Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Gang der Arbeit
2 ESUG
2.1 Anlass und Zielsetzung des ESUG
2.2 Zahlen und Beispiele zum ESUG
3 Instrumente des ESUG
3.1 Debt-Equity-Swap
3.1.1 Allgemeine Informationen zum Debt-Equity-Swap
3.1.2 Vor- und Nachteile des Debt-Equity-Swaps
3.2 Schutzschirmverfahren
3.2.1 Allgemeine Informationen zum Schutzschirmverfahren
3.2.2 Vor- und Nachteile des Schutzschirmverfahrens
3.3 Vorläufiger Gläubigerausschuss
3.3.1 Allgemeine Informationen zum vorläufigen Gläubigerausschuss
3.3.2 Vor- und Nachteile des vorläufigen Gläubigerausschusses
4 Fazit
4.1 Zielerreichung
4.2 Perspektiven
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Zielsetzungen des ESUG
Abbildung 2: Größenverteilung der Unternehmen nach §267 HGB in Eigenverwaltung bis Januar 2018
Abbildung 3: Anteil der Anträge auf Insolvenz in Eigenverwaltung bei den 50 größten Unternehmensinsolvenzen
Abbildung 4: Durchführung eines Debt-Equity-Swaps
Abkürzungsverzeichnis
ESUG Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen
InsO Insolvenzordnung
1 Einleitung
Dieses Essay behandelt das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) im Rahmen des Moduls Turnaround Management. Die folgenden Kapitel erläutern die Problemstellung, die Zielsetzung und den Gang der Arbeit.
1.1 Problemstellung
Die Insolvenz eines Unternehmens ist ein Anzeichen einer unbewältigten oder nicht bemerkten Unternehmenskrise, die durch endogene und/oder exogene Faktoren ausgelöst wurde. Endogene Krisenauslöser bezeichnen hierbei innerbetriebliche Faktoren, die durch das Unternehmen aktiv beeinflusst werden können. Exogene Faktoren wirken von außen auf das Unternehmen ein und können dem spezifischen oder globalen Unternehmensfeld zugeordnet werden.1
Das Bewusstsein von Unternehmen, die Krise als Chance und nicht als aussichtslose Situation zu verstehen, beabsichtigte die am 01.01.1999 in Kraft getretene Insolvenzordnung (InsO) zu verstärken. Werden die Krisenursachen einer Unternehmung rechtzeitig festgestellt, gelingt es häufig, ein Unternehmen mittels Insolvenzplanverfahrens fortführen zu können. Hier knüpft das ESUG an, mit dem der Gesetzgeber beabsichtigt, das Stigma der Insolvenz hin zu einer Sanierungskultur zu verändern.2
1.2 Zielsetzung und Gang der Arbeit
Zu Beginn dieses Essays werden der Anlass für die Inkraftsetzung des ESUG und die Charakteristika des Gesetzes beleuchtet, bevor anschließend Zahlen und Beispiele die praktische Relevanz des ESUG illustrieren. Nachfolgend werden drei Instrumente des ESUG näher thematisiert. Hierbei wird mit dem Debt-Equity-Swap begonnen, sowie das Schutzschirmverfahren und der vorläufige Gläubigerausschuss erläutert. Zu jedem der drei Instrumente werden zunächst allgemeine Eigenschaften vorgestellt, bevor die jeweiligen Vor- und Nachteile diskutiert werden.
Zielsetzung dieses Essays ist es zu überprüfen, inwieweit die Intention des Gesetzgebers, eine Sanierungskultur in Deutschland zu etablieren, durch die Einführung des ESUG erreicht wurde.
2 ESUG
Das ESUG trat am 1. März 2012 in Kraft. Es sah eine Reformierung des Insolvenzrechts in wesentlichen Bereichen vor.3
2.1 Anlass und Zielsetzung des ESUG
Grund der Insolvenzrechtsreform war, dass nach vorheriger Rechtslage zahlreiche Hindernisse die frühzeitige Sanierung von insolvenzbedrohten Unternehmen erschwerten. Das Gesetz schuf für den Schuldner neue Möglichkeiten, ein Insolvenzverfahren eigenverantwortlich vorzubereiten und durchzuführen. So kann ein Sonderinsolvenzverfahren eingeleitet werden, um das Unternehmen im Schutzschirmverfahren nach §270b InsO oder im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung nach §270a InsO mittels Insolvenzplan zu sanieren. Darüber hinaus beabsichtige der Gesetzgeber, Schuldner und Gläubigern mehr Mitspracherecht in Bezug auf die Gestaltung des Insolvenzverfahrens einzuräumen und beiden Parteien mehr Planungssicherheit hinsichtlich des Verlaufs des Verfahrens zu verschaffen.4 Mit dem ESUG ist es beispielweise den Gläubigern und dem Schuldner erlaubt, aktiv den gewünschten Insolvenzverwalter mit fundierten betriebswirtschaftlichen Kenntnissen auszusuchen, anstatt wie vorher von der Auswahl der Gerichte abhängig zu sein.
Abbildung 1: Zielsetzungen des ESUG
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an https://www.diai.org/esug/, Zugriff am 23.05.2020
Weiterhin ermöglicht die Reform den Zugriff auf zahlreiche Liquiditätshilfen. Beispielsweise werden Löhne und Gehälter für bis zu drei Monate aus dem Insolvenzgeld bezahlt und Dauerschuldverhältnisse können unabhängig von der Laufzeit mit einer Frist von maximal drei Monaten aufgekündigt werden. Insgesamt verschafft das Insolvenzrecht dem angeschlagenen Unternehmen somit eine vorübergehende Auszeit vom Wettbewerb.5
2.2 Zahlen und Beispiele zum ESUG
Bundesweit wurden seit Inkrafttreten des ESUG bis Januar 2018 1.513 Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung nach §270a bzw. §270b beantragt bzw. vollzogen. Dies macht einen Anteil von 2,7% an den Gesamtverfahren (57.173) aus. Abbildung 1 illustriert, dass kleine Unternehmen im Sinne des §267 HGB kontinuierlich den größten Anteil der in Eigenverwaltung befindlichen Unternehmen darstellten.
Abbildung 2: Größenverteilung der Unternehmen nach §267 HGB in Eigenverwaltung bis Januar 2018
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an https://image-src.bcg.com/Images/Focus-ESUG-study_tcm108-190947.pdf, Zugriff am 15.05.2020
Sechs Jahre nach Einführung des ESUG liegt der Anteil der großen Unternehmen im Sinne des §267 HGB an den gesamten Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung bei überschaubaren 10%. Abbildung 2 veranschaulicht jedoch, dass das Eigenverwaltungsverfahren über die Jahre bei Großinsolvenzen, kategorisiert nach Mitarbeiterzahl, an Wichtigkeit zugenommen hat. Bekannte Beispiele für Großinsolvenzen in Eigenverwaltung stellen die Fluggesellschaft Air Berlin (nach §270a InsO), das Schuh-Einzelhandelsunternehmen Leiser (nach §270b InsO) oder die Warenhauskette Strauss Innovation (nach §270b InsO) dar.6 2017 erreichte der Anteil an eigenverwalteten Großinsolvenzen einen Höchststand von 64%.7
Abbildung 3: Anteil der Anträge auf Insolvenz in Eigenverwaltung bei den 50 größten Unternehmensinsolvenzen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: In Anlehnung an https://image-src.bcg.com/Images/Focus-ESUG-study_tcm108-190947.pdf, Zugriff am 15.05.2020
3 Instrumente des ESUG
Durch das ESUG wurden mehr als 50 Normen der InsO überarbeitet. Im nachfolgenden Kapitel sollen drei der wichtigsten Instrumente näher erläutert werden.8
3.1 Debt-Equity-Swap
Ein Debt-Equity-Swap findet seine Anwendung regelmäßig im Insolvenzplanverfahren. Er bezeichnet die Umwandlung einer Forderung eines Gläubigers gegenüber dem Schuldnerunternehmen in eine Beteiligung an dieser Gesellschaft.9
3.1.1 Allgemeine Informationen zum Debt-Equity-Swap
Der Debt-Equity-Swap stellt eine Sanierungs- bzw. Restrukturierungsmaßnahme dar. Zunächst findet ein Kapitalschnitt im Rahmen einer vereinfachten Kapitalherabsetzung statt. Anschließend wird eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtausschluss durchgeführt, indem der werthaltige Teil der Forderung des Gläubigers als Sacheinlage in das Unternehmen eingebracht wird. Die Forderung erlischt durch Konfusion und die Gläubiger erwerben Eigenkapital an der Gesellschaft.10 Abbildung 3 stellt diesen Vorgang, der in der Praxis in einem Schritt stattfindet, schematisch dar.
Abbildung 4: Durchführung eines Debt-Equity-Swaps
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Die Zustimmung der Alteigentümer der Gesellschaft zu den Kapitalmaßnahmen wird in den meisten Fällen durch die Übertragung eines geringen, symbolischen Anteils am neuen Eigenkapital der Gesellschaft erreicht. Da bei Nichtzustimmung der Insolvenzfall in der Regel nicht mehr abgewendet werden kann, läge die Befriedigungsquote des Eigenkapitals bei null und die Gesellschafter würden gar keine Anteile mehr an der Gesellschaft halten.11 Dennoch kann der Debt-Equity-Swap durch die Anwendung des Obstruktionsverbots (§245 InsO) auch gegen die Zustimmung der Altgesellschafter durchgesetzt werden.12
3.1.2 Vor- und Nachteile des Debt-Equity-Swaps
Aus Sicht der betroffenen Gesellschaft ist ein Debt-Equity-Swap vorteilhaft, da er sich positiv auf die Liquiditätslage des Schuldners durch die entfallenden Zins- und Tilgungszahlungen auf die vorherige Verbindlichkeit auswirkt. Dies trägt dazu bei, die beiden Insolvenzgründe Überschuldung (§19 InsO) und Zahlungsunfähigkeit (§17 InsO) zu beseitigen. Durch den Wandel von Fremd- in Eigenkapital wird ebenfalls die Bilanz der Gesellschaft bereinigt und folglich erhöht sich die Eigenkapitalquote.13 Dies wiederum steigert die Bonität und das Rating des Unternehmens und erleichtert somit die Chancen auf Fremdkapitalfinanzierung. Ebenfalls kann ein Gläubiger, der eine Beteiligung an der Gesellschaft erwirbt, wertvolles Know-how für die Restrukturierung in das Unternehmen einbringen. Ferner profitiert er von einem Mitspracherecht bei der Unternehmensführung und einer Wertsteigerung seiner Beteiligung bei einer erfolgreichen Sanierung. Darüber hinaus kann durch einen Debt-Equity-Swap der Totalverlust seiner Forderung vermieden werden.14 Des Weiteren erhält der Gläubiger die Möglichkeit den nicht mehr einbringbaren Teil seiner ursprünglichen Forderung aus den zukünftigen Gewinnen des Unternehmens wiederherzustellen.
Für den Neugesellschafter kann bei einem Debt-Equity-Swap grundsätzlich das Risiko einer Differenzhaftung auftreten, sofern der Debt-Equity-Swap außerhalb eines Insolvenzverfahrens erfolgt.15 Das Einbringen der Forderung in die Gesellschaft stellt eine Sacheinlage dar und führt folglich zu einer Sachkapitalerhöhung. Bei der Bewertung der Sacheinlage ist jedoch Sorgfalt geboten. Der Wert der Sacheinlage hat dem Nennbetrag des dafür erhaltenen Geschäftsanteils zu entsprechen. Ist dies nicht der Fall, ist der Neugesellschafter verpflichtet den Differenzbetrag als Bareinlage zu leisten. Nur der werthaltige Teil der Forderung ist tauglicher Gegenstand der Sacheinlage. Das ESUG (§254 Abs. 4 InsO) enthält bzgl. der Differenzhaftung eine wesentliche Haftungserleichterung. Diese besagt, dass nach gerichtlicher Bestätigung des Insolvenzplans Ansprüche gegen die bisherigen Gläubiger aufgrund einer Überbewertung der eingebrachten Forderungen nicht mehr geltend gemacht werden können.16
[...]
1 Vgl. Staatz, S., Insolvenzordnung, 2016, S. 1-22.
2 Vgl. Depré, P., Unternehmenskrise, 2019, S. 13-14.
3 Vgl. Evertz, D., Girotto, F., ESUG, 2014, S. 52-54.
4 Vgl. ebd.
5 Vgl. Plüskow, J., Insolvenzverfahren, 2014, S. 42.
6 Vgl. https://www.rolandberger.com/de/Publications/F%C3%BCnf-Jahre-ESUG.html, Zugriff am 16.05.2020.
7 Vgl. https://image-src.bcg.com/Images/Focus-ESUG-study_tcm108-190947.pdf, Zugriff am 15.05.2020.
8 Vgl. Evertz, D., Girotto, F., ESUG, 2014, S. 52-54.
9 Vgl. Löser, A., Finanzwirtschaftliche Sanierung, 2019, S. 63-64.
10 Vgl. ebd.
11 Vgl. Simon, S., Insolvenzrecht, 2010, S. 448-452.
12 Vgl. Tschauner, H., Debt-Equity-Swap, 2018, S. 757-786.
13 Vgl. Tschauner, H., Debt-Equity-Swap, 2018, S. 757-786.
14 Vgl. Hug, A., Judenhahn, D., Restrukturierung, 2014, S. 119-120.
15 Vgl. https://www.iww.de/gstb/gestaltungshinweis/gesellschaftsrecht-debt-equity-swap-als-sanierungsmassnahme-das-neue-esug-sieht-deutliche-erleichterungen-vor-f59159, Zugriff am 03.05.2020.
16 Vgl. Wansleben, T., Sachkapitalerhöhung, 2012, S. 2083-2086.