Lenz, J.M.R. - Die Soldaten


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

9 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Die Sturm- und Drang Komödie „Die Soldaten“ wurde in den Jahren 1774 und 1775 von Jakob Michael Reinhold Lenz verfasst. Lenz wurde am 12.1.1751 in Sesswegen, Livland, geboren und verstarb am 24.5.1792 in Moskau völlig verarmt und verwahrlost. Nach seinem Studium der Theologie in Königsberg und einer Tätigkeit als Hofmeister, lernte er 1774 Göthe in Straßburg kennen und freundete sich mit ihm an. In dieser Zeit begann er seine Kariere als freier Schriftsteller, nachdem er bereits mit 15 Jahren sein erstes Buch veröffentlicht hatte. Bereits 1776 endete die Freundschaft mit Göthe wieder, den er bewunderte und nachzuahmen versuchte. Eine 1777 erstmals auftretende Geisteskrankheit lähmte die Schaffenskraft des Dichters und er begab sich in Privatpflege. 1781 siedelte er dann mit seinem Bruder nach Moskau über, wo er die letzten elf Jahre seines Lebens in armen Verhältnissen verbrachte. Seine bekanntesten Werke sind der „Hofmeister“ aus dem Jahre 1774 und „Die Soldaten“, welches im Folgenden auf die Frage der Ursachen und Äußerungsformen des Konflikts zwischen den Soldaten und dem Bürgertum untersucht wird. Außerdem wird noch die Funktion und Bedeutung des Konflikts innerhalb des Dramas geklärt.

Zunächst einmal die Ursachen für das Entstehen von Konflikten zwischen Soldaten und Bürgertum.

Ein Grund dafür ist, dass das Militär zu dieser Zeit so aufgebaut ist, dass nur Personen aus dem Adel die höchsten Positionen besetzen durften. Diese Bevorzugung erkennt man, als der Adelige Soldat Mary den Bürgerlichen Stolzius nachruft, ihm und Desportes die Weinsuppe bald zu servieren1 (vgl.S.53, Z14f). Diese Benachteiligung war den Bürgerlichen sicher oft ein Dorn im Auge und sie waren verärgert über die Adeligen die sich dieses Privileg zu Nutze machen konnten. Eine weitere Ursache war die Falschheit und Sittenverdorbenheit der Soldaten gegenüber allen anderen, vor allem aber auch gegenüber den Bürgerlichen. So erzählt der Offizier Rammler dem Stolzius, dass seine Verlobte Marie, die mit einem seiner Freunde ein Verhältnis hat, abhauen und diesen Freund heiraten will (vgl. S21f). Dies berichtet er ihm, obwohl er ganz genau weiß, dass es nicht stimmt und dass er Stolzius damit tief verletzen wird. Er treibt damit auch einen noch größeren Pfahl in die Beziehung zwischen dem Tuchhändler und seiner Versprochenen. Aber der wohl größte Konfliktgrund ist, dass die Soldaten, solange sie im Dienst stehen keine Frauen heiraten dürfen. Dadurch haben sie keine feste Bindung zu einer Frau, sondern wechseln diese um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. So macht

Desportes Marie schöne Augen, obwohl er sie damit Stolzius ausspannt, der sie ernsthaft liebt und dem sie versprochen ist. Desportes hingegen flieht aus Lille und will sie nicht mehr sehen, da sonst sein „ganzes Glück verdorben“ (S46, Z36) wäre und er „Schand und Spott bei allen Kameraden“ (S 36, Z36f) ernten würde. Aber Desportes ist nicht der einzige der eine Beziehung mit Marie hatte, sondern auch noch der junge Graf und Mary, der „sie geheuratet [hätte], wenn [ihm] nicht der junge Graf in die Quer´ gekommen wäre,“ (S53, Z8ff). Diese von den Soldaten gewählten Mädchen wurden oft von der Gesellschaft ausgeschlossen, da sie ihren guten Ruf verspielt hatten, vor allem dann, wenn sie auch noch ein uneheliches Kind aus einer solchen Beziehung hatten. Der Konflikt wird von Seiten der Bürger aus geschürt durch das Streben, die alte Ordnung hinter sich zu lassen und in einem Adeligendasein das Ziel ihrer Großmannssucht zu finden. Sie wollten sich aus ihrem Stand lösen und das vermeintlich bessere Leben der Adligen und deren Privilegien genießen. Die beste Möglichkeit dies zu erreichen war, die eigenen Tochter, beziehungsweise den eigenen Sohn, mit einer oder einem Adelskind zu verheiraten, auch gegen den Willen dieser. In „Die Soldaten“ sind die Eltern und vor allem der Vater von Marie zuerst dagegen, dass Desportes sich Marie nähert und ihr Geschenke macht (vgl. S16, Z31f). Er darf sie auch nicht mit in die Komödie nehmen, was der Vater aber dann doch zulässt, unter der Bedingung, dass sie sich „nur immer nichts davon [an]merken [lassen], als ob [er] davon wüsste,“ (S16, Z28f). Durch diese Verhalten unterstützt der Vater, dass Marie von ihrem schon Versprochenen loslässt und sich dem adeligen Desportes zuwenden kann. Der Vater übernimmt später dann sogar Schulden der Familie des Desportes, da er dadurch die Gunst dieser für sich und seiner Tochter gewinnen will. Dadurch treibt der Vater seine Familie später in den Ruin und zeigt, dass er es nur darauf abgesehen hat Privilegien zu ergattern, was seiner Tochter später viel Unglück bringen wird.

Aber dieser Konflikt ist nur dadurch möglich, dass beide Seiten, sowohl Soldaten als auch Bürgertum, sich unkorrekt verhalten. Beide versuchen ihre Wünsche und Bedürfnisse durchzusetzen und handeln dadurch egoistisch und selbstsinnig.

Als nächstes zu den Äußerungsformen des Konflikts. Sie sind zum Teil schon im Ersten Abschnitt als Textbeispiele angeführt, wie der Egoistische Trieb der Familie Wesener, lieber in den Adelsstand zu gelangen, als die eigenen Tochter vor dem schon absehbaren sozialen Niedergang zu retten. Durch die Schuldenübernahme erreicht der Vater aber genau das Gegenteil, weil Desportes aus der Stadt flieht und ihm seine Schulden nicht zurückzahlt. Er und seine Familie gehen dadurch fast bankrott (vgl. S51, Z3f). Aber auch Marie will in den Adelsstand was an ihrer Sprache zu bemerken ist. Sie stellt Desportes eine Freundin in einer sehr hochgestochenen, adeligen Sprache vor (vgl. S26, Z1-16). Auch der Inhalt ihrer Aussage ist nicht besonders nett, sogar „höhnisch“ (S26, Z15), da sie sowohl der Freundin als auch Desportes deutlich zeigen will, dass sie bereits die Sprache und das Auftreten einer höheren Person meistern kann. Somit wäre sie auch für eine Heirat mit Desportes bereit. Desportes aber ist nur auf einen kurzen Spaß mit dieser Bürgerstochter aus, was die Weseners aber nicht wahrhaben wollen oder nicht erkennen. Er nutzt ihre Hilfsbereitschaft durch die Übernahme der Schulden gnadenlos aus und flieht dann aus der Stadt. Seine größte Untat ist allerdings, dass er Marie nie klare Verhältnisse bereitet. So will sie ihm später sogar in die Stadt, in die er geflüchtet ist nacheilen (vgl. S47, Z14). Das aber verhindert der Desportes indem er seinen Jäger nach ihr schickt, der sie, wie er hofft, vergewaltigt.

Später berichtet er Mary in einem Gespräch: „Nun mein Jäger ist ein starker robuster Kerl, die Zeit wird ihnen schon lange werden auf der Stube allein. Was der aus ihr macht, will ich abwarten, (lacht höhnisch) ich hab ihm unter der Hand zu verstehen gegeben, dass es mir nicht zuwider sein würde.“ (S53, Z33 - S54, Z2). Dabei wird klar wie schlecht er über Marie denkt und wie „malhonett“ (S 53, Z3) er mit umgeht. Sie ist ihm keinen Pfifferling wert und er betrachtet sie als „Knochen“ (S53, Z39). Das Leben der Familie Wesener wird also sowohl durch die gespielte Liebe des Desportes zu Marie als auch durch die Großmannssucht der Familie zerstört, wobei die Hauptbetroffene Marie ist. Aber nicht nur Desportes stellt einen schlechten Soldaten dar, er ist aber der skrupellosest aller. Mary zum Beispiel bezeichnet alle Frauen, die eine Liebschaft mit einem Soldaten hatten als „Soldatenhure“ (S12, Z26). Diese Sichtweiße befreit die Soldaten von jeglicher Verantwortung den Frauen gegenüber, was sie auch zur Genüge ausnutzen. So hat Marie allein mit 3 Soldaten ein Verhältnis und dass, obwohl sie eigentlich schon vergeben ist. Die Soldaten diskriminieren in einem anderen Beispiel Stolzius regelrecht. Sie erzählen ihm dabei, wie schon im Ersten Teil beschrieben, dass seine Verlobte nun einen anderen hätte und mit diesem weglaufen und ihn später heiraten will (S21f). Auch halten die Soldaten nicht viel von den Bürgern und deren Leben. So fragt sich Mary, was denn bei dem „Philisterleben“ (S34, Z24) herauskommt. Dies drückt seine Verachtung gegenüber den Bürgerlichen im Gegensatz zum „honett[en] Leben“ (S34, Z25) der Soldaten aus. All diese Punkte zeigen das große Konfliktpotential der Soldaten gegenüber den, für sie armseligen, Bürgern.

Der größte Konflikt dieses Dramas endet schließlich aber in einer Tragödie. Denn Desportes wird gegen Ende des Buches von Stolzius vergiftet. Dieser will damit nicht nur sein eigenes, sonder vor allem das, von Desportes zerstörte, Leben Maries rächen (vgl. S54, Z25) . Er macht ihm zum Vorwurf, dass die Soldaten „nicht leben könn[en], ohne Frauenzimmer unglücklich zu machen,“ (S54, Z22f). Auch spricht er Marie die Verantwortung für ihre Untreue ab, da sie Desportes nicht „widerstehen“ (S54, Z24) konnte, weil sie alles „aufs erste Wort glaub[t]“ (S54, Z24f). Er sieht die Situation nur einseitig, da er nur die Schuld des Desportes bedenkt aber Marie als Unschuldslamm betrachtet, was sie aber gar nicht ist. Außerdem ist dieser Mord kaltblütig, da er das Vertrauen, dass der Desportes ihm schekt schamlos aus nutzt und ihn hinterrücks durch Gift in der Suppe zur Strecke bringt. Er selbst stirbt ebenfalls an dem Gift, da er es auch zu sich genommen hat. Aber er denkt, dass Gott ihn nicht verdammen kann (vgl. S54, Z25f), da er nur das Leben eines Betrügers, der nur anderen geschadet hat, beendet hat. Dieser Egoismus des Stolzius ist hier nicht vertretbar, da er die Schuld nur bei Desportes sucht und nicht bei der Großmannssucht der Familie Wesener.

Als Dritten Punkt bearbeite ich nun die Funktion des Konflikts innerhalb des Dramas. Der Autor wollte mit seinem Buch die Problematik des Zusammenlebens zwischen Soldatenschaft und Bürgertum, die auch im wirklichen Leben so auftrat, aufzeigen und beiden Parteien helfen besser miteinander zu leben. Er selbst war aber „nie das Musterbeispiel eines Revolutionärs,“² ( S143), sondern wusste, dass er die Gesellschaftsordnung, also das Ständesystem, niemals hätte aufbrechen können. Sein Ziel war es aber, die beiden Konfliktparteien aufzuklären, damit sie in Frieden und Eintracht nebeneinander leben könnten. „Lenz hielt sich für einen Reformer innerhalb der festen Gesellschaftsordnung“2 ( S142), was erkennbar ist, wenn er die Gräfin La

Roche sagen lässt, Marie habe sich „über ihren Stand heraus [...] nach einem Mann um[ge]sehen ( S41, Z4f). Überhaupt scheint es, als ob die Gräfin die Meinung Lenz´ am ehesten ausführt. Sie versucht nämlich auch als einzige Marie vor dem drohenden Ausschluss aus der Gesellschaft zu retten, indem sie Marie zu sich aufnimmt. Marie aber nimmt die Hilfe nicht an und versucht Desportes zu finden, indem sie von der Gräfin wegläuft. In der letzten Szene macht Lenz seinen eigentlichen politischen Vorschlag. Er lässt durch den Obristen verlauten, dass der „König eine Pflanzschule von Soldatenweibern anleg[en]“ (S56, Z25f) sollte. Diese sollten den Soldaten immer als Dirnen zur Verfügung stehen und „die Kinder[,die sie ihm gebärten] gehörten ihm“ (S56, Z40). Er könnte sie als junge Soldaten hernehmen, was ihm „Werbegelder“( S56, Z40) für die Anwerbung normaler Soldaten ersparen würde. Durch diesen Vorschlag sieht Lenz alle Probleme zwischen diesen Gesellschaftsschichten gelöst. Die Soldaten könnten weiterhin, wie vom König gefordert, ehelos sein, müssten aber trotzdem nicht ihre immer vorhandenen sexuelle Triebe unterbinden oder an den Bürgerstöchtern auslassen. Wenn sie eine Frau bräuchten, würden sie sich an die „Soldatenweiber“ (S56, Z26) wenden. Dadurch würden „die übrigen Gattinnen und Töchter verschont bleiben.“(S 56, Z22f) und könnten in Frieden leben. Die Soldatenweiber aber sollten einen rühmlichen und glänzenden Stand bilden und jede von ihnen sollte eine „Märtyrerin für den Staat [...] sein“ (S56, Z35). Dadurch wären somit alle Probleme des Staates behoben.

Die Bedeutung des Konflikts innerhalb des Dramas ist relativ schnell erklärt. Dieser stellt den roten Faden der Komödie dar. Aus dem Konflikt zwischen Soldaten und Bürgerschaft besteht, mit Ausnahmen, das ganze Stück. Die Ausnahmen stellen nur einige Szenen dar, in denen für den Gesamttext unwichtige Dinge passieren oder Gespräche ablaufen. Somit hätte Lenz diese Geschichte auch nur mit der Thematik des Konflikt füllen können. Die Ausnahmen haben aber meist die Funktion den Leser zu belustigen und tragen daher viel dazu bei, dass Lenz sein Buch Komödie nennen konnte. Zum Schluss möchte ich noch auf die Zeit des Sturm und Drangs eingehen, in welcher auch die Soldaten entstanden sind. Diese Zeit stellte den krassen Gegensatz zur vorangegangenen Aufklärung dar. Pirzel spielt in „Die Soldaten“ einen vernunftgesteuerten Klischeeaufklärer, der sehr langweilig dargestellt wird und nicht sehr beliebt ist. Dies spiegelt die Meinung der meisten Schriftsteller dieser Zeit wieder. In ihren Werken geht es meist um „vitale, erdverbundene, aufbegehrende [und] oft ungehobelte“³ ( S1) Helden, die sich von ihren Gefühlen leiten lassen. Dabei reden sie meist frei heraus, wodurch auch des öfteren Kraftausdrücke, wie sie auch in Lenzens Werk zu beobachten sind, auftreten. Weitere Belege dafür, das dieses Stück im Sturm und Drang geschrieben wurde, findet man in den vielen französischen Ausdrücken und der ernst gemeinten Gesellschaftskritik. Somit verfasste Lenz „ein illusionsloses Meisterwerk, [das] eine radikale Abrechnung mit dem vorgefundenen gesellschaftlichen System bedeutet.“3 (S4).

Literaturverzeichnis

I)Primärliteratur: Lenz, Jakob Michael Reinhold. Die Soldaten. Eine Komödie. Stuttgart: Reclam, 1993 / 1999

II) 1)Sekundärliteratur: Von Wiese, Benno. Das deutsche Drama. Vom Barock bis zur Gegenwart. Interpretationen. Düsseldorf: August Bagel Verlag, 1962
2) http://www.xlibris.de/Autoren/Frames/Eframe.htm
3) http://www.hausarbeiten.de/rd/archiv/deutsch/deutsch-soldaten.shtml
4) http://www.referate.heim.at/html/s/soldat01.htm (leider mittlerweile toter Link)

[...]


1 ) Lenz, J.M.R. Die Soldaten

2 ) von Wiese, Bodo Das deutsche Drama

3 ) http://www.xlibris.de/Autoren/Frames/EFrame.htm

Ende der Leseprobe aus 9 Seiten

Details

Titel
Lenz, J.M.R. - Die Soldaten
Note
3
Autor
Jahr
2001
Seiten
9
Katalognummer
V101988
ISBN (eBook)
9783640003884
Dateigröße
341 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ohne Gliederung, da nicht sehr gelungen
Schlagworte
Lenz, Soldaten
Arbeit zitieren
Buchetmann Leo (Autor:in), 2001, Lenz, J.M.R. - Die Soldaten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/101988

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