Die Sakrale Seite des Xerxeszuges


Hausarbeit, 2007

15 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG

2. SAKRALE KRIEGSGRÜNDE
2.1. KRIEGERISCHER GLAUBENSEIFER
2.2. SCHÄNDUNG VON HEILIGTÜMERN
2.3. ORAKEL, ZEICHEN, TRÄUME, PROPHEZEIHUNGEN

3. DIE GÖTTER UND DIE SCHLACHT

4. RELIGIÖSE ERINNERUNG

5. CONCLUSIO

6. BIBLIOGRAPHIE

QUELLEN

LITERATUR

1. Einleitung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit der religiösen Komponente des Xerxeszuges. Ich möchte dabei der Frage nachgehen, welche Rolle religiöse Vorstellungen der beteiligten Gruppen spielten, sowohl für das Entstehen der Auseinandersetzungen als auch für die Art und Weise, wie diese geführt wurden. Auch die sakrale Seite der kollektiven Erinnerung, die sich in Opfern und Wettkämpfen zu Ehren der Götter manifestiert, soll kurz behandelt werden. Erinnerung ist eines der zentralen Elemente des Xerxeszuges, nicht nur bezüglich der Jahrtausende währenden Rezeptionsgeschichte, im Verlauf derer eine erstaunlich stabile Erinnerungsfigur geschaffen wurde, welche die Perserkriege zu einem fundamentalen Konflikt zwischen Ost und West, zwischen Demokratie und Despotie, zwischen Zivilisation und Barbarei stilisiert hat, sondern auch für den Beginn von Xerxes Unternehmung, welche nach Herodot einen späten Racheakt für den ionischen Aufstand, die Zerstörung von Sardeis und die Niederlage bei Marathon gegen die Athener darstellte.

Inwieweit die Zerstörung des Heiligtums der Kybele in Sardeis[1] durch die Ioner eine Rolle

spielten, inwiefern religiöse Vorstellungen die Art des Kampfes und die Erinnerung daran beeinflußten, soll im Folgenden geklärt werden. Daß wir selbst uns an die Ereignisse der Jahre 480/79 v. Chr. erinnern können, verdanken wir nicht zuletzt der Erinnerung der Zeitgenossen, die Herodot von Halikarnassos ein bis zwei Generationen später in seinen Historien eingefangen, reflektiert und niedergeschrieben hat. Er ist zweifellos die fruchtbarste Quelle für unsere Fragestellungen, und nach den Persern von Aischylos (472 v. Chr) auch die, welche den Ereignissen noch am nächsten liegt.[2] Das Problem ist allerdings eine sehr einseitige Quellenlage. Von persischer Seite existiert keine Überlieferung, da aus der Sicht des Xerxes keine Veranlassung bestand, die gewiß als schmachvoll empfundene Niederlage auch noch in Stein zu verewigen. Die Griechen hingegen haben uns durchaus Texte hinterlassen, von denen allein auf Grund der zeitlichen Nähe zweifellos „Die Perser“ von Aischylos und die „Historien“ des Herodot am Interessantesten sind. Diese Texte helfen uns zu verstehen, wie Griechen die Perserkriege sieben beziehungsweise fünfzig Jahre (ca.) nach dem Ende des Xerxeszuges interpretierten und wie sie die Rolle der Gottheiten in dem Geschehen darstellten.

2. Sakrale Kriegsgründe

2.1. Kriegerischer Glaubenseifer

Es stellt sich die Frage, ob es für die Griechen oder Perser eine Art kriegerischen Glaubenseifer gab, wie er für das Christentum und auch den Islam lange Zeit charakteristisch war und teilweise heute noch ist. Damit meine ich nicht etwa einen persönlichen Glauben, der sich darin niederschlägt, daß ein Krieger in der Überzeugung oder Hoffnung kämpft, ein bestimmter Gott stehe ihm zur Seite und unterstütze ihn beim Kampfe. Solche Phänomene waren in der Antike weit verbreitet, und sowohl Griechen als auch Perser opferten ihren Göttern vor der Schlacht, um sie milde zu stimmen.

„Kriegerischer Glaubenseifer“ bedeutet hier jedoch, den Kampf als Mission zur Ausbreitung der eigenen wahren Religion zu verstehen, und ein solcher ist jedenfalls für die diversen Griechenstädte nicht bekannt. Daß einzelne Personen einen solchen entwickelt haben mögen, ist nicht ausgeschlossen, gesellschaftliche Relevanz erhielt er bis zur Ausbreitung des Christentums jedenfalls nicht. Dies liegt vermutlich auch im polytheistischen Charakter der griechischen Götterwelt begründet, die sich die Griechen zudem höchst anthropomorph vorstellten. Das Leben bedingungslos für einen einzelnen griechischen Gott einzusetzen rechnete sich nicht; ein Versprechen vom Format der ewigen Glückseligkeit nach dem Tode gab es nicht; und vor allem riskierte man mit einer völligen Hingabe an einen Gott den Unwillen der anderen Götter, die man ja vernachlässigt hatte. Da verschiedene Götter zudem miteinander im Streit lagen, konnte man sich auch nicht für die griechischen Götter als Gesamtheit in die Schlacht werfen.

Wie sah es nun auf persischer Seite aus? Auch hier gab es ein Pantheon ganz unterschiedlicher Götter, allerdings mit Ahura Mazda einen Gott, der deutlich über allen anderen stand (Henotheismus). Ahura Mazda diente als Legitimation des Machtanspruchs des persischen Großkönigs[3], was sich auch in deutlichen Analogien zwischen der Position Ahura Mazdas in der Götterwelt der Perser und jener des Großkönigs in der politischen Welt des Reiches niederschlug. Es gibt jedoch kaum Anzeichen für religiöse Intoleranz. Die Vorrangstellung Ahura Mazdas schloß die Verehrung anderer Götter niemals aus, es gehörte vielmehr zur Politik der persischen Machtsicherung, einheimische Kulte und Kultstätten zu fördern, solange diese sich dem Großkönig gegenüber loyal verhielten.[4] Außerdem setzte sich das persische Heer aus einer Vielzahl verschiedenster Völkerschaften mit unterschiedlichsten religiösen Überzeugungen zusammen. So fanden sich im Heer des Xerxes Abteilungen von verbündeten Griechenstädten ebenso wie Phönizier, Ägypter, Araber und Angehörige unzähliger anderer dem Perserreich zugehöriger Völkerschaften.[5]

2.2.SchändungvonHeiligtümern

Dennoch ist es eine Tatsache, daß im Zuge von Kriegshandlungen immer wieder Heiligtümer des Feindes vernichtet wurden. So zerstörte Xerxes 480 v. Chr. mit seinem Heer den Haupttempel der Athene auf der Akropolis und tötete zudem die sich dorthin geflüchteten verbliebenen Verteidiger der Stadt.[6] Auf den ersten Blick könnte das durchaus als eine religiös motivierte Aggression mit dem Ziele der Vernichtung eines „falschen“ Kultes verstanden werden. Doch Xerxes nachfolgende Maßnahme paßt nicht in diese Überlegung: er befielt den Exilathenern, die seiner Armee angehören, auf der zerstörten Akropolis nach ihrem üblichen Ritus zu opfern.[7] Herodot hält für diese Maßnahme zwei mögliche Erklärungen bereit: einerseits ein schlechtes Gewissen wegen seiner (jedenfalls von Herodot) als Frevel wahrgenommenen Tat, andererseits ein Traumgesicht, das Xerxes befahl, die Opfer darbringen zu lassen.[8] Wenn diese Behauptungen Herodots eine reale Grundlage haben (was bezweifelt werden darf), so zeigen sie jedoch nicht, daß Xerxes letztlich aus Gewissensbissen von seinem ursprünglichen Plan abließ, die griechischen Götterkulte auszurotten, sondern daß er abseits aller Greueltaten ein mächtiges Gefühl für die Legitimation verschiedenster Glaubensrichtungen und Götterkulte besaß. Ob dies nun spirituell-religiös oder politisch motiviert war, bleibt dahingestellt, eines ist jedoch klar: sein Ziel war nicht eine Auslöschung des Athene-Kultes oder gar der griechischen Götterkulte insgesamt.

Warum aber dann die Zerstörung der Heiligtümer auf der Akropolis? Es bleibt eine Erklärung abseits aller religiöser Motivation: Athen hatte in den Augen von Xerxes mit der Aggression gegen seinen Vater Dareios begonnen, Athen hatte den ionischen Aufstand unterstützt und gemeinsam mit seinen Verbündeten 498 den persischen Satrapensitz Sardeis mitsamt des Heiligtums der Kybele zerstört[9], Athen hatte den ersten Bestrafungsversuch durch Dareios’ Feldherren Datis und Artaphernes 490 bei Marathon unbeschadet überstanden[10], und da war es in der Logik eines persischen Großkönigs selbstverständlich, daß solches katastrophale Folgen für die unbotmäßigen Athener haben mußte. Die Zerstörung der Akropolis stellt eindeutig einen Akt der Bestrafung dar, der durch die Anordnung der Opferungen noch deutlicher wird: durch die Zerstörung der Akropolis von Athen wird die Zerstörung von Sardeis vergolten.[11] Sobald das Verbrechen gesühnt ist, soll der Dienst an den Göttern wieder aufgenommen werden, denn ihnen grollt der Großkönig nicht.

[...]


[1] Vgl. Hdt. V, 102

[2] Vgl. Mikalson, J.. D.: Herodotus and religion in the Persian wars, Chapel Hill 2003, S. 10

[3] Vgl. Wiesehöfer, J.: Das frühe Persien, München 2006, S. 69

[4] Vgl. Wiesehöfer, J.: Das frühe Persien, München 2006, S. 67

[5] Vgl. Hdt. VII, 61- 96

[6] Vgl. Hdt. VIII, 53

[7] Vgl. Mikalson, J. D.: Herodotus and religion in the Persian wars, Chapel Hill 2003, S. 73

[8] Vgl. Hdt. VIII, 54

[9] Vgl. Funke, P.: Die griechische Staatenwelt in klassischer Zeit (550-336 v.Chr), in: Gehrke, H.-J./ Schneider, H. (Hrsg.): Geschichte der Antike. Ein Studienbuch, Stuttgart 2006, S. 143

[10] Vgl. Bichler, R./ Rollinger, R.: Herodot, Hildesheim 2001, S.24

[11] Vgl. Gehrke, H.-J.: Kleine Geschichte der Antike, München 2003, S. 75

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Details

Titel
Die Sakrale Seite des Xerxeszuges
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Veranstaltung
Die Perserkriege
Note
2.0
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V110934
ISBN (eBook)
9783640090631
Dateigröße
487 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sakrale, Seite, Xerxeszuges, Perserkriege
Arbeit zitieren
Gerd Schmidinger (Autor:in), 2007, Die Sakrale Seite des Xerxeszuges, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/110934

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