Wa s ist und was bringt die Ökosteuer ?
von Joachim Grawe (email: joachim.grawe@energie-fakten.de)
Hier die Fakten (vereinfachte Kurzfassung)
Ökosteuern sollen nicht so sehr Geld ein- bringen, als vielmehr zum sparsamen Um- gang mit der besteuerten Ressource, z. B. Energie, veranlassen („Lenkungswir- kung“). Das funktioniert insbesondere bei solchen Gütern, die nicht als lebensnot- wendig angesehen werden, und solchen, die sich ersetzen lassen.
Je mehr die Verbraucher sparen, desto weniger Steuern nimmt allerdings der Staat ein. Ökosteuern können daher nicht die Grundlage der Staatsfinanzen bilden, wohl aber Teil eines gemischten Steuersystems sein. Am relativ stärksten von ihnen ge- troffen werden sozial schwache Schichten.
Die zeitlich gestaffelte Anhebung der Öko- steuern führt zu einem Dilemma: Entweder fällt bei kleinen Schritten der Lenkungs- effekt gering aus, oder bei großen Schritten
„schießt" die Steuer weit über die Externen Kosten (siehe Externe Kosten) hinaus, und nach wenigen Jahren werden der Preis- mechanismus und damit die Marktfunktion für die betreffende Ressource ausgehebelt.
Die undifferenzierte Besteuerung von Energie als solcher ist ökologisch nicht sinnvoll. Denn die verschiedenen Energie- träger und –techniken belasten die Umwelt sehr unterschiedlich, je nachdem, wie groß die mit ihrer Nutzung verbundenen Stoffströme (Materialverbräuche und Schadstoffabgaben an Luft, Wasser und Boden) sind. Daher sollten die Steuersätze
einerseits nach dem Verzehr an energe- tischen und nicht-energetischen Ressour- cen sowie nach den Emissionen, vor allem auch von klimaschädlichen Gasen (Kohlendioxid, Methan), bemessen wer- den. Andererseits sollten sie die Knappheit und die Wertigkeit (je vielseitiger ver- wendbar, um so kostbarer) des jeweiligen Energieträgers widerspiegeln.
Die deutschen Ökosteuersätze auf Benzin, Dieselöl, Heizöl, Erdgas und Strom sind recht willkürlich. Braun- und Steinkohle sowie Kernbrennstoff werden gar nicht (direkt) besteuert, Strom im Verhältnis zu hoch. Die energieintensive Industrie wird weitgehend freigestellt. Zahlreiche weitere Ausnahmen und Sonderregelungen stellen fragwürdige Einzeleingriffe in die Energie- märkte dar. Das Steueraufkommen wird – sachfremd – zur Finanzierung der Renten- versicherung verwandt („Renten- finanzierungssteuer“). In ihrer gegen- wärtigen Form hat die Ökosteuer besten- falls geringe Energiesparwirkungen und praktisch keine ökologischen Vorteile.
Wissenschaft aller Richtungen fordern daher, die Steuer schnellstmöglich in eine Klimaschutzsteuer (und damit eine echte Ökosteuer) umzuwandeln, die an den Aus- stoß von Kohlendioxid anknüpft, und die Mittel zur Förderung von Umweltschutz- maßnahmen einzusetzen.
Hier die Fakten (fachspezifische Langfassung):
Begriff und Zweck
Ökosteuern sind Verbrauchssteuern (wie z.
B. die Tabaksteuer). Sie verteuern einzelne Güter oder Leistungen. Dadurch sollen die Verbraucher / Nutzer veranlaßt werden, weniger davon nachzufragen, und die An- bieter, statt ihrer umweltverträglichere auf den Markt zu bringen. Neben der Erzielung von Staatseinnahmen bezwecken Öko- steuern, auf diese Weise die Umwelt zu entlasten.
Wirkungen von Ökosteuern
Ökosteuern können die angestrebte Ver- brauchssenkung bewirken, wenn sie auf solche Güter bzw. Leistungen erhoben werden, die das Haushaltsbudget der Ver- braucher spürbar belasten, von diesen nicht als lebensnotwendig angesehen werden oder durch andere ersetzt werden können, und wenn sie diese deutlich verteuern. In anderen Fällen werden keine größeren Ein- spareffekte erreicht.
Je mehr die Lenkungswirkung greift (Spar- effekt), um so stärker geht das Steuerauf- kommen zurück. Zwischen den Zwecken der Umweltentlastung und der Einnahmen- erzielung besteht daher ein unauflöslicher Konflikt. Wie alle Verbrauchssteuern (außer auf Luxusgüter) treffen auch Öko- steuern die sozial schwächsten Bevölke- rungsgruppen überproportional.
Wenn die Ökosteuersätze nach einem vorab festgelegten Automatismus in regel- mäßigen Abständen (z. B. jedes Jahr) er- höht werden, können sich die Verbraucher
und Anbieter darauf einstellen und sich frühzeitig mit möglichen Alternativen zu dem betreffenden Gut (der betreffenden Leistung) befassen. Jedoch entmachtet sich dadurch das Parlament, sofern es die Stufenlösung nicht später ändert und damit die ursprünglich angestrebte Wirkung konterkariert. Bei kleinen Erhöhungs- schritten ist die Lenkungswirkung zweifel- haft, bei großen (z. B. 5 % jährlich) würde die Ökosteuer schnell die externen Kosten (siehe Externe Kosten) übersteigen und überdies schon nach 15 Jahren mehr als die Hälfte des Gesamtpreises eines Gutes aus- machen. Damit würde die für unser Wirt- schaftssystem grundlegende und bewährte Funktion des Marktes bzw. des Preises ausgehöhlt.
Die Energie als Steuergegenstand
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Ziel der Ökosteuer laut dem Text?
Laut dem Text sollen Ökosteuern nicht primär Einnahmen generieren, sondern den sparsamen Umgang mit der besteuerten Ressource, wie z.B. Energie, fördern (Lenkungswirkung). Dies funktioniert besonders gut bei Gütern, die nicht als lebensnotwendig angesehen werden und die sich ersetzen lassen.
Warum können Ökosteuern nicht die alleinige Grundlage der Staatsfinanzen bilden?
Je mehr Verbraucher sparen, desto weniger Steuern nimmt der Staat ein. Daher können Ökosteuern nicht die Grundlage der Staatsfinanzen bilden, sondern höchstens Teil eines gemischten Steuersystems sein. Außerdem treffen sie sozial schwache Schichten relativ stärker.
Welches Dilemma ergibt sich bei der Anhebung von Ökosteuern?
Eine zeitlich gestaffelte Anhebung der Ökosteuern führt zu einem Dilemma: Bei kleinen Schritten ist der Lenkungseffekt gering, bei großen Schritten kann die Steuer die externen Kosten übersteigen und nach wenigen Jahren den Marktmechanismus für die betreffende Ressource aushebeln.
Warum ist die undifferenzierte Besteuerung von Energie nicht ökologisch sinnvoll?
Die undifferenzierte Besteuerung von Energie ist ökologisch nicht sinnvoll, weil verschiedene Energieträger und -techniken die Umwelt unterschiedlich stark belasten. Die Steuersätze sollten sich nach dem Verzehr an energetischen und nicht-energetischen Ressourcen sowie nach den Emissionen, vor allem von klimaschädlichen Gasen, richten.
Wie werden die deutschen Ökosteuersätze im Text kritisiert?
Die deutschen Ökosteuersätze auf Benzin, Dieselöl, Heizöl, Erdgas und Strom werden als willkürlich kritisiert. Braun- und Steinkohle sowie Kernbrennstoff werden gar nicht (direkt) besteuert, Strom im Verhältnis zu hoch. Die energieintensive Industrie wird weitgehend freigestellt. Das Steueraufkommen wird zur Finanzierung der Rentenversicherung verwendet (Rentenfinanzierungssteuer). In ihrer jetzigen Form hat die Ökosteuer bestenfalls geringe Energiesparwirkungen und kaum ökologische Vorteile.
Was fordern Wissenschaftler bezüglich der Ökosteuer?
Wissenschaftler fordern, die Steuer schnellstmöglich in eine Klimaschutzsteuer umzuwandeln, die an den Ausstoß von Kohlendioxid anknüpft, und die Mittel zur Förderung von Umweltschutzmaßnahmen einzusetzen.
Was ist der Zweck von Ökosteuern (Langfassung)?
Ökosteuern sind Verbrauchssteuern, die einzelne Güter oder Leistungen verteuern, um Verbraucher/Nutzer zu einem geringeren Konsum zu bewegen und Anbieter zu umweltverträglicheren Alternativen zu animieren. Neben Staatseinnahmen soll auch die Umwelt entlastet werden.
Unter welchen Bedingungen bewirken Ökosteuern eine Verbrauchssenkung?
Ökosteuern bewirken eine Verbrauchssenkung, wenn sie Güter/Leistungen verteuern, die das Haushaltsbudget der Verbraucher spürbar belasten, nicht als lebensnotwendig angesehen werden oder durch andere ersetzt werden können.
Welchen Konflikt gibt es bei Ökosteuern zwischen Umweltentlastung und Einnahmenerzielung?
Je stärker die Lenkungswirkung (Spareffekt) greift, desto stärker geht das Steueraufkommen zurück. Es besteht ein unauflöslicher Konflikt zwischen Umweltentlastung und Einnahmenerzielung. Außerdem treffen Ökosteuern (außer auf Luxusgüter) sozial schwache Bevölkerungsgruppen überproportional.
Was passiert, wenn Ökosteuersätze regelmäßig erhöht werden?
Bei regelmäßigen Erhöhungen können sich Verbraucher und Anbieter frühzeitig auf Alternativen einstellen. Dies entmachtet jedoch das Parlament, sofern es die Stufenlösung nicht später ändert. Kleine Erhöhungsschritte haben zweifelhafte Lenkungswirkung, während große Erhöhungen schnell die externen Kosten übersteigen und die Marktfunktion aushöhlen würden.
Warum wird in Europa hauptsächlich Energie besteuert?
Es gibt keinen Sachgrund dafür, dass in Europa hauptsächlich Energie besteuert wird. Es ist lediglich einfacher, den Energieverbrauch zu überwachen und zu messen als den Verbrauch anderer Güter und Ressourcen.
- Arbeit zitieren
- Joachim Grawe (Autor:in), 2001, Was ist und was bringt die Ökosteuer?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/102840