Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Münzprägung
2.1. Funktion
2.2. Programmatik
2.3. Exemplarische Analyse
3. Bauwerke
3.1. Bauten als Herrschaftsmanifestation
3.2. Forum Romanum und Forum Iulius
3.3. Forum Augustum
3.4. Residenz des Augustus auf dem Palatin
3.5. Aquädukte
4. Vergleich der numismatischen und städtebaulichen Selbstdarstellung
5. Fazit
1. Einleitung
Octavian, welcher seit 27 v. Chr. den durch den Senat verliehenen Ehrennamen Augustus, der Erhabene, trägt, nutzt diverse Darstellungsformen und -medien zur Präsentation seiner Person. Im Vordergrund stehen dabei die Etablierung und Akzeptanz des neuen Herrschaftssystems, des Prinzipats. Von enormer Bedeutung sind in diesem Kontext insbesondere die Numismatik sowie in der Hauptstadt des Römischen Reiches errichteten Bauwerke. Augustus, welcher sich selbst als princeps, der Erste, bezeichnet, versucht seine übergeordnete Stellung im Staat durch unterschiedliche Komponenten zu legitimieren sowie zu stützen. Dazu nutzt er unterschiedliche bildliche, schriftliche sowie bauliche Formen der Selbstdarstellung. Der princeps bringt diverse Münztypen in Umlauf, welche unterschiedlichste Themenbereiche bedienen und sich hinsichtlich ihres Materials, ihrer Größe sowie dem abgebildeten Bild- und Textanteil unterscheiden. Unter Augustus kommt es zu einem Wandel des städtebaulichen Bildes Roms, da er umfangreiche Restaurationsmaßnahmen diverser Gebäude veranlasst sowie sich in der Verantwortung für die Fertigstellung älterer, bereits begonnener Bauprojekte sieht. Darüber hinaus gibt der princeps selbst weitere, umfangreiche architektonische Vorhaben in Auftrag.1
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, wodurch sich die Selbstdarstellung des Augustus in numismatischer sowie städtebaulicher Form auszeichnet, welche Zielgruppen angesprochen werden und inwiefern Gemeinsamkeiten und Unterschiede hinsichtlich der Inszenierung des princeps durch Münzen sowie Gebäude festzustellen sind. Zur Untersuchung der Selbstdarstellung des Augustus sind insbesondere Quellen wie Münzen, Bauwerke sowie Inschriften und literarische Werke von enormer Bedeutung, da diese einen Eindruck von Lebenswelt und Politik in der Antike bieten können. Nichtsdestotrotz müssen diese mit äußerster Sorgfalt betrachtet werden, da der Auftraggeber bzw. Verfasser der Quelle hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit eine entscheidende Rolle spielt. So müssen Bauten unter Augustus als Bauherren, die Res Gestae oder auch literarische Werke, die von Zeitgenossen des princeps veröffentlicht werden, hinsichtlich ihrer Intention kritisch untersucht werden.
Im Folgenden soll versucht werden, die Selbstdarstellung des Kaisers Augustus anhand der Münzprägung sowie der durch den princeps initiierten städtebaulichen Veränderungen Roms zu untersuchen. Zunächst wird die Münzprägung hinsichtlich ihrer Funktion und Programmatik betrachtet. Anschließend werden exemplarisch einige Münztypen zu verschiedenen Themenbereichen der Selbstdarstellung analysiert sowie die auf den Münzen dargestellten Ereignisse durch literarische sowie epigraphische Quellen gestützt oder widerlegt. Weiterhin werden das Phänomen der Bauten als Herrschaftsmanifestation skizziert sowie einige der wichtigsten Baumaßnahmen des princeps erläutert und anhand literarischer sowie epigraphischer Quellen überprüft. Zum Abschluss werden die numismatische sowie bauliche Selbstdarstellung verglichen und die vorliegende Arbeit durch eine Zusammenfassung vollendet.
2. Münzprägung
2.1. Funktion
Die Münzprägung spielt im Kontext der kaiserlichen Selbstdarstellung eine immens wichtige Rolle. Ein Zusammenspiel von kombinierten ikonographischen und epigraphischen Elementen, bei dem die bildliche Darstellung meist überwiegt, kennzeichnet das Zahlungsmittel der Antike, welches für die Vermittlung komplexer Aussagen verwendet wird. Dabei gibt es verschiedene Arten des Zusammenwirkens von Text und Bild.
In der Antike ist die schnelle Verbreitung von Informationen über Kommunikationsmedien nicht gegeben. Der Münze kommen deshalb zwei Funktionen zu, sie ist Geldmittel und Träger von Botschaften zugleich. Der Vorteil der Verwendung eines Zahlungsmittels als Übermittler von Mitteilungen liegt darin, dass dieses ständig den Besitzer wechselt und Bild- sowie Schriftinformationen aufgrund dessen über große Entfernungen hinweg verbreitet werden. Ferner gebrauchen alle Bevölkerungsschichten die Münzen in ihrer Funktion als Zahlungsmittel alltäglich, sodass eine extrem große Zielgruppe abgedeckt wird. Weiterhin können die dargestellten Bilder auch ohne die zugehörige Legende interpretiert werden, sodass Botschaften auch an Personen, welche nicht lesen können, übermittelt werden. Damit sind vorwiegend die plebs sowie die Bevölkerung in Provinzen fern der Hauptstadt im Fokus der numismatischen Darstellung.
Nachteilig ist die geringe Oberfläche der Münze, weshalb Bilder und Schrift sorgfältig ausgewählt werden müssen, um die gewünschte Aussagekraft zu erzielen. Die dargestellten Motive sollten der römischen Bevölkerung im Idealfall bekannt sein, sodass der Raum für Interpretation möglichst gering ist und die relevanten Informationen die Rezipienten erreichen. Nichtsdestotrotz bringt die Regierungszeit des Augustus auch neue Münzprägungen und zuvor unbekannte Kombinationen von Bild und Schrift mit sich. Nach einiger Zeit werden diese ebenfalls geläufig und von der Bevölkerung unmittelbar verstanden. Augustus sorgt so dafür, dass Tradition und Innovation gleichzeitig existieren und miteinander verwoben sind.2
2.2. Programmatik
Die Münzen werden genutzt, um der Bevölkerung das Portrait des Kaisers und seiner Familie näherzubringen. Die meisten Bürger bekommen nie die Gelegenheit, Augustus persönlich zu treffen und können sich so ein Bild von ihrem Herrscher machen. Weiterhin werden sie durch den alltäglichen Gebrauch des Zahlungsmittels ständig mit dem Abbild des princeps und seiner übergeordneten Stellung im Reich konfrontiert. Ferner verwendet Augustus die Münzen, um seine Herrschaft zu legitimieren. Er stellt seine göttliche Abstammung dar, welche seine herausragende Stellung im Römischen Reich begründet. Darüber hinaus präsentiert er seine militärischen Erfolge, Verdienste für das Gemeinwesen sowie seine Fürsorge gegenüber der Bevölkerung und zeigt somit, dass er das Reich voranbringt und für Wohlstand sorgt. Auch mögliche Nachfolger werden dargestellt, sodass sich die Bevölkerung graduell mit ihren zukünftigen Herrschern vertraut machen kann. Zu den vorgesehenen Thronfolgern zählen unter anderem die häufig auf Münzen dargestellten Adoptivsöhne des princeps, Gaius Caesar und Lucius Caesar. Die Münzen zeichnen also ein Bild der Außen- und Innenpolitik des Augustus, aber auch seiner wirtschaftlichen Fortschritte. Generell geht es darum, der Bevölkerung Stabilität und Sicherheit zu vermitteln sowie die Stellung des princeps im Reich darzustellen. Ferner dienen sie dem Zweck, Geschehnisse und Botschaften für nachfolgende Generationen festzuhalten.3
Bis heute sind die Münzen als historische Quellen von enormer Bedeutung. Sie geben Hinweise auf einschneidende Ereignisse sowie wichtige Personen und Lokalitäten und vermitteln damit ein Bild der antiken Lebenswelt. Weiterhin können Rückschlüsse auf die politischen Verhältnisse in der Zeit des Augustus gezogen werden, da die Münzen bezüglich der Absichten eines Kaisers sowie seines Selbstbildes entscheidende Informationen liefern. Im Folgenden werden einige Münzen der augusteischen Zeit exemplarisch analysiert und in den geschichtlichen Kontext eingeordnet. Da es unmöglich ist, sich mit allen Münztypen, die in der Herrschaftszeit des Augustus geprägt wurden, zu beschäftigen, werde ich stellvertretend einige Exemplare, welche unterschiedliche Motive und Themenbereiche aufweisen, darstellen.
2.3. Exemplarische Analyse
Die Silbermünze RIC I2 Augustus 545 stammt aus dem Jahr 28 v. Chr. Der Avers zeigt den nach rechts blickenden barhäuptigen Kopf des princeps, welcher von der Legende CAESAR DIVI F COS VII umrahmt wird. Es ist eine Randbegrenzung durch einen Perlenkranz vorhanden. Auf dem Revers ist ein nach rechts ausgerichtetes Krokodil abgebildet, welches von einem Perlenkranz eingerahmt wird. Mittig über dem Krokodil ist der Schriftzug AEGYPTO zu lesen, darunter CAPTA.4
Die Münze präsentiert der Bevölkerung durch eine aussagekräftige Inschrift sowie das symbolisch für Ägypten stehende Krokodil den Sieg über Ägypten und die damit verbundene Ausweitung des Herrschaftsgebietes unter Augustus. Im Jahr 41 v. Chr. lernt M. Antonius die ägyptische Königin Kleopatra kennen und geht eine Liebesbeziehung mit ihr ein. Octavian sieht die Beziehung von M. Antonius und Kleopatra als eine Bedrohung für das Imperium an. Im Jahr 31 v. Chr. kommt es in der Seeschlacht von Actium zum militärischen Aufeinandertreffen von Octavian und M. Antonius, der an der Seite Cleopatras und ihrer ägyptischen Flotte steht. Letztlich siegt Octavian bei Actium über die gegnerische Flotte und Cleopatra ergreift die Flucht. M. Antonius folgt ihr nur wenig später. Als Octavian schließlich bei einem erneuten Aufeinandertreffen der Legionen Alexandria erobert nehmen sich M. Antonius und Cleopatra das Leben und Octavian erweitert das Reich durch eine weitere Provinz.5 Cassius Dios Schilderung legt nahe, dass Augustus bewusst versucht, den Krieg gegen Ägypten als Propagandamittel zu nutzen, da er sich selbst als Rom treu verbunden und M. Antonius als Verräter darstellt.6
Auf der um 25 v. Chr. geprägten Münze RIC I2 Augustus 478 stellt der princeps die Getreideversorgung der Bevölkerung Roms als eine unter seiner Herrschaft gewährleistete Unterstützung dar. Auf dem Avers ist der nach rechts blickende Kopf des Augustus abgebildet. Er wird von der Legende IMP CAESAR umrahmt. Das Revers zeigt sechs Getreidehalme, welche von einem Band zusammengehalten werden. Die dazugehörige Umschrift lautet AVGVSTVS. Es ist eine Randbegrenzung durch einen Perlenkranz vorzufinden.7
Im Jahr 22 v. Chr. übernimmt Augustus die cura annonae, die Aufsicht über die Getreidespenden und befasst sich so mit der Fürsorge für seine Untertanen. Der princeps versucht, die Bevölkerung für sich zu gewinnen, den sozialen Frieden zu wahren und Unruhen sowie Aufstände zu vermeiden. Nach der Schlacht bei Actium wird Ägypten als neue Provinz zum Garanten für die Getreideversorgung der Hauptstadt. Da die Bevölkerungszahl stetig anwächst, ist die Nahrungsmittelversorgung aller Menschen trotzdem zunehmend problematischer.8 Sueton beschreibt die Erfassung der zur Abholung des Getreides berechtigten Bürger durch das Führen von Listen. Weiterhin gibt er an, dass das Getreide einmal im Monat verteilt wird.9 Der römische Senator und Historiograph Cassius Dio, gibt an, dass Augustus die Anzahl der Empfangsberechtigten auf 200.000 Personen begrenzt. Außerdem geht Dio darauf ein, dass es eine Getreideknappheit und damit verbundene Hungersnot gibt.10 In weiteren Ausführungen ergänzt auch Suetonius, dass Augustus aufgrund der Nahrungsmittelknappheit bestimmte Personengruppen ausweisen lässt und in Erwägung zieht, die kostenlosen Getreidezuteilungen abzuschaffen.11 Die Nahrungsmittelversorgung scheint somit nicht in dem Maße gesichert gewesen zu sein, wie Augustus es nach außen hin propagiert.
Die Silbermünze RIC I2 Augustus 40B wurde 19/18 v. Chr. geprägt. Das Avers zeigt den barhäuptigen, nach links ausgerichteten Kopf des Augustus, welcher von der Legende CAESAR AVGVSTVS umrahmt wird. Darüber hinaus ist eine Randbegrenzung vorhanden. Auf dem Revers ist ein Eichenkranz mit der Umschrift OB CIVIS SERVATOS abgebildet, welcher von einem Perlenkranz eingerahmt wird.12
Der auf der Münze dargestellte Kranz mit Eichenblättern soll die corona civica, die Bürgerkrone, repräsentieren. Die Umschrift weist außerdem darauf hin, dass diese Auszeichnung demjenigen verliehen wird, der die römischen Bürger gerettet hat. Augustus versucht sich somit als Retter und fähiger Herrscher zu präsentieren sowie die ihm infolge erfolgreicher Innen- und Außenpolitik verliehenen Ehrungen und Auszeichnungen als Legitimation seiner Stellung anzuführen.13 In den Res Gestae schildert Augustus selbst, dass der Bürgerkranz ihm für seine Dienste verliehen wird und er selbst an Macht und Ansehen gewinnt.14 Cassius Dio gibt zu bedenken, dass der princeps trotz seiner Erfolge ungesetzlich gehandelt habe.15
Der Denar RIC I2 Augustus 33A wird zwischen 19 und 18 v. Chr. geprägt. Auf dem Avers ist der nach rechts blickende Kopf des Augustus zu sehen. Der princeps trägt einen Lorbeerkranz. Es ist eine Randbegrenzung durch einen Perlenkranz vorhanden. Das Revers wird von zwei Lorbeerbäumen dominiert, welche von der Umschrift CAESAR AVGVSTVS umrahmt werden. Die abgebildeten Pflanzen symbolisieren die neben dem Haus des princeps stehenden Lorbeerbäume.16 Da der Lorbeerzweig mit der Gottheit Apoll in Verbindung gebracht wird, strebt Augustus durch die Darstellung eine Vergöttlichung seiner Person an. Der princeps greift somit die Legitimation seiner Herrschaft sowie seine göttliche Abstammung auf. Suetonius beschreibt, dass Augustus den Tempel des Apoll an sein Wohnhaus anbauen lässt.17 So verbindet er die religiöse und private Sphäre. Diese Verbindung versucht der princeps ebenfalls mithilfe der Münzprägung dazustellen.
Die um 2/4 n. Chr. in Rom geprägte Goldmünze RIC I2 Augustus 206 zeigt auf dem Avers den nach rechts gewendeten Kopf des Augustus mit einem Lorbeerkranz, der von einem Perlenkranz eingerahmt wird. Die rechts unten beginnende Umschrift lautet CAESAR AVGVSTVS DIVI F PATER PATRIAE. Die Legende weist sowohl auf Augustus göttliche Abstammung als auch auf den ihm verliehenen Ehrentitel pater patriae, Vater des Vaterlandes, hin. Die Rolle des princeps wird so in einen familiären Kontext eingebettet. Auf dem Revers sind zwei männliche Personen mit Toga, Rundschild und zwei Speeren abgebildet. Ferner sind neben den Köpfen der Männer eine Schöpfkelle sowie ein Augurenstab abgebildet. Das Abbild wird von der Legende C L CAESARIS AVGVSTI F COS DESIG PRINC IVVENT umrahmt. Der Umschrift zufolge handelt es sich bei den dargestellten Personen um Lucius und Gaius Caesar, die Enkel und Adoptivsöhne des Augustus.18
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1 Vgl. Clark 2010, 105-106; vgl. Weber 2003, 11-13; vgl. Bringmann 2002, 78, Kent 1973, 23-24.
2 Vgl. Martin 2013, 1-5, vgl. Schneider 150.
3 Vgl. Kuhoff 1993, 143-144; Schneider 2008, 161-162, Kent 1973, 23-25.
4 Sutherland 1984, 86; RIC I2 Augustus 545.
5 R. Gest. div. Aug. 25, Bringmann 2002, 39-42.
6 Cass. Dio 50,4,1-5.
7 Sutherland 1984, 80; RIC I2 Augustus 478.
8 Kuhoff 1993, 143-144.
9 Suet. Aug. 40,2.
10 Cass. Dio, 55,10,1; Cass. Dio 55,27,1-3.
11 Suet. Aug. 42,3.
12 Sutherland 1984, 44; RIC I2 Augustus 40B.
13 Vgl. Eck 2006, 47.
14 R. Gest. div. Aug. 34.
15 Cass. Dio 53,5,5.
16 Sutherland 1984, 43; RIC I2 Augustus 33A.
17 Suet. Aug. 29,3.
18 Sutherland 1984, 55; RIC I2 Augustus 206.