»Sie wollen keine Walzer, weder langsame noch schnelle. Das Publikum, namentlich die jungen modernen Leute, wollen ausländische Musik und Schlager, 'heiße Foxtrotts' und Swing hören!«
Diese Aussage tätigte Tanzlehrer Fred Dieselhorst 1939 – in einem Jahr, als der Nationalsozialismus seine Blütezeit erreichte.
In dieser Ausarbeitung möchte ich mich mit der Jazzmusik im Nationalsozialismus auseinandersetzen - einer Musikform, die seit ihrer Entstehung Anfang des 20. Jahrhunderts schon immer mit Boykotten und Missachtung zu kämpfen hatte. Nichtsdestotrotz hatte sie auch viele Anhänger und wurde eine wichtige und lukrative Musikform für die Musikindustrie. Den Ursprung der Aversionen gegen Jazzmusik findet man allerdings in Deutschland schon in der Weimarer Republik, weshalb ich auch auf diese Epoche eingehen werde.
Der Swing als eine besondere Unterform des Jazz war wohl die beliebteste Form und setzte sich Mitte der 30er Jahre auch in Deutschland als Musikstil, Tanz und auch als Widerstandsbewegung durch. So kann man behaupten, dass Swingmusik Jazz ist, welcher Erfolg bei der breiten Masse genoss. Diese These wird durch eine Definition von Wolfram Knauer bestätigt:
»Der Jazz ist eine aus dem Zusammentreffen afrikanischer und afro-amerikanischer sowie europäischer Musiktraditionen entstandene Musik vornehmlich improvisatorischen Charakters. Seine direkten Wurzeln liegen in geistlichen und säkularen Musizierformen des 19. Jahrhunderts. Der Jazz entwickelte sich im 20. Jahrhundert von einer im Brauchtum verwurzelten mehr oder weniger regional bedeutsamen Musik (New Orleans) über seine Funktion als Popularmusik (Swing) hin zu einer Kunstmusik mit mehr oder weniger breitem Publikumsverständnis (Bebop, Free Jazz). Die unterschiedlichen Stilrichtungen innerhalb dieser Entwicklung weisen einzelne musikalische und ästhetische Charakteristika auf, die sie als Stile des Jazz identifizieren. Solche Charakteristika sind beispielsweise: Improvisation, swing, eine spezielle Art der Tonbildung und Instrumentenbehandlung, stilistische Indivi-dualität einzelner Musiker, sowie ein Traditionsbezug auf vorhergegangene Stile der Jazzgeschichte.«
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Jazz in der Weimarer Republik
- Die Verbreitung des Jazz
- Musikbolschewismus und Entartung
- Jazz zum Zeitpunkt des Machtwechsels
- Schlussfolgerung
- Jazz im Nationalsozialismus
- Zur Musikpolitik im Dritten Reich
- Die Reichsmusikkammer
- Die Düsseldorfer Reichsmusiktage
- Nicht Jazz sondern Swing!
- Die Swing-Jugend - Swing als Form des Widerstandes
- Zur Musikpolitik im Dritten Reich
- Warum der Jazz trotz massiver Boykotte am Leben blieb
- Die widersprüchliche „Anti-Jazz-Politik“ des Dritten Reichs
- Erwünschter Jazz in den Konzentrationslagern
- Fazit
- Anhang
- Quellenverzeichnis
- Zeitschriften
- Quellen aus dem Internet
- Besuchte Ausstellung
- Bildquellen
- Anschauungsmaterial
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Ausarbeitung untersucht die Geschichte des Jazz in Deutschland zwischen 1919 und 1945, beleuchtet seine Verbreitung während der Weimarer Republik und seine Unterdrückung und gleichzeitige Anpassung unter dem Nationalsozialismus. Die Arbeit analysiert die komplexen Beziehungen zwischen Jazzmusik, politischer Ideologie und gesellschaftlichen Entwicklungen dieser Zeit.
- Die Verbreitung von Jazz in der Weimarer Republik und seine gesellschaftliche Bedeutung.
- Die Reaktion des NS-Regimes auf Jazz und die offizielle Musikpolitik des Dritten Reiches.
- Die Entwicklung und Bedeutung von Swing als Unterform des Jazz und als Form des Widerstands.
- Die paradoxe Koexistenz von Verfolgung und Anpassung des Jazz im Nationalsozialismus.
- Der Einfluss der politischen und wirtschaftlichen Bedingungen auf die Jazzszene in Deutschland.
Zusammenfassung der Kapitel
Jazz in der Weimarer Republik: Dieses Kapitel beschreibt die Einführung des Jazz nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland. Es analysiert die anfängliche Begeisterung für diese neue Musikform und ihre Assoziation mit dem Demokratiegedanken und dem Wunsch nach einem Neuanfang. Es wird der Prozess beschrieben, wie aus anfänglichen Nachahmungen und Tanzmusik, angereichert mit Elementen des Ragtime, durch Musiker wie Eric Borchard und Gastauftritte ausländischer Bands, sich der echte amerikanische Jazz in Deutschland etablierte. Die wirtschaftlichen Bedingungen, insbesondere die Währungsreform von 1923, erleichterten die Engagements von ausländischen Jazzmusikern und trugen zu der Entwicklung der Szene bei.
Jazz im Nationalsozialismus: Dieses Kapitel beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen dem NS-Regime und der Jazzmusik. Während die nationalsozialistische Ideologie Jazz als „entartete Musik“ brandmarkte und offiziell unterdrückte, entwickelte sich gleichzeitig eine Untergrundszene und der Swing gewann als beliebte Musikform und sogar als Symbol des Widerstands an Bedeutung. Das Kapitel beleuchtet die widersprüchliche „Anti-Jazz-Politik“, die zwar den Jazz offiziell ablehnte, ihn aber in bestimmten Kontexten, wie zum Beispiel in Konzentrationslagern, auch tolerierte oder sogar instrumentalisierte. Die Reichsmusikkammer und die Düsseldorfer Reichsmusiktage werden in diesem Kontext als wichtige Institutionen der nationalsozialistischen Musikpolitik behandelt.
Warum der Jazz trotz massiver Boykotte am Leben blieb: Dieses Kapitel erörtert die Gründe für das Überleben des Jazz trotz der repressiven Maßnahmen des NS-Regimes. Es analysiert die widersprüchliche „Anti-Jazz-Politik“ des Dritten Reichs und wie die Popularität des Swing die Unterdrückungsversuche konterkarierte. Die unterschiedlichen Reaktionen auf Jazz innerhalb der Gesellschaft und die Funktion des Swings als Form des Widerstands werden eingehend untersucht. Auch die unerwartete Verwendung von Jazz in Konzentrationslagern wird thematisiert, um die komplexen und oft widersprüchlichen Dynamiken aufzuzeigen, die das Verhältnis zwischen Regime und Jazz definierten.
Schlüsselwörter
Jazz, Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Swing, Swing-Jugend, Musikpolitik, „Entartete Musik“, Widerstand, Propaganda, Popularmusik, Improvisation.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Thema "Jazz in Deutschland 1919-1945"
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Geschichte des Jazz in Deutschland zwischen 1919 und 1945. Sie beleuchtet die Verbreitung des Jazz während der Weimarer Republik und seine Unterdrückung sowie gleichzeitige Anpassung unter dem Nationalsozialismus. Die Arbeit analysiert die komplexen Beziehungen zwischen Jazzmusik, politischer Ideologie und gesellschaftlichen Entwicklungen dieser Zeit.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: Die Verbreitung von Jazz in der Weimarer Republik und seine gesellschaftliche Bedeutung; die Reaktion des NS-Regimes auf Jazz und die offizielle Musikpolitik des Dritten Reiches; die Entwicklung und Bedeutung von Swing als Unterform des Jazz und als Form des Widerstands; die paradoxe Koexistenz von Verfolgung und Anpassung des Jazz im Nationalsozialismus; und der Einfluss der politischen und wirtschaftlichen Bedingungen auf die Jazzszene in Deutschland.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel über den Jazz in der Weimarer Republik, den Jazz im Nationalsozialismus, die Gründe für das Überleben des Jazz trotz Boykotts, sowie ein Fazit, Anhang, Quellenverzeichnis und Bildquellen.
Wie wird der Jazz in der Weimarer Republik dargestellt?
Das Kapitel zum Jazz in der Weimarer Republik beschreibt die Einführung des Jazz nach dem Ersten Weltkrieg, die anfängliche Begeisterung und seine Assoziation mit dem Demokratiegedanken. Es analysiert die Entwicklung vom Ragtime zum amerikanischen Jazz in Deutschland, beeinflusst durch Musiker wie Eric Borchard und ausländische Bands, sowie den Einfluss wirtschaftlicher Bedingungen.
Wie wird der Jazz im Nationalsozialismus dargestellt?
Das Kapitel zum Jazz im Nationalsozialismus beleuchtet die komplexe Beziehung zwischen dem NS-Regime und dem Jazz. Es zeigt die Brandmarkung als „entartete Musik“, die Unterdrückung und die gleichzeitige Entwicklung einer Untergrundszene und die Bedeutung von Swing als Widerstandssymbol. Die widersprüchliche „Anti-Jazz-Politik“ und die Rolle der Reichsmusikkammer und der Düsseldorfer Reichsmusiktage werden behandelt.
Warum überlebte der Jazz trotz der Unterdrückung?
Das Kapitel zu den Gründen für das Überleben des Jazz analysiert die widersprüchliche „Anti-Jazz-Politik“, die Popularität von Swing, die unterschiedlichen gesellschaftlichen Reaktionen und die Funktion des Swings als Widerstand. Auch die unerwartete Verwendung von Jazz in Konzentrationslagern wird thematisiert.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Jazz, Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Swing, Swing-Jugend, Musikpolitik, „Entartete Musik“, Widerstand, Propaganda, Popularmusik, Improvisation.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Arbeit enthält ein ausführliches Quellenverzeichnis mit Zeitschriften, Internetquellen, Informationen zu besuchten Ausstellungen, Bildquellen und Anschauungsmaterial.
Für wen ist diese Arbeit gedacht?
Diese Arbeit ist für akademische Zwecke bestimmt und dient der Analyse von Themen im Kontext der Geschichte des Jazz in Deutschland.
- Arbeit zitieren
- Markus Lütticke (Autor:in), 2008, Jazz in Deutschland , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112167