Inhalt:
Einleitung
Biographisches zu Ludwig Quidde
Die Reaktion der Öffentlichkeit
Fazit: die Bestimmung des Stellenwertes des „Caligula“
Literaturverzeichnis
Einleitung
Als Ludwig Quidde Ende März des Jahres 1894 seine bissige Satire mit dem Titel „Caligula, eine Studie über Caesarenwahnsinn“ veröffentlichte, konnte er sich den riesigen Erfolg, den die Schrift haben würde, wohl kaum vorstellen. In dieser Schrift beschrieb Quidde das Phänomen des „Caesarenwahnsinns“ anhand des Beispiels des römischen Kaisers Caligula. Es bedurfte jedoch keines besonderen politischen Sachverstandes und Weitblicks, um als den wahren Helden der Quidde’schen Schrift einen anderen, einen Herrscher der Gegenwart zu erkennen: Wilhelm II. Der Erfolg, den Quiddes „Caligula“ haben sollte, zeichnete sich jedoch nicht sofort ab; erst im Laufe des Monats Mai stiegen die Verkaufszahlen der Schrift -wohl verursacht von dem nun massiv einsetzenden Presseecho- sprunghaft an. Sehr schnell mussten neue Auflagen gedruckt werden, bis zum Jahr 1926 31 an der Zahl. Die hohe Anzahl der Auflagen und damit die große Zahl der verkauften Exemplare machten den „Caligula“ zum erfolgreichsten politischen Pamphlet des Kaiserreiches. Es wurden binnen weniger Wochen etwa 150.000 Exemplare verkauft.1 Diese Hausarbeit soll nun die zeitgenössische Diskussion um den „Caligula“ anhand der veröffentlichten Pressestimmen und Gegenschriften beleuchten. Hierzu dient vorab eine einleitende Kurzbiographie des Verfassers Ludwig Quidde, sodann eine Zusammenfassung seiner Schrift und der Parallelen zu Wilhelm II. Im weiteren Verlauf wird dann die Diskussion um den „Caligula“ anhand der verschiedenen vorhandenen zeitgenössischen Schriften zum Thema verfolgt. Ein abschließendes Fazit wird schließlich den Stellenwert des „Caligula“, sowohl für Ludwig Quiddes eigenes Leben und seine Karriere, als auch für die politische Diskussion im Kaiserreich darstellen.
Biographisches zu Ludwig Quidde
2 Ludwig Quidde wurde am 23. März des Jahres 1858 in Bremen geboren. Sein Vater Ludwig August Quidde war ein erfolgreicher Großhandelskaufmann und hatte es in der Hansestadt zu einigem Ansehen gebracht. Ludwig Quidde hatte noch zwei jüngere Schwestern, die jedoch schon im Kindesalter starben, sowie zwei jüngere Brüder, von denen der Eine ebenfalls schon sehr früh, nämlich mit 26 Jahren starb. Die Familie Quidde war großdeutsch und demokratisch gesinnt, was der allgemeinen Stimmung im Großbürgertum der Hansestadt Bremen in dieser Zeit entsprach. Im Jahre 1869 trat Quidde in das humanistische Gymnasium in Bremen ein. Auch hier „herrschte ein liberaler und demokratischer Geist“3, vor allem bedingt durch den Rektor der Schule, den Philologen Wilhelm Hertzfeld.
Quidde legte im Jahre 1876 die Abiturprüfung mit sehr guter Benotung ab.
Ein Jahr später immatrikulierte er sich an der Universität Straßburg mit den Fächern Geschichte, Philosophie und Volkswirtschaftslehre, wobei er sich sehr bald auf das Fach Geschichte konzentrierte. Hier wurde sein wichtigster Lehrer Hermann Baumgarten, der ihn auch im Jahr darauf dazu ermunterte, sein Studium bei Julius Weizsäcker in Göttingen fortzusetzen.4 Dieser lenkte Quiddes Interesse auf die Aufgabe, die er selbst vornehmlich bearbeitete, nämlich die Edition der Reichstagsakten. Im Sommer 1880 lernte Quidde auf einer Genesungsreise nach Italien in Lindau Margarethe Jacobson kennen, die Schwester eines Studienfreundes und Tochter des Königsberger Professors für Augenheilkunde Julius Jacobson. Nach Göttingen zurückgekehrt, begann er, an seiner Dissertation über die Wahl König Sigismunds zu arbeiten, mit der er im Sommer 1881 promovierte. Gleichzeitig nahm er am Kampf gegen die antisemitischen Agitationen teil, die sich auch an der Universität Göttingen breit zu machen begannen.5 Er verfasste auch eine Streitschrift, die in zwei Auflagen erschien.
Im Juni 1881 erfolgte in Königsberg die Verlobung von Ludwig Quidde und Margarethe Jacobson. Damit traten für Quidde finanzielle Aspekte bei seiner Berufswahl stärker in den Vordergrund, da sein zukünftiger Schwiegervater ein regelmäßiges Einkommen zur Vorbedingung der Hochzeit machte. So musste Quidde seine gelegentlich erwogenen Habilitationspläne zurückstellen und nahm statt dessen die Stelle eines Mitarbeiters bei der Edition der Reichstagsakten an. Am 12. Juni 1882 wurden Quidde und Margarethe Jacobson in Königsberg getraut. Das Paar zog nach Frankfurt, wo Quidde an der Edition der Reichstagsakten weiterarbeitete. Im Jahre 1890 wurde er nach dem Tode Weizsäckers verantwortlicher Redakteur der Reihe. Ein Jahr zuvor hatte er die schon bald überaus erfolgreiche „Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ gegründet. Ende Oktober 1890 nahm Quidde die Ernennung zum Leiter des Preußischen Historischen Instituts in Rom an. Diese Position war mit der Verleihung des Professorentitels verbunden.
Schon nach zwei Jahren jedoch gab Quidde diese Stellung wieder auf und zog nach München zurück, wo er bereits 1890 einige Zeit gelebt hatte. 1893 veröffentlichte er dann -allerdings anonym- seine Schrift über den zeitgenössischen Militarismus6. Etwa gleichzeitig begann auch sein verstärktes politisches Engagement für die linksliberale „Deutsche Volkspartei“.
Quidde trat daneben auch als maßgeblicher Organisator des Ersten Deutschen Historikertages im Jahr 1893, sowie des Zweiten Deutschen Historikertages ein Jahr später in Erscheinung. In diesen Zeitraum fällt die Veröffentlichung des „Caligula“. Aufgrund dieser Schrift rückten in der Folgezeit fast alle Fachkollegen von ihm ab. Dies führte dazu, dass sich seine Arbeit als Historiker fortan auf die Edition der Reichstagsakten beschränkte. Auch die Einstellung seiner Zeitschrift war eine direkte Folge davon. Um so mehr nahmen sein politisches Engagement in der Deutschen Volkspartei, für die er seit 1903 im bayrischen Landtag saß, sowie seine pazifistische Arbeit in der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG), der er 1894 beigetreten war, zu. Im Laufe der nächsten Jahre wurden Quidde wichtige Führungsaufgaben innerhalb der DFG anvertraut. Er stieg zum „bedeutendsten Vertreter eines demokratischen Pazifismus“7 in Deutschland auf. Seit 1902 gehörte er dem Präsidium der DFG an. Auch in der deutschen Gruppe der Interparlamentarischen Union arbeitete Quidde intensiv mit.
Nach dem Tod Adolf Richters 1914 wurde Quidde trotz mancher Bedenken wegen seiner immer noch isolierten Stellung durch die Caligula-Affäre8 an die Spitze der DFG gewählt.
Nach dem Ersten Weltkrieg trat Quidde in den Provisorischen Bayerischen Nationalrat ein und wurde dessen Vizepräsident. Darüber hinaus saß er als Abgeordneter der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) in der Deutschen Nationalversammlung.
Im Jahre 1927 wurde Quiddes unermüdliche pazifistische Tätigkeit mit dem Friedensnobelpreis honoriert.
Nach 15 Jahren an der Spitze der DFG trat Ludwig Quidde 1929 wegen starker Differenzen innerhalb der Organisation als Vorsitzender zurück, 1930 schied er sogar ganz aus der DFG aus.9
Auch aus der DDP trat Quidde 1930 aus, da die zunehmende Rechtsentwicklung der Partei seinen Überzeugungen zuwiderlief.
Nach der „Machtergreifung“ Hitlers war er in Deutschland nicht mehr sicher. Schon Anfang 1933 floh er nach Genf, wobei er allerdings seine Frau zurücklassen musste, da diese ihre schwerbehinderte Schwester zu pflegen hatte. Zwei Jahre später wurde ihm die Edition der Reichstagsakten entzogen.
Als im Jahre 1940 ein Brief von ihm bekannt wurde, in dem er zwei Jahre zuvor die in Deutschland Herrschenden als „Bande von Räubern, Mördern, Brandstiftern und Folterknechten“ bezeichnet hatte, bot dies einen willkommenen Anlass zu seiner Ausbürgerung.
Ludwig Quidde starb am 5. März 1941 in seinem Genfer Exil.
Das Echo der Öffentlichkeit auf Quiddes “Caligula”
Als Quidde im März 1894 seine Schrift veröffentlichte, schien zunächst niemand Notiz davon zu nehmen. Erst am 6. Mai äußerte sich der sozialdemokratische „Vorwärts“. In seinem Artikel deutet er vorsichtig eine Parallele zwischen dem offensichtlich ausgesagten in Quiddes Schrift und der Gegenwart an.10 Auch dieser Artikel erregte jedoch keine weitere Aufmerksamkeit.
Noch vor Pfingsten 1894 hatte sich jedoch offenbar der Herausgeber der konservativen „Kreuzzeitung“, Wilhelm Freiherr von Hammerstein, dazu entschlossen, den „Caligula“ ins Licht der Öffentlichkeit zu ziehen. Kurz vor Pfingsten traf er zusammen mit dem zweiten Redakteur der Kreuzzeitung, Herrmann Wilhelm Kropatschek vor dem Reichstag auf den Berliner Redakteur der linksliberalen „Frankfurter Zeitung“, August Stein. Einer der beiden Kreuzzeitungsredakteure (wohl Hammerstein) redete Stein an: „Haben Sie den Caligula gelesen?“ „Caligula? was ist das? So ein oller römischer Kaiser?“ „Ach was, das ist Er!“ „Er? Ja wer denn?“ „Nun, Er, Er, der Kaiser, wie er leibt und lebt. Das Ding ist von einer Frechheit, unglaublich, aber von einer göttlichen Frechheit. Das muß er zu lesen bekommen. Hören Sie, das ist etwas für Sie, schlagen Sie in der „Frankfurter Zeitung“ Lärm.“ Stein ging in die nächste Buchhandlung, kaufte den Caligula, las die Schrift und sagte sich: „Ich werde den Deubel tun.“11 Nachdem nun Hammersteins Versuch, Stein zu einer Veröffentlichung zu bewegen, fehlgeschlagen war, musste er sich der Sache selbst annehmen.
So erschien am 18. Mai in der „Kreuzzeitung“ ein Artikel, der oberflächlich ein Verriss des „Caligula“ war, der jedoch nur dazu diente, das Charakterbild, das Quidde von Wilhelm II. zwar andeutete, jedoch nicht beim Namen nannte, genüsslich auszubreiten. Zwar versicherte die „Kreuzzeitung“, weit davon entfernt zu sein, „irgend welchen Verdacht auszusprechen“. Gleichzeitig ging sie jedoch Quiddes Schrift sehr genau Zeile um Zeile durch und zitierte die gröbsten Charaktermängel des Caligula. Danach verglich der Artikel den Verfasser des „Caligula“ noch mit dem „Scribenten Piccinardi“, der eine Lebensbeschreibung Clemens VIII. verfasst hatte.12 Der Kreuzzeitungsartikel schloß mit dem Satz, die Kreuzzeitung könne von ihrem Standpunkt aus „nicht aufhören, für die Heiligkeit dieses [des monarchischen -A.B.] Prinzips einzutreten, wie sich auch die Zeitläufe drehen und wenden mögen“.13 Utz-Friedebert Taube nennt in seinem Werk zu Ludwig Quidde diesen Artikel einen „heimtückischen Angriff auf den Kaiser“.14 Er begründet dies nicht damit, dass der Artikel den „Caligula“ erst richtig populär gemacht und seine weite Verbreitung zur Folge gehabt habe, sondern dass die Kreuzzeitung „den Andeutungen Quiddes durch buchstäbliche Auslegung Akzente setzt, die eine Verhöhnung des Kaisers bedeuten.“15 Weiterhin stellt er heraus, dass die Kreuzzeitung in ihrem Artikel einige Zitate Quiddes völlig aus dem Zusammenhang reißt, so dass sie verletzend wirken.16
Dieser Meinung waren anscheinend auch die meisten zeitgenössischen Zeitungen. In den nächsten Tagen begannen sie allgemein, auf die Kreuzzeitung einzuhacken. So warf die liberale „Vossische Zeitung“ ihr noch am selben Tag vor, dass einzig die Deutung, die sie Quiddes Veröffentlichung gebe, beleidigend sei.17 In die gleiche Bresche schlug einen Tag später das „Berliner Tageblatt“. Es bezichtigte die Kreuzzeitung der „Sticheleien gegen den Kaiser“. Ähnlich wie später Taube sah sie im Schlusssatz des Kreuzzeitungsartikels einen Beweis für die „politische Heuchelei des Junkerblattes“18 Die „National-Zeitung“ zitierte am 22. Mai einen Gewährsmann der „Münchener Neuesten Nachrichten“, den sie als einen „absichtlich uns fernstehenden Zeugen“ bezeichnete mit der Bemerkung, die „thatsächliche Wirkung des Kreuzzeitungsartikels über die Quidde’sche Schrift „Caligula“ sei, daß die Broschüre, die bis dahin kaum beachtet worden, nunmehr ungewöhnlich stark verkauft wird“.19
Auch die dem Zentrum nahestehende „Germania“ unterstellte der „Kreuzzeitung“ Reklame für Quiddes Schrift.20
Die „Kölnische Volks-Zeitung und Handelsblatt“ beschuldigte das konservative Blatt am 26. Mai, „mit Behagen die Sache breitgetreten zu haben, das Publicum mit der Nase auf die angebliche Majestätsbeleidigung gestoßen und so eine Menge Leute zur Lektüre der pikanten Abhandlung veranlaßt“21 zu haben. Anschleißend forderte das der Zentrums-Partei nahestehende Blatt die Aufhebung des § 95 des Strafgesetzbuches - eben jenes Paragraphen, der den Tatbestand der Majestätsbeleidigung festlegte.
Auch die liberale „Weser-Zeitung“ erörterte das Problem der sich häufenden Majestätsbeleidigungsprozesse in ihrem Artikel vom 30. Mai und entrüstete sich über die gespielte Empörung der „Kreuzzeitung“: „Nicht das ist beleidigend, was Quidde sagt, sondern das, was die lüsternen „Königsfreunde“ von der äußersten Rechten zwischen den Zeilen zu lesen belieben.“22
Einzig der konservative „Reichsbote“ stellte sich auf die Seite der „Kreuzzeitung“, indem er Quidde „zeitgeschichtliche Vergleiche der ungerechtesten und verbissensten Art“ und „niedrige Bosheiten“23 vorwarf.
Quidde selbst hatte sich schon am 24. Mai gegen die Vorwürfe der konservativen Presse verteidigt, indem sowohl in der „Vossischen Zeitung“, als auch in der „Frankfurter Zeitung“ einen Artikel veröffentlichte, in dem er betonte, „daß die Schrift sowohl in Inhalt wie Form durchaus historisch ist und sich ohne die Seitenblicke der „Kreuzzeitung“ durchaus an das historische Thema hält“. Des weiteren wies er den Vorwurf des „Reichsboten“ zurück, dass die Entstehung der Schrift darauf zurückzuführen sei, dass er „seine Stellung am Preußischen historischen Institut in Rom verloren hätte und nun als Zurückgesetzter anfinge, Demagogie zu treiben“.24
Zu einer Serie von Artikeln ganz anderer Art führte die ausführliche Besprechung des „Caligula“ in Maximilian Hardens Zeitschrift „Die Zukunft“. Harden war bereits vor dem Erscheinen des aufsehenerregenden Kreuzzeitungsartikels auf Quiddes Veröffentlichung aufmerksam geworden. Er forderte daraufhin Quidde brieflich zur Mitarbeit in seiner Zeitschrift auf. Dieser lehnte jedoch mit dem Hinweis auf seine bereits sehr hohe Arbeitslast und die divergierenden politischen Anschauungen ab. Harden antwortete darauf mit einem zweiten Brief, in dem er seine Einladung zur Mitarbeit noch einmal ausdrücklich unter Verweis darauf erneuerte, „welch ganz außerordentlich weitere Wirkung eine Arbeit wie etwa der „Caligula“ in der „Zukunft“ geübt hätte“.25 Da Quidde darauf nicht mehr antwortete, erschien am 2. Juni in der „Zukunft“ ein Artikel, in dem dem „Caligula“ attestiert wurde, eine „wertlose und grobe Karikatur“ zu sein, in der „ein fataler Hang sich regt, in die Erzählungen aus dem alten Rom allerhand moderne Begriffe einzuschmuggeln“. Harden kritisierte jedoch im Weiteren Wilhelm II., bescheinigt ihm „da oder dort geirrt“, sowie eine „gewisse Unruhe und Hast“ an den Tag gelegt zu haben. Ferner sprach er von einem „ungesunden Zustand“ im Reich, für den er jedoch nicht in erster Linie den Kaiser, sondern seine Berater, die „wirklich verantwortlichen Politiker“ verantwortlich machte, und der einen solchen Erfolg wie den der Quidde’schen Schrift erst möglich mache.26
Als daraufhin am 6. Juni in der „Frankfurter Zeitung“ bekannt gemacht wurde, dass Harden Quidde schon vor dem Kreuzzeitungsartikel unter Bezugnahme auf den „Caligula“ die Mitarbeiterschaft angetragen hatte27, war dies natürlich für Harden eine äußerst peinliche Wendung der Dinge.
In einem am 8. Juni in der „Frankfurter Zeitung“ veröffentlichten Dementi bestritt er, Quiddes Schrift in seinem Artikel „vernichtet“ zu haben (was man ihm zwei Tage vorher dort vorgeworfen hatte). Gleichzeitig behauptete er, zum Zeitpunkt seiner Aufforderung zur Mitarbeit den „Caligula“ noch gar nicht gelesen, sondern sich auf das Urteil „sonst so verständiger Leute“ verlassen zu haben. Den „Caligula“ selbst habe er jedoch erst nach Erscheinen des Kreuzzeitungsartikels gelesen. Trotz der Tatsache, dass die Schrift ihm nicht gefalle, sei ihm die Mitarbeit von Quidde jedoch „jetzt nicht weniger als damals erwünscht“.28 Quidde selbst gab Hardens Versuch, zu retten, was zu retten war, sogleich am nächsten Tag der Lächerlichkeit preis, indem er einerseits aus Hardens Artikel in der „Zukunft“ die Kritik am „Caligula“ zitierte und andererseits fragte, warum Harden denn die Mitarbeit des Verfassers einer solch „werthlosen und langweiligen“ Schrift „jetzt nicht weniger als damals erwünscht“ sei.29
Einen Angriff von fachlicher Seite musste Quidde von der „Historischen Zeitschrift“, dem Konkurrenzblatt seiner „Deutschen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ hinnehmen. Dort sah man anscheinend die Chance gekommen, sich für den erheblichen Erfolg von Quiddes Zeitschrift zu rächen und den Konkurrenten zu diskreditieren. Es erschien also in der „Historischen Zeitschrift“ eine Literaturbesprechung der Quidde’schen Schrift, in der der „Caligula“ -ganz wie es der Verfasser immer wieder verlauten ließ- als historische Studie behandelt wurde und nicht als die bissige Karikatur auf die Gegenwart, die sie eigentlich war. Der Verfasser des Artikels warf Quidde unsaubere Arbeit, bewusste Selektion der Quellen in seinem eigenen Sinn, sowie bewusste Entstellung seiner Primärquellen vor. Er zählte alle einzelnen Fakten, die Quidde seiner Meinung nach „getrübt, gefärbt, oft bis zur Unkenntlichkeit entstellt“ hatte, auf und fällte schließlich ein vernichtendes Urteil über den „Caligula“.30
In seiner „Studie über Deutschen Volkswahnsinn“ nahm ein gewisser H.H.Quidam31 den Rummel um den „Cäsarenwahnsinn“ zum Anlass, um als Gegenbeispiel einen „Volkswahnsinn“ zu konstatieren. Diesen fand er in der Französischen Revolution, bei den russischen Nihilisten und in Deutschland bei denjenigen Parlamentariern, die nicht jede Vorlage der Regierung abnickten und zum Beispiel gegen neue Militärvorlagen waren.32
Eine weitere Reaktion auf das Thema „Caligula und die Kreuzzeitung“ war die 18- seitige Schrift „Der Caligula-Unfug“, verfasst von einem Dr. Steinhammer. In ihr machte er sich sehr respektlos über die „Stabstrompeter des monarchischen Prinzips“ und ihre „Tintenartillerie“ lustig, die „jedem Todfeind der Monarchie den schrecklichen Tellpfeil ins Herz“ schickten und die bereits das „dumpfe, hohle Sterbegeläute für Herrn Quidde mit der ganzen Klanghohlheit, deren die fähig ist, begonnen“ hätten. Auch er - wie so viele andere - unterstellte der „Kreuzzeitung“, den „Caligula“, der für ihn ein „von ausgesuchtester Langeweile triefender Aufsatz“ war, erst populär gemacht zu haben und leugnete den aktuellen Bezug von Quiddes Schrift. Danach breitete er die Motive der „Kreuzzeitung“, den Kaiser bloßzustellen, aus und stellte die Gegensätze zwischen den „Stockkonservativen“ und dem Kaiser dar. Er zog im Anschluß daran ein Fazit der vergangenen sechs Regierungsjahre Wilhelms II. und listete die einzelnen Amtshandlungen des Kaisers auf, die er im Gegensatz zur „Brutalitätspolitik Bismarcks“ sah.33
So kann man allgemein feststellen, dass das Presseecho sich nach dem Kreuzzeitungsartikel nicht primär mit der Frage beschäftigte, ob Quiddes Schrift ernst gemeint oder eine Satire auf Wilhelm II. war, und wenn sie es denn war, ob die in ihr gemachten Aussagen zutreffend seien.
Vielmehr ging es einzig und allein darum, die Gründe zu erörtern, die die Kreuzzeitung dazu veranlasst haben mochten, den „Caligula“ zu besprechen. Einzig Harden übte eine gewisse Kritik an Wilhelm II. und seiner Politik.
Fazit: die Bestimmung des Stellenwertes des „Caligula“
Die Bestimmung der Bedeutung des „Caligula“ für das politische Leben im Kaiserreich ist schwierig. Zwar sind eine Menge Artikel zu der Schrift erschienen, doch viele von ihnen sind lediglich Abdrucke von anderen Artikeln, was den Umfang des verfügbaren Materials drastisch reduziert. Viele weitere Artikel sind lediglich „Notizen von wenigen Zeilen“34 Jedoch wurde auch durch diese Abdrucke und kurzen Erwähnungen erheblich zum Bekanntheitsgrad der Schrift beigetragen. Besprechungen erschienen nicht nur im Inland, sondern auch in ausländischen Zeitungen deutscher Sprache, wie der „Moskauer Deutschen Zeitung“ oder der „New Yorker Staatszeitung“. Beginnen wir nun damit, uns den rein zahlenmäßigen Erfolg des „Caligula“ vor Augen zu halten: die Auflagenhöhe der Schrift erreichte mindestens 150000 Exemplare; Taube nimmt zudem an, dass die einzelnen Exemplare des „Caligula“ durch die Hände zahlreicher Leser gingen. Er schätzt die Zahl der tatsächlichen Leser auf etwa eine Million.35 Stellt man nun die Tatsache fest, dass die Zahl der politisch halbwegs Interessierten sich auf etwa 7.5 Millionen beläuft36, so kann man dem „Caligula“ doch einen hohen Bekanntheitsgrad bescheinigen. Quidde selbst erwähnt einen Artikel, der die Leserschaft seines Werkes nennt: den „besseren Mittelstand“, also die politisch interessierte Klasse, „gleichviel, ob liberal, konservativ oder antisemitisch denkend“. Auch die „Creme der Gesellschaft“, den „Geburts - und Geldadel wie auch das höhere Beamtentum“ rechnet dieser Artikel zu den Käufern. Nur in Süddeutschland scheint der „Caligula“ in größerem Maße in das Volk eingedrungen zu sein. Weiterhin sollen ebenfalls sehr viele Offiziere zu den Käufern gehört haben. Quidde bezeichnet als Gewährsmann für diese Information einen Berliner Buchhändler.37 Gegenüber dieser Theorie der weitverbreiteten Kenntnisnahme durch hohe und höchste Kreise betont jedoch Gerd Fesser, dass der „Caligula“ „in etlichen Memoiren und Briefeditionen prominenter Zeitgenossen [...] gar nicht vorkommt.“38 Fest steht aber auf jeden Fall, dass Ludwig Quidde der Erste war, der es wagte, öffentlich - wenn auch in der versteckten Form einer Satire - Kritik an Wilhelm II. zu üben. Das Bewusstsein, was für eine extreme Persönlichkeit Wilhelm war, war im Jahre 1894 noch nicht sehr stark. Angesichts der vielen politischen Fettnäpfchen, in die der Kaiser in den nächsten 20 Jahren trat, und deren absoluter Kulminationspunkt wohl die „Daily-Telegraph-Affäre“ war, wuchs jedoch die Kritik an ihm von allen Seiten stark an. So manch ein Zeitgenosse dürfte wohl bei den vielen Fehltritten des Kaisers (für die solch zweifelhafte Höhepunkte wie die Krüger-Depesche oder die Hunnenrede charakteristisch sind) in den nächsten beiden Jahrzehnten an den Historiker Quidde und seine Schrift zurückgedacht haben.
Die persönlichen Konsequenzen für Ludwig Quidde sind einfacher fassbar.
Nach dem massiven Presseecho wandte sich der Großteil der Fachkollegen von ihm ab. Quidde wurde zur persona non grata in Fachkreisen. Seine Zeitschrift, die so überaus erfolgversprechend begonnen hatte, fand bald keine Historiker mehr, die gewillt waren, sich mit einem Aufsatz in „Caligula-Quiddes“ Organ ins fachliche und politische Abseits zu begeben. Quidde selbst hat dies sehr schnell realisiert und in seinem Schlusswort zum zwölften Band seiner „Deutschen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ gab er seinen Rückzug aus der Redaktion bekannt, da sein „Verhältnis zu einem großen Theil der Fachgenossen [...] empfindlich gelitten“ habe. Als Grund nennt er offen „jene Studie [...], die einen „Missbrauch der historischen Wissenschaft“ darstellen sollte und die in anderthalbhunderttausend Exemplaren ihre mir selbst so überraschende Karriere machte.“39 Der Band der Zeitschrift, in der er diese Aussage machte, war der des Jahres 1894/95, der jedoch erst mit einjähriger Verzögerung erscheinen konnte. In der Folgezeit wurde die Zeitschrift von verschiedenen anderen Historikern herausgegeben. 1898 wurde ihr Name in „Historische Vierteljahresschrift“ abgeändert; der Titelvermerk „begründet von L. Quidde“, der vertraglich festgeschrieben war, verschwand.40
Auch zur Konfrontation mit der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, deren außerordentliches Mitglied Quidde war, kam es aufgrund des „Caligula“. Infolge dieses Streites wurde ihm die alleinige Leitung der Edition der Reichstagsakten ab 1898 entzogen.41
In Zukunft kam es nun zu keiner weiteren historischen Veröffentlichung Quiddes. Sein Ruf in der Fachwelt hatte zu sehr gelitten.
Desto stärker wandte er sich jedoch der demokratischen und vor allem der pazifistischen Agitation zu. Noch 1894 trat er der DFG bei, schon 1895 war er führendes Mitglied der „Deutschen Volkspartei“. Man kann sagen, dass erst die Ächtung der zeitgenössischen Historiker sein Interesse primär auf diese Gebiete gelenkt hat.
Überspitzt formuliert: ohne den „Caligula“ ist der weltbekannte Pazifist, der „great organizer and strategist of the German peace movement“42, der Nobelpreisträger von 1927 Quidde nicht oder nur sehr schwer vorstellbar.
Literaturverzeichnis:
Sekundärliteratur:
Chickering, R., Imperial Germany and a world without war. The Peace Movement and German Society 1892-1914, Princeton 1975.
Holl, K., Kloft, H., Fesser, G. (Hrsg), Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahnsinn, Bremen 2001.
Rürup, R., Ludwig Quidde, in: Deutsche Historiker, hrsg. v. H.-U. Wehler, Bd. 3, Göttingen 1973, 358-381.
Scheer, F.-K., Die Deutsche Friedensgesellschaft (1892-1933) Organisation, Ideologie, politische Ziele. Ein Beitrag zur Geschichte des Pazifismus in Deutschland, Frankfurt/Main 1981.
Taube, U.-F., Ludwig Quidde. Ein Beitrag zur Geschichte des demokratischen Gedankens in Deutschland, Kallmünz 1963.
Wehler, H.-U. (Hrsg.), Caligula: Schriften über Militarismus und Pazifismus, Frankfurt/Main 1977.
Zeitungsartikel/Schriften:
Frankfurter Zeitung, Erstes Morgenblatt, 24.5.1894.
Frankfurter Zeitung, Abendblatt, 6.6.1894.
Frankfurter Zeitung, Abendblatt, 8.6.1894.
Frankfurter Zeitung, Morgenblatt, 9.6.1894.
National-Zeitung, Abendausgabe, 22.5. 1894.
Quidde, L., Schlusswort, in: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Bd. 12, Freiburg im Breisgau/Leipzig 1896.
Steinhammer, Der Caligula - Unfug, Berlin 1894.
[...]
1 Zur Auflagenzahl und Anzahl der verkauften Exemplare vgl. U.-F- Taube, Ludwig Quidde. Ein Beitrag zur Geschichte des demokratischen Gedankens in Deutschland, Kallmünz 1963, 6, sowie H.- U. Wehler, Einleitung zu: Caligula: Schriften über Militarismus und Pazifismus hrsg. v. H.-U. Wehler, Frankfurt/Main 1977, 13, ferner H. Kloft, Vorwort zu: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, hrsg. v. K. Holl, H. Kloft und G. Fesser , Bremen 2001, 7.
2 Zur Biographie von Quidde vgl. vor allem: R. Rürup, „Ludwig Quidde“, in: Deutsche Historiker, hrsg. v. H.-U. Wehler, Bd. 3, Göttingen 1973, K. Holl, Ludwig Quidde - Ein Lebensbild, in: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, sowie H.-U. Wehler, Einleitung zu: Caligula.
3 U.-F. Taube, Quidde, 15.
4 Vgl. U.-F. Taube, Quidde, 18.
5 Diese Agitation ging maßgeblich von Heinrich v. Treitschke aus, der mehrere antisemitische Schriften verfasste und der auch hauptsächlich den Anstoß für eine Antisemitenpetition der deutschen Studenten an Bismarck gab.
6 Zu den erwähnten Schriften Quiddes: L. Quidde, Die Antisemitenagitation und die deutsche Studentenschaft, Göttingen 1881, L. Quidde (Hrsg.), Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 12 Bde, Freiburg i. Br., 1889-1896, L. Quidde, Der Militarismus im Deutschen Reich. Eine Anklageschrift von einem deutschen Historiker, Stuttgart 1893.
7 K. Holl, Ludwig Quidde - Ein Lebensbild, 27.
8 Vgl. U.-F. Taube, Quidde, 163.
9 In der DFG hatte sich zunehmend der Einfluss einer radikaleren Gruppe von Pazifisten breitgemacht, der sog. „westdeutschen Richtung“, die klassenkämpferische Elemente beinhaltete, sowie die Kriegsdienstverweigerung befürwortete. Zu den Richtungskämpfen in der DFG vgl. F.-K. Scheer, Die Deutsche Friedensgesellschaft , Frankfurt/Main 1981, 371-532.
10 Vorwärts, 6.5.1894, in: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, 175ff.
11 Das Gespräch zwischen v. Hammerstein und Stein schildert Quidde selbst in der 1926 erschienenen Neuauflage des „Caligula“, abgedruckt in: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, 60. Daran, dass dieses Gespräch tatsächlich so stattgefunden hat, besteht nach Meinung von U.-F. Taube kein Zweifel. Auch G. Fesser zitiert es.
12 Piccinardi hatte darin Clemens VIII. mit dem römischen Kaiser Tiberius verglichen und war daraufhin von Clemens’ Nachfolger Paul V. wegen Majestätsbeleidigung enthauptet worden.
13 Kreuzzeitung, 18.5.1894, in: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, 164.
14 U.-F. Taube, Quidde, 5.
15 Ebd., 5.
16 Eine andere Sicht auf den Kreuzzeitungsartikel hat G. Fesser: zwar stützt er einerseits die These Taubes, indem er die Motive der Kreuzzeitung, den Kaiser zu verunglimpfen darlegt, andererseits widerspricht er ihr jedoch dadurch, dass er Gründe dafür angibt, warum die Kreuzzeitung gerade zu diesem Zeitpunkt nicht an einer Verärgerung des Kaisers interessiert gewesen sein konnte. In diesem Licht sieht er den Artikel tatsächlich als bloße Denunzierung Quiddes und die Schlussbemerkung der Kreuzzeitung als durchaus ernst gemeint und nicht wie Taube als „Heuchelei“. Vgl. G. Fesser, , Der zeitgenössische Diskurs über die „Caligula“- Schrift, in: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, 154-156.
17 Vgl. G. Fesser, Diskurs, 156.
18 Beides zitiert nach: G. Fesser, Diskurs, 156.
19 National-Zeitung, Abendausgabe, 22.5. 1894.
20 Vgl. G. Fesser, Diskurs, 156.
21 Kölnische Volks-Zeitung und Handelsblatt, 26.5. 1894, in: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, 169.
22 Weser-Zeitung, 30.5.1894, in: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, 185f.
23 Zitiert nach: G. Fesser, Diskurs, 156.
24 Frankfurter Zeitung, Erstes Morgenblatt, 24.5.1894.
25 Quiddes eigenen Äußerungen zum Briefwechsel Harden-Quidde entnommen: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, 62.
26 Die Zukunft, 2.6.1894, in: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, 188ff.
27 Frankfurter Zeitung, Abendblatt, 6.6.1894.
28 Frankfurter Zeitung, Abendblatt, 8.6.1894.
29 Frankfurter Zeitung, Morgenblatt, 9.6.1894.
30 Historische Zeitschrift, München und Leipzig 1894, in: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, 171ff.
31 H.H.Quidam ist ein Pseudonym für Ad. Flachs. Vgl. G. Fesser, Diskurs, Anm. 59.
32 Contra Caligula - Eine Studie über Deutschen Volkswahnsinn von H.H.Quidam, Leipzig 1894, in: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, 178f.
33 Steinhammer, Der Caligula - Unfug, Berlin 1894.
34 G. Fesser, Diskurs, 160.
35 Vgl. U.-F. Taube, Quidde, 94.
36 Taube schätzt diese Zahl anhand der Zahl der abgegebenen Stimmen bei den Reichstagswahlen: 1890: 7.228 Millionen 1893: 7.647 Millionen 1898: 7.752 Millionen Vgl. U.-F. Taube, Quidde, 94.
37 Vgl. L. Quidde, Im Kampf gegen Cäsarismus und Byzantinismus im kaiserlichen Deutschland, in: Caligula - Wilhelm II. und der Cäsarenwahn, 61.
38 G. Fesser, Diskurs, 160.
39 L. Quidde, Schlussbemerkung, in: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Bd. 12, 392.
40 Vgl. U.-F. Taube, Quidde, 61.
41 Ebd.,61ff.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dem Text?
Dieser Text ist eine Analyse der zeitgenössischen Diskussion um Ludwig Quiddes Satire "Caligula, eine Studie über Caesarenwahnsinn", die 1894 veröffentlicht wurde. Die Schrift verglich den römischen Kaiser Caligula mit Wilhelm II. Der Text beleuchtet die Reaktionen der Öffentlichkeit und die Auswirkungen auf Quiddes Leben und Karriere.
Wer war Ludwig Quidde?
Ludwig Quidde (1858-1941) war ein deutscher Pazifist und Politiker. Er war Historiker und Friedensnobelpreisträger (1927). "Caligula" war seine bekannteste Schrift, die ihm jedoch auch berufliche Nachteile brachte.
Was ist der "Caligula"?
"Caligula, eine Studie über Caesarenwahnsinn" ist eine Satire von Ludwig Quidde, die den römischen Kaiser Caligula beschreibt. Zeitgenossen erkannten darin jedoch eine Kritik an Wilhelm II., was zu einer Kontroverse führte.
Wie reagierte die Öffentlichkeit auf den "Caligula"?
Zunächst schenkte die Öffentlichkeit der Schrift wenig Beachtung. Nachdem die "Kreuzzeitung" jedoch einen Artikel veröffentlichte, der die Parallelen zu Wilhelm II. hervorhob, erregte die Schrift große Aufmerksamkeit. Es gab sowohl zustimmende als auch ablehnende Reaktionen, wobei viele Zeitungen die Motive der "Kreuzzeitung" hinterfragten.
Welche Folgen hatte die Veröffentlichung des "Caligula" für Ludwig Quidde?
Die Veröffentlichung des "Caligula" hatte negative Auswirkungen auf Quiddes Karriere als Historiker. Er wurde von vielen Fachkollegen gemieden, und seine Zeitschrift verlor an Bedeutung. Er engagierte sich daraufhin verstärkt in der Friedensbewegung und Politik.
Was waren die wichtigsten Punkte in der Reaktion der Presse?
Die meisten Zeitungen konzentrierten sich auf die Motivation der "Kreuzzeitung", über den "Caligula" zu berichten, und weniger darauf, ob Quiddes Kritik zutreffend war. Maximilian Harden kritisierte Wilhelm II. ebenfalls, während andere versuchten, die Debatte zu nutzen, um Quidde zu diskreditieren.
Was war die "Kreuzzeitung"-Affäre?
Die "Kreuzzeitung", ein konservatives Blatt, veröffentlichte eine vermeintliche Kritik des "Caligula", die jedoch subtile Hinweise enthielt, die den Text als Kritik an Wilhelm II. deuteten. Dieser Artikel führte erst zu der breiten öffentlichen Wahrnehmung von Quiddes Schrift als Kritik an Wilhelm II. und sorgte für deren massenhafte Verbreitung.
Wie hoch waren die Verkaufszahlen von "Caligula"?
Der "Caligula" erreichte eine Auflage von mindestens 150.000 Exemplaren und gilt als das erfolgreichste politische Pamphlet des Kaiserreichs.
Welche Bedeutung hatte der "Caligula" für die politische Diskussion im Kaiserreich?
Der "Caligula" war eine der ersten öffentlichen Kritiken an Wilhelm II. und trug dazu bei, das Bewusstsein für dessen Persönlichkeit und Politik zu schärfen. Er war ein Vorbote der wachsenden Kritik am Kaiser in den folgenden Jahren.
Wo finde ich weitere Informationen zu Ludwig Quidde und dem "Caligula"?
Das Literaturverzeichnis am Ende des Textes enthält eine Liste von Büchern und Artikeln, die weitere Informationen zu Ludwig Quidde und dem "Caligula" bieten.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2001, Ludwig Quiddes Caligula und die Reaktion der Öffentlichkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106717