peterwardein zum ersten großen Aufeinandertreffen beider Heere: Prinz Eugen besiegte die fast doppelt so große Streitmacht der Türken unter Großwesir Damad Ali Pascha, der in der Schlacht fiel. Nach der Eroberung von Temesvar, nahm Prinz Eugen die Belagerung von Belgrad auf. Im August gelang es einem zahlenmäßig überlegenen Entsatzheer, welches aus 200 000 Mann bestand, nicht den Belagerungsring der rund 90 000 Österreicher zu durchdringen, worauf Stadt und Festung Belgrad am 22. August genommen werden konnte.

Bald nach dem Verlust Belgrads leiteten die Türken Friedensverhandlungen ein, bei denen Großbritanien und die Niederlande die Vermittlerrolle übernahmen. Der nunmehr geschlossene Friede von Passarowitz bringt Österreich erheblichen Landgewinn: Es erhält die fünf Distrikte der Walachei, das Banat, Teile Serbiens mit Belgrad sowie Teile Bosniens. Außerdem verpflichten sich die Türken zur Toleranz gegenüber den ihnen Untertanen Christen und schließen einen Handelsvertrag mit Österreich.

Nun kommen wir zu Karl VI, der die Nachfolge von Joseph I am 12.10.1712 antritt. Er war zuvor Karl III von Spanien. 1713 erlässt er die pragmatische Sanktion, durch die er seine Töchter vor den beiden Töchtern seines 1711 verstorbenen Bruders Joseph I als erbberechtigt erklärt. Karl VI setzt damit das ,,Pactum mutuae successionis" Kaiser Leopolds I außer Kraft, dass die ,,Josephinische" Linie, also die österreichische Linie, vor die spanische- ,,karolinische" Linie des Hauses Habsburg stellte. Ferner beinhaltet die pragmatische Sanktion die Unteilbarkeit der habsburgischen Länder. Nach Veröffentlichung stimmten die österreichischen Länder, Ungarn und Siebenbürgen dem Vertrag zu. Damit ist im Fall eines Aussterbens der Habsburger im Mannesstamm die Erbfolge für die älteste Tochter gesichert. Außerdem schließt die Quadrupelallianz von London, also Karl VI, Frankreich und Großbritannien, mit Spanien den Frieden von Haag. Dem Frieden war ein langer Streit um Spaniens Thron vorausgegangen: Der Streit beginnt nach dem Tod Königs Karl II am 1. November 1700. Das spanische Reich umfasst damals Spanien, Sadinien, Sizilien, Neapel, Mailand, die spanischen Niederlande sowie die ausgedehnten Überseekolonien. Karl II erklärte den Bourbonen Philipp von Anjou, einen Enkel des französischen Königs Ludwig XIV zu seinem Universalerben. Nach dem Tode Karls erhebt auch Kaiser Leopold I Erbansprüche auf das Haus Habsburg. Während Frankreich Philipp von Anjou als Philipp V zum König von Spanien ausrufen lässt, proklamiert Leopold I seinen zweiten Sohn Karl am 12. September 1703 als Karl III gleichfalls zum spanischen König. Dem Kaiser schwebt dabei die Restauration des habsburgerischen Weltreiches Karl V vor; Ludwig XIV hingegen, mit Karl dem zweiten verschwägert, will Frankreichs Ansprüche als europäische Großmacht sichern. Mit dem Frieden von Rastatt am 6. März 1714 zwischen Kaiser Karl dem VI und König Ludwig XIV wird der spanische Erbfolgekrieg der seit 1701 große Teile Europas in Mitleidenschaft gezogen hat, entgültig beendet. Bis 1710 hatte es herausragende Erfolge der kaiserlichen Partei gegeben und Frankreich schien fast am Ende, als zwei Ereignisse zur unerwarteten Wende führten: Zunächst wurde John Churchill Herzog von Malborough, der Führer der britischen Regierungspartei, gestürzt, und Großbritannien nahm geheime Friedensverhandlungen mit Frankreich auf. Als nun Karl III von Spanien seinen Bruder Joseph I als Kaiser im Reich nachfolgte waren die habsburgischen Verbündeten nicht länger bereit Karls Ansprüche auf die spanische Krone zu unterstützen, weil sie ein Wiederaufleben des Weltreiches Karl V fürchteten. Unterhandlungen mit Frankreich führten daraufhin am 11. April 1713 zum Abschluss des Ersten von insgesamt 11 Verträgen im Rahmen des Friedens von Utrecht. Österreich und das Reich blieben dem Abkommen zunächst fern, da es die Anerkennung Philipp V als rechtmäßigen Königs von Spanien vorsah. Doch musste Kaiser

Karl rasch erkennen, dass der Krieg gegen Frankreich nicht allein fortgesetzt werden konnte. In diesem Frieden von Rastatt konnte Österreich erhebliche Landgewinne verzeichnen: AltBreisach, Freiburg im Breisgau und die Festung Kehl, die spanischen Niederlande mit Ausnahme der von den holländischen Generalstaaten beanspruchten Grenzfestungen sowie Sardinien; ferner behält es die spanischen Besitzungen in Italien, Neapel, Mailand und Mantua. Frankreich verpflichtet sich seine rechtsrheinischen Fortifikationen abzubrechen und die den Reichsständen abgewonnenen Gebiete zurückzugeben.

In diesem zuvor schon angesprochenen Vertrag von Haag erkennt der Habsburger Kaiser Karl VI seinen einstigen Konkurrenten Philipp V als König von Spanien an. Spanien hatte 1717 mit der Rückeroberung der an Österreich übergegangenen spanischen Nebenländer begonnen, worauf Kaiser Karl VI das Bündniss mit Großbritannien und Frankreich schloss. Österreich gibt nun Sadinien an das Haus Savoyen-Piemont und erhält dafür Sizilien.

Am 16. Juni 1722 übernimmt Kaiser Karl VI die Schutzherrschaft über die 1719 gegründete Ostendische Handelskampagnie und erteilt ihr für 30 Jahre das alleinige Recht Handel in Ost- und Westindien sowie an der afrikanischen Küste zu treiben. Außerdem wird ihr freie Verwaltung zugestanden sowie die Bewilligung erteilt, unter kaiserlicher Flagge zu segeln. Karl VI hatte den Hafen von Ostende zu einem großen Handelsplatz ausbauen lassen, um der Wirtschaft in den Österreichischen Niederlanden den Handel mit den Kolonien zu erleichtern. Übergriffe der Holländer veranlassen den Kaiser nun zu dieser Schutzherrschaft. Am 30. April 1725 schließen die einstigen Konkurrenten um die spanische Krone, Kaiser Karl VI und König Philipp V von Spanien den Wiener Vertrag, in dem der Kaiser endgültig auf Spanien, Philipp V auf die ehemalig spanischen Niederlande, Mailand und Sizilien verzichtet. Ferner enthält der Vertrag die gegenseitige Anerkennung und den grundsätzlichen Verzicht auf die Vereinigung beider Länder; Spanien erklärt zudem sein Einverständnis mit der pragmatischen Sanktion. Don Carlos, dem Sohn Philipps V, wird die Anwartschaft auf Florenz, Parma und Piacenza zugesichert. In einem zusätzlichen Geheimpapier vom selben Tag vereinbaren die beiden Regenten die Gegenseitige Hilfe in einem Kriegsfall. Am 1. Mai schließen Österreich und Spanien auch einen Handels- und Schifffahrtsvertrag, der die gegenseitige Handelsfreiheit garantiert und Spaniens Anerkennung der ostendischen Handelskampagnie enthält. Als Reaktion auf den österreichisch-spanischen Ausgleich schließen Großbritannien, Hannover, Preußen und Frankreich am 3.9.1725 den auf 15 Jahre befristeten Vertrag von Herrenhausen, der eine gegenseitige Besitzstandsgarantie enthält und darüber hinaus für den Kriegsfall wechselseitige Waffenhilfe vereinbart. Am 20.10.1740 stirbt Kaiser Karl VI kurz nach seinem 55. Geburtstag in Wien. Obwohl zuvor die meisten europäischen Großmächte die Zustimmung zur Pragmatischen Sanktion gaben, scheiterte die Politik der diplomatischen Absicherung seiner Nachfolge, da Karl Albrecht von Bayern und Friedrich August III von Sachsen, zwei große Gegner der Pragmatischen Sanktion, in König Philipp V von Spanien und König Friedrich II von Preußen Unterstützung finden. Am 16 Dezember 1740 marschieren preußische Truppen in Schlesien ein, während die österreichische Armee nicht gut gerüstet ist. So bewahrheitet sich der Satz von Prinz Eugen, welcher sagte: ,,Hunderttausend Mann und ein gefüllter Schatz sind die besten Garantien der Pragmatischen Sanktion".

Nach einer Niederlage gegen Friedrich II von Preußen in der Schlacht bei Chotusitz 17.5.1742 willigt Maria Theresia zum Präliminarfrieden von Breslau ein, in dem sie sich zum Verzicht auf beinahe ganz Schlesien bereiterklärt .

Durch das Anwachsen der habsburgischen Macht durch die Verträge von Worms beunruhigt Friedrich II und lässt ihn die Truppen abermals in Böhmen einrücken. Maria Theresia lehnt auch nach der verheerenden Niederlage in der Schlacht von Hohenfriedberg am 5.6.1745 jegliche Friedensverhandlungen ab. Erst nach den Schlachten bei Soor und Kesseldorf, in denen die Österreicher erneut hohe Verluste erzielen, willigt Maria Theresia in den Frieden von Dresden ein: Am 25. 12.1745 wird der Friede von Berlin bestätigt, der den ersten schlesischen Krieg beendet hat, und der Verzicht Österreichs auf Schlesien erneuert. Preußen erkennt dafür Franz I Stephan, den Gatten Maria Theresias, als neuen Kaiser an. Nach Beendigung des zweiten Schlesischen Krieges verlagert sich der Erbfolgekrieg auf den Boden des Reiches. Das Ende wird schließlich durch das Eingreifen Russlands herbeigeführt, das Hilfstruppen an den Rhein schickt. Nach langwierigen Verhandlungen schließen Österreich, Großbritannien, Sardinien und die Niederlande einerseits sowie Frankreich, Spanien, Modena und Genua andererseits am 18.10.1748 den Frieden von Aachen, der den Österreichischen Erbfolgekrieg nach siebenjähriger Dauer beendet. Das Haus Habsburg verliert neben Schlesien nur die oberitalienischen Herzogtümer Parma, Piacenza und Guastalla, behält aber die Österreichischen Niederlande. Die Erbansprüche Maria Theresias sind nun allgemein anerkannt und die Reichskrone ist nun wieder im Besitz der Habsburger. Österreich hat seine europäische Machtstellung behauptet.

Maria Theresia brachte viele Reformen heraus:

Reform von Justiz und Verwaltung: Mit einem Handschreiben schafft Maria Theresia am 15.1.1749 zwei neue Zentralstellen: Erstens, die oberste Justizstelle, die alle Funktionen des obersten Gerichtshofes und des Justizministeriums ausübt; ein Kanzler fungiert als Präsident, ihm sind zwei Vizekanzler und 15 Räte beigegeben. Zweitens, die oberste Verwaltungsstelle, mit dem Titel ,,directorium in internis" auch ,,directorium in publicis et cameralibus" genannt, die für Inneres und Finanzen zuständig ist; erster Leiter wird der Schlesier Friedrich Wilhelm Graf Haugwitz.

Der Hofkriegsrat für das Kriegswesen und die geheime Haus-, Hof- und Staatskanzlei für äußere Angelegenheiten bleiben bestehen. Vater des Reformplans ist Graf Haugwitz. Reorganisierung der Armee: An Stelle der Werbung für das Heer trat die Aushebung für einen lebenslänglichen Militärdienst. Diese Aushebung betraf nur Bauernsöhne und Taglöhner. Die Ausbildung der Offiziere erfolgte in der neugegründeten Wiener Neustädter und Wiener Akademie.

Finanzwesen: Noch unter Karl VI musste der Hauptteil der steuern von den Bürgern aufgebracht werden. Maria Theresia sorgte für eine gerechte und gleichmäßige Verteilung der Steuerlasten: Sie unterwarf den bisher abgabenfreien Grundbesitz des Adels und der Geistlichkeit der Steuerpflicht. Um für die Rekrutierung und die Steuervorschreibungen die nötigen Unterlagen zu erhalten, ließ sie eine Volkszählung durchführen, die Häuser nummerieren und ein Grundbuch anlegen. Durch die vergangenen Kriege war ein Münzchaos entstanden, welches sie mit einer neuen Währung unter Kontrolle brachte. Sie schließt mit Bayern eine Münzkonvention, in der ein neuer Münzfuß vereinbart wird. Ein Gulden entspricht einem halber Taler und hat 14 Gramm Silber. Die Randschrift wird eingeführt um die Beschneidung der Münzen zu verhindern.

Schulordnung: Die neue Schulordnung von Ignaz von Felbiger wandelt die kirchlichen Volksschulen in Staatschulen um und gliedert sie in Trivial-, Normal- und Hauptschulen. Statt des Einzelunterrichtes werden Klassen eingeführt, der Religionsunterricht wird zum regulären Schulfach. Felbiger schafft ferner neue Lehrpläne und gründet Seminare zur Ausbildung der Lehrer.

Eine weitere Reform betrifft die Kirche die von nun an vom Staat beaufsichtigt wird. Im Gerichtswesen wird ein neues Strafgesetz eingeführt und die Folter als Beweismittel wird abgeschafft.

Nun zum siebenjährigen Krieg mit Preußen: Preußische Truppen überschreiten am 29.8.1756 ohne Kriegserklärung die sächsische Grenze und am 10.1.1757 wird im Reichstag der Reichskrieg gegen Preußen beschlossen. In der Schlacht bei Kolin, östlich von Prag besiegen die Österreicher das preußische Heer, woraufhin Maria Theresia den ,,Militärischen Maria- Theresien-Orden" stiftet. Mit der Niederlage der preußischen Armee gegen ein vereintes österreichisch-russisches Heer bei Kunersdorf im Sommer 1759 scheint die Entscheidung im Krieg gefallen zu sein, obwohl Preußen Siege in den Schlachten bei Roßbach und Leuthen davontrug. Die als dritter Schlesischer Krieg bezeichnete Auseinandersetzung bekam durch den gleichzeitigen Kampf Frankreichs und Großbritanniens um die Vorherrschaft in den Kolonien globale Ausmaße. Friedrich II bemühte sich nach der Niederlage bei Kunersdorf um das Zustandekommen eines Friedens, der von Österreich und Russland abgelehnt wurde. Der Krieg dauerte an und Preußen vermochte erneut, militärische Erfolge zu erringen, zum Beispiel bei Liegnitz und Torgau 1760. Allerdings war die Armee zu geschwächt um diese Siege zu nutzen. Dann jedoch wurde der Tod der russischen Zarin Elisabeth zum Vorteil für Preußen, da ihr Nachfolger Zar Peter III ein Verehrer des Preußenkönigs war. Er stellte Friedrich II ein großes Heer zur Verfügung. Nach der Stürzung Peters III durch seine Gattin Katharina II blieb die erhoffte Unterstützung durch Russland aus, doch trotzdem besiegte Friedrich II die Österreicher in der Schlacht bei Burkersdorf. Auch bei Freiberg in Sachsen mussten die Österreicher eine Niederlage hinnehmen, welche die letzte blutige Auseinandersetzung des siebenjährigen Kriegs darstellt. Am 15.2.1763 wurde der Friede von Hubertsburg beschlossen, in dem Österreich auf Schlesien und die Grafschaft Glatz verzichtet.

Maria Theresia hatte 16 Kinder, 5 Sohne und 11 Tochter. Als Franz Stephan 1746 zum Kaiser gewählt wurde, lehnte Maria Theresia ihre Krönung aus Kostengründen ab. Obwohl sie nie den Kaisertitel trug wurde sie dennoch von ihren Zeitgenossen ,,Kaiserin" genannt. Als sie am 29.11.1780 im Alter von 63 Jahren in Wien starb, übernahm ihr ältester Sohn, Joseph II, die Regentschaft.

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
Habsburg wird Großmacht
Note
1
Autor
Jahr
2000
Seiten
11
Katalognummer
V101107
ISBN (eBook)
9783638995283
Dateigröße
392 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Von den Türkenkriegen bis Maria Theresia
Schlagworte
Habsburg, Großmacht
Arbeit zitieren
Hannes Kazianka (Autor:in), 2000, Habsburg wird Großmacht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101107

Kommentare

  • Gast am 14.5.2002

    dürftig.

    dürftig...sehr dürftig...

  • Gast am 27.1.2002

    Habsburg wird Großmacht.

    zu Privilegium minus:
    Friedrich III. lebte von 1415 - 1493. also handelte es sich um Friedrich I. der 1155 Kaiser wurde.
    Die berüchtigten Freiheitsbriefe Herzogs Rudolfs IV. von 1358/59 (Privilegium maius) wurden vom Habsburger Friedrich III., als er dann Kaiser war, ausdrücklich bestätigt und anerkannt, was zuvor immer abgelehnt wurde, wodurch sie reichsrechtlich gültig wurden (6. Jan. 1453). Hinzu kam der Titel eines Erzherzogs für die Mitglieder der innerösterreichischen Linie.

    Vgl. A. Lhotsky: Kaiser Friedrich III., In: Aufsätze und Vorträge Bd. II, H. Wagner u. H. Koller (Hrg.), München, 1971, S. 142
    o.a.
    K.-F. Krieger: Die Habsburger im Mittelalter, Stuttgart, 1994, S. 194

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