Ndl Seminar 1 - Klausurvorbereitung
Text
- Textverständnis abhängig von anderen Texten > Intertextualität
Definition Text
- Teil eines gesellschaftlichen Kommunikationsprozesses
- Text ist öffentlich
- Niedergeschrieben, fest, unveränderlich
- Abgeschlossen
- Codierung genügt Normalitätskriterien, z.B. Rechtschreibung und Grammatik
- Texte können Feldern zugeordnet werden, dadurch zeitliche Strukturierung
Sprachliche Funktionen (Jacobson)
Referentiell: Bezug auf den Kontext
Emotiv: Haltung des Sprechers zum Gesprochenen wird ausgedrückt Konativ: auf Empfänger ausgerichtet (Vokativ)
Phatisch: Kommunikation aufrecht erhalten („Ja, also, na dann...“) Metasprchlich: reden über Sprache
Poetisch: Nicht was wird gesagt, wie wird es gesagt „Die poetische Funktion projeziert das Prinzip der Aquivalenz von der Achse der Selektion auf die Achse der Kombination.“
Intertextualität (Posttext bezieht sich auf Prätext)
Genette (70er)
- Kopräsenz: greifbare Anwesenheit eines Textes in einem Anderen, meistens Zitat (Plenzdorf-Goethe)
- Paratextualität: Bezüge zwischen Text und Titel, auch über Motto, vorangestelltes Zitat (Biermann-Hölderlin&Claudius)
- Metatextualität: kommentierender oder kritischer Hinweis auf Prätext (P-G)
- Hypertextualität: Text immitiert, adaptiert, parodiert oder setzt den Prätext fort, nimmt ihn als Folie (Enzensberger-Mignon)
- Architextualität: Gattungsbezüge (P-G; Kassette-Brief) Jürgen Link
- positive Belege > wörtl. Übernahme, auch Strukturen
- Applikationen von biographischen und textuellen Mustern
- Ausrichtung von Autoren nach anderen Autoren in Habitus, Werkentwicklung... (Müller nach Brecht)
- Strategische Intertextualität > Bezug auf andere Texte deutlich sichtbar, aber Wirkungsstrategie ist völlig anders (Goethes Mignon und Kästners Adaption)
- Poetische Transfiguration > völlige Umarbeitung des Textes, leichter Bezug zu Prätext (Brezengang) Bachtin (20er)
- monologisch lesen: Leser bezieht sich auf Bestehendes und Tradition
- dialogisch lesen: L. versucht aufzubrechen und Diskussion in Gang zu bringen
- „Dialogizität“ Kristeva (60er)
- Texte werden aus Texten erzeugt
- Alles ist Text
Edition
Editionswissenschaft seit Gutenberg
Copyright seit Gründung dt. Zollverein (ca. 1834)
Probleme beim editieren:
- lesen, entziffern
- zuordnen, wie viele verschiedene Texte befinden sich auf einem (Papier früher teuer, ergo mehrere Texte auf eines) Blatt?
- Wann wurde was geschrieben?
- Unleserliche Teile interpretieren
- Wieviele Fassungen sind vorhanden?
- Welche will der Autor publiziert haben?
- Textverderbnis/verluste finden
- Authorisierung beachten
- Frühere Publikationen, eventuelle Unterschiede
Ausgabetypen
Erster Druck immer wichtig, da zitierfähig
Hist.-krit.
- Hinweis auf Beschaffenheit der Funde
- Nicht modernisierter Abdruck der Textzeugen
- Abkürzungen erläutert
- Alle zum Werk gehörenden Texte werden mit abgedruckt
- Überlieferungs-, Entstehungs- und Druckgeschichte wird erläutert
- Kommentar, Stellenkommentar; lexikalische Besonderheiten und Stil werden erläutert; personelle Beziehungen werden erläutert
- Bibliographie
- Register
- Lemma-, Faksimile- (teuer) oder Schichtenapparat
Studienausgabe
- oft Taschenbuch
- behutsam modernisiert
- Angaben zur Fassung
- Information zur Entstehungsgeschichte
- Kommentare, Register, Vor-, Nachwort
Leseausgabe
- modernisierter Text
- unzulässige Texteingriffe
- keine Angaben zur Fassung
Archetext > Ursprungstext, nicht Original Textverwitterung > eingeschlichener Fehler Konjektur > Vermutung bei Textübertragung Textgenese > Entstehung des Textcorpus
Der Autor
- im Sturm und Drang Stilisierung des Autorbildes als Genie mit gött. Gabe (Lenz, Goethe, Klinger...)
- Copyright seit Gründung des dt. Zollvereins 1834
- Trennung zwischen Person und Autor
- Autor bewegt sich in medialer Inszenierung, abhänhig von den Medien
- Autor wird Objekt der Öffentlichkeit
Focault
-Diskurs als Redeordnung; 1. Redegegenstand, 2. Regulationssystem definiert die Regeln seine Schwerpunkte:
- nicht Mensch, sondern Werk spielt Rolle; Name wird mit Werten verbunden
- Autoren werden über Werke angeeignet, Copyright gesetzlich geregelt
- Zuschreibungsverhältnisse: Verlage, Medien schreiben Autoren Texte zu; Autoren schreiben für einen anonymen Markt > Objekt; Literaturintern Werkzuschreibung über Stil
- Lyrisches ich als Instanz des Autors
Gedächtnis
konnektive Struktur einer Gesellschaft
- Gemeinsames Wissen und Selbstbild
- Gemeinsame Vergangenheit
- Gemeinsame Ordnung basierend auf Werten und Regelnseit Buchdruck wird die Vergegenwärtigung gestärkt, festes Medium, auswendig lernen wird unnötig
Assmann:
- mimetisches Gedächtnis: lernen durch Nachmachen
- Ding-Gedächtnis: Gegenstände > Erinnerung
- Kommunikatives Gedächtnis: weitergabe kultureller Erfahrung im Gespräch
- Kulturelles Gedächtnis: zu Zweck kommt Sinn > Tisch vs. Altar Erinnerungsfiguren nach Halbwachs bezogen auf kulturelles Gedächtnis
- Gruppenbezug > Sportvereine oder Religionen haben eigene Rituale die auch Raum und Zeit bedingen
- Rekonstruktivität > Vergabgenheit als Bild, nicht Realität; nur für Gruppe so rekonstruiert
- Gedächtnis vs. Geschichte > Bild vs. Realität
Bibliothek als Möglichkeit zur Auslagerung des Gedächtnisses
Zensur und ideologischer Zwang fördern Vergessen
Wissenschaftlicher Text
strikte Trennung zwischen Eigen,- und Fremdanteil durch Fußnoten und Zitate Argumentationstrang mit finaler Aussage
Kriterien
- Intersubjektivität > verweis auf Begriffe
- Argumentationszusammung,- entwicklung
- Erkenntnisinteresse: warum schreibe ich den Text?
- Thesen/Hypothesen be/widerlegen
- Widerspruchsfrei
- Bibliographie
Gattungen
Vosskamp
orientiert sich am Prager Strukturalismus (Strukturanalyse) Jauß als Vorbild
- kommunikativ
- Autor-Leser-Konsens
- Über strukturelle Ähnlichkeiten werden Gattungsbegriffe gebildet
- Rezeptionsgeschichte > beim Leser entstehen Erwartungshaltungen einer Gattung gegenüber
- Gattungen hist. Wandelbar
- Inventio > Gattung wird gegründet
- Institutionalisierung > Gattung wird als solche wahrgenommen
- Dominanz > Etablierung
- Krise
- Deinstitutionalisierung > Ende
- Fundus rethorischer Muster der Gesellschaft
- (Reinstitutionalisierung) anthropologisches Gattungsmodell von Goethe/Gottsched
Normativ
- Lyrik > subjektiv
- Epik > objektiv
- Drama > subjektiv & objektiv
- >>> Problematik: Neue Medien?
Hermeneutik
Kafka „Vor dem Gesetz“
- nicht eindeutig interpretierbar
>>>>>>>> triadisches Modell
- Text steht isoliert dar, mehrfach einzeln publiziert
- Von ihm als gelungen bezeichnet
- Pasley: Text markiert Schreibkrise Kafkas
- Hermetischer Text >kein Bezug zur Alltagswelt, wie Gesetz an sich auch, da Auslegung nötig
- Mann geht rein >schlägt Weg ein; bleibt er draußen > alle Möglichkeiten offen
- Mehrsinnig
- Text entwickelt Eigendynamik: Sinn des Autors + des Lesers + des Textes
Literatur kann zwischen Diskursen vermitteln; Theologie, Politik und Gesetz Pictura > Bild Subscriptiones > Bildunterschrift
- Emblem > Bild + Bildunterschrift
- Goethesymbol > Bild + mehrdeutige Bildunterschrift
- Chiffresymbol > Zwischen Bild und Bildunterschrift eigentlich kein logischer Zusammenhang, nur durch Hinweis gegeben
- Kafkasymbol (Mischform von G & CH): z.B „vor dem Gesetz“ > Gesetz als interdiskursiver Begriff
Versmaß & Metrik
- aus der Antike
Jambus > xy
Trochäus > yx Anapäst > xxy Daktylus > yxx
(Spondeus > yy; nur im griechischen vorhanden)
Einführung der Taktstriche durch Häusler; immer vor Hebung
Alexandriner: sechshebiger Jambus mit einer Zäsur nach dem dritten Fuß
Distychon: Hexameter & Pentameter
Bsp: Immer strebe zum Ganzen, und kannst Du selber kein Ganzes Y x y x x y x x y x y x x y x
Werden, als dienendes Glied schließ an ein Ganzes dich an. Y x x y x x y y x x y x x y
alkäische Odenform (nach Alkaios)
- Strophe enthält 4 Verse: 1&2= 11 Silben, 3=9 Silben, 4=10 Silben
- Vers 1,2&3 jambisches Maß, in 1&2 im Vierten Fuß anapästisch verändert, im Dritten Vers rein
- Im Schlußvers stehen 2 Daktylen und zwei Trochäen
- Beginnt unbetont und endet unbetont
Text: Biermann
- bezieht als Schriftsteller öffentlich Position; dieses Engagement verlangt er auch von anderen
- vorangestellter Claudiustext alsUmkehrung: Schriftsteller zieht sich zurück
Drama („ es läuft“)
Warum gehen Leute ins griech. Theater?
- Abhandlung sozialer Probleme in der Öffentlichkeit > Diskussion
Aristotelisches Theater (Aischylos, Euripides, Sophokles)
- Einheit von Zeit, Ort und Handlung > Nähe zu Realität
- Konzentration auf Fabelstrang; kaum/keine Nebenhandlungen
Aufbau
Peripetie
Klimax
Exposition Katastrophe
Katharsis: „Abstieg“ > Zuschauer versetzt sich in Figur hinein > Einfühltheater Persona: Maske
Poropos: Schauspieler hinter der Maske
Mimesis: Figuren sollen authentisch sein, z.B. Umgangssprache Deus ex machina: Chaos zu Ordnung durch Gott als Schauspieler Elios, Phobos: Jammer, Schauer
Episches Drama (Brecht)
- Mitlied und Gefühle können zu falschen Handlungen führen („die Maßnahme“)
- Bsp. junger Genosse: eigentlich auf der Bühne nicht existent, da von vielen Personen gespielt
- Als Vorbild japanisches No-Theater
- Verlangt vom aussenstehenden Zuschauer Reaktion und eigene Sicht der Dinge
- Keine Einheit von O/Z/H
Drama allgemein
- analytisch: keine Akteinteilung, rückwärtiger Beziehungspunkt
- synthetisch: Zielpunkt
- geschlossen: Einheit von O/Z/H, ein Ausschnitt
- offen: Vielzahl Ausschnitte
Prosa
Zeit: Dehnung vs. Raffung
Erzählte Zeit: Zeitraum, in dem sich die Handlung bewegt Erzählzeit: wie lange lese ich das Buch?
Erzählperspektiven
- auktorial: allwissend, steuert Leseprozess
- personal: fiktinales Ich oder faktizitives Ich, Goethes „Dichtung und Wahrheit“ als Mischform
- neutral: beobachtend, aussenstehend, miterzählend
- „erlebte Rede“: Zitat aus Figurenrede im Erzählerbereich, ohne Ankündigung und Kommentar eingeflochten
- innerer Monolog
Werther
- Raumbeziehungen: sein Inneres&Natur mit Einschub des Textraumes (Frühling Homer, Herbst Ossian)
- Werther wird aus Räumen gestossen; adeliger Raum, bildungsbürgerlicher Raum, Natur (keine Identifikationsmöglichkeit mehr), Texte > bleibt nur er selbst und letztendlich der Tod
- Er will Grenzen überschreiten (z.B. Adel und Anstand); sein Tod als letzte Grenzüberschreitung
- Parallele zu E. Galotti: sie muß ihre Tugend wahren, auch er will sich nicht untreu werden: Tod
Fazit: Werther als sensibler Mensch, Sensibilität wird aber gesellschaftlich nicht wirksam; nicht öffentlich, also kein Ergebnis.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Schwerpunkt des Textes "Ndl Seminar 1 - Klausurvorbereitung"?
Der Text ist eine Klausurvorbereitung für ein Seminar und behandelt verschiedene Themen der Literaturwissenschaft, darunter Textdefinition, sprachliche Funktionen, Intertextualität, Editionswissenschaft, die Rolle des Autors, Gedächtnis, wissenschaftliche Texte, Gattungen, Hermeneutik, Versmaß & Metrik, Drama und Prosa.
Was sind die sprachlichen Funktionen nach Jacobson?
Jacobson unterscheidet sechs sprachliche Funktionen: referentiell (Bezug zum Kontext), emotiv (Ausdruck der Haltung des Sprechers), konativ (Ausrichtung auf den Empfänger), phatisch (Aufrechterhaltung der Kommunikation), metasprachlich (Reden über Sprache) und poetisch (Betonung der Art und Weise, wie etwas gesagt wird).
Was versteht man unter Intertextualität und welche Arten gibt es?
Intertextualität bezeichnet die Beziehung zwischen Texten. Genette unterscheidet verschiedene Arten: Kopräsenz (Zitat), Paratextualität (Bezug zu Titel, Motto), Metatextualität (kommentierender Hinweis), Hypertextualität (Imitation, Parodie) und Architextualität (Gattungsbezüge). Jürgen Link ergänzt positive Belege, Applikationen von Mustern, Ausrichtung von Autoren und strategische Intertextualität. Bachtin unterscheidet monologisches und dialogisches Lesen.
Welche Probleme können beim Editieren von Texten auftreten?
Beim Editieren können Probleme wie das Lesen und Entziffern, die Zuordnung verschiedener Texte auf einem Blatt, die Datierung, das Interpretieren unleserlicher Teile, die Bestimmung der Anzahl vorhandener Fassungen, die Intention des Autors, das Finden von Textverderbnis und Verlusten sowie die Beachtung der Autorisierung auftreten.
Welche Ausgabetypen gibt es?
Es gibt verschiedene Ausgabetypen, darunter die historisch-kritische Ausgabe (mit detaillierten Hinweisen und Kommentaren), die Studienausgabe (modernisiert, mit Informationen zur Entstehungsgeschichte) und die Leseausgabe (modernisiert, ohne detaillierte Angaben).
Wie hat sich das Autorbild im Laufe der Zeit verändert?
Im Sturm und Drang wurde das Autorbild als Genie mit göttlicher Gabe stilisiert. Seit der Gründung des deutschen Zollvereins gibt es das Copyright. Foucault betont die Rolle des Diskurses und die Zuschreibungsverhältnisse von Texten zu Autoren durch Verlage und Medien.
Was sind die Kriterien eines wissenschaftlichen Textes?
Wichtige Kriterien sind die strikte Trennung zwischen Eigen- und Fremdanteil (durch Fußnoten und Zitate), ein klarer Argumentationsgang mit finaler Aussage, Intersubjektivität (Verweis auf Begriffe), ein klares Erkenntnisinteresse, Thesen/Hypothesen, Widerspruchsfreiheit und eine umfassende Bibliographie.
Was sind die grundlegenden Elemente des Aristotelischen Theaters?
Das Aristotelische Theater zeichnet sich durch die Einheit von Zeit, Ort und Handlung, die Konzentration auf einen Fabelstrang, Peripetie, Klimax, Exposition und Katastrophe aus. Katharsis bezeichnet die Einfühlung des Zuschauers in die Figur.
Was sind die Unterschiede zwischen Epischem und Aristotelischem Drama?
Das Epische Drama (Brecht) verzichtet auf die Einheit von Ort, Zeit und Handlung und zielt auf die Reaktion und eigene Sicht der Dinge des Zuschauers ab, während das Aristotelische Drama auf Einfühlung und Katharsis abzielt.
Was sind die verschiedenen Erzählperspektiven in der Prosa?
Es gibt verschiedene Erzählperspektiven: auktorial (allwissend), personal (fiktionales oder faktizitives Ich), neutral (beobachtend), "erlebte Rede" (Zitat aus Figurenrede im Erzählerbereich) und innerer Monolog.
- Arbeit zitieren
- David Mager (Autor:in), 2001, Vorbereitung Ndl-Seminar 1, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/105886