Hinunter in den Kaninchenbau - aber nicht wieder hinauf!

Warum Computerrollenspiele in ihren Bann ziehen


Seminararbeit, 2008

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Spaß am Spiel, der Zwang zu spielen

3. Gefangen im Wunderland der Computerrollenspiele
3.1 Computerrollenspiele für Einzelspieler
3.2 Onlinerollenspiele
3.2.1 Suchtfördernde Elemente
3.2.2 Soziale Bindungen

4. Schluss

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Nach wie vor stehen Computerspiele unter kritischer Beobachtung durch die Öffentlichkeit. Neben der scheinbar allgegenwärtigen Diskussion um Gewaltspiele sind es vor allem die Themen Sucht und Abhängigkeit, die im Mittelpunkt des Interesses stehen. Regelmäßig laufen Berichte von isolierten und vereinsamten Computerspielern über den Fernsehschirm und ebenso häufig erscheinen Interviews mit Aussteigern aus der Spieleszene in der Presse. Oft sind es (Online-) Rollenspieler die erklären, wie sehr das Spiel ihr Leben beherrscht und andere Interessen verdrängt hat.

Die nachfolgende Arbeit soll jene Mechanismen und Elemente in Computerrollenspielen untersuchen, die den Spieler in den Bann schlagen und nicht mehr loslassen. Die persönlichen Hintergründe der Spieler, die immer einen Teil zum übertriebenen Konsum beitragen, sollen dabei, so weit möglich, außen vorgelassen werden. Ziel der Arbeit ist eine Analyse und Beschreibung der suchtfördernden Elemente im Spiel selbst.

Zur Verdeutlichung verschiedener Mechanismen wird in der Arbeit zwischen den Rollenspielen für Einzelspieler und den Onlinerollenspielen unterschieden. Beide Genres ähneln sich zwar in Aufbau und Struktur, setzen aber unterschiedliche Aspekte bei der Intensität mancher Elemente.

2. Der Spaß am Spiel, der Zwang zu spielen

Macht und Kontrolle sind die Grundpfeiler, auf die sich das Interesse an Computerspielen stützt. Im Computerspiel misst sich der Spieler mit seinem (virtuellen) Gegenüber und erprobt seine eigene Macht und seine Fähigkeiten, das Spielgeschehen zu kontrollieren.[1] „Das zentrale motivationale Element des Computerspiels ist [dabei] der Wunsch der Spieler, Erfolg zu haben.“[2]

Ob Flugzeugsimulation, Autorennen oder Rollenspiel, nach diesem Grundprinzip funktionieren alle Arten von Computerspielen. Erzielte Erfolge können dabei positive Auswirkungen haben. Für die Spieler sind Computerspiele nämlich nicht nur Zeitvertreib, sondern sie dienen auch „zur Selbstmedikation gegen Misserfolgsängste, mangelnde Lebenszuversicht und gegen das Gefühl ihr eigenes Leben nicht beherrschen und kontrollieren zu können.“[3]

Bei manchen Spielern nimmt das Computerspielen jedoch einen zu großen Raum ein und droht alle anderen Aktivitäten zu verdrängen. So ermittelte Olgierd Cypra in einer Internetbefragung mit 11.400 Teilnehmern, dass rund fünf Prozent aller Onlinerollenspieler mehr als 60 Stunden pro Woche im Spiel verbringen. Immerhin 30 Prozent spielen zwischen 30 und 59 Stunden.[4]

Längere Spielesitzungen sorgen jedoch unweigerlich dafür, dass andere Lebensbereiche zu kurz kommen. Verluste von Freundschaften und Probleme am Arbeitsplatz sind die unausweichliche Folge einer solch zeitaufwendigen Nutzung. Dieses deviante Nutzungsverhalten kann im weiteren Verlauf in psychische und physische Abhängigkeit übergehen, also zur regelrechten Sucht werden.[5] Immerhin 11,9 Prozent der Computerspieler weisen nach einer Untersuchung der interdisziplinären Suchtforschungsgruppe Berlin suchtähnliches Verhalten auf. Bei Onlinerollenspielern liegt die Zahl höher, aber noch unter 20 Prozent.[6]

Teils sind es persönliche oder soziale Missstände und Ängste, die Jugendliche, aber auch Erwachsene dazu verleiten, sich in die virtuellen Welten zu flüchten häufig sind es aber auch Langeweile und das Verlangen nach Erfolgserlebnissen.[7] Doch in Computerspielen, besonders auch in (Online-) Rollenspielen, sind Mechanismen integriert, die den Spieler lange an das Produkt binden sollen und so eine mögliche Sogwirkung des Spiels begünstigen.

3. Gefangen im Wunderland der Computerrollenspiele

Diese suchtfördernden Mechanismen sollen im Folgenden analysiert und beschrieben werden.

3.1 Computerrollenspiele für Einzelspieler

Baldur’s Gate, Neverwinter Nights, Final Fantasy, Gothic, The Elder Scrolls, Knights of the Old Republic, Das dritte Zeitalter oder The Witcher. Die Zahl der Computerrollenspiele ist groß und die begonnene Liste ließe sich noch weiterführen. So zahlreich wie die Genrevertreter, so unterschiedlich sind die Welten, in denen sie spielen. Von der mittelalterlichen Burgenlandschaft über apokalyptische Zukunftsvisionen bis zum lizenzierten Filmuniversum eines Herrn der Ringe ist jede denkbare fantastische Form vertreten. Eines aber haben die unterschiedlichen Welten alle gemeinsam: Sie stecken den Spieler in die Rolle eines Helden und entführen ihn in eine Welt, die mit der Realität nur wenig gemein hat. In diesem fremden Universum muss der Spieler eine Reihe von Aufgaben lösen, Monster besiegen, Freundschaften schließen und Intrigen aufdecken.[8]

Dass es eine große Zahl an Spielern gibt, die viel Zeit in dieser virtuellen Abenteuerumgebung verbringen, hat unterschiedliche Gründe.

Zunächst sind Rollenspiele ein Genre, das sehr stark von der Narration lebt. Die Geschichten werden auf unterschiedlichste Weise erzählt, sind jedoch im Vergleich zu anderen Computerspielgenres (z.B. Action- oder Sportspielen) häufig detailliert ausgearbeitet und professionell gestaltet. Die fortschreitende Technik ermöglicht es zudem die fantastischen Welten mit Ton und Bild glaubhaft und lebensecht zu vermitteln. Zwischensequenzen mit Motiven und Schnitten aus dem Filmbereich leisten ihr Übriges, um den Spieler in den Bann des Spiels zu ziehen.

Besonders im Bereich der Mittelalterspiele stehen häufig Magie und Okkultes im Mittelpunkt. Diese Konzentration auf das Mystische verdeutlicht nicht nur den Bruch zur realen Welt, sondern greift auch Elemente auf, die Menschen seit Jahrhunderten faszinieren.[9]

Die Geschichte eines Rollenspiels entwickelt sich aber nicht gleich eines Films, sondern kann aktiv beeinflusst werden. Diese Interaktivität ist es, die den Spieler so begeistert. Die Geschichte eines Rollenspiels verläuft meist in einer Mischform aus Baumstruktur und Multilinearstruktur.[10] Das bedeutet, die Kernhandlung folgt einem vorgegebenen Verlauf, der Spieler wird aber immer wieder vor Entscheidungen gestellt, in denen er sich zwischen zwei Wegen entscheiden muss. Abseits dieses Hauptpfades kann der Spieler frei durch teils riesige Welten streifen, in denen er auf Nebenaufgaben trifft. Diese kann er nach seinen eigenen Vorlieben erledigen oder ganz außer Acht lassen. Das gleichzeitig vordefinierte und freie Erleben des Spiels erhöht nicht nur den Wiederspielwert, sondern bindet den Spieler noch stärker an die Geschehnisse auf dem Bildschirm, da scheinbar das Schicksal eines ganzen virtuellen Reiches in seiner Hand liegt.

[...]


[1] Vgl. Fritz, Jürgen: Warum eigentlich spielt jemand Computerspiele? Macht, Herrschaft und Kontrolle faszinieren und motivieren. In: Jürgen Fritz / Wolfgang Fehr (Hrsg.): Computerspiele. Virtuelle Spiel- und Lernwelten. Bonn 2003, S. 10 – 24, S. 15.

[2] Fritz, Jürgen: Computerspiele – logisch einfach, technisch verwirrend, sozial komplex. Was unter Computerspielen verstanden und wie mit ihnen umgegangen wird. In: Jürgen Fritz / Wolfgang Fehr (Hrsg.): Computerspiele. Virtuelle Spiel- und Lernwelten. Bonn 2003, CD-ROM, S. 3.

[3] Fritz (Anm.1), S. 24.

[4] Vgl. Cypra, Olgierd: Warum spielen Menschen in virtuellen Welten? Eine empirische Untersuchung zu Online-Rollenspielen und ihren Nutzern. Mainz 2005. http://www.staff.uni-mainz.de/cyprao/arbeit.html (Kurzfassung der empirischen Untersuchungsergebnisse: http://www.staff.uni-mainz.de/cyprao/kurz.html) (Stand 13.04.2008).

[5] Vgl. te Wildt, Bert Theodor: Pathololigical Internet Use: Abhängigkeit, Realitätsflucht und Identitätsverlust im Cyberspace. In: Andreas Lober (Hrsg.): Virtuelle Welten werden real. Second Life, World of Warcraft & Co: Faszination, Gefahren, Business. Hannover 2007, S. 68 – 77, S. 69 – 71.

[6] Höschen, Dirk: „In jedem steckt ein Held“ oder MMORPGs. In: Winfred Kaminski / Martin Lorber (Hrsg.): Clash of Realities. Computerspiele und soziale Wirklichkeit. München 2006, S. 133 -145, S. 144.

[7] Fritz, Jürgen: Im Sog der Computerspiele. Vorurteile und Erkenntnisse über Vielspieler. In: Jürgen Fritz / Wolfgang Fehr (Hrsg.): Computerspiele. Virtuelle Spiel- und Lernwelten. Bonn 2003, CD-ROM.

[8] Jacob, Thomas & Warkus, Hartmann: Eine Frage des Charakters –Rollenspiele am PC. In: MERZ 2 (2003), S.177 -179.

[9] Kaminski, Winfred: Stoffe aus denen Computerspiele sind. In: Jürgen Fritz / Wolfgang Fehr (Hrsg.): Computerspiele. Virtuelle Spiel- und Lernwelten. Bonn 2003, CD-ROM, S. 1 - 2.

[10] Vgl. Wages, Richard u. a.: Benutzerführung und Strukturen nichtlinearer Geschichten. In: Britta Neitzel / Rolf Nohr / Matthias Bopp (Hrsg.): “See? I´m real” Multidisziplinare Zugänge zum Computerspiel am Beispiel Von Silent Hill. München 2005, S. 41 -59, S. 44 – 48.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Hinunter in den Kaninchenbau - aber nicht wieder hinauf!
Untertitel
Warum Computerrollenspiele in ihren Bann ziehen
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
13
Katalognummer
V112778
ISBN (eBook)
9783640122592
ISBN (Buch)
9783640123940
Dateigröße
409 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hinunter, Kaninchenbau, Computer, Pc, Computerspiele, Sucht, Online
Arbeit zitieren
Stephan Happel (Autor:in), 2008, Hinunter in den Kaninchenbau - aber nicht wieder hinauf!, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112778

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