Du bist schuld! Eine Untersuchung über Scheidungen, die Gründe dafür und Mittel dagegen


Élaboration, 2021

54 Pages


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die Scheidung

Etwas zur Geschichte und Ethnologie der Ehe

Tricks der Natur und Konsequenzen daraus

Scheidungsgründe

Interventionen

Aussagen von Philosophie und Religion über das Miteinander

Psychologie und Therapie-Konzepte

„Glaubenssätze“

Familienregeln

Familiäre Netzwerke

Erwartungen und Kommunikation von Paaren

Das Problem der Untreue

Der Schatten

Der Beginn der Transformation

Die Sucht nach Bestätigung

Die Vermeidungsstrategien des „Ich bin halt..“

Meinungen und Tatsachen

Ärger

Gewohnheiten

Ein Wundermittel

Aggressivität

Mimosen

Probleme

Statt eines Nachworts

Quellennachweis/Leseliste

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser!

Im Vorwurf „Du bist schuld!“ gipfeln viele Streitigkeiten zwischen Partnern, ohne dass sich der Vorwerfende über die Projektion und seinen Anteil an der Konfrontation im Klaren ist. Einer äußerte bei dieser Gelegenheit: „Ich würde ja meine Fehler zugeben, wenn ich welche hätte“; nur dass man so zu keiner konstruktiven Diskussion und schon gar nicht zu einer Lösung ge-langt, sieht wohl ein Unbefangener ein, aber kaum ein Mensch in Rage.

Die Intentionen dieses Buches habe ich auf der Rückseite des Covers darge-legt, und bitte Sie, einen Blick darauf zu werfen. Hier möchte ich Ihnen zur Aufhellung der meist ernsten Materie einen Witz erzählen. Der Lehrer fragt: „Wie nennt man das, wenn man nur 1 Partner heiraten darf?“ Eifrig meldet sich der Maxl und der Lehrer ruft ihn auf: „Na Maxl, wie heißt das?“ „Mono-tonie, Herr Lehrer!“

Ich hoffe, dass Sie diesem Buch den einen oder anderen Hinweis für Ihre ei-gene Praxis entnehmen können. Man lernt nie aus – zu leben.

München, im April 2021 Der Autor

Die Scheidung

1. Scheidungszahlen von 1973 – 2019 (Angaben Bundesamt für Statistik)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2. Interpretation der Scheidungszahlen

Die langfristige Entwicklung der Scheidungszahlen zeigt eine deutliche Ab-nahme in den Jahren 1977 bis 1979, was auf die Änderung des Scheidungs-rechts zum 1. Juli 1977 im früheren Bundesgebiet zurückgeht. Damals er-setzte der Gesetzgeber das bis dahin geltende Schuldprinzip durch das Zer-rüttungsprinzip und führte darüber hinaus umfangreiche Neuregelungen zum Vermögens- und Versorgungsausgleich der ehemaligen Partner ein: nicht der Schuldige, sondern der finanziell Besserstehende zahlt jetzt. Eine Zunahme der Scheidungen zeigt sich 1991 und in den folgenden Jah-ren: Ursache hierfür war unter anderem die Einführung des bundesdeut-schen Scheidungsrechts in den neuen Ländern infolge der Wiedervereini-gung. Seit 2005 nahmen die Fallzahlen fast kontinuierlich ab.

3. Scheidungsquoten von 1960 bis 2019

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: Statista 2021)

Die Scheidungsquote gibt das Verhältnis der Scheidungen zu den Eheschlie- ßungen an und ist daher eine relative Zahlenangabe. Die ersten 4 Säulen zeigen die Zahlen für 1960, 1970, 1980 und 1990, die Säulen 5 – 8 die Zah- len für 1995, 2000, 2005 und 2010, ab Säule 9 die Zahlen für jedes Jahr von 2011 – 2019; der Maßstab ist also etwas verzerrt: die Zahlen steigen nicht so steil an, wie der erste Blick nahelegt.

Während die Scheidungen bis zu ihrem Höchststand von 213.975 im Jahr 2003 zunahmen und seither mit 148.066 im Jahr 2018 in einer langsamen Abnahme begriffen waren, verringerten sich auch die Eheschließungen seit dem höchsten Stand von 516.366 im Jahr 1990 langsam und kontinu- ierlich bis 2013 auf 373.655 und stiegen seither wieder leicht auf 416.340 im Jahr 2019 an. Weil die Scheidungszahlen fielen und die Eheschließun- gen wieder zunahmen, ging die Scheidungsquote von dem fast beängsti- genden Höchststand von 51,92 % im Jahr 2005 (mehr als jede 2. Ehe bun-desweit!) auf 32,94 % im Jahr 2018 zurück. 2019 nahmen die Scheidungen stärker als die Eheschließungen zu, sodass die Scheidungsquote auf 35,79 Prozent anstieg. Coronabedingt zeichnet sich für 2020 eine Abnahme der Heiraten und außerdem ein Zuwachs bei Scheidungen ab, sodaß die Schei- dungsquote wieder deutlich ansteigen dürfte.

4. Bemerkungen zum Scheidungsverhalten

Während in früheren Zeiten eine Scheidung in katholischen Gebieten als eine Art Sakrileg betrachtet wurde, und man mich noch im Jahr 1961 an-läßlich der Einstellung bei der damaligen Deutschen Bundespost in Mün-chen fragte, ob es in meiner Familie Scheidungen gebe , hat sich die Auf- fassung wegen des Wertewandels und der Änderungen des Scheidungs-rechts grundlegend geändert:

- Frauen sind infolge zweier Weltkriege in die Erwerbstätigkeit hinein- gewachsen und verfügen oft über ein eigenes Einkommen.
- Die neuen Scheidungsgesetze fallen für die bisherige Ehefrau günsti- ger und für eine Nachfolgerin finanziell ungünstiger aus.
- Partner werden oft als „Lebensabschnittspartner“ und als austauschbar angesehen. Die Partner haben wachsende Erwartungen an ihre Bezie- hung; Konsum und Freizeitbedürfnisse lassen zudem Aspekte der Kinder- erziehung und der Versorgung in den Hintergrund treten.
- Direkt nach dem 6. Ehejahr werden die meisten Scheidungen beantragt. Generell geht die Initiative in 51,5 % von der Ehefrau, in 40,9 % vom Ehe- mann, und bei 7,6 % von beiden aus. Nach mindestens 25 Ehejahren in der Midlife – Crisis, und wenn die Kinder aus dem Haus sind, liegt ein 2. Scheidungsgipfel.
- Die Hälfte der Geschiedenen hatte minderjährige Kinder. Im Jahr 2017 waren 124.000 Kinder von der Scheidung ihrer Eltern betroffen. Gerade Alleinerziehende und bei ihnen lebende Kinder sind besonders durch Ar- mut gefährdet; so lebt jedes 5. Kind in der BRD in Armut oder am Rande davon.
- Die Scheidungsraten differieren örtlich stark. In den Städten (außer in Berlin) werden die meisten Ehen geschieden. Die Landbevölkerung und traditionell katholische Gebiete weisen eine geringere Scheidungsrate auf.
- Es haben sich auch alternative Lebensformen wie das Zusammenleben ohne Trauschein oder gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften eta- bliert.

5. Verfahren bei Scheidungen

Die Scheidung wird vom Familiengericht in nichtöffentlicher Sitzung ver- handelt. Es ist zweckmäßig, sich dabei von einem Anwalt/einer Anwältin beraten und vertreten zu lassen. Auch die gemeinsame Bestellung eines Rechtsvertreters / einer Rechtsvertreterin durch beide Parteien ist mög-lich, ebenso wie der Versuch der Mediation durch einen Anwalt/eine An-wältin, bevor eine Scheidung ins Auge gefaßt wird.

Vor Einreichung der Scheidung muß im Regelfall ein Trennungsjahr ab- gewartet werden, nach dessen Ablauf das Scheitern der Ehe vermutet wird. Bei Auszug eines Partners wird die Trennung angenommen, sie ist aber auch in derselben Wohnung möglich, wenn kein Partner für den anderen tätig wird. Gerichte erkennen einen Scheidungsantrag an, der maximal 2 Monate vor Ablauf des Trennungsjahres eingereicht wird. Ab der Trennung behandelt das Finanzamt beide Partner wie Alleinstehen- de. Formal ist die Scheidung eines kinderlosen Paares bei einer Ehedau- er von weniger als 3 Jahren (unter Einhaltung des Trennungsjahres) am einfachsten.

Nach § 1565, Abs. 2 BGB kann die Scheidung eher erfolgen, wenn die Fortsetzung der Ehe eine unzumutbare Härte für einen Ehepartner be-deuten würde und die objektiven Gründe dafür in der Person des ande- ren Ehepartners liegen (sog. „Blitzscheidung“). Subjektive Bewertungen wie Lieblosigkeit oder emotionale Kälte reichen dafür nicht aus ebenso- wenig eine nachlässige Haushaltsführung, häufige Eifersuchtsszenen, eine einmalige körperliche Mißhandlung oder ein Seitensprung. Wegen der Gründe wird da gewöhnlich „schmutzige Wäsche gewaschen“ wie früher während der Geltung des Verschuldensprinzips.

Wann lassen Gerichte eine Blitzscheidung zu?

- Bei Alkoholabhängigkeit oder Drogensucht ohne Aussicht auf Besse- rung, weil eine Entziehungskur abgelehnt wurde oder fehlgeschlagen ist. * Morddrohungen, sonstige Bedrohungen/schwere Beleidigungen oder wiederholte Gewalt gegen Ehepartner und Kinder;
- erniedrigende Behandlung wie Mißhandlung vor den Kindern, Prosti- tution;
- Ehebruch von mindestens 3-monatiger Dauer oder Aufnahme einer neuen Beziehung, wenn vom Partner ein Kind erwartet wird. * Eine Unterhaltsverweigerung kann zur Scheidung wegen unzumutba- rer Härte führen.

Eine internationale Scheidung liegt vor, wenn einer der Ehegatten eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, oder im Ausland lebt. In man-chen Fällen kann ausländisches Scheidungsrecht gewählt werden, bei dem ggf. kein Trennungsjahr vorgeschrieben ist.

In Einzelfällen besteht die Möglichkeit der Eheaufhebung, etwa wenn gegen das Verbot der Doppelehe verstoßen wurde, oder bei arglistiger Täuschung beispielsweise über Vorstrafen. Dann gilt die Ehe als von vornherein ungültig.

Etwas zur Geschichte und Ethnologie der Ehe

Nach Meinung von Forschern gab es immer schon und verbreitet Promis-kuität, Polygamie in Form von Polygynie (1 Mann hat mehrere Frauen), Polyandrie (in einigen Gesellschaften hat 1 Frau mehrere Männer), Grup-penehe (früher auf Hawaii) und Monogamie. Es existierte die Raubehe und die Kaufehe, im Islam der Zwölfer-Schiiten im Iran bis heute die Ge-nußehe (mut’a) auf Zeit ohne Formalien für ½ Stunde bis zu 99 Jahren, die von den Sunniten als zina (Prostitution) abgelehnt wird. Mohammed erlaubte 4 Frauen und gebot, alle gleich zu behandeln. Im Serail des türki-schen Sultans lebten hunderte Frauen. Rangkämpfe und Stutenbissigkeit gab es auch dort; wenn eine Frau dem Sultan einen Sohn schenkte, stieg sie rangmäßig auf. In Tahiti herrschte bis zur Ankunft der Europäer freie Liebe, da die Natur 3 Ernten im Jahr ohne Arbeit bot - ein Beispiel für die Bestimmung von Bewußtsein und Sitten durch den ökonomischen Über-bau, im Calvinismus aber bestimmten rastlose Tätigkeit ‚zur Ehre Gottes‘ und Sparsamkeit unter erheblicher Kapitalbildung die Ökonomie. Bei Tie-ren leben Vögel zu 90 % in Monogamie, Säuger über 90 % in Polygynie (bei Vögeln sind Männchen das schöne Geschlecht, bei Säugern Weib-chen). Die häufigste Form der Ehe bildet die Exogamie Nichtverwandter: das ist im Sinne der Natur, weil sie die Gene durchmischt weiterverbrei- tet und die dominante Vererbung von Erbkrankheiten verhindert. Das Ge-genteil bildete die ehemals in Dörfern häufige Inzucht, welche die sprich- wörtlichen „Dorfdeppen“ hervorbrachte. Bei den ägyptischen Pharaonen durften nur Bruder und Schwester heiraten, Erbkranke wurden „ausgeson- dert“; diese eugenische Roßkur sollte die Dynastie durch Vererbung bloß gesunder Gene stärken. In Rom entschied der pater familias über die Ak-zeptanz Neugeborener durch Aufheben vom Boden.

Die Liebesheirat ist ein Produkt der Romantik. In orientalischen Ländern war und ist es immer noch üblich, eine Heirat durch die Familie auszuhan-deln; Zwangsehen sind dabei in Verruf geraten. Da es keine entsprechen-den Statistiken gibt, kann nicht gesagt werden, welches Verfahren besser funktioniert, wobei natürlich auch im Orient Liebesheiraten möglich sind.

Im Deutschland des Mittelalters galt die Eheschließung als rein weltliches Ritual: der Muntanwalt (Brautvater oder anderer männlicher Verwandter als Inhaber der personenrechtlichen Gewalt über die Braut) übergab die-se dem künftigen Ehemann gegen Zahlung des Muntschatzes an die Fami-lie der Braut; die Munt ging damit auf den Ehemann über. Wegen der Ebenbürtigkeit und um keine Privilegien zu verlieren, heiratete man fast nur im gleichen Milieu. Seit dem 12. Jahrhundert wurde die Heirat zuneh-mend zu einem kirchlichen Ritual. Wegen der consumatio matrimonii, die die Unauflöslichkeit der Ehe besiegelte, mußte sich das Paar vor Zeugen bekleidet unter eine Decke legen (von daher stammt wohl der Ausdruck „sie stecken unter einer Decke“). Das IV. Laterankonzil führte 1213 die Formpflicht für die Ehe ein, während sie Luther als „ein weltlich Ding“ an-sah. Gesellen durften nur nach Beendigung der Lehrzeit und mit Geneh-migung des Meisters frühestens ab einem Alter von 15 Jahren heiraten. Die heutige lange Schul- und Ausbildungszeit für viele Berufe bedingt ei-ne spätere Heirat als im Mittelalter, und bringt eine längere Jugendzeit mit sich. Wegen der generell kürzeren Lebenserwartung und der hohen Müttersterblichkeit bis zu Ignaz Semmelweis, dem Retter der Mütter, der als erster ärztliche Instrumente nach dem Sezieren desinfizierte, dau-erten Ehen früher kürzer als heute.

Tricks der Natur und Konsequenzen daraus

Die Natur hat nur e i n Ziel – die Erhaltung der Art, ohne auf das Glück und Wehe von Individuen Rücksicht zu nehmen. Am deutlichsten wird das z. B. beim Laichen von Fischschwärmen: Milliarden von Eiern werden ausgesto- ßen, befruchtet, und wenn sie von anderen nicht aus dem Wasser gefiltert und gefressen werden oder kaputtgehen, schlüpfen aus einem Teil davon Jungfische. Nur sehr wenige davon erreichen das volle Alter, da die große Mehrzahl der jungen und heranwachsenden Fische anderen Tieren sowie dem Menschen zur Nahrung dient. Darauf basiert die sog. Nahrungskette.

Der Mensch ist Teil der Natur und die Natur will auch diese species erhal- ten. Also verwendet sie ihr Trickrepertoire, um ihn zur Fortpflanzung zu be-wegen, auch wenn er es gar nicht will. Der Mann verströmt im Orgasmus zahlreiche Spermien. Warum auch Frauen Orgasmen haben, darüber zer- brechen sich manche Forscher den Kopf. Mir leuchtet das ohne viel Nach- denken ein: die Frauen haben das Theater mit Geburt, Versorgung und zu-meist auch der Erziehung von Kindern, da muß ihnen die Natur wenigstens die Aussicht auf ein überwältigendes Gefühl bieten, damit sie den Verkehr überhaupt wollen. Gewinn von Lust und Vermeidung von Schmerz sind grundlegende Wünsche der Individuen, die sie die Evolution gelehrt hat.

Daher macht die Natur Mensch und Tier ‚verliebt‘: der Auerhahn ist bei der Balz blind, und oft auch der Mensch. Zumeist hängt für ihn der Himmel vol- ler Geigen, und er sieht alles durch eine rosa Brille. Würde er bei dieser Ge- legenheit die wahre Natur seines Gegenüber erkennen, wäre es oft sofort mit dem Glück vorbei. Er projiziert alle seine Wünsche und Sehnsüchte auf den/die Partner/in. Hüpfen die beiden in die Kiste, schüttet der Körper Oxy- tocin, das sog. „Glückshormon“, Dopamin und diverses Anderes aus. Oxyto- cin hat nun die hinterlistige Eigenschaft, für den chemischen Abbau einen Monat zu benötigen. Während dieser Zeit bekommt somit die Natur die Chance, bei zumeist 2 Eisprüngen der Partnerin eine Schwangerschaft her-beizuführen, und die beiden zur „Brutpflege“ zusammenzuhalten. Aus sol- chen Schwangerschaften entstehen nicht wenige Ehen. Im Volksmund sag-te man dann, vor allem auf dem konservativen Land „sie mußten heiraten“. Oxytocin ist aber nicht nur das „Kuschelhormon“, sondern entfaltet außer- dem noch viele andere positive physiologische und psychologische Effekte.

Kinder ohne Väter und Mütter ohne Ernährer kamen früher oftmals in gro-ße wirschaftliche Not. Darum gebot die Moral vieler Kulturen sexuelle Ent-haltsamkeit vor der Ehe, und sanktionierte Verstöße dagegen. Im wesentli-chen brachte erst die Erfindung der „Pille“ den „Genuß ohne Reue“, wo-durch sich auch die Moral grundlegend veränderte.

Da sich wegen der langen Ausbildungszeit die „Jugendzeit“ entsprechend verlängerte, aber der Mensch keine Maschine ist, der seine Wünsche an-/ ausknipsen kann, gibt es gerade in der Jugend viele Liebschaften, die nicht zu einer Ehe führen. Und das ist auch gut so: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet. Der Rausch ist kurz, die Reu ist lang“ (Schiller). Papst Johannes Paul II. meinte dazu, wie man nicht auf Pro- be sterben könne, könne man auch nicht auf Probe leben. Logisch betrach- tet ist dieses rhetorische Argument falsch: der Punkt ist nicht, zu entschei- den, ob man leben will oder nicht, sondern w i e . Bei Angestellten, Beam- ten, ja sogar bei Klosterfrauen gibt es Probezeiten, nach denen eine Fest- anstellung bzw. die sog. „ewigen“ Gelübde erfolgen, warum ausgerechnet nicht vor einer auf Jahrzehnte angelegten Lebensgemeinschaft?

Scheidungsgründe

1. Schon von Anfang an vorprogrammierte Eheprobleme

Die Scheidungsanwältin Ines Daun hat in ihrem Buch „Lieber lange lieben“, Verlag Eden Books, eine Reihe solcher Probleme aus ihrer 25-jährigen Er-fahrung beim Namen genannt und der Aufzählung derselben einige gene-relle Ausführungen vorangestellt:

„Liebe ist ein Geschenk, an dem man arbeiten muß, vor allem an sich selbst. Wahre Liebe ist Seelenverwandtschaft, eine tiefe Verbindung, selbst bei getrennten Wegen und unterschiedlichen Meinungen, Verbundenheit spüren in Kombination mit Begehren - nicht nur in erotischem Sinne, son-sondern in liebevoller Zugewandtheit, und die Kraft, den anderen zu las-sen, wie er ist. Wenn mir das nicht gelingt, obwohl ich an mir arbeite, dann ist es nicht der richtige Partner.“ Das gilt vor und während einer Ehe oder Partnerschaft. Man kann auch annehmen, dass nicht jeder dafür geschaf-fen ist. Oscar Wilde hat dazu ein Bonmot geprägt: „Die Ehe ist ein Ver-such, zu zweit wenigstens halb so glücklich zu werden, wie man allein ge-wesen ist.“ Spötter bezeichnen das Wort EHE als Abkürzung für „errare humanum est“ (Irren ist menschlich).

Im Einzelnen identifiziert Ines Daun folgende Probleme vor Eingehen einer Partnerschaft:

a) Ein Mann muß schon beim 1. Date wissen, was er will: eine Frau zum Re-präsentieren, eine Karrierefrau mit gutem Verdienst, die ganz-/halbtags ar-beitet, oder will er Kinder und eine gute Mutter und Hausfrau? Das sogen. „Problemwälzen“ dient diesem Zweck. Liebe geht auch durch den Magen.
b) Man sollte genau hinhören, wenn er / sie von seinem / ihrem Ex erzählt. Wenn eine(r) diese(n) schlecht macht, spricht das für mangelnde Einsicht sowie Konfliktfähigkeit; am Scheitern einer Ehe haben beide Partner Anteil, wenn auch in verschiedenem Ausmaß.
c) Fehler beim Zusammenziehen: „Mutti“ machte alles besser. Es fehlt an Disziplin, und ein Partner läßt sich bald gehen; Schlabberlook gefällt nicht jedem, und Manieren sind auch in der Partnerschaft nötig. Wenn einem Partner etwas mißfällt, sollte der andere darauf Rücksicht nehmen. Für al-le Fälle sollte man einen Notgroschen auf der Seite haben.
d) Schon vor der Hochzeit sollte man über einen Ehevertrag nachdenken, insbesondere wenn ein größeres Vermögen oder eine Firma vorhanden ist. Das wäre vernünftig. Werden sich 2 schon darüber nicht einig, oder hat ei-ner das Gefühl, dass ihn der andere über den Tisch ziehen will: Hände weg! Die Fachanwältin Ines Daum empfiehlt einen Ehevertrag, während laut Sta- tistik ein solcher oft zu einer geringeren Stabilität der Ehe führen soll, wie Volker Bellaire behauptet. Doch auch er empfiehlt ihn bei Ehen von Unter-nehmern, einem höherem Vermögen und einem großen Altersunterschied der Partner.
e) Frauen sollten sich über der Sorge für die Kinder nicht selbst vergessen, und sich nicht komplett vom Partner abhängig machen: Freundinnen, Hob-bies und „ 100 Taschen“ wie die Lust am Shopping bewahren die Eigenstän-digkeit.
f) Zeit mit und füreinander, gute Gespräche (eine gute Ehe ist ein ständi-ges Gespräch), guter Sex (fehlt dieser, geht die Partnerschaft meist kaputt), dazu Romantik und Achten auf den Erhalt der Attraktivität sind in der Ehe angesagt.

Als weiteren Grund möchte ich anfügen: viele Paare kommen rein zufällig zusammen, ohne zusammenzupassen. Sie werden, wie oben ausgeführt, von der Natur „überlistet“. In jedem Organismus sind männliche und weib-liche Hormone vorhanden. Je männlicher ein Mann ist, desto weiblichere Frauen wird er anziehen, und je weiblicher eine Frau ist, wird sie mit umso männlicheren Männern harmonieren. Hat aber ein Mann weniger männli-che oder eine Frau weniger weibliche Hormone, aber umso mehr gegenge- schlechtliche, müßte der/die Partner/in das Defizit durch entsprechend mehr gegengeschlechtliche Hormone ausgleichen. Dies drückte schon der Platonische Mythos von den Kugelmenschen aus: im Ursprung seien die Menschen eine vollkommene Kugel gewesen. Zeus neidete ihnen die Voll- kommenheit und habe sie mit einem Blitz in 2 Stücke zerteilt. Seitdem su-che jeder Teil davon nach seiner perfekten Ergänzung zu einer Kugel. Die-ser Mythos spricht eine psychologische Wahrheit aus: je besser die Ergän-zung ist, desto besser funktioniert eine Partnerschaft. Doch auch dann kann die vorgezeichnete Harmonie durch Probleme des Charakters (siehe später) oder existentielle Nöte gestört werden („Schaut die Not zur Tür herein, fliegt die Lieb‘ zum Fenster raus.“)

2. Im Lauf der Ehe auftretende Probleme

Sie machen das Gros aus, wenn es zur Trennung / Scheidung kommt. Es ist daher von Vorteil, darüber nachzudenken und Strategien dagegen zu entwerfen. Häufige und allgemein bekannte Gründe sind:

- Der Zauber des Anfangs, Verliebtsein und Leidenschaft vergehen, das Vergängliche wird oft mit „Liebe“ verwechselt. Später folgen Flauten im Bett, fehlende Zärtlichkeit, fehlender Sex (Frigidität, Gewöhnung, Lustlosigkeit);
- ein fehlender gemeinsamer Nenner (meist bei überstürzten Heiraten);
- Auseinanderleben im Laufe der Zeit;
- Untreue (Seitensprung, Ehebruch, Verhältnis), * physische und/oder psychische Gewalt.

Die bisherigen Darlegungen galten der Diagnose der Lage, in den fol-genden Kapiteln werde ich verschiedene aktuelle Hilfen und Ansätze zur Therapie behandeln.

Interventionen

1. Gegen aktuelle Gewalt des Partners

- Hilfe-Telefon 08000 116 016.
- In Frauenhäusern finden Frauen und ihre Kinder als Opfer von Gewalt eine geschützte Unterkunft, Beratung und Begleitung; die Angebote hängen von der Platzkapazität und den personellen Ressourcen ab. Die Adressen werden zum Schutz der Betroffenen nicht öffentlich bekannt- gemacht, die Kontakte finden gewöhnlich telefonisch statt. Die Bera- tung im Frauenhaus sowie vor und nach dem Aufenthalt ist kostenlos; an den Unterbringungskosten werden die Frauen durch Benutzungsge- bühren beteiligt. Falls sie diese Mittel nicht aufbringen können, wer- den Lösungen mit den Sozialämtern gesucht. Tel.: (030) 338 43 42 - 0, e-mail: info@frauenhauskoordinierung.de.
- Der „Weiße Ring“ hilft Opfern von Kriminalität vielfältig: durch Betreuung nach einer Straftat, Begleitung zu Terminen bei Poli- zei /Gericht und sonstigen Behörden, Vermittlung von Hilfen, Hilfe- schecks für anwaltliche oder psychotraumatologische Erstberatung / rechtsmedizinische Untersuchung, und weitere finanzielle Hilfestel- lung bei tatbedingten Notlagen.

Präventiv klärt der Weiße Ring über sexuellen Mißbrauch von Kindernund Cybermobbing auf. Bei versuchten oder vollendeten Tötungsdelik-ten und Sexualdelikten wird auf Staatskosten ein Opferanwalt gestellt. Zur Dokumentation von Stalkinghandlungen ist in den Stores für Apple- sowie Android-Smartphones eine App erhältlich. Telefon bundesweit: 116 006 täglich von 7 – 22 Uhr. Über www.weisser-ring.de ist eine On-lineberatung binnen 72 Stunden möglich. Man muß sich auf der web-site registrieren und ein Paßwort wählen.

2. Fachanwälte für Familienrecht

Über die website www.fachanwaelte-dav.de können Betroffene durch Anklicken des Links „Regionalbeauftragte“ in der Menüleiste und Rück-sprache mit dort Genannten einen Fachanwalt in der Nähe finden.

3. Therapien

Man unterscheidet dabei 2 Gruppen: Verhaltenstherapien und tiefenpsy- chologische Therapien. Das Gros der Therapien, die in Form von Einzel-, Paar-, Familien- und Gruppentherapien durchgeführt werden, gehört zuden ersteren, und führt relativ bald zu Ergebnissen, da Verhalten gelernt ist, verlernt werden kann, und zweckmäßiges Verhalten erlernt wird. Bei schwereren Persönlichkeitsstörungen (Neurosen) ist es nötig, in einer Ein- zeltherapie verdrängte Konflikte wieder bewußt zu machen, zu bearbei-ten und damit aufzulösen. Das Verfahren kann für Patienten schmerzhaft sein, dauert längere Zeit, und ist kostenintensiv. Eine Psychose (Geistes- oder Gemütskrankheit) behandelt ein Facharzt für Neurologie/Psychiatrie.

In der Hälfte der Problemfamilien sind minderjährige Kinder betroffen. Oft manifestiert sich in Störungen ihres Befindens als sog. „Symptomträ-ger“ ein Konflikt zwischen den Eltern, an dem sie stellvertretend seelisch erkranken. Unbewußter Sinn des Ganzen ist es, die Eltern wieder zusam-menzubringen. An deren Streitigkeiten fühlen sie sich oft – grundlos – schuldig. Therapeuten führen mit allen Familienangehörigen gemeinsame Gespräche, aber auch Einzelgespräche, um die Sichtweisen der einzelnen Mitglieder kennenzulernen und so als Außenstehende einen möglichst ob-jektiven Einblick in die Problemlage zu gewinnen („audiatur et altera pars“ wie auch vor Gericht üblich).

Wegen der Kosten ist es empfehlenswert, sich die Therapie ärztlich ver-schreiben und von der Krankenkasse genehmigen zu lassen. Ohne Kosten-übernahme beträgt das privat zu tragende Honorar pro Stunde zwischen 60 und 120 €.

Bis hierhin wurden externe Hilfen behandelt, aber auch jeder Einzelne kann dazu selbst – ohne fremde Hilfe – etwas tun, um Probleme in der Paarbeziehung oder der Familie einer Lösung zuzuführen, oder gar nicht erst aufkommen zu lassen. Der weise Konfuzius, Philosoph und zeitwei- se Mandarin des chinesischen Kaisers, sagte einmal: „Probleme eines Paares gehen dieses, Probleme der Familie aber die Gemeinschaft an.“ Die Familie ist die kleinste Einheit eines Gemeinwesens; wenn Familien gestört sind, beeinträchtigt es genauso den Staat. So sind zahlreiche Straftäter in zerrütteten Familienverhältnissen aufgewachsen, ohne daß man sie deswegen von eigenem Versagen freisprechen könnte: sie lie-ßen sich gehen oder wählten gleich eine „linke Tour“. Andererseits füh- ren viele, obwohl sie in schlechten sozialen Verhältnissen aufgewachsen sind, trotzdem ein erfolgreiches Leben, weil dieses auch von Charakter und Persönlichkeitsbildung des Einzelnen abhängt. Hier möchte ich auch die Kinderdörfer des österreichischen Pädagogen Hermann Gmeiner er-wähnen, die Waisenkindern das Aufwachsen in einer Ersatzfamilie ermö-glichen. Leider verlieh man ihm nie den Friedensnobelpreis, obwohl er für den Frieden unter den Menschen mehr getan hat als viele Politiker.

[...]

Fin de l'extrait de 54 pages

Résumé des informations

Titre
Du bist schuld! Eine Untersuchung über Scheidungen, die Gründe dafür und Mittel dagegen
Auteur
Année
2021
Pages
54
N° de catalogue
V1012532
ISBN (ebook)
9783346393920
ISBN (Livre)
9783346393937
Langue
allemand
Mots clés
Scheidungen, Gründe für, Hilfen dagegen
Citation du texte
Wilhelm Kratochwil (Auteur), 2021, Du bist schuld! Eine Untersuchung über Scheidungen, die Gründe dafür und Mittel dagegen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1012532

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