Schule - Problemerörterung


Referat / Aufsatz (Schule), 2001

2 Seiten


Leseprobe


Schule

Welche Aufgaben kommen der Schule heute zu und wie erfüllt sie diese?

Sind Schulnoten notwendig oder überflüssig, und gibt es Alternativen der Leistungsbeurteilung?

Gehen Sie in Ihrer Erörterung auch auf die geforderten ‘Verhaltensvereinbarungen’ ein. Sind diese für einen geregelten Schulalltag notwendig oder ein Schritt in Richtung autoritärere Schule?

Jahr 2040: Der mittlerweile dritte Konflikt um die Süßwasserreserven des früheren Kamtschatka zwischen einem europäischen und einem ostasiatischen Staatenbund hat zu den bisher schwersten militärischen Auseinandersetzungen seit dem 2. Weltkrieg geführt. Viele frühere Küstenstädte, wie Kairo, Venedig, Boston, Amsterdam, sowie ganze Inselgruppen und Länder wie Bangladesch sind durch das Schmelzen der Polkappen im Meer versunken. Der Raubbau in Afrika und Südamerika hat zu einer neuen Völkerwanderung geführt, da den Einheimischen ihr Land gestohlen wurde. Die Flüchtlinge werden von den Militärs der reichen Industriestaaten an der Einreise gehindert, da die Regierungen die Interessen der Megakonzerne durch diese Maßnahmen am besten schützen und nur so zu versteckten oder offiziellen Wahlkampfspenden kommen.

Das Szenario ließe sich beliebig lange fortsetzen, die negative und düstere Grundstimmung würde sich nicht ändern. Sie fragen sich, was das mit Schule zu tun hat?

Die mehr und mehr stattfindende Vernachlässigung der Erziehungsaufgaben der Eltern, und diese werden gerade Lehrer sehr häufig beobachten, lässt sich auf geänderte soziale Umstände zurückführen. Informationsmedien gaukeln Realitäten vor, die in Wahrheit keine sind. TV-Serien wie ‘Beverly Hills 90210’ zeigen das Leben einer als schick geltenden Gruppe und suggerieren uns Verhaltensweisen, die einen großen finanziellen Druck auf uns ausüben, da die vorgezeigten Konsumgüter angeschafft werden müssen oder die neueste Frisur getragen werden will. Will man diesem Druck standhalten, der sich erhöht, sobald die ersten ‘Nicht-Fernseh-Personen’ diese Symbole präsentieren, so muss man viel Zeit investieren, um das nötige Geld zu erarbeiten. Alleinerzieher haben es hier doppelt schwer, aber auch in Lebensgemeinschaften gehen zumeist beide Partner arbeiten, was zum bereits behaupteten Rückzug aus der Erziehungsverantwortung führt, weil ganz einfach die Zeit zum Geldverdienen verbraucht wird.

Im Lichte dieser Entwicklung betrachtet, muss sich die Schule wohl von einer reinen Wissensvermittlungsinstitution zu Erziehungsinstitution wandeln. Auf Entwicklungsnotwendigkeiten hat unser Schulsystem leider bisher nur sehr langsam reagiert. Veränderungen wurden oft nur aufgrund von Wirtschaftsdruck nachgegeben. Erst wenn die Wirtschaft ‘schreit’, dass zu wenig EDVKräfte vorhanden sind, werden von der Politik die notwendigen Mittel losgeeist und eine ‘Wir-bilden- ab-sofort-lauter-Computer-Spezialisten-aus-Offensive’ wird gestartet.

Dient die Schule nur der Wirtschaft, so ist diese Vorgehensweise ausreichend. Gesellschaftlichen Entwicklungen allerdings kann dann nicht ausreichend begegnet werden. Schule vermittelt viel zu wenig wie Menschen miteinander umgehen können/sollen. Die vielzitierte ‘soziale Kompetenz’ jedes einzelnen bleibt auf der Strecke oder wird nur gefördert, wenn sie im Berufsleben gebraucht wird.

Die Politik, oder besser: die derzeitige Regierung, greift für neu entstehende Gesellschaftsformen lediglich auf alte Konzepte zurück. Einerseits sollen alle so viele Konsumgüter wie möglich kaufen, damit die Wirtschaft lebe, andererseits wird eine ‘Frauen-zurück-an-den-Herd-Politik’ betrieben, die uneingeschränktes Konsumverhalten unmöglich macht, weil das Geld fehlt. Dass sich diese beiden Ziele gegenseitig behindern, ist augenscheinlich.

Lauf Nefiodows Buch ‘Der sechste Kondratieff’ hat unsere Gesellschaft die Stufe der Individualisierung erreicht bzw. weitgehend ausgelebt. Als nächster Schritt ist eine breit angelegte Bevölkerungssolidarisierung abzusehen. Die alten Konzepte der schwarz-blauen Regierung regeln in erster Linie das Individualrecht. Solidarität und soziales Engagement sind nicht gefragt, ‘Law and order’ bestimmen das politische Geschehen. Insofern sind Verhaltensvereinbarungen kennzeichnend für diese Regierung. Obwohl die Aufgabenstellung dieser Erörterung von einem geregelten Schulalltag spricht, sind diese Regeln für die politisch Verantwortlichen nicht ausreichend. Anstatt Schulkindern solidarisch-soziales Verhalten zu lernen und so auf eine zukünftige Gesellschaft vorzubereiten, sollen Verhaltensregeln den Umgang miteinander festlegen. Ob die Kinder über diese Regeln hinaus emotionale oder soziale ‘Armutschkerln’ sind, ist egal. Die Verhaltensregeln bereiten dafür auf ein Berufsleben vor, das sich derzeit wieder in Richtung Manchestertum entwickelt und wohl zu einem Szenario 2040 führt, das jenem in meiner Einleitung gleicht.

Dient die Schule nur der Wirtschaft, so ist diese Vorgehensweise ausreichend. Wollen wir jedoch eine Entwicklung, die anders aussieht, dann sind Verhaltensregeln wohl das falsche Mittel.

Nehmen wir an, dass Schulbildung in erster Linie auf das Berufsleben vorbereiten soll, dann bleibt Wissensvermittlung das primäre, vielleicht sogar das einzige Ziel der Schule. Schulnoten sind dann das adäquate Mittel zur Leistungsbeurteilung, da das angelernte Wissen nach einem bekannten, mehr oder weniger gerechten Schema beurteilt wird. Als jemand, der bereits seit dreizehn Jahren im Berufsleben steht, behaupte ich, dass diese Bewertung bei vielen Unternehmen mittlerweile nicht mehr reicht oder in vielen Bereichen bereits obsolet ist. Ein Mindestwissen im Sinne einer schulischen Ausbildung bleibt selbstverständlich nötig; viele, durch das derzeitige Schulnotensystem nicht bewertbare Eigenschaften sind für beruflichen Erfolg jedoch nötig. Insofern besteht hier bereits massiver Anpassungsbedarf.

‘Für das Leben lernen wir und nicht für die Schule.’ Wer bewertet uns im täglichen Leben? Oder besser, was sagen Schulnoten über unseren Umgang mit Menschen aus? Nehmen wir an, dass Schulbildung in erster Linie auf das Leben vorbereiten soll, dann scheint mir jede Form von Bewertungssystemen absurd. Es sei denn, jeder trägt seine ‘Wie-kann-ich-mit-Menschen-umgehen- Note’ wie einen Judenstern auf der Brust.

Das Schulnotensystem ist einzig und allein zur Bildung einer Wissenselite da und dient als Schlüssel zum Eintritt in die Finanzelite.

Dient die Schule nur der Wirtschaft, so ist diese Vorgehensweise ausreichend. Wollen wir jedoch eine Gesellschaft, in der jeder mit dem anderen umgehen kann, dann haben Schulnoten wohl keinen Nutzen zur Beurteilung gesellschaftlicher Kompetenz.

Fragen wir uns vielleicht einmal, wohin uns unsere Technokratiegläubigkeit gebracht hat. Breitschichtiger Wohlstand, hohe Lebenserwartung und allgemeines Verständnis für weltweite Zusammenhänge sind zweifellos äußerst positive Anzeichnen, dass Fortschritt so schlecht nicht sein kann. Überbordender Egoismus durch exzessiv geförderte Individualisierung, Umweltzerstörung und Rohstoffvergeudung durch Profitgier und das Betrachten von Menschen als Ressource statt als Menschen sind hingegen Signale, dass wir oft gegen unsere ureigensten Interessen leben.

Ein Textauszug des deutschen Sänger Thomas D lautet:

Um die Pest dieser Zeit zu bestehen und um weiter zu gehen, müssen wir alle unsere Ego in Demut zurücknehmen.

Eine Gesellschaft, die im Einklang mit sich selbst und ihrer Umwelt ist, kann nicht von heute auf morgen realisiert werden. Behält man aber das Ziel vor Augen, so kann man alle Einzelaufgaben mit diesem Ziel harmonisieren. Die Aufgaben der Schule, die Notwendigkeit eines Schulnotensystems oder schulische Verhaltensvereinbarungen - all diese Fragen sind dann leicht zu beantworten.

Sie können es gerne ausprobieren. Visualisieren Sie für sich Ihren Wunschzustand folgender Situation: Jahr 2040 ...

Ende der Leseprobe aus 2 Seiten

Details

Titel
Schule - Problemerörterung
Hochschule
Real Centro Universitario Maria Cristina
Autor
Jahr
2001
Seiten
2
Katalognummer
V104353
ISBN (eBook)
9783640026982
Dateigröße
363 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schule, Problemerörterung
Arbeit zitieren
Bernhard Schaufler (Autor:in), 2001, Schule - Problemerörterung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/104353

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