Die Beeinflussung der Sprache durch die Kommunikation im Internet


Hausarbeit, 2019

44 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. E-Mails
2.1. Definition und Funktionen von E-Mails
2.2. Sprachliche Fehler in E-Mails

3. Chats
3.1. Definition von Chats und WhatsApp
3.2. Sprachliche Auffälligkeiten und weitere Möglichkeiten in WhatsApp- Chats
3.3. Sprachliche Merkmale von Chats
3.4. Gründe für das Auftreten sprachlicher Fehler in Chats und im Internet

4. Ist die Wortwahl und grammatikalische Korrektheit im Internet kontextabhängig?
4.1. Die erste Kategorie „Interpunktion"
4.2. Die zweite Kategorie „Rechtschreibung"
4.3. Die dritte Kategorie „Anglizismen & Umgangssprache"
4.4. Die vierte Kategorie „Phänomene der Internetsprache"

5. Beeinflussen E-Mails und Chats die Schriftsprache im nichtelektronischen Bereich?

6. Fazit

7. Quellenverzeichnis

9. Anhang
9.1: Analysierte YouTube- Kommentare
9.2. Anhang 2: Auswertung der Umfrage

1. Einleitung

Durch die Expansion des Medieneinflusses ist die heutige Gesellschaft oftmals täglich dem Spracherwerb ausgesetzt (vgl. Schmitz 2004, S. 29), sei es auf privater oder beruflicher Ebene. Durch die neuen Medien, vor allem durch das Internet, veralten herkömmliche Wörter und neue Wörter breiten sich schneller aus; die Sprachgeschichte entwickelt sich somit schneller (vgl. Schmitz 2004, S. 29). Wörter wie z.B. „taubstumm" gelten laut Duden als „veraltend" (vgl. https://www.duden.de/rechtschreibung/taubstumm), während Anglizismen wie z.B. „liken" und neue Wortschöpfungen wie z.B. „Ehrenmann" (vgl. https://www.langenscheidt.com/iugendwort-des-iahres) die deutsche Sprache kontinuierlich erweitern. Im Internet bilden sich neue Textsorten, Genres und Kommunikationsformen heraus. Die Medien machen es möglich, z.B. dialektale und soziolektale Begriffe über ihren Geltungsbereich hinaus zu verbreiten (vgl. Schmitz 2004, S.31), das Kiez-Deutsch z.B., das teils neue Wörter schafft, teils Fremdwörter aus dem Türkischen und Arabischen übernimmt, wird durch die neuen Medien überregional verbreitet, Begriffe wie z.B. „yallah" (aus dem Arabischen für „los") sind verstärkt im Sprachgebrauch Jugendlicher in ganz Deutschland zu beobachten. Diese zu beobachtende Vereinheitlichung geht sogar über verschiedene Sprachen hinaus; da Englisch in der heutigen Kommunikation eine vorherrschende Rolle einnimmt, integriert das Deutsche als auch andere Sprachen immer häufiger Anglizismen; diese Integration wird durch die Medien deutlich verstärkt (vgl. Schmitz 2004, S. 32). Daraus folgt, dass kleinere Sprachen, die bei diesem Prozess nicht mithalten bzw. konkurrieren können, schneller aussterben (vgl. Schmitz 2004, S. 32).

Die sozialen Netzwerke wie z.B. Facebook, Twitter, Instagram, WhatsApp, Skype und YouTube haben auch dazu beigetragen, bestimmte Texte und Wörter in unterschiedlichen Kontexten hervorzuheben, indem sowohl der Status und die schnelle Verbreitung dieser Wörter und Texte, z.B. durch sogenannte „Hashtags" gezielt gesteigert wurden. Es gibt unterschiedliche Positionen gegenüber diesem Prozess des Sprachwandels: Einige sehen das Internet als stärkenden Faktor und nicht als Zersetzungsfaktor für die Sprache. Viele Pädagogen äußern sich besorgt über die Verbreitung der "Internetsprache" und ihrer Verwendung durch viele junge Menschen in ihren Internetgesprächen. Sie weisen darauf hin, dass die Sprache dadurch bedroht wird und das Verhalten junger Menschen im Allgemeinen beeinträchtigt wird.

Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit den Arten und dem Ursprung sprachlicher Auffälligkeiten in den Kommunikationsformen E-Mail, Chats (wie z.B. WhatsApp), und YouTube. Die leitende Fragestellung dabei ist die, wie die Kommunikation im Internet die deutsche Sprache beeinflusst und welche neuen Formen sich innerhalb der Sprache herausbilden.

Das erste Kapitel befasst sich mit E-Mails, definiert den Begriff und erläutert die Funktionen von diesen. Im Anschluss werden Typen und Ursachen von Fehlern in der E-Mail- Kommunikation diskutiert. Das zweite Kapitel hingegen handelt von der Kommunikation in Chats: In einem ersten Teil werden Chats allgemein und WhatsApp- Kommunikation definiert. Darauf folgen eine Erläuterung der sprachlichen Auffälligkeiten und weiteren Möglichkeiten von WhatsApp- Chats. Weitere Unterkapitel befassen sich mit sprachlichen Merkmalen von Chats und mit Gründen für das Auftreten sprachlicher Fehler in Chats und im Internet. Das dritte Kapitel befasst sich mit der Fragestellung, ob die Wortwahl und grammatikalische Richtigkeit in der Internetkommunikation vom Kontext abhängen; zu diesem Zweck werden Kommentare unter zwei YouTube- Videos aus unterschiedlichen Kategorien auf sprachliche Fehler und Auffälligkeiten hin analysiert. Das letzte Kapitel widmet sich der Frage, ob E-Mails und Chats die Schriftsprache im nichtelektronischen Bereich beeinflussen; dazu wurde eine Umfrage mit 150 Personen durchgeführt, die in diesem Kapitel ausgewertet wird.

2. E-Mails

2.1. Definition und Funktionen von E-Mails

E-Mails (aus dem Englischen für „electronic mail") werden als der meistgenutzte und einer der wichtigsten Internetdienste angesehen. Durch E-Mails wird es ermöglicht, weltweit Nachrichten in Sekundenschnelle zu übermitteln. Des Weiteren bieten E-Mails zahlreiche Vorteile gegenüber z.B. klassischen Briefen: E-Mails sind erheblich schneller als normale Briefe, es ist möglich, eine E-Mail gleichzeitig an mehrere Empfänger zu verschicken, man kann sie an andere Personen weiterleiten und direkt auf sie antworten und es können Dateien im Anhang mit verschickt werden (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 1998, S.28), diese können z.B. Bilddateien, Videodateien oder Tonaufnahmen sein. E-Mails werden im elektronischen Postfach aufbewahrt, bis der Benutzer diese manuell löscht. Es gibt spezielle Computer- bzw. Smartphone/Tablet- Programme, mit denen E-Mails abgerufen werden können, wie z.B. Microsoft Outlook; weit verbreitet sind auch kostenlose Free-Mail-Anbieter wie z.B. www.gmx.de, www.web.de etc.

Eine E-Mail setzt sich meist aus drei Teilen zusammen: dem Header, dem Textkörper und der Signatur (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 1998, S 31). Im Header finden sich einige Informationen, wie z.B. die E-Mail-Adressen des Senders und des Empfängers, in der Betreffzeile das Thema der E-Mail und der Versandzeitpunkt der E-Mail (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 1998, S 31). Im Textkörper wird die eigentliche Mitteilung verfasst und am Ende steht die Signatur, die Namen und gegebenenfalls weitere Informationen wie Telefonnummer etc. des Absenders.

Durch die sogenannte „Reply-Funktion" bei E-Mails lassen sich auf erhaltene E-Mails Antworten verfassen, die beim Empfänger dementsprechend als Antwort markiert sind (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 2005, S.89). So kann entweder der gesamte Text der ursprünglichen E-Mail übernommen und darüber eine Antwort geschrieben oder bestimmte Textpassagen kommentiert und beantwortet werden (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 2005, S.89). Bei dieser Reply-Funktion ist ein grundlegender Unterschied zu anderen nicht-elektronischen Texten zu erkennen, da diese einer direkten Kommunikation zwischen Personen mit Rede und Gegenrede ähnelt und Adjazenzellipsen wie z.B. Frage-Antwort-Paare enthält (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 2005, S.91). Eine weitere Funktion ist die „Quote-Funktion", durch die es möglich ist, automatisch auf zuvorgekommene Zitate, auf die man sich beziehen möchte, zu antworten (vgl. Schmitz 2004, S.99). E-Mails sind eine Form der asynchronen Kommunikation, da das Verschicken und Erhalten von Nachrichten vom Netzwerk und Mail-Server abhängig ist (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 1998, S 29).

2.2. Sprachliche Fehler in E-Mails

Da E-Mails häufig sehr schnell verfasst werden, enthalten diese häufig Flüchtigkeits- und Tippfehler; daher ist die Toleranz gegenüber solchen Fehlern bei einer E-Mail-Kommunikation größer (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 1998, S. 35). Ein weiterer Grund dafür, dass Schreibfehler in E-Mails öfter enthalten sind als in Briefen etc., ist, dass diese am Computer oder Smartphone geschrieben werden und nicht ausgedruckt werden, wodurch eine nachträgliche Korrekturmöglichkeit wegfällt (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 2005, S.89). Pauschale Aussagen über die sprachliche und orthographische Richtigkeit bei E-Mails lassen sich jedoch nicht treffen, da es verschiedene Anlässe zum Verfassen einer E-Mail gibt, wie geschäftliche, kommerzielle oder private Gründe; Werbemails treten ebenfalls sehr häufig auf (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 1998, S. 35); diese Anlässe beeinflussen unter anderem die sprachliche Ausdrucksweise des Senders.

Auf die Frage, ob der Sprachgebrauch in E-Mails etc. den traditionellen Sprachgebrauch verändern bzw. beeinflussen wird, haben Forscher unterschiedliche Antworten: Einige sind der Meinung, dass der Sprachgebrauch im Internet dazu führt, dass sich der Sprachgebrauch in Briefen etc. verändern wird, wohingegen Schmitz z.B. argumentiert, dass dies mehr von Bedingungen wie dem Grad der Bekannt- und Vertrautheit und dem Gesprächsthema abhänge; daher lassen sich keine pauschalen Aussagen über E-Mail- Kommunikation treffen (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 2005, S. 88). Der Sprachgebrauch in E-Mails weist vor allem einige Eigenschaften auf, die in direkter Rede gebräuchlich sind, wie z.B. Dialektismen, Reduktionsformen und umgangssprachliche Formen (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 2005, S. 88). Oftmals ist es so, dass Personen bei E-Mails an enge Vertraute und Bekannte diese umgangssprachlichen Formen, Emoticons etc. öfter benutzen als bei der beruflichen oder geschäftlichen Kommunikation, bei der dagegen durchgehend auf die Einhaltung der Groß- und Kleinschreibung und sonstiger grammatikalischer Richtigkeit geachtet wird. Um dies weiter zu verdeutlichen, ist folgende Beispiel-E-Mail zu betrachten (aus einer Korrespondenz zwischen einem Studenten und einem Dozenten:

E-Mail des Studenten:

„Lieber Herr D.,

Ich habe im Sommersemester 2018 vergessen, die M4 Vorlesungsbescheinigung abzugeben und ausfüllen zu lassen, kann ich dies in Ihrer Sprechstunde am 19.9 nachholen? Außerdem habe ich im Wintersemester 2017/18 Ihr Seminar zu Modul 8 Schriftgeschichte und Orthographie besucht und würde gerne in der vorlesungsfreien Zeit die Hausarbeit dazu schreiben; bis wann wäre diese abzugeben? Über ein Thema werde ich mir in den nächsten Tagen Gedanken machen und dann ebenfalls in der Sprechstunde, falls möglich, mit Ihnen darüber sprechen.

Viele Grüße

T. D."

Darauf folgt die Antwort des Dozenten:

„Hallo Herr D.,

den Schein können Sie im Sekretariat abholen, dort habe ich alle hinterlegt. Wenn Sie sich jetzt zur Hausarbeit anmelden, müßten Sie diese bis zum 30.9. abgeben. Sie können die Arbeit aber auch später anmelden, dann haben Sie Zeit bis zum 31.3.2019.

Herzliche Grüße

Hajo D."

Sowohl der Student als auch der Dozent achten durchgehend auf die Einhaltung der Groß- und Kleinschreibung, Kommasetzung und anderer grammatikalischer Regeln, da diese in einem eher distanzierten Verhältnis zueinanderstehen und daher einen formellen Sprachstil benutzen und umgangssprachliche Ausdrucksweisen vermeiden. Auf eine Anrede und Verabschiedung wird von beiden Seiten geachtet.

Im Vergleich dazu kann man folgende E-Mail-Korrespondenz in Rahmen einer Gruppenarbeit zwischen zwei Studenten der Universität Koblenz betrachten:

Es folgt die erste E-Mail (Student 1):

„Habs jetzt einfach mal hier so reingepasted, dann gibt das keinen stress mit dateiformaten. Hoffe das passt so, beim Einfügen vlt. nochmal auf Fehler achten, bin nicht 100% sicher. Gut das so zu machen, der Arzt meinte ich hätte viel früher kommen sollen. Weis auch noch nicht ob ich morgen kommen kann/soll/darf. Ach aj und alles brav selber geschrieben und kein strg+c ;) Quelle war ausschließlich der Text."

Nun die Antwort von Student 2:

„Alles klar danke, füge das dann morgen früh alle ein. Okay dann gute besserung, komme morgen auch nicht muss das Literatures Essay fertig machen haha"

Auffallend ist, dass beide Personen komplett auf eine Anrede verzichten. Da beide Personen in einem freundschaftlichen Verhältnis zueinanderstehen, achten beide nicht auf die konsequente Einhaltung der Groß- und Kleinschreibung („stress mit dateiformaten", „besserung"). Zu Beginn benutzt die erste Person die umgangssprachige Kontraktion „habs" für habe es und lässt das Personalpronomen „Ich" aus. Auffallend ist, dass das Personalpronomen „Ich" durchgehend ausgelassen wird, wie es oft in der Umgangssprache geschieht („Hoffe das passt so", „bin nicht 100% sicher") Ein Anglizismus folgt („reingepasted" von Englisch paste, Einfügen). „Vielleicht" wird durch „vllt." Abgekürzt, statt der richtigen Form „dass" wird „das" geschrieben und statt „weiß" „weis". Es folgen weitere grammatikalische Fehler. Auch der Student Nr.2 achtet nicht auf die Grammatik, er verwendet statt „alles" „alle", die Großschreibung wird bei „besserung" missachtet und auch er lässt das Personalpronomen „Ich" aus. Am Ende steht die Interjektion „haha", um Belustigung auszudrücken.

Die Theorie von Schmitz (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 2005, S. 88), dass die Art des sprachlichen Ausdrucks davon abhängt, ob es sich um private oder geschäftliche Kommunikation handelt, wurde zumindest in diesen beiden E-Mail- Gesprächen bestätigt.

3. Chats

3.1. Definition von Chats und WhatsApp

Chats (aus dem englischen Wort „chat", was „plaudern" bedeutet) sind einer der beliebtesten und größten Online- Dienste. Sie ermöglichen einer unbegrenzten Anzahl von Internetbenutzern auf der ganzen Welt, Dialoge über die Tastatur oder das Mikrofon einzugeben. Die Benutzer können einerseits mit einem sogenanntem „Nicknamen" einem Chatroom auf diversen Webseiten beitreten und mit anderen Benutzern kommunizieren; dieses können allgemeine oder themenbezogene Chats sein. Andererseits besteht die Möglichkeit, eine Chatanwendung wie z.B. „WhatsApp" herunterzuladen und durch diese mit Bekannten in Kontakt zu treten.

WhatsApp ist eine Anwendung, mit der es möglich ist, über das Internet Textnachrichten, Bilder, Videos und Sprachnachrichten zu verschicken und die für die Benutzung auf Smartphones, Tablets und Computern verfügbar ist. Seit ihrer Einführung im Jahre 2009 ist die Anwendung ein großer Erfolg. Darüber hinaus wird sie von vielen Plattformen wie Windows und mobilen Geräten wie Android, IPhone, BlackBerry etc. unterstützt. WhatsApp ist eine gute Alternative zu SMS- Nachrichten, da es keine Beschränkungen (z.B. bezüglich der Anzahl von Zeichen und der Versendung von Bildern und Videos) und hohe Preise gibt; die Benutzung von WhatsApp ist kostenfrei. Um WhatsApp nutzen zu können, muss die Person über ein Mobiltelefon mit einer SIM- Karte und einer Mobilfunknummer verfügen. Nachdem die Anwendung auf das Mobiltelefon heruntergeladen wird, wird die Telefonnummer als Benutzername der Anwendung benutzt und die Anwendung wird mit dem Gerät verknüpft. In der Anwendung wird eine Liste der bereits im Telefon gespeicherten Rufnummern angezeigt, die ebenfalls mit einem WhatsApp- Konto verbunden sind.

Weitere Funktionen sind das Erstellen von Gruppen, denen Freunde oder Familienmitglieder etc. beitreten können; mit diesen kann man Gruppenchats führen. Die Anwendung kann auf den Desktop des eigenen Computers heruntergeladen werden, um die Gespräche zwischen dem Mobiltelefon und dem PC zu synchronisieren. Es gibt, ähnlich wie bei E-Mails, eine Reply- Funktion, durch die es möglich ist, eine erhaltene Nachricht hervorzuheben und sich mit der eigenen Antwort auf diese Nachricht zu beziehen. Eine weitere Funktion ermöglicht es, erhaltene oder selbst geschickte Nachrichten an beliebige Kontakte weiterzuleiten.

3.2. Sprachliche Auffälligkeiten und weitere Möglichkeiten in WhatsApp- Chats

Bei SMS und WhatsApp- Nachrichten stehen nicht die in der traditionellen Schriftsprache streng fixierten Grammatik- und Stilregeln im Vordergrund; diese werden der mündlichen Kommunikation angepasst und verschriftlicht, wodurch sich oft ein phonetischer anstatt grammatikalisch korrekter Schrifttyp entwickelt (vgl. Fahlenbrach 2019, S. 61-62); die Wörter werden so verschriftlich, wie sie ausgesprochen werden. WhatsApp-Nachrichten und SMS werden oft spontan verfasst und sind mit einer phatischen Funktion anstatt einer informativen Funktion verbunden; nicht der reine Informationsaustausch, sondern das Aufrechterhalten des Kontaktes mit dem Empfänger stehen im Vordergrund (vgl. Fahlenbrach 2019, S. 62).

Da die Sender von Nachrichten dabei nicht in der Lage sind, nonverbale Elemente wie z.B. Gestik und Mimik auf direkte Weise zu inkludieren, wird auf ein Mittel zurückgegriffen, dass diese Elemente kombiniert: Emoticons (vgl. Fahlenbrach 2019, S. 62) oder Emojis. Emoticons bestehen aus sogenannten ASCII-Zeichen (American Standard Code for Information Interchange), die beim Versenden von Nachrichten Emotionszustände symbolisieren. Zu den Emoticons gehören Smileys, wie z.B. der Smiley :-) oder :), die ein lächelndes Gesicht darstellen sollen. Emojis hingegen sind bereits vorgefertigte Gesichter oder andere Symbole; WhatsApp z.B. stellt Emojis zur Verfügung, die Smileys und Menschen, Kleidungsstücke, Tiere und die Natur, Essen und Trinken, Aktivitäten, Reisen und Orte, Fahrzeuge, Objekte und Anderes darstellen.

Weiterhin ist der Sender in der Lage, Bilddateien, Videodateien oder Dokumente etc. per WhatsApp-Nachricht zu verschicken, wodurch der schriftliche Austausch an nötigen Stellen ergänzt wird; die Nachrichten nehmen eine Form der Multimedialität an (vgl. Fahlenbrach 2019, S.62). Sollten trotz allem Verständnisfehler auftreten oder möchte der Sender eine persönlichere Nachricht verfassen, ist er dazu in der Lage, eine Sprachnachricht per WhatsApp zu verschicken; diese werden auch oft verwendet, falls die Person z.B. unterwegs ist und keine Nachricht eintippen kann.

3.3. Sprachliche Merkmale von Chats

Ein Chat weist das Prinzip „einer synchronen Kommunikationssituation" (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 2005, S.68) auf; er zeichnet sich durch temporale Nähe, jedoch auch durch räumliche Entfernung aus (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 2005, S.68). Ein grundlegender Unterschied zwischen Chats und z.B. einem Telefonat besteht darin, dass Chats schriftlich und akustisch bzw. phonisch verkörpert werden, obgleich Chats auch durch die umgangssprachliche Kommunikation und die augenblickliche Datenübertragung eine konzeptionelle Mündlichkeit aufweisen (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 2005, S.68). Da Chats jedoch auch nach längerer Zeit aufrufbar bleiben, spricht dies jedoch auch teilweise für eine mediale Schriftlichkeit von Chats (vgl. Runkehl/ Schlobinski/ Siever 2005, S.69).

Chats beinhalten grundsätzlich Elemente der konzeptionellen Mündlichkeit, da sie zeitlich synchron sind; eine räumliche Nähe ist jedoch nicht vorhanden, daher ist es nicht möglich, die Aussage zu treffen, dass diese de facto konzeptionell mündlich sind (vgl. Beißwenger 2000, S. 42). Syntaktische Besonderheiten wie z.B. „Ellipsen oder Konstruktionsbrüche" (Beißwenger 2000, S. 67) folgen daraus, dass in der Chat-Kommunikation ein sprechsprachlicher Satzbau vorliegt, da diese einem reellen Dialog ähneln; Umgangssprachlichkeit etc. sind ebenfalls Merkmale konzeptioneller Mündlichkeit (vgl. Beißwenger 2000, S. 67).

Da es bei der Chat-Kommunikation keine Möglichkeiten nonverbaler Kommunikation gibt, werden des Öfteren Interjektionen verwendet, die als Ausdruck der persönlichen Reaktion etc. benutz werden (vgl. Beißwenger 2000, S. 69); bekannte Interjektionen sind z.B. „haha" als Ausdruck der Belustigung oder „oha" als Ausdruck des Erstaunens. Um Dingen Ausdruck zu verleihen, werden im Chat Interpunktionszeichen oft doppelt oder öfter gesetzt (z.B. ???) (vgl. Beißwenger 2000, S. 69). Bei Chats kommt es häufig zu Tippfehlern; Beißwenger teilt diese in vier Typen ein: Ein Vertippen, bei dem auf der Tastatur der Buchstabe, der neben der Taste, die gedrückt werden sollte, gedrückt wird, ein Vertippen, bei dem der danebenliegende Buchstabe gleichzeitig mit der beabsichtigten Taste gedrückt wird, Tasten, die zu schwach oder zu stark gedrückt werden und das Vertauschen von Buchstaben (Buchstabendreher) (vgl. Beißwenger 2000, S. 74- 75 ). Bei Chats wird generell so oft wie möglich klein geschrieben, um den Aufwand höchstmöglich zu verringern (vgl. Beißwenger 2000, S. 75), des Weiteren wird durch die schreibende Person versucht, sich der Schnelligkeit bei mündlicher Produktion anzupassen (vgl. Beißwenger 2000, S. 76).

Nach Schmitz werden in der Internet-Kommunikation nonverbale Signale oft verschriftlicht, z.B. Inflektive aus Comics (z.B. *lach*), Akronyme (siehe folgende Liste), Emoticons, Majuskeln (z.B. GRINS), Zeichenrepetitionen zur Unterstreichung von Lautdehnungen (suuuuuuper!!!) und informelle Phonologie (vgl. Schmitz 2004, S. 93). In der Chat- und E-Mail-Kommunikation werden sehr häufig Abkürzungen und Akronyme verwendet, die sich im Netz etabliert haben. Es folgt eine Auflistung einiger dieser Abkürzungen und die Erklärung ihrer Bedeutung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Akronyme der Internetkommunikation

Es existieren noch viele andere solcher Abkürzungen, die dazu dienen, den Aufwand des Schreibens so minimal wie möglich zu halten; viele von ihnen sind inzwischen auch eine Art Trenderscheinung. Wie man anhand der Tabelle erkennt, sind einige der Abkürzungen aus englischen Begriffen entlehnt (lol, sry, wtf etc.)

3.4. Gründe für das Auftreten sprachlicher Fehler in Chats und im Internet

Selbstverständlich ist es zu beobachten, dass sich die Kommunikation im Internet von professionellen geschriebenen Texten unterscheidet und diesen gegenüber viele Defizite im Bereich Grammatik und Orthographie aufweisen, doch dies ist laut Storrer größtenteils auf die unterschiedlichen Rahmenbedingungen zurückzuführen, denn de facto gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Kommunikation im Internet die nichtelektronische Schriftsprache negativ beeinflusst (vgl. Storrer 2010, S. 219). Da die Kommunikation via Chats und E-Mails viele Bereiche der schriftlichen und mündlichen Kommunikation wie Briefe und Telefonate ersetzt, entstehen im Internet etliche neue Schreibanlässe, dazu gehören auch Foren, Kommentare unter Videos von Streaming-Diensten wie z.B. YouTube, Foren, Chatrooms und Blogs (vgl. Storrer 2010, S. 220). Dieses überhöhte Pensum wird durch beschleunigtes Schreiben ausgeglichen, wodurch Schreibfehler entstehen; da viele Dienste im Internet jedoch daraus bestehen, dass viele Nutzer ihre Meinung zu einem Thema geben, wird meist darüber hinweggesehen und ist wird mehr auf Bedeutung und Relevanz geachtet (vgl. Storrer 2010, S. 220).

Somit übernimmt die digitale schriftliche Kommunikation den Bereich der dialogischen und informellen Kommunikation; hierbei handeln die Gesprächsteilnehmer nicht als Verfasser von Textbeiträgen, sondern schreiben lediglich eine Unterhaltung nieder (vgl. Storrer 2010, S. 220­221). Da viele Elemente der mündlichen Kommunikation, wie Lautstärke, Mimik und Gestik, Pausen und Intonation bei Chats und E-Mails fehlen, entstehen neue Elemente einer Netzsprache, die diese zu ersetzen versuchen, dazu gehören die bereits genannten Akronyme, Smileys, die bei WhatsApp z.B. bereits zur Verfügung stehen und Lautmalereien wie z.B. „stöhn" oder „zwinker" (vgl. Storrer 2010, S. 221).

Ein weiteres Indiz dafür, dass Personen ihren Schreibstil im Internet an die jeweilige Kommunikationssituation anpassen ist, dass man auf der Online-Wissensplattform Wikipedia in Artikeltexten meist grammatikalisch und orthographisch richtige Texte findet, wohingegen man auf den Diskussionsseiten, auf denen sich Autoren und Nutzer informativ austauschen können, einen Sprachstil mit mündlichen Elementen betrachtet, was durch eine Abschlussarbeit an der TU Dortmund belegt wurde (vgl. Storrer 2010, S. 222). Auch beim Betrachten der von der Berlin- Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (www.dwds.de) zur Verfügung gestellten Zeitungskorpora findet sich z.B. kein echter Beleg für das Wort „lol" aus dem Netzjargon (vgl. Storrer 2010, S. 222); dies zeigt, dass die Schriftsprache sich lediglich im Bereich der Netzkommunikation erweitert.

4. Ist die Wortwahl und grammatikalische Korrektheit im Internet kontextabhängig?

Um zu analysieren, ob sich die Schriftsprache im Internet von der Standardsprache unterscheidet, analysierte ich jeweils die ersten fünfzig Kommentare von Benutzern der Videoplattform unter zwei YouTube-Videos auf sprachliche Richtigkeit und Verwendung von Emojis/Emoticons, Akronymen etc. hin. Da viele Forscher die These vertreten, dass die Wahl der Ausdrucksform etc. oft vom Thema und der Altersgruppe etc. abhängig ist, wurden Videos aus verschiedenen Kontexten analysiert: Das erste Video ist ein Musikvideo des Deutschrappers Capital Bra zusammen mit der Sängerin Juju aus dem Jahre 2018, das Musikstück trägt den Namen „Melodien". Das Video lässt sich unter der URL https://www.youtube.com/watch?v=qKvCP 3xCIE aufrufen. Da sich die Anordnung der ersten Kommentare jedoch mit der Zeit verändert, finden sich im Anhang der Hausarbeit Bildschirmaufnahmen der jeweiligen Kommentare; der Stand ist der 04.03.2019 um ca. 16.30 Uhr.

Die Altersgruppe, die Musik des Rappers Capital Bra konsumiert, besteht vorwiegend aus Jugendlichen; Pauschalisierungen sollten hier jedoch nicht getroffen werden. Das zweite YouTube-Video hingegen ist ein Dokumentationsfilm des Kanals „ARTEde" aus dem Jahre 2019 mit dem Namen: „Als die Nazis an die Macht kamen". Auch zu diesem Video finden sich Aufnahmen der jeweiligen Kommentare im Anhang der Hausarbeit; der Stand ist der 03.03.2019 um ca. 23 Uhr (https://www.youtube.com/watch?v=6O73urF2MDk)

Bei der Analyse der Kommentare wurde nicht jeder einzelne Fehler pro Kommentar aufgenommen, es wird jedoch aufgelistet; wenn in einem Kommentar beispielsweise mehrmals Kommafehler auftreten, werden diese zu einem Mal zusammengefasst, um die Auswerung übersichtlicher gestalten zu können.

Die Kommentare unter dem Musikvideo des Rappers Capital Bra wiesen etliche grammatikalische und stilistische Fehler auf. Nur fünf der fünfzig analysierten Kommentare waren sprachlich korrekt formuliert. Zwölf der Kommentare unter dem zweiten Video waren grammatikalisch korrekt; oft sind Kommentare annähernd korrekt; doch es kommen Tippfehler oder falsche Zeichensetzung vor. Die Fehler wurden in die Kategorien Interpunktion, Rechtschreibung, Umgangssprache & Anglizismen und Phänomene der Internetsprache aufgeteilt.

4.1. Die erste Kategorie „Interpunktion"

In fast der Hälfte (23) der Kommentare unter dem Musikvideo fehlen die Satzzeichen; des Öfteren fehlen ein Punkt oder ein Fragezeichen am Satzende; beim zweiten Video fehlen in nur sechs Kommentaren die Satzzeichen. Hier liegt ein größerer Unterschied vor, da das Auslassen von Satzzeichen ein relativ stark verbreitetes Phänomen im Internet ist; die Altersgruppe und der Kontext scheinen hier eine Rolle zu spielen. Die Kommaregel (überflüssiges oder fehlendes Komma) wird bei Kommentaren unter dem ersten Video in 19 Fällen missachtet, im zweiten Fall sind es nur 9 Kommentare; auch hier lässt sich derselbe Schluss wie bei vorigem Beispiel ziehen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 44 Seiten

Details

Titel
Die Beeinflussung der Sprache durch die Kommunikation im Internet
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Germanistik)
Veranstaltung
Schriftgeschichte und Orthographie
Note
1,7
Jahr
2019
Seiten
44
Katalognummer
V1025682
ISBN (eBook)
9783346425454
Sprache
Deutsch
Schlagworte
beeinflussung, sprache, kommunikation, internet
Arbeit zitieren
Anonym, 2019, Die Beeinflussung der Sprache durch die Kommunikation im Internet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1025682

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