Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Fragestellung
Literaturlage
Methode
Allgemeine Auswirkungen
Auswirkungen durch Kriegshandlungen
Mylasa
Pergamon
Rhodos
Verfolgung der politischen Gegner
Laudatio Turiae
Schlussfolgerungen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellen
Literatur
Einleitung
In der Epoche der Bürgerkriege, welche den Zeitraum der Jahre 133 bis 30 v.Chr. umfasste, geriet die Römische Republik in eine schwere Krise und ging schließlich unter. Beginnend mit den Reformen der Gracchen über die Parteikämpfe zwischen den Optimaten und Popularen, mündeten die Auseinandersetzungen schlussendlich in der Errichtung der Monarchie unter dem ersten römischen Kaiser Augustus.[1]
Dieser kurze Abriss der politischen Vorgänge darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass auf dem Weg hin zur Monarchie annähernd einhundert Jahre teils kriegsähnliche Auseinandersetzungen lagen. Krieg bedeutete (und bedeutet heutzutage immer noch) nicht allein Truppenaushebungen und –verschiebungen sowie Schlachten, in denen viele Menschen um ihr Leben kamen, sondern auch enorme Lasten für die zivile, also nicht direkt beteiligte Bevölkerung.
Fragestellung
In der vorliegenden Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, welche Auswirkungen die Kriegshandlungen im Rahmen der Bürgerkriege für die unbeteiligte Bevölkerung hatte. Als nicht unmittelbar beteiligte Bevölkerung sollen alle bezeichnet werden, die nicht direkt in die Kampfhandlungen als Soldaten, Söldner oder ähnliches eingebunden waren. Weiterhin soll untersucht werden, wie die Folgen der Bürgerkriege geregelt wurden. Wurde den Geschädigten bei der Beseitigung des durch direkte Kriegshandlungen entstandenen Schadens geholfen? Bekamen die Enteigneten und Entrechteten eine Wiedergutmachung? Weiter soll hierbei deutlich werden, zu welchem Zeitpunkt solche Entschädigungen stattfanden.
Literaturlage
Übersichtswerke, die die späte Römische Republik zum Inhalt haben, sind zahlreich vorhanden. Der Zeitraum der Bürgerkriege und die Bürgerkriege an sich sind auch weitreichend untersucht worden. Allerdings werden meist die politischen und militärischen Vorgänge und nur in geringerem Maße die Sozialgeschichte behandelt. Die römische Sozialgeschichte wurde insbesondere von Alföldy[2] erforscht. Was die direkten Kriegsfolgen für die Bevölkerung betrifft, wird man jedoch auch hier nicht fündig.
Aus diesem Grund wird sich die Arbeit hauptsächlich auf Quellen stützen. Hierbei sei einerseits die sogenannte Laudatio Turiae und andererseits die Quellensammlung von Sherk[3] hervorgehoben. Die sogenannte Laudatio Turiae liegt in verschiedenen Editionen vor. In dieser Arbeit wurden die beiden jüngeren verwendet, einerseits die von Erik Wistrand[4] und anderseits die jüngste von Dieter Flach[5], da beide Herausgeber in ihren Anmerkungen die Laudatio durchaus verschieden interpretieren und damit zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Nachfolgend soll die jeweils nachvollziehbarere Interpretation übernommen werden. Obwohl es nicht als sicher zu bewerten ist, ob es sich bei der Grabesrede um die des trauernden Konsuls Quintus Lucretius Vespillo auf seine verstorbene Frau Turia handelt,[6] wird im nachfolgenden Quellennachweis der gebräuchliche Name „Laudatio Turia“ verwendet.
Methode
Aufgrund der sehr eingeschränkten Literatur, sollen die Folgen für die nicht direkt beteiligte Bevölkerung an dieser Stelle exemplarisch untersucht werden. Hierzu werden aus den verfügbaren Quellen die Passagen herausgenommen, die auf Folgen eines Bürgerkrieges schließen lassen und der dargestellte Sachverhalt verallgemeinert. Es sollen also die Gemeinsamkeiten der jeweiligen Einzelfälle untersucht werden, um somit einen Schluss auf das Allgemeine zu ziehen.
Beginnend sollen die Auswirkungen behandelt werden, die die Bürgerkriege im Allgemeinen auf die Bevölkerung und die römische Gesellschaft hatten. Anschließend werden Auswirkungen der Kriegshandlungen an den drei Beispielen der Städte Mylasa, Pergamon und Rhodos verdeutlicht werden, um schließlich die Auswirkungen auf den Einzelnen wie Verfolgung oder Enteignung zu untersuchen.
Allgemeine Auswirkungen
Im 2. Jahrhundert v.Chr. vollzog sich eine starke Differenzierung der römischen Gesellschaft, wodurch sich einige schwere Konflikte entwickelten. Die Fronten bildeten sich zwischen den verschiedenen benachteiligten sozialen Gruppierungen und der herrschenden Schicht, aber auch zwischen einzelnen Gruppen der Führungsschicht. Die überholte politische Ordnung Roms konnte dabei nicht zu der Entschärfung der Konflikte beitragen, sodass die Konflikte meist nicht mit friedlichen Mitteln zu lösen waren. Reformen oder Versuche, die Entwicklung aufzuhalten versagten meist. Die Krise der römischen Gesellschaft mit Bürgerkriegen und Revolten war quasi unvermeidlich.[7]
Durch die Auseinandersetzungen und die damit einhergehenden Reformen wandelte sich die römische Gesellschaft grundlegend. Solche Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen änderten auch die politischen und sozialen Möglichkeiten einzelner aufzusteigen.[8] Die Auswirkungen der rechtlichen Erneuerungen sollen an dieser Stelle aber vernachlässigt werden, da sie nur äußerst mittelbar durch die Bürgerkriege entstanden und den Unbeteiligten betrafen.
Einzelne Personen konnten jedoch auch unmittelbar durch die Auswirkungen oder besser Folgen der Auseinandersetzungen und besonders durch geschicktes und rücksichtsloses Handeln zu immensen Reichtümern gelangen. So verhalfen in der Zeit der Bürgerkriege nicht nur die fortgesetzte Expansion des Reiches und unternehmerische Gewinne zu Besitz, sondern auch die politischen Umwälzungen besonders seit Marius und Sulla. Führende Familien wurden ausgerottet und riesige Vermögen konfisziert.[9]
Beispiele für solche Männer, die während der Bürgerkriege zu viel Geld kamen sind Marius, der seinerzeit als armer Mann seine Tätigkeit begann und im Laufe seiner Karriere Ländereien erwarb, die nach Plutarch für einen König ausreichten.[10] Ebenso Sulla war anfangs arm und zählte später als einer der reichsten Menschen seiner Zeit und auch Marcus Licinius Crassus vermehrte sein Vermögen enorm.[11] So behauptete dieser, „nur wer aus seinem jährlichen Einkommen eine Legion unterhalten könne, sei reich. Er besaß Ländereien im Wert von 200.000.000 Sesterzen, nach Sulla der reichste der Quiriten, und doch war es <ihm> nicht genug, wenn er nicht <noch> das ganze Gold der Parther an sich gebracht hätte; mag er sicherlich ein bleibendes Andenken seines Reichtums erlangt haben - denn es gefällt uns, jene unersättliche Habgier zu brandmarken: später haben wir viele, die aus der Sklaverei entlassen waren, kennengelernt, die noch reicher waren, und zwar gleich drei unter der Regierung des Claudius, kurz vor unserer Zeit, nämlich Callistus, Pallas und Narcissus.“[12]
Auch andere Herrscher und Feldherren wie Pompeius und Caesar vervielfachten ihr Vermögen zu schier unermesslichem Reichtum. Diese Fälle von Gewinnen sind gewiss außergewöhnliche Beispiele. Allerdings konnten sicherlich auch andere Senatoren oder Ritter, besonders in kleinerem Maßstab, ihren Besitzstand durch die gesellschaftlichen Umwälzungen ausweiten. Aber auch Männer sehr niedriger Herkunft wussten teilweise die Chancen der Zeit der Bürgerkriege zu nutzen. So konnte Chrysogonus, ein Freigelassener Sullas, den Besitz eines hingerichteten Bürgers so billig erwerben, dass er einen mehr als hundertfachen Gewinn erzielte.[13] Freigelassene konnten nicht nur durch Geld zu Einfluss gelangen, sondern konnten sich auf gute Beziehungen zu ihren ehemaligen Herren, teils mächtigen Patronen stützen und dadurch politischen Einfluss oder auch Macht erwerben. Der eben erwähnte Chrysogonus galt später als ein einflussreicher Mann und Demetrios, ein Freigelassener des Pompeius, wurde in Syrien wie ein einflussreicher Senator behandelt.[14]
Die römische Gesellschaft ermöglichte zwar bereits früher Einflussnahme und Machterwerb durch Grundbesitz und Geld. In der Zeit der Bürgerkriege veränderten sich aber die Möglichkeiten des Einzelnen zu Vermögen und dadurch zu Macht und Einfluss zu kommen. Andererseits waren in dieser Zeit Vermögen und führende Positionen ebenso rasch zu verlieren wie zu gewinnen. Selbst die mächtigsten Politiker konnten ihren Gegnern zum Opfer fallen. Die meisten sozialen Schichten wurden infolge der blutigen Auseinandersetzungen stark dezimiert: Die Zahl der Opfer dieser Konflikte betrug wohl mehrere Millionen Menschenleben. Die Schichten wurden jedoch immer, sozusagen von unten, aufgefüllt, was heißen soll, es rückten immer neue Gruppen nach. Das bewirkte starke Veränderungen in der Zusammensetzung der einzelnen Schichten der römischen Gesellschaft, aber auch in ganz Italien und den Provinzen, wohin sich besonders in den späteren Jahren der Bürgerkriegszeit die Auseinandersetzungen hin ausbreiteten. Die römische Gesellschaft der späten römischen Republik war also ständig in Bewegung und infolge der Beseitigung verschiedener Gruppen geprägt durch eine hohe vertikale soziale Mobilität allerdings auf Kosten der persönlichen Sicherheit.[15]
[...]
[1] Siehe hierzu Bleicken, Jochen: Geschichte der römischen Republik, München 1999, S. 61-91.
[2] Alföldy, Geza: Römische Sozialgeschichte, Wiesbaden 1975.
[3] Sherk, Robert K.: Rome and the Greek East to the death of Augustus, Cambridge 1984.
[4] Wistrand, Erik: The so-called Laudatio Turiae, Göteborg 1976.
[5] Flach, Dieter: Die sogenannte Laudatio Turiae, Darmstadt 1991.
[6] Vgl. ebd., S. 1-8.
[7] Alföldy, Geza: Römische Sozialgeschichte, Wiesbaden 1975, S. 45.
[8] Vgl. ebd., S. 79.
[9] Ebd., S. 79.
[10] Plutarch: Große Griechen und Römer, Marius 34 und 45.
[11] Alföldy, Geza: Römische Sozialgeschichte, Wiesbaden 1975, S. 79-80; vgl. hierzu Plutarch: Große Griechen und Römer, Crassus 2.
[12] Plin.,N.h. 33,134.
[13] Vgl. hierzu Plutarch: Große Griechen und Römer, Cicero 3.
[14] Alföldy, Geza: Römische Sozialgeschichte, Wiesbaden 1975, S. 79-80; vgl. hierzu Plutarch: Große Griechen und Römer, Cato 13.
[15] Alföldy, Geza: Römische Sozialgeschichte, Wiesbaden 1975, S. 80-82.
- Arbeit zitieren
- Oliver Quast (Autor:in), 2008, Bürgerkriege und die nicht direkt beteiligte Bevölkerung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112166
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