Martin Opitz(1597-1639) – Ode I. Galathee.
Coridon der gieng betrübet An der kalten Cimbersee / Wegen seiner Galathee / Die er vor so sehr geliebet / Die jhm vor so sehr behagt Eh' er ward von jhr verjagt. Seit daß ich hinweg bin kommen / Seit daß wir geschieden seyn / Sang er / hat deß Mondens schein Viermal ab vnd zugenommen: Galathee / so lange Zeit Bin ich von dir allbereit. Nun du wirst dich noch besinnen Daß ich bey dir gantz vnd gar Fuß zu halten willens war / Vnd auch kaum gesegnen können: Rawe Heidelberg mich sehr / Du viel tausend mal noch mehr. Galathee / ich were blieben / Vngeschewt der Kriegesnoth; Der verlacht Gefahr vnd Tod Welcher trewlich pflegt zu lieben: Aber es ist dir wol kundt Daß es gar bey mir nicht stundt. Ich zoh hin von meinen Schaffen / War auch schon biß an den Mayn; Doch es wolte gantz nicht seyn / Ich vermochte nicht zu schlaffen / Biß ich wieder zu dir kam / Vnd noch einmal Abschied nahm. Dann must' ich / was solt ich machen? Wieder auff mein Franckfurt zu: Tityrus der sprach: wie nu? Wie stehts jetzund umb die Sachen? Mich bedüncket gantz vnd gar / Daß dir vor viel besser war. Tityrus ist recht gewesen; Ich ward jmmer ärger kranck: Thyrsis gab' mir einen Tranck / Ob ich köndte so genesen; Aber alle Kräuterkunst War vergebens vnd vmbsunst. Keiner Müh' hab' ich geschonet / Schifft' hin in das Niederlandt; Leyden wird die Stadt genanndt / Da der grosse Daphnis wohnet; Daphnis der berümbte Mann / Der so trefflich spielen kan. Ich kam zu jhm / wolte singen Wie zu Heidelberg vorhin: Nein / es schlieff mir Muth vnd Sinn; Alle Worte must' ich zwingen. Bloß mein Schatten gieng allhier / Ich war nirgend als bey dir. Doch er ließ es jhm gefallen / Sagte: wol mein Coridon / Fahre fort; dein guter Thon Kan noch weit vnd breit erschallen: Es war aber nicht vor mich; Ich gedachte nur an dich. Bin ich vnten oder oben / Es gilt alles eben viel / Vnd was hilfft es das mein Spiel Alle die es hören loben / Du hergegen / O mein Liecht / Die ich lobe hörst es nicht?
Nachmals kam ich zu den Friesen /Sah' ihr schönes Vieh da stehn /Vnd im feisten Grase gehn /Vnd die Lämmer auff den Wiesen: O wie wol ist doch daran / Sprach ich / der so leben kan! Nun ich wil euch gar nicht neiden / Ja ich wüntsche noch darzu Daß jhr lange Zeit in Rhu / Liebe Hirten / möget weiden. Aber ich hier vnbekandt Flieh' anjetzt mein Vatterlandt. Jhr köndt singen bey den Quellen / Daß man höret weit vnd breit Von der schönen Freundligkeit Das gestade Wiederschellen: Ich muß singen auff der See: Wo ist meine Galathee? O wie bistu so verdrungen! Wo ist jetzt die Herrligkeit / Corydon / wie vor der Zeit? Nun sing wie du vor gesungen: Galathee / bey dir allein Wil ich jetzt vnd jmmer seyn. Geh' jetz und hin zu dem Brunnen / Da deß Wolffes strenge Macht Mutter Jetten vmbgebracht / Da sich offtes durch der Sonnen Heisse Stralen angeregt Galathee zu dir gelegt; Da sie dich mit vielen Küssen In die weissen Armen schloß; Da du in der zarten Schoß Deine Lust recht kondtest büssen: Aber jetzt / O Corydon / Ach wie weit bistu darvon!
Nun wir haben es erlebet / Was du / Gott / verhangen hast / Daß bey vns ein frembder Gast Auff den schönen äckern gräbet: Was wir haben außgestrewt / Wird von andern abgemeyt. Wol dem der sein Feld kan bawen / Lieben Schäffer / gleich wie jhr / Darff sein Leben nicht mit mir Nur dem blossen Winde trawen: Jhr habt ewer Vattergut / Ich muß auff die wüste Flut. Nach dem hin vnd wieder ziehen Kam ich endlich doch hieher / Galathee / weit vber Meer: Weiter kan ich nun nicht fliehen; Weiter fliehen kan ich nicht / Weil mir Wind vnd See gebricht. Wo die Schiffe vor geflossen / Da liegt scharffes Eiß vnd Schnee. Dieses Vfer da ich geh Hat der Winter gantz verschlossen; Vor der grünen Felder Lust Ist hier lauter Reiff vnd Frost. Nun ich wolte gerne leiden Was ich immer leiden soll; Ja / mir were gantz so wol / Wann ich dich nicht dörffte meiden: Alle Trawrigkeit vnd Pein Fühl ich nur von wegen dein. Alle Nacht pflegt mir zu träumen Wie ich bey dem Necker sey / Wie ich aller Sorgen frey Bey den rauchen Kestenbäumen Mit dir / liebe Galathee / Oepffel auff zu lesen geh. […]
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- Kristine Greßhöner (Autor:in), 2005, Schäferdichtung (Bukolik) als europäisches Kulturphänomen im 17. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/109513