Die außenpolitischen Entwicklungen in der Rheinbundzeit (1806 - 1815)


Seminararbeit, 2000

11 Seiten, Note: 2-


Leseprobe


Gliederung

1) DER ZUSAMMENBRUCH DER GROSSMACHT PREUSSEN
1.1) Die Gründung des Rheinbundes
1.2) Der Vierte Koalitionskrieg
1.3) Der Friede zu Tilsit

2) DIE ERHEBUNG ÖSTERREICHS (FÜNFTER KOALITIONSKRIEG)

3) DER RUSSLANDFELDZUG NAPOLEONS

4) DIE BEFREIUNGSKRIEGE (1813-1815)

Literaturverzeichnis

JÄGER, O. (1913): Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts. Band I 1800-1852. - Sammlung Göschen; Berlin, Leipzig.

FEHRENBACH, E. (1986): Vom Ancien Régime zum Wiener Kongress. - Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Band 12: 2. Auflage, München.

DTV-ATLAS ZUR WELTGESCHICHTE BAND 2 (1991). München.

SCHIEDER, T: (1981): Europa von der Französischen Revolution zu den nationalstaatlichen Bewegungen des 19. Jahrhunderts. - Handbuch der europäischen Geschichte, Band 5; Stuttgart.

MÖLLER, H. (1989): Fürstenstaat oder Bürgernation. Deutschland 1763 - 1815. - Die Deutschen und ihre Nation; Berlin.

GEISS, I. (1993): Geschichte griffbereit. - Band 2, Daten . Die chronologische Dimension der Weltgeschichte; Dortmund.

SHEEHAN, J.J. (1994): Der Ausklang des alten Reiches. Deutschland seit dem Ende des Siebenjährigen Krieges bis zur gescheiterten Revolution 1763 bis 1850. - Propyläen Geschichte Deutschlands (Hrsg. Dieter Groh); Berlin.

1) Der Zusammenbruch der Großmacht Preußen

1.1) Die Gründung des Rheinbundes

Der Rheinbund war Ergebnis des Dritten Koalitionskrieges. Mit seiner Gründung war die Auflösung des alten Reiches und die territoriale Neuordnung abgeschlossen. Napoleon ließam 12. Juli 1806 die Rheinbundakte in Paris von den Vertretern der 16 in Frage kommenden deutschen Fürsten und seinem Außenminister Talleyrand unterzeichnen, der noch vorhandene Reichstag wurde am 1. August davon in Kenntnis gesetzt. Der Rheinbund stellte das „dritte Deutschland“1 dar, welches aus dem alten Reich ausgegliedert wurde. 16 Reichsstände traten dem Rheinbund bei: Bayern, Württemberg, Baden, Berg und Kleve, Hessen-Darmstadt, Nassau-Usingen, Nassau-Weilburg, Hohenzollern- Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Salm-Salm, Salm-Kyrburg, Isenburg- Birstein, Arenberg, Liechtenstein und Von der Leyen gemeinsam mit dem Kurerzkanzler. Die Rheinbundstaaten konnte man in drei Kategorien einteilen: In den napoleonischen Modellstaaten wurden Verwandte Napoleons als Regierungsoberhäupter eingesetzt. Sie sollten durch ein vorbildliches Rechtssystem und moderne Gesellschaftspolitik den anderen Rheinbundstaaten als Vorbild dienen. Die süddeutschen Mittelstaaten bildeten die zweite Kategorie und wurden wie souveräne Verbündete Frankreichs gehandhabt. Die gemeinsame Staatsräson war das bindende Element. Ihre Kompetenzen und Selbständigkeit waren erstaunlich großbemessen. Jedoch zählte auch hier „nicht mehr die Koordination gleichberechtigter Nationalstaaten, sondern die Subordination der überwundenen Völker unter der Suprematie der imperialen Nation [...]“2. Die Staaten, die im späteren Lauf des Rheinbundes ab 1806 durch Akzessionsverträge hinzukamen, wie zum Beispiel Sachsen, durften ihre altständische Struktur beibehalten. Doch trotz der neu gewährten Souveränität waren die Rheinbundstaaten für Napoleon nicht mehr als nur ein Instrument seiner Hegemonialpolitik. Er hatte das deutsche Volk in vier Staaten beziehungsweise Staatenbünde aufgeteilt: die feindlichen Großmächte Österreich und Preußen, der ein Drittel des alten Reichs umfassende Rheinbund und die restlichen kleinen Territorien. Das Kaisertum hatte damit keine Basis mehr.

1.2) Der Vierte Koalitionskrieg

Am 6. August 1806 legte Kaiser Franz II. seine Krone nieder, blieb aber als Franz I. der Kaiser Österreichs. Damit endete auch offiziell das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Zu jener Zeit wurde Preußen von Friedrich Wilhelm II., dem Nachfolger Friedrich des Großen, regiert. Die preußische Außenpolitik gegenüber Napoleon war in den Jahren zuvor eine Art von Schaukelpolitik gewesen. Neutralitätsverletzungen Frankreichs in Ansbach ließPreußen am 3. November 1805 ein Geheimabkommen mit Russland unterzeichnen, das ihm Hannover zusprach. Für diesen Gebietsgewinn sollte Preußen Napoleon ein Räumungsultimatum stellen, in dem er die von ihm besetzten Teile Deutschlands, Hollands, Italiens und der Schweiz mit seinen Truppen zu verlassen habe. Doch Preußen schaffte dies nicht durch die Unfähigkeit des Unterhändlers Graf Haugwitz, der bei der Nachricht vom Sieg Frankreichs in Austerlitz den Schönbrunner Vertrag mit Napoleon abschloss. Doch auch in diesem Vertrag konnte Preußen Hannover behalten. In Folge dessen folgte der Pariser Vertrag, der Preußen aufforderte, Napoleon Hilfstruppen gegen Russland beizusteuern.

Eine ebenso schwächliche wie opportunistische Diplomatie hatte Preußen allen Seiten entfremdet: Österreich und anderen deutschen Reichsständen durch die Separatabkommen mit Frankreich seit Basel 1795, Russland durch seine plötzliche Kehrtwendung, England durch seinen Griff nach Hannover, Frankreich durch sein schwächliches Hin und Her.3

Frankreich verstießimmer wieder gegen die Verträge und begann mit England über Hannover zu verhandeln. Daraufhin machte Preußen mobil. Zuvor gab es erneute Annäherungen an Russland, die soweit führten, dass Russland Preußens territoriale Integrität garantierte, und Preußen eine Zusage gab, Napoleon keine Truppen für einen eventuellen Krieg Frankreichs gegen Russland zu stellen.

Preußen stellte ein in Angesicht der Machtverhältnisse in Mitteleuropa lächerliches Ultimatum an Frankreich, welches Napoleon nicht einmal beantwortete, sondern gleich Preußen am 9. Oktober 1806 den Krieg erklären ließ. Am 14. Oktober kam es dann zur vernichtenden Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt, in der Napoleon die verbündeten Truppen Preußens, Russlands und Sachsens schlug. „Der Niederlage im Feld folgten die Kapitulationen, Erfurt, Spandau, am 28. Oktober die Reste des Hauptheeres unter Fürst Hohenlohe bei Prenzlau; am Tage zuvor war Napoleon in Berlin eingezogen.“4

Damit war der Zusammenbruch des friderizianischen Preußen besiegelt. Der König musste nach Ostpreußen flüchten, zusammen mit der Staatskasse, die man gerade noch retten konnte. Am 21. November 1806 verkündete Napoleon dann das Berliner Dekret, mit dem er die Kontinentalsperre gegenüber England errichtete. Im Dezember 1806 wurde mit dem ehemals mit Preußen verbündeten Sachsen ein Friedensvertrag in Posen abgeschlossen. Sachsen trat dem Rheinbund bei und wurde zum Königreich erhoben. Der Krieg zwischen Frankreich und der Koalition Preußen/Russland ging jedoch noch weiter. Der Schauplatz hatte sich inzwischen stark nach Osten hin verschoben. „3 Monate nach Beginn des Krieges spielte die stolze preußische Armee noch 25 000 Mann stark die bescheidene Rolle eines Hilfskorps der russischen.“5 Im Februar 1807 kam es noch einmal bei der Schlacht zu Preußisch-Eylau zu einem bescheidenen Sieg der Koalition, jedoch war Frankreich mittlerweile in den restlichen Landesteilen weit voran geschritten. Noch konnte sich Preußen durch die Verteidigung einiger wichtiger Festungen und Städte behaupten. Im April 1807 wurde in Bartenstein noch einmal der russisch-preußische Bund gefestigt und durch England und Schweden verstärkt. Aber am 26. Mai fiel Danzig und 14 Tage später, am 10. Juni 1807, verloren auch die Russen vernichtend in der Schlacht zu Friedland. Preußen war faktisch besiegt.

1.3) Der Friede zu Tilsit

Russland hatte nach der Friedländer Schlacht einen Separatfrieden mit Frankreich abgeschlossen, indem es seine Unterstützung in Napoleons Krieg gegen England versprach. Preußen schloss am 9. Juli 1807 einen Friedensvertrag mit Frankreich ab. Dieser beendete vorerst Preußens Rolle als europäische Großmacht und man konnte auch nicht mehr im engeren Sinne von einer Souveränität Preußens sprechen. Es gab keine Verhandlungen, nur Bedingungen, die die preußischen Vertreter am 7. Juli erhielten. Preußen konnte nur zustimmen. Eine Ablehnung hätte ein Verschwinden des Namens Preußen von der politischen Landkarte Europas bedeutet. „Am 9. Juli 1807 unterzeichnete Preußen einen der katastrophalsten Verträge seiner Geschichte“6. Preußen blieb französisch besetzt und musste alle westelblichen Gebiete, sowie die polnischen Erwerbungen abtreten. Aus einem Teil der westelblichen Territorien schuf Napoleon das Königreich Westfalen, das er seinem liederlichen Bruder Jérôme zuschlug. Des weiteren gingen diese Gebiete an das Großherzogtum Berg und direkt an Frankreich. Im Osten ging ein Teil an Russland, der andere wurde zum Herzogtum Warschau, das von nun an vom rheinbündischen Sachsenkönig Friedrich August I. in Personalunion regiert wurde. Preußen selbst bestand nun nur noch aus vier Provinzen: Brandenburg, Pommern, (Ost-) Preußen und Schlesien. Das Staatsgebiet war knapp um die Hälfte gegenüber dem aus dem Jahre 1805 verkleinert wurden und betrug nur noch 2800 Quadratmeilen. Auch die Bevölkerung betrug nur noch 4,5 Millionen statt den früheren 9,75 Millionen.

Zusätzlich musste Preußen den Handel mit England einstellen, die französische Besatzung dulden und finanzieren und auch eine französische Verwaltung durch die Besatzungstruppen hinnehmen. Hinzu kam eine zu zahlende Kriegsentschädigung in Höhe von 154,5 Millionen Franken.

2.) Die Erhebung Österreichs (Fünfter Koalitionskrieg)

Aufstände in Spanien und Portugal im Jahr 1808 gegenüber dem napoleonischen Imperialismus wurden zum Vorbild für Österreich. In den ersten Tagen des Aprils 1809 brach in Tirol, das vom Rheinbundmitglied Bayern besetzt war, ein Volksaufstand los, der die Besatzer völlig unvorbereitet traf. Bereits am 12. April war Innsbruck in der Hand der Aufständischen. Der Aufstand wurde vom habsburgischen Herrscherhaus unter Altkaiser Franz und seinem Minister Philipp Stadion unterstützt. Napoleon drängte aber die nach Bayern vorstoßenden österreichischen Truppen zurück und zog am 13. Mai 1809 zum zweiten Mal in Wien ein. Die österreichischen Truppen unter Oberbefehl des Erzherzogs Karl hatten sich nach Böhmen zurückgezogen und starteten am 21. Mai in der Schlacht von Aspern einen zweiten Angriff gegen das napoleonische Heer. Die Schlacht dauerte fast zwei Tage und endete überraschend mit einer Niederlage Napoleons. Nur eine Woche später gelingt es auch den Tiroler Bauern unter der Führung Andreas Hofers, die Bayern bei der Schlacht am Berg Isel erneut zu vertreiben. Überall im Land begannen Freischärler sich gegen die Besatzer aufzulehnen, wenn auch nur mit bescheidenem Erfolg. Auch im Gebiet des Rheinbundes kam es zu verzweifelten Kontra-Aktionen, die zwar spektakulär begannen, aber schmählich endeten - so zum Beispiel der „Husarenstreich“ des Majors von Schill, der mit seinem Regiment ausritt, um die französische Armee aufzumischen und schließlich alleine in Stralsund von einem Holländer erschossen wurde.

Am 5. und 6. Juli 1809 verlor die österreichische Armee in Wagram die zweite große Schlacht gegen Napoleon. Daraufhin traten Erzherzog Karl und Philipp Stadion zurück. Im Spätsommer 1809 bekamen auch die Bayern den Tiroler Aufstand wieder in den Griff. Schon am 30. Juli wurde Innsbruck mit französischer Hilfe zurückerobert. Der französische Marschall Lefèvre eroberte Tirol dann endgültig.

Somit war auch Österreich schnell besiegt und es folgte darauf am 14. Oktober 1809 der Friede von Schönbrunn: Auch hier gab es gravierende Konsequenzen für die Großmacht, vor allem der Verlust des Meereszugangs durch die Abgabe der Illyrischen Provinzen an Frankreich. Südtirol kam zu Italien, West-Galizien und Krakau wurden dem Herzogtum Warschau zugeschlagen. Tarnopol kam zu Russland. Österreichs Armee wurde auf 150 000 Mann begrenzt. Stadions Nachfolger wurde Fürst Metternich, der Anlehnung an Napoleon suchte und diese auch erfolgreich fand. Andreas Hofer setzte den Aufstand noch fort, indem er in den Untergrund ging, er wurde jedoch vom jetzt frankreichtreuen Wien verraten und bald darauf exekutiert.

Die beiden besiegten Großmächte Preußen und Österreich wurden durch Hilfsverträge in das napoleonische System mit eingebunden. Napoleon hatte seit 1792 alle fünf Koalitionskriege für sich entscheiden können und seine Gegner, die Koalitionen, wurden von Krieg zu Krieg kleiner.

3) Der Russlandfeldzug Napoleons

Im Jahr 1810 heiratete Napoleon Marie Louise, die Tochter von Franz I., zur dynastischen Legitimierung des französischen Königtums. Die französische Armee eroberte und annektierte weiterhin deutschen Boden: Oldenburg, Ostfriesland, die Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck, sowie Holland. Die Kontinentalsperre konnte nur so durchgesetzt und Schmuggel unterbunden werden.

Das Verhältnis zwischen Russland und Frankreich, insbesondere zwischen Zar Alexander I. und Napoleon, war seit dem Erfurter Kongress vom 17. September 1807 von freundschaftlicher Art. Die Kontinentalsperre trübte das Verhältnis, denn Wirtschaftskrisen nötigten den russischen Zaren zur Aufgabe des Handelsverbots mit England. Im Dezember 1810 führte Russland Vorzugszölle auf britische Waren ein. Das russische Riesenreich stellte für Napoleon eine Bedrohung seiner kontinentalen Verschwörung gegenüber England dar.

Die Mittel Napoleonischer Diplomatie erwiesen sich als wirkungslos und konnten nicht verhindern, dass sich ein trotz vorausgegangener Niederlagen unbesiegt gebliebenes Reich wie Russland auf die Dauer dem syst è me continental entziehen würde.7

Die Eroberung des Herzogtums Oldenburg und die Absetzung des dortigen Herzogs, der mit Zar Alexander I. verwandt war, sowie die Missachtung der Interessen Russlands in Polen und der Türkei verschlechterten die russisch- französischen Beziehungen. Napoleon wollte sein „System von Tilsit“ erhalten und gegenüber Russland durchsetzen. So schloss er mit Preußen und Österreich im Februar 1812 Militärbündnisse und nur wenig später am 12. März verpflichteten sich die beiden ehemaligen Gegner zur Stellung von Militärkontingenten für Napoleons „Große Armee“. Im April 1812 verbündete sich Russland mit Schweden und zwei Monate später, am 24. Juni 1812, startete Napoleons großer Russlandfeldzug, indem seine Große Armee den Njemen ohne vorherige Kriegserklärung überschritt.

Man schätzt die Große Armee auf 610 000 Mann. Sie war bis dato die größte Streitmacht in der Geschichte, multinational und unterteilt in zehn Korps, angeführt von großen militärischen Führern napoleonischer Schule. Strategisch operierte Napoleon mit Außenflügeln links und rechts, die zur Flankensicherung im Kurland und in Wolhynien/Litauen kämpften. Der Hauptzug schreitete über Wilna in Richtung Moskau.

Im August 1812 kam es zur Schlacht bei Smolensk, in der 116 000 Russen erbittert Widerstand leisteten und der Großen Armee einen erheblichen Schaden von 12 000 Gefallenen zufügten. Trotzdem konnte Napoleon diese und auch die nächste große Schlacht am 7. September 1812 für sich entscheiden. Doch dieser Schlachtplan hat seinen bitteren Preis. Die Große Armee schrumpfte auf 100 000 Mann kurz vor den Toren Moskaus. Schon jetzt wurde das Dilemma dieses größenwahnsinnigen Feldzuges sichtbar. Napoleon eroberte nicht mehr die Gebiete, geschweige denn das ganze Land; er eroberte höchstens die Straße, auf der er mit seinen Soldaten Richtung Moskau zog. Es empfingen ihn leergefegte Straßen und Geisterdörfer. Die Russen schienen zu ahnen, dass er sich hier die Zähne ausbeißen würde. Moskau ließsich ebenfalls ohne großen Widerstände besetzen. Alexander I. ging nicht auf Friedensverhandlungen ein. Ihm zur Seite standen emigrierte deutsche Militärs, darunter der preußische Freiherr von Stein und Bernadotte, der schwedische Kronprinz. Sie bestärkten ihn im Widerstand gegen Napoleon.

Im Oktober 1812 brach der berühmte Moskauer Brand aus, der für Napoleon und sein Heer nicht viel übrig ließ. Außerdem stand der berüchtigte russische Winter vor der Tür. Napoleon sah sich zum Rückzug gezwungen. Russische Truppen trieben ihn wieder in Richtung Mitteleuropa. Smolensk musste als Winterquartier aufgegeben werden und beim Übergang über die Beresina im November 1812 kam es zur Katastrophe. Hunger, Kälte und Krankheiten reduzierten die Armee aufs geringste. Napoleon setzte sich ab hier von seinen Truppen ab und kehrte nach Paris zurück, um neue Truppen zu mobilisieren. Am 14. Dezember 1812 erreichte die Große Armee nur noch aus 1000 Mann, 60 Pferden und 9 Geschützen bestehend die preußische Grenze.

Hier lag der Wendepunkt des Napoleon-Dramas. Obwohl er ein begnadeter Stratege in der Kriegsführung war, unterlief ihm diese totale Fehleinschätzung der klimatischen, geographischen, militärischen und diplomatischen Situation in Russland. „In der militärisch sinnlosen Eroberung Moskaus, wo er noch dazu mehr als einen Monat in der vergeblichen Hoffnung verweilte, doch noch zu einer Verständigung mit dem Zaren zu gelangen, lag der Wendepunkt der Napoleonischen Kriegsführung.“8 Die Menschen damals interpretierten diese Kehrtwende als Gottesurteil: „Mit Mann und Ross und Wagen hat sie der Herr geschlagen!“

4) Die Befreiungskriege (1813-1815)

Napoleons Riesenreich geriet in die Krise. Am 30. Dezember 1812 lösten sich die preußischen Truppen aus der Verpflichtung gegenüber Frankreich in der Konvention von Tauroggen. In Ostpreußen erwachte der Patriotismus unter Führung des Freiherrs von Stein. Ihm schwebte die Vision einer einheitlichen deutschen Nation vor, die er auch in diversen Schriften im gesamten deutschsprachigen Raum propagierte. Der Generallandtag verkündete die allgemeine Waffenpflicht. Das Jahr 1813 begann mit der Annäherung Preußens an Russland. In Kalisch wurde am 25. Februar ein Bündnis zwischen den beiden Staaten geschlossen, das von nun an die Koalition der Befreiungskriege bildete. Zuvor wurde die Waffenpflicht in ganz Preußen verkündet und es bildeten sich freiwillige Jägerkorps, darunter das Freikorps Lützow, das in den Farben Schwarz-Rot-Gold kämpfte. Im März erklärte Friedrich Wilhelm III. unter Einflussnahme preußischer Patrioten Frankreich den Krieg. Im Mai begann der Frühjahrsfeldzug des preußisch-russischen Bündnisses gegen Frankreich. Bei Großgörschen und Bautzen stießen die verfeindeten Truppen aufeinander. Napoleon gelang es noch einmal den Feind nach Schlesien zurückzudrängen, doch mittlerweile griffen Schweden - dessen Truppen landeten in Pommern - und Großbritannien in das Bündnis gegen Bonaparte mit ein. Am 4. Juni 1813 schloss Napoleon einen Waffenstillstand in Poischwitz ab, den er später als die größte Dummheit seines Lebens bezeichnete.

Auch Österreich stand jetzt vor der Frage, auf wessen Seite es in den Krieg gezogen werden wollte. Frankreich konnte keine Friedenszugeständnisse mehr machen. Am 26. Juni kehrte Metternich nach neunstündiger Verhandlung mit Napoleon an den österreichischen Hof zurück und erklärte: „Ich schwöre Ihnen, ihr Meister hat den Verstand verloren!“9 So trat Österreich der Befreiungskoalition im August 1813 bei. Der Herbst 1813 startete mit der Einkreisung der französischen Truppen durch die preußische, russische und österreichische Armee. Auch in den Rheinbundstaaten regte sich der Widerstand. Jérôme wurde am 28. September aus der Residenzhauptstadt des Königreichs Westfalens, Kassel, fortgejagt.

Und so kam es schließlich vom 16. bis zum 19. Oktober zur Vielvölkerschlacht in Leipzig, bei der über 100 000 Soldaten getötet oder verwundet wurden. Hier ging Napoleon ganz klar als Verlierer hervor und musste sich nach Westen zurückziehen.

Hiermit war auch das Ende des Rheinbundes besiegelt. Napoleon stand nun alleine gegen sämtliche deutsche Staaten. Der Rückzug über den Rhein nach Frankreich verlief deshalb sehr zügig.

Man wartete bis Neujahr 1814, als schließlich die Schlesier als erstes den Rhein überschritten und das Kernland angriffen. Anfängliche Differenzen innerhalb der Koalition führten zu Niederlagen beim Frankreich-Feldzug, jedoch nach dem Vertrag von Chaumont am 1. März 1814 war die Koalition gefestigt und von nur einem Gedanken besessen: Napoleon musste endlich besiegt werden und wenn es auch 20 Jahre dauern würde. Schon am 30. März stand die Koalition in Paris und Napoleon musste kapitulieren. Eine provisorische Regierung unter Talleyrand setzte Napoleon ab und dieser wurde mit dem Fürstentum Elba und einer Ehrengarde von 800 Mann abgespeist. Napoleon schien aufs erste besiegt zu sein. Die Bourbonen kehrten nach Paris zurück. Im Mai wurde der Erste Pariser Friede abgeschlossen, der Frankreich in seine Grenzen von 1792 zurückwies.

Napoleon kehrte noch einmal im Intermezzo der Herrschaft der Hundert Tage an die Macht zurück, wurde aber dann definitiv im Juni 1815 in der Schlacht von Waterloo besiegt.

[...]


1 MÖLLER, H.: Fürstenstaat oder Bürgernation. S. 587

2 MÖLLER, H.: Fürstenstaat oder Bürgernation. S. 589/590

3 MÖLLER, H.: Fürstenstaat oder Bürgernation. S. 591

4 JÄGER, O.: Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts. S. 13

5 JÄGER, O.: Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts. S. 14

6 MÖLLER, H.: Fürstenstaat oder Bürgernation. S. 593

7 SCHIEDER, T.: Europa von der Französischen Revolution zu den nationalstaatlichen Bewegungen des 19. Jahrhunderts. S. 25

8 SCHIEDER, T.: Europa von der Französischen Revolution zu den nationalstaatlichen Bewegungen des 19. Jahrhunderts. S. 25

9 JÄGER, O.: Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts. S. 32

Ende der Leseprobe aus 11 Seiten

Details

Titel
Die außenpolitischen Entwicklungen in der Rheinbundzeit (1806 - 1815)
Hochschule
Universität Stuttgart
Veranstaltung
Proseminar "Württemberg im Zeitalter Napoleons"
Note
2-
Autor
Jahr
2000
Seiten
11
Katalognummer
V106615
ISBN (eBook)
9783640048946
Dateigröße
442 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwicklungen, Rheinbundzeit, Proseminar, Württemberg, Zeitalter, Napoleons
Arbeit zitieren
Konstantin Schmidt (Autor:in), 2000, Die außenpolitischen Entwicklungen in der Rheinbundzeit (1806 - 1815), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106615

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