Die Rolle der lebensverlängernden und -verkürzenden Mittel für die gegenwärtige Gesundheitsförderung

Aus Christoph Wilhelm Hufelands „Makrobiotik“


Diplomarbeit, 2007

174 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


I Inhaltsverzeichnis

II Abkürzungsverzeichnis

III Abbildungsverzeichnis

IV Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Epidemiologische Auswirkungen körperlicher Inaktivität
1.2 Historischer Kurzabriss der Lebensverlängerungsversuche und der Thüringer Christoph Wilhelm Hufeland
1.3 Fragen, Hypothesen, Vorgehen und Ziele der vorliegenden Arbeit
1.4 Gegenwärtige Bedeutung der Verlängerung aktiver Lebensjahre

2 Theorieteil
2.1 Gesundheitswissenschaftliche Standortbestimmung
2.1.1 Gesundheit als Thema im 21. Jahrhundert
2.1.2 Gesundheitsmodelle und -begriffe, gesundheitspolitische
Probleme und Potenziale
2.1.3 Relevante Gesundheitsressourcen für die Gesundheitsförderung
2.2 Entwicklung einer medizinisch-anthropologischen Ethik

3 Hauptteil
3.1 Christoph Wilhelm Hufelands Gesundheitsverständnis
3.1.1 Bilder der Gesundheit im Wandel der Zeiten
3.1.2 Hufelands Wirken zur Goethezeit
3.1.3 Entstehung und Inhalte von Hufelands „Makrobiotik“
3.1.4 Hufelands Lebensverlängerungs- und Lebensverkürzungsmittel
3.1.4.1 Lebensverkürzungsmittel und Risikofaktoren
3.1.4.2 Lebensverlängerungsmittel und Schutzfaktoren
3.1.5 Die Salutogenese als hufelandspezifische Gesundheitsvorstellung
3.2 Hufelands Erkenntnisse aus heutiger wissenschaftlicher Perspektive
3.2.1 Der wissenschaftliche Erkenntnisprozess
3.2.2 EbM als Leitmodell praxisrelevanter klinischer Forschung
3.2.3 Evidenzbasierte Prüfung der Erkenntnisse Hufelands im Spannungsfeld von Schlaf und körperlicher Bewegung
3.2.3.1 Schlaf
3.2.3.2 Körperliche Bewegung
3.2.4 Zusammenfassende Ableitungen von Gesundheitsförderungsempfehlungen

4 Zusammenfassung

II Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

III Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Pfaddiagramm zur Systematisierung weiterführender
Vorüberlegungen

Abbildung 2: Verhältnis der Public Health zu den Gesundheitswissen- schaften

Abbildung 3: Bausteine verschiedener Gesundheitsdefinitionen

Abbildung 4: Faktoren der Lebensdauer nach Hufeland

Abbildung 5: Zuordnung der Verkürzungsmittel Hufelands zu den
Hauptdispositionsgruppen der Risikofaktoren

Abbildung 6: Beziehung zwischen Gesundheitsförderung und
Prävention

Abbildung 7: Subjektive Gesundheitskonzepte

Abbildung 8: EbM-Vollzugsstufen

Abbildung 9: Evidenzstufen der EbM

Abbildung 10: Faktoren klinischer Expertise

Abbildung 11: Belastungs- und Beanspruchungsrelation in reizorientierten Stressmodellen (S.83)

Abbildung 12: Schematische GH- und Cortisolsekretion über die
Schlafphasen

Abbildung 13: Cortisolspiegel am Abend

Abbildung 14: Prävalenzen für Insomniesymptome

Abbildung 15: Zusammenhang zwischen Schlafdauer und Mortalität

Abbildung 16: Gesundheitlicher Nutzen in Abhängigkeit von der körperlichen Ausgangsaktivität

Abbildung 17: Prozentuale Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme in Abhängigkeit vom Belastungsumfang

Abbildung 18: Prozentuale Steigerung der maximalen Sauerstoffaufnahme in Abhängigkeit von der Belastungsintensität

Abbildung 19: Wöchentlicher Stundenumfang der sportlichen Aktivität von Frauen verschiedener Altersgruppen

Abbildung 20: Wöchentlicher Stundenumfang der sportlichen Aktivität von Männern verschiedener Altersgruppen

Abbildung 21: Durch körperliche Aktivität verhütete Erkrankungen

Abbildung 22: Beziehung zwischen Einkommen und Gesundheit

Abbildung 23: Beziehung zwischen SES und Mortalität

IV Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vergleichende Gegenüberstellung der 4 Hauptmodelle von
Gesundheit

Tabelle 2: Zuordnung der Verlängerungsmittel Hufelands zu den
Schutzfaktorengruppen

Tabelle 3: Schlafhygieneregeln Hufelands

Tabelle 4: Weltweites Schlafverhalten

Tabelle 5: Schlafhygienedefinitionen verschiedener Autorengruppen im Vergleich zu Hufeland

Tabelle 6: Ausgewählte Begrenzungen der Einschätzung von Dosis- Wirkungs-Beziehungen zwischen körperlicher Aktivität und ge sundheitsbezogenen Effekten

1 Einleitung

„[…] Hauptgrund der Makrobiotik ist der Mittelton in allen Stücken, die aurea mediocritas. Alle Extreme […] hindern die Verlängerung des Lebens“[1]

1.1 Epidemiologische Auswirkungen körperlicher Inaktivität

Eine zunehmende Automatisierung, Technisierung und Motorisierung führte insbesondere die Menschen westlicher Industrienationen zu einer Reduzierung des Kalorienverbrauchs durch körperliche Arbeit bei gleichzeitiger übermäßiger Kalorienzufuhr durch die Ernährung[2]. Haskell et al. nehmen an, dass der Rückgang des täglichen Energieverbrauchs in Größenordnung von ca. 30-40% einzuordnen ist[3]. Das Institut für Arbeit und Wissenschaft der Universität Bremen schätzte den Anteil sitzender gegenüber stehender bzw. gehender Arbeitszeit auf 84%[4]. Dieser Mangel an Bewegung führt verstärkt zu psychosozialen Problemen, chronischen Krankheiten und Schmerzen sowie orthopädischen und internistischen Funktionseinschränkungen bzw. Erkrankungen mit erheblichen Folgen: In Deutschland sterben bspw. jährlich ca. 250.000 Menschen an den Folgen eines Herzinfarkts[5]. Trotz besserer Interventionsmöglichkeiten wird bis zum Jahr 2010 eine Herzininfarktsteigerungsrate von 20% erwartet[6]. Ein ähnlicher Trend zeigt sich bei den Krebserkrankungen: Die Inzidenz des Darmkrebses hat sich zwischen 1996 und 2000 um 30% und die des Prostatakrebses in 10 Jahren um 50% erhöht[7].

Besonders alarmierend ist allerdings der Anstieg des Diabetes Mellitus Typ 2. In Deutschland wurde zwischen 1988 und 2001 eine Steigerung um 43% auf 6 Millionen Diabeteserkrankte verzeichnet[8]. Weitere etwa 2 Millionen leiden zusätzlich an einem unentdeckten Diabetes Mellitus. Zwischen 1995 und 2025 wird weltweit eine Verdopplung der Zahl der Betroffenen zu erwarten sein[9]. Bis zu 25% aller Ausgaben im Gesundheitssystem werden für diese Patientengruppe aufgebracht[10]. Damit stellt der Diabetes Mellitus neben den Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine der größten gesellschaftlichen und gesundheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dar.

Auch in der Kölner Deklaration der WHO und FIMS aus dem Jahr 1994 mit dem Titel „Physical Activity and Health“ wurde konstatiert, dass überwiegendes Sitzen mit der Minderung muskulärer Belastungen und einer Reduktion des Kalorienverbrauchs verbunden ist[11]. Mit dem gemeinsamen Aufruf der FIMS und der WHO an die Regierungen der Erde, körperliche Aktivität und Fitness zum festen Bestandteil öffentlicher Gesundheitspolitik zu machen, tägliche körperliche Aktivität als lebenslanges Ritual und Grundlage eines gesunden Lebensstils zu etablieren, Behinderten und chronisch Kranken besondere Unterstützung bei der Erarbeitung von Bewegungsprogrammen zukommen zu lassen, Frauen spezifische Möglichkeiten körperlichen Trainings anzubieten und Ältere zur aktiven Lebensführung zu ermutigen[12], wurde die Bedeutung körperlicher Aktivität für die Gesundheit besonders hervorhoben.

Publikationen der Harvard-Alumni-Health-Study (HAHS)[13] aus dem Jahr 1995 haben zeigen können, dass ein wöchentlicher Mehrverbrauch von ca. 2000 kcal das Herzinfarktrisiko[14] bei Männern erheblich senkt. Unter der Vorraussetzung 30-minütiger moderater körperlicher Belastung mit dynamischem Einsatz großer Muskelgruppen bei mindestens 50% der maximalen Leistungsfähigkeit, liegt die geschätzte Lebenserwartungssteigerung bei fünf Jahren[15]. Allerdings berücksichtigt die HAHS aufgrund des Probandenklientels[16] von ausschließlich Harvard Absolventen nur unzureichend sozioökonomische Einflussfaktoren auf die Lebenserwartung.

Dennoch sind im Rahmen der „30 minutes or more of moderate-intensity […] on most, preferably all, days of the week“[17] 37% der Schweizer[18] und sogar 60% der Amerikaner[19] als körperlich inaktiv einzustufen.

Bei einer weltweit zu verzeichnenden körperlichen Gesamtinaktivität von durchschnittlich 18,8 % (mit der Spannweite von 13,4 - 28,7%)[20] ist die Einsicht in die Notwendigkeit gesundheitsfördernder körperlicher Aktivität (HEPA) nicht nur aus individueller Sicht[21] dringend erforderlich. In den USA bewirkt Inaktivität jährliche Gesundheitskosten in Höhe von 24,3 Mrd. Dollar[22]. In der Schweiz verursacht jede inaktive Person jährliche Kosten in Höhe von 2595 SFr[23]. Insgesamt belaufen sich die Folgen des Bewegungsmangels in der Schweiz auf geschätzte 1,4 Millionen Erkrankungen, 2000 Todesfälle (~sechs Todesfälle täglich) und 1,6 Milliarden Franken direkte Behandlungskosten pro Jahr[24].

Dem Statistischen Bundesamt Deutschlands zufolge, betrugen die besonders durch Inaktivität hervorgerufenen Kosten von Herz-Kreislauferkrankungen und Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems im Jahre 2002 25,8% der Gesundheitsgesamtkosten[25]. Die Krankheitskosten pro Kopf beliefen sich im Durchschnitt auf 2710 €[26].

Nach einer Untersuchung des Robert Koch-Institutes treiben in Deutschland 37,3% der Männer und 38,4% der Frauen über 18 Jahren keinen Sport. 20,9% der Männer und 28,4% der Frauen treiben wöchentlich weniger als 2 Stunden Sport.

Diese Befunde sprechen einerseits für eine auffallende Distanzierung gegenüber dem „Mittelton in allen Stücken, der aurea mediocritas“ körperlicher Aktivität, und andererseits für die Dringlichkeit einer Renaissance ganzheitlicher diätetischer Vorstellungen im Sinne Hufelands Makrobiotik.

Sollte diese sukzessive Umstellung unserer Lebensbedingungen nicht gelingen, hätten in der Konsequenz unsere Kinder diese Bürde zu tragen.

Morbus Nintento, Morbus Microsoft und Morbus Sedens[27] sind nur einige Schlagworte, die den pathologischen Wert langer Bildschirm- und Sitzzeiten mit erheblichen gesundheitlichen Auswirkungen bildhaft auf den Begriff bringen: Motorische Schwächen mit erhöhtem Unfallrisiko, Übergewicht und Altersdiabetes schon in Kindesjahren.

Bös et al. konnten eine Minderung der motorischen Leistungsfähigkeit in den letzten 25 Jahren um durchschnittlich mehr als 10% nachweisen[28]. Eine britische Studie berichtete über einen allgemeinen Rückgang des zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegten Weges um bis zu 26%, und einer schottischen Untersuchung zufolge beträgt die Sitzzeit Drei- bis Fünfjähriger schon 76%[29].

Nach Ergebnissen der internationalen „Health Behaviour in School-aged Children“ -Studie (HBSC) sind in Deutschland lediglich 18% der 11-, 13- und 15-jährigen Mädchen und 29% der Jungen an mindestens 5 Tagen der Woche körperlich aktiv[30].

Die Prävalenz von Adipositas im Kindesalter hat sich in Großbritannien in den letzten beiden Dekaden verdoppelt[31]. Zwischen 1985 und 2001 ist auch die Zahl adipöser Vorschulkinder in Berlin von 3% auf 13%[32] gestiegen. Insgesamt ist, mit steigender Tendenz, bereits jedes 5. Schulkind in Deutschland übergewichtig[33] und 85% dieser adipösen Kinder weisen darüber hinaus einen Hyperinsulinismus, eine beeinträchtigte Glukosetoleranz, einen veränderten Lipidmetabolismus oder eine Hypertonie auf[34].

Aus übergewichtigen Kindern werden übergewichtige Erwachsene[35] mit hohem Risiko für das Auftreten von Typ-2-Diabetes-mellitus, kardiovaskulären und orthopädischen Erkrankungen[36]. Die WHO bezeichnet die Adipositas bereits als besorgniserregende Epidemie und globales Problem[37].

Bemühungen um eine Stärkung körperlicher Freizeit- und vor allem Alltagaktivitäten mit dem Ziel der Verlängerung des aktiven Lebens (active life expectancy) von hoher Lebensqualität setzen eine komplexe Verbindung von Programmen und Strategien voraus.

1.2 Historischer Kurzabriss der Lebensverlängerungsversuche und der Thüringer Christoph Wilhelm Hufeland

Geschichtlich betrachtet haben die Bestrebungen zur Lebensverlängerung weit zurückreichende Ursprünge:

Schon aus 4000 Jahre alten chinesischen Papyrusrollen geht hervor, dass sich Menschen mit der Lebensverlängerung beschäftigten[38]. So setzten die Chinesen bspw. zunächst besondere Hoffnung in „lebensverjüngende“ Heilpflanzen wie Ginseng.

Die Inder hingegen strebten vor allem eine Langlebigkeit auf geistigem Gebiet an – Vorstellungen, die besonders auf Buddhas Lehren (6. Jhd. v. Chr.) zurückgehen. Buddha selber vertrat allerdings die Ansicht, der Mensch solle nicht älter als 100 Jahre werden[39].

Eine der Makrobiotik Hufelands ähnliche Vorstellung mit diätetischen Elementen und auf „Mäßigung in allen Dingen“ beruhende Kunst der Lebensführung, entwickelte nachweislich erstmalig der Arzt Hippokrates (5. Jhd. v. Chr.). Neben der Vermeidung von Schädlichkeiten, standen insbesondere regelmäßige Übungen zur Stärkung der körperlichen und seelischen Kräfte im Mittelpunkt seiner Betrachtungen[40].

Der griechische Philosoph Aristoteles (4. Jhd. vor Chr.) betonte in seinem „Organon“ das schicksalsmäßig unbeeinflussbare höhere Alter der Menschen und sprach so den bis heute bedeutenden genetischen Aspekt maximaler Lebenslänge an[41].

Um ein hohes Alter zu erreichen, empfahl der griechisch-römische Arzt Galen (2. Jhd. n. Chr.) erstaunlicherweise eine Reduktion der Nahrungszufuhr und nahm so eine Erkenntnis unserer Gegenwart vorweg: den Gedanken der Kalorienrestriktion[42].

Bei den Germanen und im frühen Mittelalter lassen sich in den Quellen keine konkreten individuell-praktischen Handlungsempfehlungen zur Verlängerung des Lebens nachweisen.

Der englische Naturphilosoph Roger Bacon (13. Jhd.) empfahl in seinem
„Opus Majus“ die menschliche Lebensdauer dadurch zu verlängern, dass man bspw. als Greis ein junges Mädchen umarme. Hufeland fasste diese Überlegung später unter dem Begriff der „Gerokomik“[43].

Paracelsus, der berühmteste Arzt des Mittelalters (16. Jhd.), räumte zwar die Möglichkeit einer Lebensverlängerung ein, allerdings nur als Folge einer Alchimie von Geheimmitteln wie Perlen aus Ochsengalle, Gold, Antimon, Schwefel und Quecksilber. Die mögliche Altersobergrenze setzte er bei 140 Jahren fest[44].

In der Renaissance besann man sich wieder bestimmter diätetischer Vorstellungen des Altertums, jedoch erst während der Aufklärung entstand durch Hufeland ein modernes und ganzheitliches Konzept der Lebensverlängerung.

Der 1762 im thüringischen Bad Langensalza geborene Christoph Wilhelm Hufeland gilt medizinhistorisch als Begründer eines ganzheitlichen medizinischen Aufklärungsgedankens, als bedeutender Universalmediziner des 18. und 19. Jahrhundert und erfolgreicher Publizist der Goethezeit[45].

Seine medizinischen Wurzeln liegen in Jena: hier weilte er als Student und angesehener Professor.

Durch Hofkontakte seines im Weimarer Land praktizierenden Vaters trat er schon in jungen Jahren mit Goethe in Verbindung. Dieser Kontakt sollte sich in den folgenden Jahren sogar vertiefen. Goethe war in inhaltlicher und rhetorischer Hinsicht von Hufelands Disputationen fasziniert und lud ihn im Jahre 1793 in seine freie Akademie, die „Freitagsgesellschaft“, ein. Der ebenfalls dort anwesende Kurfürst Carl August war von Hufeland in einer Weise beeindruckt, dass er ihn nach Jena zum Professor berief[46].

Neben etwa 400 verschiedenen eigenen Veröffentlichungen bis zu seinem Tode im Jahre 1836 und der Herausgabe seines „Journals für praktische Arzneykunde und Wundarzneykunst“ erregte seine „Makrobiotik“ aus dem Jahre 1797 besondere Aufmerksamkeit: Sie gilt als sein Haupt- und Lebenswerk[47].

Der Schwerpunkt dieses Werkes liegt auf der Beschreibung von Verkürzungs- und Verlängerungsmitteln des Lebens. Umfassend kennzeichnete Hufeland dabei Verhalten, das entweder lebensverlängernd oder lebensverkürzend wirken kann. Hufeland schaffte damit eine Lebensordungslehre bzw. ein diätetisches Standardwerk der ganzheitlichen Medizin mit naturheilkundiger Ausrichtung ohne schulmedizinische Errungenschaften unberücksichtigt zu lassen[48]. Hufeland ging kritisch und empirisch vor. Lichtenberg, ein bekannter Experimentalphysiker und der Doktorvater Hufelands, prägte Hufeland in seiner Göttinger Zeit maßgeblich in Richtung rationaler Empirie[49]. Dieses wissenschaftliche Vorgehen ist die Grundlage dafür, dass Hufeland als Wegbereiter einer evidenzbasierten gesundheits- und hygieneorientierten Aufkklärungsbewegung gelten kann, die bis heute kaum an Aktualität eingebüßt hat[50].

1.3 Fragen, Hypothesen, Vorgehen und Ziele der vorliegenden Arbeit

Nach nunmehr über 200 Jahren des Bestehens der Makrobiotik Hufelands haben sich aus heutiger gesundheitsfördernder und -wissenschaftlicher Sicht für die vorliegende Arbeit sechs Kernfragestellungen herausgebildet. Diese bilden die Grundlage für die Ausarbeitung der im Anschluss formulierten Hypothesen. Zunächst die essenziellen Fragen:

1. Ist eine Wiederbelebung diätetischer Gedanken im Sinne Hufelands für
gegenwärtige nachhaltige Gesundheitsförderungsbemühungen sinnvoll und denkbar?
2. Welche gesellschaftlichen sowie gesundheitspolitischen Probleme und Potenziale liegen der möglichen Implementierung einer „neuen Lebensstillehre“ zu Grunde?
3. Wie hat sich der Gesundheitsbegriff unter historischen Einflüssen verändert?
4. Wie gestaltet sich unter Berücksichtigung der EbM-Stufen der wissen-schaftliche Erkenntnisprozess?
5. Unter welchen zeithistorischen Bedingungen entstand Hufelands Makrobiotik?
6. Sind Hufelands exemplarische Ausführungen zu gesundheitsfördernden Effekten bezogen auf Schlaf und körperliche Bewegung nach heutigem Kenntisstand haltbar?

Die vorliegende Arbeit ist als ein geistes-, kultur- und naturwissenschaftliches Ensemble angelegt. Medizinhistorische und andere Quellen wurden nicht im Fließtext, sondern in den Fußnoten ausgewiesen. Auf diese Weise kann der inhaltlichen Präzision und Nachvollziehbarkeit verwendeter Werke angemessener nachgekommen werden. Die Artikel für die evidenzbasierte Prüfung der Erkenntnisse Hufelands wurden sowohl per zusammenhängender als auch separierter Keywordsuche via Science Direct, PubMed und Medline recherchiert. Einige Themenschwerpunkte konzentrierten sich allerdings in bestimmten Journalen. In diesen Fällen erfolgte zusätzlich eine interne Zeitschriftenrecherche über die Elektronische Zeitschriftenbibliothek der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek.

Morphologisch gliedert sich die vorliegende Arbeit in zwei Kernbestandteile und orientiert sich an der Gliederung Hufelands Makrobiotik.

Der Theorieteil umfasst einen Längsschnitt durch medizinhistorisch-anthropologische Grundauffassungen im Kontext der Bedeutsamkeit von Gesundheitsbestrebungen im 21. Jahrhundert. Die sich daraus entwickelnden gesundheitlichen Modellvorstellungen werden im Zusammenhang mit gesundheitspolitischen Problemen und Potenzialen diskutiert. Die für die Gesundheitsförderung relevante Gesundheitsressourcen sind exepmplarisch untersucht worden. Ziel des Theorieteils ist eine allgemeine gesundheitswissenschaftliche Standortbestimmung Deutschlands.

Im ersten Abschnitt des Hauptteils wird der Versuch unternommen, die Entstehung und Inhalte der Erkenntnisse aus Hufelands Makrobiotik im biographischen und zeithistorischen Kontext vorzustellen. Dabei soll vor allem die Entwicklung der Gesundheitsvorstellungen im Wandel der Zeiten von der Antike bis Ende des 20. Jhds. umfassend dokumentiert werden. Anschließend werden Hufelands Verlängerungs- bzw. Verkürzungsmittel den Risikofaktoren- und Schutzfaktorengruppen zugeordnet. Die Gegenüberstellung der Überlegungen Hufelands mit Aaron Antonovskys Salutogenesemodell bildet den Abschluss der historischen Einordnung und inhaltlichen Rahmenbildung.

Im darauf folgenden zweiten Abschnitt des Hauptteils werden am Beispiel der Lebensverlängerungsmittel „Schlaf“ und „körperliche Bewegung“ Hufelands Vorstellungen aus heutiger wissenschaftlicher Perspektive im Spannungsfeld von Belastung und Erholung kritisch geprüft.

Unter welchen Einflüssen wissenschaftliche Erkenntnisse entstehen und entwickelt werden, soll unter Berücksichtigung des EbM-Modells praxisrelevanter klinischer Forschung grundlegend diskutiert werden.

Aus der Beurteilung der Erkenntnisse zum „Schlaf“ und zur „körperlichen Bewegung“ werden am Ende des zweiten Abschnitts des Hauptteils überwiegend individuell-praktische Gesundheitsförderungsempfehlungen abgeleitet. Diese Schlussfolgerungen bilden das anwendungsorientierte Ergebnis der vorherigen Auseinandersetzungen.

Mit „Schlaf“ und „körperlicher Bewegung“ werden zwei denkbar bedeutungsvolle Gesundheitsressourcen exemplarisch untersucht. Möglichkeiten einer im Sinne der Gesundheitsförderung vorstellbaren Umsetzung der Ergebnisse der Betrachtung von „Schlaf“ und „körperlicher Bewegung“ werden angedacht, können jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht vollständig diskutiert werden. Auch eine Untersuchung aller Lebensverlängerungs- und
-verkürzungsmittel Hufelands im Hinblick auf ihre evidenzbasierte Wertigkeit und gesundheitsfördernde Implementierungschancen ist an dieser Stelle nicht leistbar.

Dennoch beinhaltet die vorliegende Arbeit im Wesentlichen den Versuch, das Thema durch die im Theorieteil einbezogenen politischen, anthropologischen, psychologischen, wirtschaftlichen, philosophischen und medizinischen Hintergründe ganzheitlich zu bearbeiten.

Aus den Vorüberlegungen und Fragestellungen entwickelten sich folgende sechs Hypothesen, auf die im Verlauf der Arbeit eingegangen wird.

1. Hufeland kann als ein Wegbereiter der evidenzbasierten Medizin gelten.
2. Hufelands Makrobiotik spiegelt sich am sinnfälligsten im Modell der „Salutogenese“ wider.
3. Mäßigung ist ein Leitmotiv in der Medizingeschichte in Zusammenhang mit der Gesunderhaltung.
4. Körperliche Bewegung ist von jeher zentraler Bestandteil diätetischer Konzeptionen.
5. Die Rolle des Schlafes für die Gesundheit ist aus gesundheitsfördernder Sicht bislang unzureichend untersucht worden.
6. Schlaf und körperliche Bewegung bilden wichtige Voraussetzungen für den Erhalt und die Wiedererlangung von Gesundheit.

Die Entstehung und Auswahl der Hypothesen orientierten sich an der Systematisierung weiterführender Vorüberlegungen und den oben formulierten Kernfragen mit folgenden Assoziationen (siehe Pfaddiagramm Abb.1):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieses Pfaddiagramm stellt neben den Fragestellungen und Hypothesen eine Übersicht zentraler Elemente der vorliegenden Arbeit dar.

1.4 Gegenwärtige Bedeutung der Verlängerung aktiver Lebensjahre

Mit dem Thema „Über die Bedeutung der Lebensverlängerungs- und Verkürzungsmittel aus Christoph Wilhelm Hufelands „Makrobiotik“ für die gegenwärtige Gesundheitsförderung“ wird das in der Natur der Menschen tief verankerte Bedürfnis nach Gesundheit, Wohlbefinden, Lebensqualität und Langlebigkeit berührt. Hippokrates Worte „ars longa, vita brevis“[51] stehen einerseits exemplarisch für die Medizin als überdauernde Wissenschafts-, Kunst- und Könnensform in ihrer langen historischen Entwicklung und betonen andererseits den der Geburt innewohnenden Keim des Todes und das mit der Kürze des Lebens verbundene Bestreben der Menschen nach Lebensverlängerung und Gesunderhaltung.

Welche Maßnahmen sich für eine wirksame Gesundheitsförderung mit dem Ziel eines langen gesunden Lebens aus evidenzbasierter Sicht eignen, kann die Medizin allein jedoch nicht beantworten.

Binstock et al. empfiehlt bspw. für Anti-aging[52] -Forscher, insbesondere Biogerontologen, eine engere Zusammenarbeit mit der Medizin, den Sozial- und Verhaltenswissenschaften und der Anthropologie[53]. Die Hoffnung bisheriger vorwiegend biomedizinischer Anti-Aging-Bemühungen beruht überwiegend auf Ergebnissen einer mortalitätsorientierten Forschungsausrichtung, bspw. der Gen- oder Stammzellenforschung, sowie auf kalorischen Restriktionsversuchen (im Tierexperiment bei Mäusen, Ratten und Affen)[54]. Eine stärkere Betonung des Konzeptes der „aktiven Lebensjahre“ (active life expectancy) zur Beurteilung des Gesundheitszustandes von Bevölkerungen könnte den gesundheitspolitischen Vorrang der Ausrichtung an Vermeidung von Mortalität in Frage stellen[55].

Ganzheitliche Gesundheitsmodellvorstellungen unter Berücksichtigung sozial- und verhaltensbezogener Faktoren wie Handlungs- und Leistungsbeeinträchtigung[56] kämen einer auf „aktive Lebensjahre“ ausgerichteten Modellvorstellung näher. Solche Betrachtungsweisen würden bei der Formulierung von Gesundheitszielen und der Schwerpunktsetzung von gesundheitsbezogenen Forschungsaktivitäten nützlich sein. Eine zusätzlich auf „erfolgreiches Altern“ ausgerichtete Gesundheits- und Gesundheitssystemforschung könnte so die Qualität und Quantität der Lebenszeit im Ganzen und insbesondere der behinderungsfreien Lebenszeit erhöhen und viele von hoher Lebensqualität geprägten Jahre ermöglichen. Aus ethischer und theologischer Sicht ist jedoch eine unbedingte Anerkennung der Begrenztheit des Lebens und einer damit verbundenen Begrenztheit präventiver und therapeutischer Maßnahmen erforderlich[57].

Holistische Betrachtungen der für die Gesundheit und Langlebigkeit relevanten Faktoren mit dem Ziel einer möglichst multidisziplinär agierenden Gesundheitswissenschaft scheinen jedoch in Anbetracht einer zunehmenden Ausdifferenzierung der in den Gesundheitssektor involvierten hochspezialisierten Fachdisziplinen zunehmend problematischer zu werden[58].

Eine Rückbesinnung auf ganzheitliche aber personenzentrierte Betrachtungsversuche von Gesundheit unter Berücksichtigung unterschiedlicher Menschenbilder und Lebensziele im Sinne Hufelands wäre jedoch gerade angesichts einer zunehmenden Individualisierung und des Wandels traditioneller Sinngebungsstrukturen[59] (Tradition, Religion, Familiensinn, Einbindung in eine regionale Gemeinschaft) besonders wichtig.

Bei Jugendlichen, für die Unabhängigkeit wichtiger ist als traditionelle Werte (Leistung und Religion), konnten z.B. korrelierende Befunde nachgewiesen werden, die auf ein erhöhtes gesundheitliches Risikoverhalten hindeuten[60].

Dieser Werte- bzw. Sinngebungswandel kann schon im Kindes- und Jugendalter zu einer Zunahme psychischer und emotionaler Befindlichkeitsstörungen führen, die eine adäquate Entwicklung von Identität und Kohärenz in Bezug auf Selbst- und Weltbild erschweren[61].

Aufgrund der individuell verschiedenen Lebensziele und Wertehorizonte sollte die Gesundheitsförderung jedoch nicht zur sozialideologischen Normbildung staatlich vereinheitlicht und instrumentalisiert werden[62].

Inwiefern ein auf das Wohl der Menschen gerichtetes interdisziplinäres Agieren gesundheitsbestimmender wissenschaftlicher Disziplinen möglich sein wird, hängt auch von der Kooperationswilligkeit und -fähigkeit der mitwirkenden Akteure ab. Die anvisierte Kompetenz zur Zusammenarbeit setzt wiederum mindestens das Erkennen der Notwendigkeit einer auch auf das Verhalten gerichteten mehrdimensional orientierten Lebensstillehre unter Einbeziehung vieler Gewährleistungsträger (Verein, Schule, Familie, Gemeinde, private Anbieter, Kirche, Peergruppen) voraus.

In der Public-Health-Forschung, speziell der Sozial- und Jugendforschung, haben sich bspw. mehrdimensionale Lebenstilkonzepte entwickelt, die es ermöglichen, gesundheitsrelevante Verhaltensweisen makroanalytisch zu untersuchen. Diese Konzepte verbinden die drei Dimensionen: Verhalten, Orientierung und Ressourcen und legt deren wechselseitige Abhängigkeiten zugrunde[63]. Es berücksichtigt auch Diskrepanzen zwischen Kompetenz und Performanz, denn „das menschliches Verhalten folgt nicht einfach erworbenen kognitiven Strukturen, also ist nicht nur danach ausgerichtet, was ein Individuum an Erkenntnissen besitzt, sondern wird zu einem erheblichen Teil von Motivationen, Einstellungen und Gefühlen getragen.“[64]

In der Gesundheitspsychologie werden für Jugendliche so genannte Life-Skills-Programme empfohlen, die u.a. auf eine Förderung der Ressourcen Selbstsicherheit, Kontaktfähigkeit, allgemeine Problemlösungsfähigkeit sowie eine Stärkung des Selbstwerts abzielen[65].

Der Logik der Ottawa Charta 1986 folgend, zielt Gesundheitsförderung auch im Erwachsenenalter auf eine Ressourcen stärkende Vermittlung und die Ermöglichung von Selbstbewusstsein, Selbstwirksamkeit, Bildung, Einkommen, Information, Transparenz, Handlungswissen, Verhaltensspielräume, Einbindung in soziale Netzwerke und Erholung ab.

Auf diese Weise können psychische und physische Bewältigungsmöglichkeiten, Handlungsspielräume zur Überwindung gesundheitlich belastenden Verhaltens und gesundheitsrelevante Handlungskompetenzen erhöht werden[66]. Gesundheitsförderung ist demnach ein wesentlicher Aspekt moderner Gesundheitssicherung[67].

2 Theorieteil

2.1 Gesundheitswissenschaftliche Standortbestimmung

Gesundheitswissenschaftliche Entwicklungen zielten in Deutschland bisher insbesondere auf die öffentliche Gesundheitssicherung. Individuelle Maßnahmen des Gesundheitsschutzes sind dagegen vorwiegend den medizinischen Disziplinen vorbehalten geblieben[68].

Das häufigste Umsetzungsmodell institutioneller Repräsentanz der Gesundheitswissenschaften ist das Integrationsmodell[69]. Salutogenetische Betrachtungen sind in diesem Modell strukturell nachgeordnet. Dennoch wird darin eine „krankheits- und gesundheitswissenschaftliche Symbiose“[70] für denkbar erklärt. Demgegenüber steht das Souveränitätsmodell[71]. Zentrale Teildisziplinen der Gesundheitswissenschaften stehen in diesem Modell arbeitsteilig, gleichberechtigt und in einheitlicher Wissenschaftsorganisation zueinander. Im Falle geringer biomedizinischer Anbindung bleiben allerdings die Gesundheitswissenschaften in der Forschungsgemeinschaft unterrepräsentiert.

Die Hauptarbeitsfelder der Gesundheitswissenschaften umfassen die Gesundheitsforschung[72] und Gesundheitssystemforschung[73] mit dem Ziel, die Trennung zwischen biomedizinisch-klinischer Forschung und Verhaltens-, Sozial-, Organisations- und Versorgungsforschung zu überwinden, um personen-, bevölkerungs- und systembezogene Analysen von Gesundheits- und Krankheitsprozessen durchzuführen, sowie bedarfsgerechte Versorgungsstrukturen abzuleiten und zu evaluieren[74]. Begrifflich stehen die Gesundheitswissenschaften der Konzeption der Public Health[75] sehr nahe und werden gelegentlich irrtümlicherweise als Synonyme aufgefasst. Gesundheitswissenschaften sind richtigerweise dem international verwendeten Begriff „Health science“ zuzuordnen, der die Public Health als „Lehre zur politischen Lösung von Gesundheitsproblemen“[76] untergeordnet ist. (siehe Abb.2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine interdisziplinäre Zusammenführung der Sozial- und Verhaltenswissenschaften einerseits und der biomedizinischen Wissenschaften andererseits ist aus gesundheitswissenschaftlicher Sicht besonders vor dem Hintergrund zwingend, dass sozial- und verhaltenswissenschaftliche Disziplinen „extraordinary records of accomlishments in the understanding, treatment and prevention of disease“[77] besitzen. „Single-discipline researchs“ weisen hingegen konzeptionelle, methodologische und administrative Begrenztheiten für die Untersuchung gesundheitsrelevanter Effekte auf, da biologische sowie sozial- und verhaltensbezogene Prozesse Abhängigkeiten hervorrufen[78].

Die WHO als Weltdachverband für Gesundheit unter der neuen Führung von Dr. Lee Jong-Wook hat die weltgesundheitspolitische Landschaft und die Gesundheitssituation der Welt nachhaltig beeinflusst[79]. Mit dem angewachsenen Gesamtbudget (zwischen 2002 und 2006 von 2,27 Mrd. US$ auf 3,31 Mrd. US$[80] ) und mehreren gesundheitswissenschaftlichen Arbeitsschwerpunkten[81] ist eine weltweit zunehmende Gesundheitsstabilisation zu erwarten. Auch im europäischen Rahmen findet Gesundheitsforschung seit 1984 zunehmend Beachtung. Mit dem jüngst diskutierten 7. Rahmenprogramm für Forschungsförderung der EU wurde die Förderzeit für Gesundheitsforschung gegenüber dem 6. Rahmenprogramm von vier auf sieben Jahre erhöht und das Fördervolumen verdoppelt[82]. Gefördert werden keine Institutionen, sondern nur Konsortien unter Beteiligung mehrerer Mitgliedstaaten (mindestens drei). Gesundheitsforschung besitzt dabei über „the whole range of research actions“ oberste Priorität[83].

Generell lassen sich in den Gesundheitswissenschaften drei Kausalpfade unterscheiden[84]:

1) naturwissenschaftlich-somatische
2) sozio-psychosomatische
3) verhaltensbedingte.

Eine Verknüpfung der aus den verschiedenen Kausalpfaden gewonnenen Daten ist besonders im Hinblick auf die Vielfältigkeit der Einflussfaktoren von Gesundheit und Krankheit erforderlich.

Im Wesentlichen sind bislang Befunde zu Gesundheits- bzw. Krankheitsdeterminanten wie soziale Ungleichheit, Alter, Geschlecht, Stress, soziale Unterstützung, Lebensgewohnheiten, Sozialkapital, Persönlichkeit und neurowissenschaftliche Grundlagen gewonnen worden[85].

Im Profil bilden Gesundheitswissenschaften die Wissenschaften, die Gesundheit unter Berücksichtigung individueller und öffentlicher Faktoren beschreiben, erklären und gestalten[86].

2.1.1 Gesundheit als Thema im 21. Jahrhundert

„Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000“[87]

Dieses Leitmotiv wurde Anfang der achtziger Jahre zum Weltgesundheitstag für einen Realisierungszeitrahmen von 20 Jahren gefasst.

Gesundheit ist de facto das höchste Gut des Menschen, vor Familie und Liebe[88], und ein elementar menschliches Anliegen. Die Bewertung von Gesundheit ist allerdings bildungsabhängig. 50% der Volksschulabsolventen mit niedriger Bildung empfinden gegenüber 18% der Hochschulabsolventen mit hoher Bildung Gesundheit als Gebrauchswert, der einem nichtbeeinflussbaren Verschleiß unterliegt[89]. Generell liegen in bildungsschwächeren Schichten geringere Präventionsorientierung, Symptomaufmerksamkeit, Kontroll- und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen vor[90].

Trotz dieser bildungsbedingt schwankenden Beurteilung gilt Gesundheit für jedes Individuum als Kapital und unschätzbare Ressource.

Nach der Deklaration der WHO von Alma-Ata 1978 wurde Gesundheit sogar zu einem grundlegenden Menschenrecht erklärt[91]. In der Jakarta-Erklärung von 1997 wurde diese rechtliche Bestimmung nochmals festgeschrieben und darüber hinaus Entwicklungen und Möglichkeiten der Gesundheitsförderung im Kontext der Globalisierung betrachtet[92].

Gesundheit ist per se jedoch nicht direkt diagnostizierbar. Bei einem Gesundheitscheck oder einer Tauglichkeitsuntersuchung wird Gesundheit lediglich indirekt über den Ausschluss von Krankheiten bestimmt[93]. Die neue Gesundheitswissenschaft wendet sich mit Begriffen wie „Salutogenese“, „Gesundheitskassen“, „Gesundheitsdiagnostik“ und „Public Health“ allerdings zunehmend von dieser „pathogenetischen“ Betrachtungsweise ab. Mit lebensstilbezogenen Gesundheitsimperativen, wie intakte Sozialbeziehungen, körperliche Bewegung, Verzicht auf übermäßigen Alkohol- und Tabakkonsum sowie Ernährungskontrolle, wird angesichts einer wachsenden Zahl chronischer Erkrankungen in der präventiven Praxis geworben.

Während in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch die Hälfte der Menschen akuten Krankheiten, wie Infektionen zum Opfer fielen, waren in den Neunzigern schon mehr als drei Viertel der Todesfälle auf chronische Leiden zurückzuführen[94].

Auf dem 9. Kolloquium der medizinischen Psychologie in Paris wurde bereits im Jahre 1966 eine neue Richtung des medizinischen Denkens skizziert: „Es geht darum eine Veränderung der Alltagsgewohnheiten herbeizuführen, einen neuen Lebensstil zu schaffen, wenn wir es wagen würden, fast eine neue Moral […][95] “. Trotz dieser wertvollen 40 Jahre alten Erkenntnis mit hohem Aktualitätswert, lässt sich aus den Ergebnissen dieser Arbeit resümieren, dass eine gesundheitsfördernde Modifikation des Alltagsverhaltens und der alltäglichen Verhältnisse bislang nur unzureichend gelang.

Jeder Mensch hat seine individuelle, häufig untransparente und nur schwer beschreibbare Realität. Leben und Erleben werden subjektiv gedeutet, gewertet und gewichtet[96].

Der Hauptgrund für das Scheitern wirksamer Gesundheitserziehung liegt in der mangelnden Kenntnis von Motiven und Einstellungen des zu „erziehenden Publikums“[97]. Bevor Interventionsmodelle vorgestellt und umgesetzt werden können, muss zunächst Klarheit über die psychosoziale Motivlage des Klientels vorliegen. Eine große Diskrepanz hinsichtlich Gesunderhaltung liegt zwischen der Wertschätzung von Gesundheit und dem tatsächlichen Verhalten. Nur 6% der Bevölkerung bringt ihr Verhalten mit gesundheitsschädigenden Effekten in Verbindung[98] und dennoch ist ein Grund für verstärkt auftretende chronische Erkrankungen individuelles Mißverhalten. Einerseits besteht das Problem in Nicht- bzw. falschem Wissen und daraus resultierenden mangelnden Handlungsnormativen, andererseits existiert ein Missverhältnis zwischen Wissen und Handeln. Ein wirksames Gesundheitsbewusstsein umspannt demnach immer die Bereiche der Kompetenz und der Performanz gesundheitsrelevanten Verhaltens[99]. Denn das Ziel lebensverlängernder Maßnahmen liegt eben nicht nur in der schlichten Erhöhung der Lebensjahre, sondern im Zugewinn an Lebensjahren von hoher Lebensqualität ohne chronische Erkrankungen[100].

Folgender Status lässt sich zu Beginn des 21. Jahrhundert in Bezug auf die Gesundheitsförderung zusammenfassen:

1) Es gibt ausreichend epidemiologische Befunde über Zusammenhänge gesundheitsrelevanten Verhaltens.
2) Es gibt ausreichend Befunde über den subjektiv empfundenen Wert von Gesundheit.
3) Es gibt nur unzureichende Erhebungen zur psychosozialen Motivlage des gesundheitsgefährdenden Verhaltens des Klientels.
4) Die Notwendigkeit präventiver Maßnahmen ist politisch nur unzureichend anerkannt.
5) Die pathozentrierte Betrachtungsweise ist gegenüber einer die Gesundheit ins Zentrum rückende noch zu dominant.
6) Es gibt kaum Befunde zu individuellen Schutzfaktoren gegen die Krankheit.
7) Es gibt nur unzureichende Befunde über tatsächlich verfügbares gesundheitsrelevantes Wissen.
8) Es gibt nur unzureichende Befunde zur Sicherung überdauernder Verhaltensänderungen.
9) Es besteht nur eine unzureichende Vernetzung der gesundheitsrelevanten Institutionen.
10) Es besteht kein etabliertes pädagogisches Informationssystem zur Gesundheitsprävention in Kindergärten, Schulen und Vereinen.

Neben der Bedeutung von Gesundheit zur Sicherung individuell wertvoller Lebensqualität und volkswirtschaftlich wirksamen „Humankapitals“, stellen sich darüber hinaus Fragen zur ökonomischen Effizienz der infolge des medizinischen Fortschritts wachsenden Gesundheitskosten. Trotz steigender absoluter medizinischer Kosten, von 186,5 Mrd. Euro 1995 und 234 Mrd. Euro 2004[101], ist der prozentuale Anteil für die Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt nahezu gleich geblieben. Eine Polemisierung der öffentlichen Debatte bezüglich zunehmender Gesundheitsausgaben ist unter Berücksichtigung ausgabensteigernder Effekte des medizinischen Fortschritts[102] angesichts wachsender Produktivitätssteigerungen unnötig und kontraproduktiv.

Das eingangs zitierte Motto der Weltgesundheitstage 1981 ist in Anbetracht des Potenzials des erworbenen und noch zu erwerbenden Wissens keinesfalls utopisch, sondern sollte vielmehr als ein Leitmotiv der weltweit agierenden gesundheitsrelevanten Institutionen des 21. Jahrhunderts dienen.

In Anlehnung an das Motto der Weltgesundheitstage hat das WHO-Regionalbüro für Europa auf der Tagung vom 14.-18. September 1998 die in Kooperation mit 51 europäischen Mitgliedsstaaten entworfene neue Politik „Gesundheit für alle“ mit 21 definierten Zielen für das 21. Jahrhundert verabschiedet. Folgende Ziele sind dabei formuliert worden[103]:

Ziel 1: Solidarität für die Gesundheit in der Europäischen Region
Ziel 2: Gesundheitliche Chancengleichheit
Ziel 3: Ein gesunder Lebensanfang
Ziel 4: Gesundheit junger Menschen
Ziel 5: Altern in Gesundheit
Ziel 6: Verbesserung der psychischen Gesundheit

Ziel 7: Verringerung übertragbarer Krankheiten
Ziel 8: Verringerung nicht-übertragbarer Krankheiten
Ziel 9: Verringerung von Schäden aufgrund von Gewalteinwirkung und Unfällen
Ziel 10: Eine gesunde und sichere natürliche Umwelt
Ziel 11: Gesünder leben
Ziel 12: Verringerung der durch Alkohol, Drogen und Tabak verursachten Schäden
Ziel 13: Settings zur Förderung der Gesundheit
Ziel 14: Multisektorale Verantwortung für die Gesundheit
Ziel 15: Ein integrierter Gesundheitssektor

Ziel 16: Qualitätsbewusstes Management der Versorgung
Ziel 17: Finanzierung des Gesundheitswesens und Ressourcenzuweisung
Ziel 18: Qualifizierung von Fachkräften für gesundheitliche Aufgaben
Ziel 19: Forschung und Wissen zur Förderung der Gesundheit
Ziel 20: Mobilisierung von Partnern für gesundheitliche Belange
Ziel 21: Konzepte und Strategien zur „Gesundheit für alle“

Mindestens die Hälfte der Ziele[104] liessen sich durch eine ganzheitlich-multisektoral organisierte und realisierte Lebensstillehre verwirklichen. Diese wesentlichen Handlungsaspekte bzw. Ziele für eine wirksame Gesundheitsförderung leiten sich aus folgenden Bereichen ab[105]:

1) Gesundheit und Umwelt (gesundheitliche Effekte infolge von Umweltprozessen)
2) Sicherheitspolitische Situation (humanitäre Hilfe, postakute Zusammenarbeit)
3) Wirtschaftspolitische Veränderungen (Projektionen der Globalisierung auf Gesundheit, z.B. Handel gesundheitsschädlicher Produkte, Kontamination…)
4) Information, Wissen und Monitoring (schnelle Aufbereitung und Verbreitung von Wissen via Internet)

Nach Lalonde tangieren alle „Gesundheit 21“-Ziele nur vier auf die Gesundheit der Bevölkerung einwirkende Bereiche[106]:

1) die Biologie der Menschen
2) die Lebensweisen der Menschen [107]
3) die Umwelt der Menschen
4) die Gesundheitsversorgung der Menschen

In Deutschland steht eine politische Ausrichtung entsprechend definierter Gesundheitsziele noch am Anfang. Seit 1995 orientieren sich wenige Bundesländer (NRW: 1995, SA: 1997[108] ) gesundheitspolitisch verstärkt an den WHO-Zielen „Gesundheit 21“. Richtungsweisende gesundheitspolitische Entscheidungen sind nicht nur zum Wohle des Einzelnen und der Solidargemeinschaft zu treffen, sondern senken zudem direkte und indirekte volkswirtschaftliche Kosten. Eine Gesundheitsförderung, die über ein hohes Maß an Struktur-, Planungs-, Prozess- und Ergebnisqualität verfügt, wird sich durch Selbstverantwortlichkeit, Effizienz, Nachhaltigkeit, Interdisziplinarität, Kooperation, Bürgernähe, Partizipation und Kommunalisierung auszeichnen. Zu diesem Zweck sollte eine global denkende und lokal handelnde „Politik für Gesundheit“ entstehen, abseits von ökonomischen Interessengegensätzen, Konkurrenz um Einflusssphären, monopolistischen und politisch-ideologischen Differenzen[109].

2.1.2 Gesundheitsmodelle und -begriffe, gesundheitspolitische
Probleme und Potenziale

Für eine wissenschaftlich fundierte Erforschung der Einflussfaktoren auf die Gesundheit sind Modellvorstellungen notwendig[110]. In der Gesundheitswissenschaft haben sich 4 Modelle[111] mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung etabliert. Die inhaltlichen Kernpunkte der Modelle lassen sich nach Becker[112] in 9 Kriterien vergleichend gegenüberstellen (siehe Tab.1)

Tabelle 1: vergleichende Gegenüberstellung der 4 Hauptmodelle von Gesundheit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Welches Modell für eine effektiv wirksame Gesundheitsförderung den größten Bedeutungsgehalt besitzt, ist abschließend nicht zu klären. Es lassen sich jedoch verschiedene den jeweiligen Modellen zugrunde liegende Paradigmen oder Begriffsbestimmungen von Gesundheit erkennen: von Troschke sortierte 1978 zusammengetragene Gesundheitsdefinitionen nach mono- und interdisziplinären Aspekten[113], Anderson erkannte 1984 verschiedene Hauptdimensionen der Gesundheit[114] und Göckenjan schlug 1991 drei Kategorien von Gesundheit[115] vor (siehe Abb. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnisse über komplexe Wirkmechanismen und Zusammenhänge zur Sicherung der Gesundheit werden zunehmend in Modellvorstellungen eingebunden und im Sinne eines gesundheitsorientierten Gesundheitswesens nutzbar gemacht. Dennoch liegt der Erklärungsanteil speziell des Gesundheitswesens auf die Lebenserwartung aufgrund transsektoraler Einflussgrößen nach internationalen vergleichenden Studien nicht über 40%[116]. Mittels kooperativer interministerieller Beschlüsse könnte ein effizienteres Einwirken auf gesundheitssystemische Outcomes erzielt werden[117]. Dazu ist eine an klar formulierten Gesundheitszielen - ähnlich der „Gesundheit 21-Ziele“ - ausgerichtete Gesundheitspolitik erforderlich. Im Jahre 2000 konnte durch Wismar[118] und Geene/Luber[119] gezeigt werden, dass 16 nationale und regionale Gesundheitszielprogramme hinsichtlich ihrer politischen Strategien zur Definition und Implementierung der Gesundheitsziele die Akteure vor Ort nur unzureichend einbanden, sich die Ressourcen nicht den Zielen unterordneten sowie keine schlüssigen Anreizsysteme und Sanktionsmechanismen bestanden.

Mit gesundheitspolitisch anvisierten Zielsetzungen, wie der „[…] Verbesserung der gesundheitlichen Lage der Bevölkerung […], der Senkung der Erkrankungswahrscheinlichkeiten durch Minderung pathogener Belastungen und Förderung salutogener Ressourcen und der Gestaltung von Krankenversorgung und Rehabilitation“[120] treten dennoch Steuerungsprobleme in drei Zieldimensionen auf[121]:

a) Zugangsrationalität:

Sind Institutionen, Qualifikationen und Anreize so beschaffen, dass jeder Mensch zum richtigen Zeitpunkt in das richtige (Teil-)System gelangen kann?

b) System- und Versorgungsqualität:

Kontinuierliche, integrierte, individuelle und auf die soziale Lage abgestimmte Behandlung der Gesundheitsprobleme

c) Effizienz und Finanzierbarkeit:

Effiziente Leistungserbringung

Infolge dieser vielfältigen Systembedingungen existieren nach Waller in Deutschland folgende gesundheitspolitische Kernprobleme[122]:

1) geringer Stellenwert von Gesundheitsförderung gegenüber kurativer Versorgung

2) mangelnde Integration von ambulanter und stationärer Versorgung und öffentlicher Gesundheitsdienste

3) mangelnde Kooperation zwischen medizinischen und sozialen Diensten

4) mangelnde Integration von Dienstleistungen nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe

5) mangelnde Effizienz der Gesundheitsversorgung (doctorhopping, jährlicher Medikamentenmüll, Bürokratisierung)

6) Überversorgung und Übermedikalisierung einerseits und Fehlversorgung andererseits (psychiatrisch und psychosomatisch)

7) Leistungsabbau und Entsolidarisierung (infolge von Wettbewerb)

8) Geringer Stellenwert von Qualitätssicherung medizinischer Dienstleistungen.

Vor dem Hintergrund dieser Hauptprobleme wird deutlich, dass sich eine intakte Gesundheitsförderung auf Befunde einer multidisziplinär ausgerichteten evidenzbasierten Gesundheitswissenschaft stützen muss, welche die folgenden drei Aufgaben bewältigen sollte[123]:

A) Entwicklung eines theoriegestützten Rahmenmodells[124], das die Ebenen benennt, auf denen Effekte der Gesundheitsförderung[125] zu erwarten sind

B) Entwicklung eines Methodenrepertoires, mit denen die Effekte der Gesundheitsförderung erfasst werden können[126]

C) Systematische Auswertung der vorhandenen Studien[127]

Kickbusch hat schon im Jahr 1992 drei Projektphasen zur Umsetzung einer vor allem lokal wirkenden Gesundheitsförderung vorgeschlagen[128]. Der vorgestellte Projektleitfaden stützt sich auf die Idee eines „Gesunde-Städte-Programms“. Mittels Organisationsentwicklung und Projektmanagement könnte so ein „Entwicklungsprozess in und zwischen Organisationen“[129] entstehen. Kickbusch unterschied drei Phasen:

a) Startphase:

1. Projekt-Unterstützungsgruppe aufbauen
2. „Gesunde-Städte-Idee“ verstehen lernen
3. Städtische Verhältnisse kennen lernen
4. Finanzierungsquellen erschließen
5. Organisatorische Anbindung entscheiden
6. Projektantrag vorbereiten und Genehmigung einholen

b) Aufbauphase:

1. Gesunde-Städte-Ausschuss etablieren
2. Projektumfeld analysieren
3. Projektarbeit definieren und Büro einrichten
4. Langfristige Strategien entwickeln
5. Kapazitäten aufbauen
6. Rechenschaftspflichtigkeit sicherstellen

c) Aktionsphase:

1. Verbesserung des Gesundheitsbewusstseins
2. Förderung strategischer Planung
3. Multisektorales Handeln mobilisieren
4. Bürgerbeteiligung erweitern
5. Förderung von Erneuerungen
6. gesundheitsfördernde Gesamtpolitik sicherstellen

Aus den vorliegenden Befunden lässt sich eine offenbare Diskrepanz zwischen konzeptionellen und exekutiven Bestrebungen feststellen.

Der herkömmliche Gesundheitssektor ist einseitig biologisch-chemisch-technisch orientiert und braucht eine sozial-psychisch-behaviorale Erweiterung im Sinne der sieben Grundbedingungen für Gesundheit der WHO[130]. Diese Notwendigkeit lässt sich auch ökonomisch begründen:

Die Kosten des „entropischen Sektors“[131] der Gesellschaft nach Nefiodow belaufen sich auf ca. 10.000 Milliarden US-Dollar jährlich[132] und verlangen nach einer Wiederbelebung ganzheitlicher Medizinvorstellungen über die „Kunst einer gesunden Lebensführung“.

Auf diese Weise könnte ein „neuer Gesundheitssektor“ entstehen der neben einer erfolgreichen Gesundheitsförderung auch eine ökonomische Wachstumsreserve bietet[133].

Wie kann aber ein „weicher“ bio-psycho-sozial-behavioraler Faktor für Wachstum und Beschäftigung sorgen?

Um Produktivitätsfortschritte, als wichtigster Faktor des Wirtschaftwachstums neben Arbeit und Kapital, schaffen zu können, ist eine neue Kompetenz im Umgang mit allen Produktivitätsfaktoren (Ausrüstung, Infrastruktur, Management, Forschung, Entwicklung, Ausbildung, Organisation, Motivation, politische Rahmenbedingungen) nötig. In allen bisherigen 5 langzyklischen makroökonomischen „Kondratieffs“[134] spielten eben diese Kompetenzentwicklungen eine entscheidende Rolle für die konjunkturelle Entfaltung[135]. Weiche Faktoren wie Zusammenarbeit, Kreativität, Verantwortungsbewusstsein werden zukünftig Unternehmen und Volkswirtschaften hinsichtlich ihrer Produktivität unterscheiden, und genau diese Aspekte sind psycho-soziale Qualitäten.

In Westeuropa bestehen gute Voraussetzungen für ein 6. Kondratieff, der große Impulse aus dem Gesundheitssektor erhält: hoher Stand der Medizin- und Umwelttechnik, ausgebaute Gesundheitsinfrastruktur, hohe Nachfrage nach ökologischen Produkten und eine bereits hohe Sensibilität für Gesundheit im ganzheitlichen Sinne.

Ein Netz neuer Produkte, Verfahren, Dienstleistungen und Technologien könnte synergetisch aus Information, Umwelt, Biotechnik und Medizin entstehen und den neuen Langzyklus tragen[136].

In einer Informationsgesellschaft stellt die „Ressource Mensch“ den Hauptproduktivitätsfaktor dar. Schlüsselqualifikationen wie Kooperationsfähigkeit und soziale Kompetenz sind Basisfähigkeiten, um kreative und produktive Potenziale einer Gesellschaft zu mobilisieren. Jedoch nur unter der Vorraussetzung einer stabilen körperlichen und psychosozialen Gesundheit[137].

Allerdings bleiben die Allokation der Mittel, politische Rahmenbedingungen, gesundheitsfördernde Kommunalstrukturen, Finanzierungsfragen (solidarisch oder eigenverantwortlich), Wirtschaftinteressen und ein medizinisches Leistungssystem der Apparate und Rezepte weiter diskussionswürdig.

Eine effiziente und nachhaltig wirksame ganzheitlich ausgerichtete Medizin braucht folglich einerseits eine bio-psycho-sozial-behaviorale Erweiterung gesundheitsfördernder und krankheitsheilender Interventionen, andererseits aber auch ein „anleitendes“ System, das die Möglichkeit individueller Rücksichtsichtnahme auf Lebenssinn- und -zielfragen ermöglicht[138].

Integrale Anthropologien, die biologische, medizinische, psychologische, kulturelle und religiöse Ansätze sinnvoll verbinden, wie die von Gadamar und Voglerim Jahre 1974 vorgestellte[139], versuchen diesen multifaktoriellen Bedingungen von Gesundheit gerecht zu werden, finden jedoch gesundheitspolitisch noch zu wenig Beachtung.

2.1.3 Relevante Gesundheitsressourcen für die Gesundheitsförderung

Über die Bedeutung von Risikofaktoren bzw. -verhalten ist mit umfangreichen Längsschnittstudien überwiegend (MRFIT, Framingham Heart Study, Chicago Heart Association Detection Project) Konsens geschaffen worden[140].

Die Mängel dieser Untersuchungen bestehen allerdings in der primär individuellen Betrachtung des Risikoverhaltens, wie bspw. Tabakkonsum, Ernährung und Alkoholgenuss[141].

Unzureichende Erkenntnisse existieren hingegen im Bereich der sozialen Regulation des Risikoverhaltes. Unter welchen Bedingungen Risikogruppen entstehen, sich zugrunde liegende soziale Faktoren äußern und wie soziale Determinanten für Krankheiten erfasst werden können, wurde bisher nicht geklärt.

Bereits im Jahre 1994 fragte Krieger nach dem „web of causation“ der Risikofaktoren, Link und Phelan verlangten 1995 eine Schwerpunktverlagerung hin zur Betonung sozialer Ursachen von Krankheiten, McKinley forderte 1995 eine „new public health“ mit Verhaltensänderungen in breiteren sozialen Kontexten, Ben-Shlomo & Kuh (2002) und Davey & Smith (2003) beanspruchten eine „life-course epidemiology“, um Einflüsse sozialer Gradienten besser verstehen zu können, und Beaglehole & Bonita konstatierten 2004 eine Isolation sozialwissenschaftlicher Theorien und Methoden in der epidemiologischen Forschung.

[...]


[1] C.W. Hufeland (1995): Die Kunst das Menschliche Leben zu verlängern, Insel Verlag, Frankfurt am M., S.81.

[2] W. Hollmann, H.K. Strüder, J. Diehl (2006): Körperliche Aktivität und Gesundheit. Der Mann, 3, S.11.

[3] W.L. Haskell (2000): Sport, exercise, and health. Toward the next century. Der Orthopäde, 29, S.930f.

[4] Institut für Arbeit und Wissenschaft der Universität Bremen: abgerufen am 9.3.07 unter http://www.iaw.uni-bremen.de/ergo-time/seiten/pageskap1/5blanges_sitzen.htm.

[5] Summe aus akutem und rezidivierendem Myocardinfarkt sowie ischämischer Herzkrankheit, Zahlen für 2002, Statistisches Jahrbuch 2004 für die Bundesrepublik Deutschland, S.234.

[6] R. Apitz, F.S. Winter (2004): Potenziale und Ansätze der Prävention, Internist, 45, S.140.

[7] Diese Zunahme hängt jedoch auch mit der anwachsenden gesellschaftlichen Überalterung zusammen (Anm. des Autors), H. Wahl (2006): Wo bitte bleibt die Prävention in der großen Strukturveränderung?, Diabetologe, 3, S.284.

[8] Positionspapier des Nationalen Aktionsforums Diabetes mellitus (2005): abgerufen am 10.4. um 10:45 Uhr unter:http://www.forumpraevention.org/forum-praevention_1234/images//downloads/
Download_20Diabetes_20Positionspapier.pdf.

[9] H. King, R.E. Aubert, W.H. Herman (1998): Global burden of diabetes, 1995-2025. Diabetes Care, 21, S.1414- 1431.

[10] H. Hauner, I. Köster, L. von Ferber (2003): Prävalenz des Diabetes Mellitus in Deutschland 1998-2001, Dtsch Med Wochenschr, 128, S.2633.

[11] Kölner Deklaration (1994): Gesundheit und körperliche Aktivität – Erklärung von Weltgesundheitsorganisa-
tion und Weltsportärzteverband in Köln, Dtsch Z Sportmed 45, S.170.

[12] Ebd.

[13] I.M. Lee, C.C. Hsieh and R.S. Paffenbarger Jr. (1995): Exercise intensity and longevity in men The Harvard Alumni Health Study, JAMA 273, S.1179-1184.

[14] Nach chronisch ischämischer Herzkrankheit zweithäufigste Todesursache 2005 in Deutschland, Statistisches Bundesamt Deutschland, abgerufen am 14.4.2007 unter: http://www.destatis.de/basis/d/gesu/gesutab20.php.

[15] vgl. I.M. Lee, C.C. Hsieh and R.S. Paffenbarger Jr. (1995): Exercise intensity and longevity in men The Harvard Alumni Health Study, JAMA 273, S.1179-1184.

[16] Harvard Absolventen entwickeln im Lebensgang einen vergleichsweise hohen sozioökonomischen Status.

[17] R.R. Pate (1995): Pate RR, Pratt M, Blair SN et al. (1995) Physical activity and public health: a recommendation from the Centers for Disease Control and prevention and the American College of Sports Medicine. J Am Medical Association 273, S.402.

[18] B.W. Martin, M. Lamprecht, R. Calmonte, P.A. Raeber, B. Marti (2000): Körperliche Aktivität in der Schwei- zer Bevölkerung. Niveau und Zusammenhänge mit der Gesundheit. Gemeinsame wissenschaftliche Stellungnahme von Bundesamt für Sport (BASPO), Bundesamt für Gesundheit (BAG), Bundesamt für Statistik (BFS) und Netzwerk Gesundheit und Bewegung Schweiz, Zeitschrift für Sportmedizin und Sporttraumatologie, 48, 2, S.87-88.

[19] I.M. Lee, H.D. Sasso, R.S. Paffenbarger, jr. (2000): Physical activity and coronary heart disease in men. Does the duration of exercice episodes predict risk?, Circulation, 102, S.981.

[20] F.C. Bull, S. Ham, A. Neiman (2002): Global estimates of physical inactivity, Medicine & Science in Sports & Exercise, 34, 5, S.216.

[21] Hier ist besonders die Zunahme der Lebensqualität, Wohlbefinden, aktiven Lebensjahre und sozialer Vernetzung zu betonen.

[22] Entspricht 2,4% aller Krankenkosten in 1995: A.G. Colditz (1999): Economic costs of obesity and physical inactivity, Medicine & Science in Sports & Exercise, 31, 11, S.663.

[23] A. Smala, I. Beeler, T.D. Szucs (2001): Die Kosten der körperlichen Inaktivität in der Schweiz. S.9, abgerufen am 10.3.2007, unter: http://www.hepa.ch/gf/reports/Bericht_Volkswirtschaft.pdf.

[24] B.W. Martin, I. Beeler, T. Szucs, A.M. Smala, O. Brügger, C. Casparis, R. Allenbach, P.A. Raeber, B. Marti (2001): Volkswirtschaftlicher Nutzen der Gesundheitseffekte der körperlichen Aktivität: erste Schätzungen für die Schweiz. Gemeinsame wissenschaftliche Stellungnahme von Bundesamt für Sport BASPO, Bundesamt für Gesundheit BAG, Schweizerischer Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu, Schweizerischer Unfallversicherungsanstalt SUVA, Abteilung für medizinische Ökonomie des Instituts für Sozial- und Präventivmedizin und des Universitätsspitals Zürich sowie Netzwerk Gesundheit und Bewegung, Zeitschrift für Sportmed Sporttraumatol, 49, 2, S.84-86.

[25] Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 6. Juli 2004, abgerufen am 10.3.2007, unter: http://www.destatis.de/presse/deutsch/pk/2004/krankheitskosten_2002i.pdf.

[26] Die Prokopfkosten der Frauen betrugen 3160 € und die der Männer 2240 €, Kinder unter 15 Jahren beanspruchen 1000 € und Personen mit 85 oder mehr Jahren 12430 €, vgl.: Ebd.

[27] Dieser allegorische Vergleich von Computerspielen, Bildschirm- und Sitzzeiten mit Krankheiten ist besonders in gesundheitsbezogenen Vorträgen oder gelegentlich in den Medien zu finden.

[28] Besonders deutlich sind die Unterschiede in der Laufausdauer und in der Beweglichkeit, weniger deutlich bei Aktionsschnelligkeit und Schnellkraft und keine Unterschiede zeigen sich bei den Situps, die als Indikator für die Kraftausdauer herangezogen wurden. Bei Körpergröße und Körpergewicht zeigen sich Trends zu einer früheren Akzeleration, zunehmendes Übergewicht (höherer BMI) bestätigt sich nicht. Siehe dazu:

K. Bös (2003): Motorische Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen, in: W. Schmidt et al. (Hrsg.): Erster deutscher Kindes- und Jugendsportbericht, Verlag Karl Hoffmann, Schorndorf, S.17.

[29] U. Walter, S. Kramer, M. Röbl (2005): Körperliche (In)aktivität in Kindheit und Jugend, Deutsche Medizinische Wochenschrift, 130, 50, S.2876.

[30] A. Langness, M. Richter, K. Hurrelmann (2005): Gesundheitsverhalten im Jugendalter. Ergebnisse der internationalen „Health Behaviour in School-aged Children“-Studie, Gesundheitswesen, 67, 6, S.426.

[31] S. Chinn, R.J. Rona (2001): Prevalence and trends in overweight and obesity in three cross sectional studies of British children, 1974–1994, British Medical Journal, 322, S.24-26.

[32] D. Delekat, A. Kis (2001): Gesundheitsberichterstattung Berlin – Zur gesundheitlichen Lage von Kindern in Berlin, Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen, S.51-66.

[33] C. Roth, M. Lakomek, H. Müller, K.J. Harz (2002): Adipositas im Kindesalter, Ursachen und Therapiemöglichkeiten, Monatsschr Kinderheilkd, 150, S.329.

[34] G. Csabi, K. Torok, S. Jeges, D. Molnar (2000): Presence of metabolic cardiovascular syndrome in obese children, Eur J Pediatr, 159, S.91-94.

[35] Nur etwa die Hälfte der Deutschen haben einen BMI unter 25 kg/m2, siehe: C. Graf, B. Koch, S. Dordel, S. Coburger, H. Christ, W. Lehmacher, P. Platen, B. Bjarnason-Wehrens, W. Tokarski, H.G. Predel (2003): Prävention von Adipositas durch körperliche Aktivität – eine familiäre Aufgabe, Deutsches Ärzteblatt, 100, 47, S.3112.

[36] Dem Bundesamt für Statistik zufolge liegen die akkumulierten Prokopf-Kosten im Jahre 2004 für Erkrankungen des Kreislaufsystems bei 430 €, die des Muskel-Skelettsystems bei 300 € und die von Endokrine- / Ernährungs- und Stoffwechselerkrankungen bei 140 €, zusammengenommen also bei nahezu 900 €, abgerufen am 14.4.2007 unter: http://www.destatis.de/basis/d/gesu/gesutab23.php.

[37] World Health Organisation (2000): WHO Technical Report. Obesity: preventing and managing the global epidemic, WHO Report of a WHO Consulting 2000, S.894.

[38] H. Franke (1985): Auf den Spuren der Langlebigkeit, Schattauer Verlag, Stuttgart/New York. S.15

[39] Ebd.

[40] Ebd.

[41] Ebd.

[42] Vgl. FN 49.

[43] C.W. Hufeland (1995): S.20.

[44] H. Franke (1985): S.16.

[45] F. Lindner/ G. Hufeland (2004): Christoph Wilhelm Hufeland. Sein „höchster Glanzpunkt“, in: C. Fleck / V.Hesse/ G. Wagner (Hrsg): Wegbereiter der modernen Medizin. Jenaer Mediziner aus drei Jahrhunderten: Von Loder und Hufeland zu Rössle und Brednow, Verlag Dr. Bussert & Stadeler, Jena/ Quedlinburg.

[46] Ebd.

[47] C. W. Hufeland (1797): Die Kunst das menschliche Leben zu verlängern, Akademische Buchhandlung, Jena.

[48] K. Pfeifer (2000): Medizin der Goethezeit. Christoph Wilhelm Hufeland und die Heilkunst des 18. Jahrhunderts, Böhlau Verlag, Köln, Weimar, Wien.

[49] F. Lindner/ G. Hufeland (2004). S.40.

[50] G. Reitz (2000): Ärzte zur Goethezeit, Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar.

[51] zitiert in: W. Schlicht, H.-H. Dickhuth (1999): Gesundheit für alle. Fiktion oder Realität?, Schattauer Verlag, Stuttgart, S.16.

[52] Der Begriff Anti-Aging birgt einen Fehlschluss im Verständnis von Alterungsprozessen. Eine mit steigendem Alter zunehmende Involution psychischer und physischer Funktionsreserven lässt sich prinzipiell nämlich nicht verhindern. Eine Frage aller wissenschaftlichen Teildisziplinen der Alterungsforschung kann lediglich sein, welchen Verlauf die Involution in Abhängigkeit welcher Faktoren nimmt.

[53] R.H. Binstock (2004): Anti-Aging Medicine and Research. A realm of conflict and profound Societal Implica- tions, Journal of Gerontology, 59, 6, S.531.

[54] V.L. Asiminov (2001): Lifespan extension and cancer risk. Myths and Reality, Experimental Gerontology, S.17.

[55] L. Pientka (2001): Erkenntnisse zur Verlängerung behinderungsfreier Lebenszeit, Z Gerontol Geriat, 34, S.40.

[56] T. Klein, R. Unger (2002): Aktive Lebenserwartung in Deutschland und in den USA. Kohortenbezogene Analysen auf Basis des Sozio-ökonomischen Panel und der Panel Study, Z Gerontol Geriat, 35, S.537.

[57] J. Schuster (2001): Grenzfragen der Lebenserhaltung – Lebensverlängerung. Moraltheologischer Standpunkt,

Zentralblatt für Chirurgie, 126, S.716.

[58] T. von Uexküll, zitiert in: W. Greive (1995): Neurowissenschaften und ganzheitlich orientierte Medizin,
Evangelisch Akademische Loccum. Reburg-Loccum, S.10.

[59] K. Hurrelmann, U. Laaser, O. Razum (Hrsg.): Handbuch Gesundheitswissenschaften, Juventa Verlag, Weinheim, München, S.153.

[60] M. Pinquard, R.K. Silbereisen (2002): Gesundheitsverhalten im Kindes und Jugendalter. Bundesgesundheitsbl

– Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz, 45, S.876.

[61] H. Wydler et al. (2002): Salutogenese und Kohärenzgefühl, Juventa Verlag, Weinheim, S.13f.

[62] W. Schoene (1964): Zur sozialen Funktion und zur soziologischen Problematik des „Gesundheitsideals“, in:

Soziale Welt, 14, S. 109ff.

[63] H. Hackauf (2002): Gesundheit und Lebensstile Jugendlicher, Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch –

Gesundheitsschutz, 45, S. 880.

[64] R. Erben (1983): Auf dem Wege zur konkreten Utopie. Entwicklung und Perspektiven der Gesundheitserziehung in Europa, Phil.-Diss., Berlin.

[65] A. Reese, R.K. Silbereisen (2001): Allgemeine versus spezifische Prävention jugendlichen Risikoverhaltens,

in: T. Freund, W. Lindner (Hrsg.): Prävention. Zur kritischen Bewertung von Präventionsansätzen in der

Jugendarbeit, Verlag Leske & Budrich, Opladen, S. 139f.

[66] R. Rosenbrock (2004): Prävention und Gesundheitsförderung. Gesundheitswissenschaftliche Grundlagen für

die Politik, Gesundheitswesen, 66, S.147.

[67] Ebd.

[68] A. Labisch, W. Woelk (2006): Geschichte der Gesundheitswissenschaften, in: K. Hurrelmann, U. Laaser, O. Razum (Hrsg.): Handbuch Gesundheitswissenschaften, Juventa Verlag, Weinheim, München, S.49f.

[69] Eingliederung der Gesundheitswissenschaften in medizinische Fakultäten: Dieses Modell ist bspw. an den Universitäten, Düsseldorf, Dresden, Hannover und München in Anwendung.

[70] K. Hurrelmann, U. Laaser, O. Razum (2006): Entwicklungen und Perspektiven der Gesundheitswissenschaften in Deutschland, in: K. Hurrelmann, U. Laaser, O. Razum (Hrsg.): Handbuch Gesundheitswissenschaften, Juventa Verlag, Weinheim, München, S.30f.

[71] Dieses Modell ist z.B. in Bielefeld und Bremen vorzufinden. Der Fächerkanon orientiert sich dort stark an dem amerikanischen Public Health Modell.; vgl. dazu: U. Laaser, P. Wolters (1989): das Gesundheitswissenschaftliche Graduiertenstudium an der Universität Bielefeld im Rahmen vergleichbarer Bestrebungen, Humanities, Social science and Law and Medicine, 84, S.223.

[72] Analyse der körperlichen, seelischen und sozialen Bedingungen und Kontexte der Gesundheits- und Krankheitsbalance und Feststellung des Gesundheits- / Krankheitsstatus der Bevölkerung mit Ableitung des Versorgungsbedarfs, vgl. dazu: K. Hurrelmann, U. Laaser, O. Razum (Hrsg.): Handbuch Gesundheitswissenschaften, Juventa Verlag, Weinheim, München, S.36.

[73] Analyse der Versorgungsbereiche: Gesundheitsförderung, Prävention, Kuration und Pflege und deren inhaltliche Verzahnung sowie Ableitung von Modellen der Steuerung und Finanzierung des Versorgungssystems und Beratung der Gesundheitspolitik, vgl.: Ebd.

[74] K. Hurrelmann, U. Laaser, O. Razum (2006): S.28.

[75] Die Public-Health-Definition ist auf den angelsächsichen Raum zurückzuführen und im „Oxford Textbook Public Health“ von Detels und Breslow festgeschrieben: „Public Health is the process of mobilizing and engaging local, state, national and international resources to assure the conditions in which people can be healthy“, zitiert in: ebd.: S.26.

[76] Ebd.

[77] N.B. Anderson (1998): Levels of Analysis in Health Science: A Framework for Integrating Sociobehavioral and Biomedical Research, in: Annals of the New York Academy of science, 840, S.564

[78] Ebd.

[79] L.M. Dafa (2005): Die Weltgesundheitsorganisation – Stärken und Schwächen ihrer Aufgabenwahrnehmung –Entwicklungsperspektiven. Abschlussarbeit eines Graduiertenstudiums an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer.

[80] inklusive Sonderprogramme, vgl. dazu: H.J. Diesfeld, A. Jahn (2006), in: K. Hurrelmann et al. (2006): S.1215.

[81] proposed programme budget 2004-2005: 27 Areas of work: 7: Health promotion, 9: Mental Health and substance abuse, 10: Child and adoleszent health, 11: Research and programme in reproductive health, 13: women’s health, 17: Health and Environment, 23: Evidence for health policy, Health information management, 27: Resource mobilisation, aufgeführt in: Ebd.

[82] H.J. Diesfeld, A. Jahn (2006), in: Hurrelmann et al. (Hrsg.): S.1227.

[83] siehe Atikel 2, Abs. 2, in: Decision of the European Parliament and the Council concerning the 7th framework programme of the European Community for research, technological development and demonstration activities (2007-2013), S.10, abgerufen unter: http://cordis.europa.eu/fp7/faq.htm#3, am 22.11.06, 15:15 Uhr.

[84] B. Badura, O. Iseringhausen, P. Strodtholz (2006): Soziologische Grundlagen in den Gesundheitswissenschaften, in: K. Hurrelmann et al. (2006): S.192.

[85] Ebd., S.192ff.

[86] A. Labisch, W. Woelk (2006): Geschichte der Gesundheitswissenschaften, in: Hurrelmann et al. (2006): S.79.

[87] Motto des Weltgesundheitstages 1981, zitiert in: B. Geue (1990): Therapieziel Gesundheit, Springer Verlag, Berlin, S.4.

[88] Statistisches Bundesamt 2002.

[89] M. Buchmann (1985): Krankheitsverhalten. Die Bedeutung von Alltagsvorstellungen über Gesundheit und Krankheit, in: Schriftenreihe der Schweizerischen Gesellschaft für Gesundheit und Politik, S.71-9.

[90] Ebd., S.75.

[91] M. Bischof (2000): „Für eine bürgerschaftliche Gesundheitsbewegung und eine neue Gesundheitskultur“, in: Gesundheitsakademie (Hrsg.): Salutive. Beiträge zur Gesundheitsförderung und zum Gesundheitstag 2000, Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main, S.191.

[92] Jakarta-Erklärung (1997): abgerufen am 16.4.07 unter: http://www.dngfk.de/files/19/1997_Jakarta-Erklaerung.pdf, mit folgenden Prioritäten für die Gesundheitsförderung im 21. Jhd.: 1) Förderung sozialer Verantwortung für Gesundheit, 2) Ausbau der Investitionen in die Gesundheitsentwicklung, 3) Festigung / Ausbau von Partnerschaften für Gesundheit, 4) Stärkung gesundheitsfördernder Potenziale von Gemeinschaften und Handlungskompetenzen der Einzelnen und 5) Sicherstellung einer Infrastruktur für die Gesundheitsförderung.

[93] W. Schlicht (1999): S.36.

[94] B. Geue (1990): S.6.

[95] H. Ernst (1992): Gesundheit ist, was Spaß macht, Kreuz Verlag, Stuttgart, S.14.

[96] B.Geue (1990): S.23.

[97] Ebd., S.19.

[98] B. Geue (1990): S.13.

[99] C. Pohle (1988): Gesundheitsbewusstsein. Theoretische und empirische Analysen zur subjektiven Repräsentation von Gesundheit, Diplomarbeit an der Fakultät für Psychologie der Ruhr Universität Bochum.

[100] „Nicht dem Leben Jahre, sondern den Jahren Leben zu geben“, WHO Slogan, zitiert in: J. v. Troschke (2003): Die Rolle des Arztes in unserer Gesellschaft, Deutsche Med. Wochenschrift, 128, S.2608-2611.

[101] Bundesamt für Statistik, abgerufen am 14.4.07 unter: http://www.destatis.de/themen/d/thm_gesundheit.php.

[102] T. Kopetsch (2000): Der medizinsche Fortschritt und Grenzen der Finanzierbarkeit, List-Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik, 26, S.33-50.

[103] übersetzt von M. Rieländer (2003): abgerufen am 12.11.2006, unter:

http://www.gesundheit-psychologie.de/gfa21/ges21.htm.

[104] Kursiv markierte Ziele stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit Hufelands Ideen bzw. der Intention der vorliegenden Arbeit.

[105] Hurrelmann et. al (2006): S.55.

[106] H. Waller (2002): Gesundheitswissenschaft. Eine Einführung in Grundlagen und Praxis von Public Health, Kohlhammer, Stuttgart, S.126f.

[107] hier spiegeln sich besonders die Vorstellungen Hufelands wider.

[108] ebd.: S.127.

[109] Ebd.: S.132.

[110] P. Becker (2001): Modelle der Gesundheit. Ansätze der Gesundheitsförderung, in: S. Höfling, O. Gieseke (Hrsg.): Gesundheitsoffensive Prävention. Gesundheitsförderung und Prävention als unverzichtbare Bausteine effizienter Gesundheitspolitik, Atwerb-Verlag, München, S.41.

[111] Trotz ihrer geringeren Resonanz sind noch zwei weitere Modelle zu erwähnen: das Sozialisationstheoretische Gesundheitsmodell von Hurrelmann (ähnlich dem ARM, SGM) und das Madala-Modell von Hancock (wenig elaboriert, bindet aber stärker Ansatzpunkte der Gesundheitsförderung und -politik ein), vgl dazu: H. Waller (2002): S.29-32.

[112] P.Becker (2001): S.41.

[113] J. von Troschke (1978): Gesundheit ist lernbar, Roccom Verlag, Basel.

[114] R. Anderson (1984): Gesundheitsförderung. Ein Überblick, Europäische Monographien zur Forschung in

Gesunderziehung, S. 63f.

[115] G. Göckenjan (1991): Stichwort: Gesundheit, in: H.-J. Deppe (Hrsg.): Öffentliche Gesundheit, Suhrkamp

Verlag, Frankfurt, S.15f.

[116] Zitiert in: H. Waller (2002): Gesundheitswissenschaft. Eine Einführung in Grundlagen und Praxis von Public

Health, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, S.125.

[117] Ebd.

[118] M. Wismar (2000): Gesundheitsziele für Deutschland und Niedersachsen. Impulse, Newsletter zur

Gesundheitsförderung, 23, S.2.

[119] R. Geene, E. Luber (2000): Gesundheitsziele. Planung in der Gesundheitspolitik, Mabuse Verlag, Frankfurt.

[120] I. M. Rosenbrock (1998): Gesundheitspolitik, in: Hurrelmann, K. u. U. Laaser (Hrsg.): Handbuch Gesundheitswissenschaften, Juventa Verlag, Weinheim, S.707.

[121] Ebd.: S.733.

[122] H. Waller (2004): S.129.

[123] Ebd.: S.159f.

[124] A. Trojan (2001): Qualitätsentwicklung in der Gesundheitsförderung. Qualitätsmanagement in Gesundheitsförderung und Prävention. Grundsätze, Methoden und Anforderung, in: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln, S.51-72.

[125] B. Ruckstuhl, T. Abel (2001): Ein Modell zur Typisierung von Ergebnissen der Gesundheitsförderung, Prävention, 2, S.35-38 .

[126] D.V. McQueen (2000): Strengthening the evidence base for health promotion, Health Promotion International, 16, S.261-268.

WHO European Working Group on Health Promotion Evaluation (2001): Evaluation in health. Principles and Perspectives, WHO Regional Publications. European Series, Kopenhagen, S.92

[127] International Union for Health Promotion and Education (2002): The evidence of promotion effectiveness. Shaping public health in a new Europe, Brüssel.

[128] I. Kickbusch (1993): Aktionsmöglichkeiten der Gesundheitsförderung, in: A. Trojan, B. Stumm (Hrsg.): Gesundheit fördern statt kontrollieren, Fischer Verlag, Frankfurt, S.96f.

[129] J. Pelikan (1993): Gesundheitsförderung durch Organisationsentwicklung. Konzepte, Stretegien und Projekte für Betriebe, Krankenhäuser und Schulen, Juventa Verlag, Weinheim.

[130] Die sieben Grundbedingungen der Gesundheit nach der WHO: stabiles Selbstwertgefühl, positives Verhältnis zum eigenen Körper, Freundschaft und soziale Beziehungen, intakte Umwelt, sinnvolle Arbeit und gesunde Arbeitsbedingungen, Gesundheitswissen und Zugang zur Gesundheitsversorgung, lebenswerte Gegenwart und die begründete Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft, in: S. Höfling, O. Gieseke (2001): S.24.

[131] Entropie gilt in der Physik als ein Maß für die zunehmende Unordnung eines Systems. Nefiodow greift diesen Begriff auf, um gesellschaftlich schwer beschreibbare Bereiche in ihren Kostenfaktoren zu beschreiben. In: A.L. Nefiodow (1999): Der sechste Kondratieff. Wege zur Produktivität und Vollbeschäftigung im Zeitalter der Information, Rhein-Sieg Verlag, Sankt Augustin.

[132] S. Höfling, O. Gieseke (Hrsg.): S.22.

[133] Ebd. S.28.

[134] Unter „Kondratieffs“ versteht man lang dauernde Wirtschaftszyklen von 40 bis 60 Jahre. Sie gehen auf den russischen Wissenschaftler N.D. Kondratieff (1892-1938) zurück, der diese Zyklen erkannte. Das SPRU an der University of Sussex in GB erforschte unter Prof. Freeman diese Zyklen. Am IIASA in Laxenburg (Österreich) wurde eine neue Methode zum Nachweis der Kondratieffzyklen gefunden. Die Zyklen werden auch in Deutschland für Prognosezwecke genutzt.

[135] L. A. Nefiodow (2001), in: S. Höfling, O. Gieseke (Hrsg.): S.28.

[136] L. A. Nefiodow (2001), in: S. Höfling, O. Gieseke (Hrsg.): S.30.

[137] Dass der Gesundheitssektor einen Beschäftigungsschwerpunkt bildet, zeigte sich an der Zuwachsrate der Erwerbstätigen im Gesundheitssystem. Zwischen 1983 und 1993 stieg die Zahl der Beschäftigten im Gesundheitssystem um 600% an, vgl. Ebd.

[138] V.E. Frankl (2005): Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn, Piper Verlag, München.

[139] H. Gadamar, P. Vogler (1974): Neue Anthropologie, Thieme Verlag, Stuttgart.

[140] R. Beaglehole, P. Magnus (2002): The search for new risk factors for coronary heart disease, International Journal of Epidemiology, 31, S.1117-1122.

[141] T. A. Glass / M. J. McAtee (2005): Behavioral science at the crossroads in public health. Extending horizons, envisioning the future, Social Science & Medicine 62, S.1650-1672.

Ende der Leseprobe aus 174 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der lebensverlängernden und -verkürzenden Mittel für die gegenwärtige Gesundheitsförderung
Untertitel
Aus Christoph Wilhelm Hufelands „Makrobiotik“
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Lehrstuhl und Abteilung für Sportmedizin)
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
174
Katalognummer
V113068
ISBN (eBook)
9783640125784
ISBN (Buch)
9783640126521
Dateigröße
2910 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Arbeit zum Examenspreis 2008
Schlagworte
Bedeutung, Lebensverlängerungs-, Lebensverkürzungsmittel, Christoph, Wilhelm, Hufelands, Gesundheitsförderung
Arbeit zitieren
Lars Donath (Autor:in), 2007, Die Rolle der lebensverlängernden und -verkürzenden Mittel für die gegenwärtige Gesundheitsförderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113068

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