Faschismus und Anti-Faschismus in Großbritannien


Hausarbeit, 2004

17 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Der Faschismus in Großbritannien vor 1936
1. Die Ausgangssituation Anfang der zwanziger Jahre
2. Die ersten faschistischen Bewegungen in England
3. Die “British Union of Fascists“ unter Oswald Mosley

II. Der Antifaschismus in Großbritannien vor 1936
1. Die Ausgangssituation für den Antifaschismus in Großbritannien
2. Die Kommunisten als Teil des Antifaschismus in Großbritannien
3. Die Jüdische Gemeinschaft und ihre Rolle im Antifaschismus

III. Die legendäre “Battle of Cable Street“
1. Historischer Rückblick auf die “Battle of Cable Street”
2. Die “Battle of Cable Street“ aus Sicht der Medien
3. Die “Battle of Cable Street“ aus Sicht eines Teilnehmers und Augenzeugen
4. Zusammenfassung der Ereignisse vom 4. Oktober 1936

IV. Die Auswirkungen der “Battle of Cable Street“ auf Faschismus und Antifaschismus
1. Die Auswirkungen auf den Faschismus
2. Die Auswirkungen auf den Antifaschismus
Bibliographie zu dieser Arbeit

I. Der Faschismus in Großbritannien vor 1936

1. Die Ausgangssituation Anfang der zwanziger Jahre

Nach Ende des ersten Weltkriegs begann man überall in Europa mit den Wiederaufbau-Arbeiten. Da England, als einer der Gewinner dieses Krieges, wenig vom Krieg und dessen Folgen betroffen war, wurde die Wirtschaft in Großbritannien schnell wieder von Kriegs- auf Friedenswirtschaft umgestellt. Aber auch wenn der Krieg in England selbst wenig Schaden angerichtet zu haben schien, hatte man doch die einstmals führende weltwirtschaftliche Stellung an die Amerikaner verloren, was zu stagnierender Wirtschaft, hoher Arbeitslosigkeit und letztlich zu einer Wirtschaftskrise führte, die vom eigenen Volk mit Argwohn empfunden wurde.

Mit Blick auf die Parteienlandschaft in Großbritannien gab es Anfang der zwanziger Jahre nur 2 starke Fraktionen – die Liberalen und die Konservativen. Nachdem aber die Wirtschaft zu stagnieren begann und die Arbeiter in England zunehmend unzufriedener wurden, erhob sich eine dritte, starke Partei – die Labour Party. Sie wurde rasch zur Massenpartei und bildete ab 1924 eine Minderheitsregierung, auch wenn viele Bürger die deutlich sozialistische Politik fürchteten. Anfang der zwanziger Jahre wurde noch eine weitere Partei in England gegründet – die Kommunisten, die jedoch fast immer erfolg- und bedeutungslos im Spiel der anderen Parteien blieben.

2. Die ersten faschistischen Bewegungen in England

In einer durch das Kriegsende und die stagnierende Wirtschaftssituation angespannten innenpolitischen Situation gründete Rotha Lintorn-Orman 1923 die “British Fascisti“, die sehr stark am Vorbild Italiens (dem Symbol des Faschismus schlechthin) orientiert waren, und die sich selbst als Hilfstruppe der Konservativen Partei sahen, und mit ihnen gegen die Gefahr, die ihrer Meinung nach von den Sozialisten und Kommunisten ausging, kämpfen wollten. Die “British Fascisti“ verzeichneten zwar rasch einen gewaltigen Zulauf an Mitgliedern (ein Jahr später bereits über 100.000), wurden jedoch genauso schnell wieder völlig bedeutungslos. Am 27. Mai 1924 wurden die “British Fascisti“ als Gesellschaft eingetragen und nannten sich von da an “British Fascists Ltd.“ (“BF“). Robert B. D. Blakeney, der im September 1924 zum Präsidenten der BF gewählt wurde, änderte die Organisations-Struktur der Partei und führte einige paramilitärische Elemente ein, die sogar soweit gingen, dass es ab 1926 “shock troops“ gab, die gegebenenfalls mit Gewalt für Recht und Ordnung während Sitzungen und Propaganda-Veranstaltungen sorgen sollten. Die BF war eine hierarchisch angeordnete Organisation, mit einer „Führungsetage“, mehreren Unterabteilungen (wie z.B. für Propaganda, Transport und Nachrichtendienst) und den schon erwähnten militärischen “shock troops“[1]. In der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre kam es zu zahlreichen blutigen Auseinandersetzungen zwischen diesen faschistischen “shock troops“ und kommunistischen Aktivisten.

Historiker belegen, dass es von der Gründung der Partei im Jahre 1923 bis 1926 sehr wenig faschistische Elemente in deren Programm und deren Ideologie gab, was daran liegen mag, dass weder die Gründerin der Bewegung noch die anderen führenden Personen ein umfassendes Verständnis des Faschismus hatten. Verglichen mit anderen faschistischen Parteien in Europa zu dieser Zeit waren die BF eine eher gemäßigte und konfuse Partei ohne wirkliches Programm.

Der Generalstreik in Großbritannien im Jahre 1926 markiert einen Wendepunkt für die BF. Durch diesen Streik wurden mehrere rechts-orientierte Bewegungen (darunter auch die BF) dazu angetrieben, der Regierung ihre Hilfe anzubieten, da niemand sonst mehr arbeitete. Die Regierung (unter Baldwin) nahm die Hilfe der BF an – jedoch nur unter der Bedingung, dass die BF das Wort „faschistisch“ aus ihrem Namen entfernt, den paramilitärischen Flügel der BF aufgibt und das Versprechen abgibt, der Demokratie zu dienen. Diese Bedingungen führten zu einer Krise innerhalb der BF-Führungsriege, da einige der Mitglieder absolut gegen diese Änderungen waren, es aber auch andere gab, die sich damit einverstanden erklärten.

In folge dieser Krise stimmten die Mitglieder der BF über den Vorschlag der Regierung ab und stimmten schließlich mit einer knappen Mehrheit gegen ihn – woraufhin eine Vielzahl von Mitgliedern die Partei verließen und die “British Loyalists“ gründeten.

Aber der Generalstreik 1926 fügte den BF noch anderen Schaden zu. Da der Streik nicht der Anfang der, von den Faschisten vorausgesagten, bolschewistischen Revolution war, und relativ schnell wieder gearbeitet wurde, sahen die Mitglieder keine Berechtigung für die paramilitärischen Einheiten der BF mehr (da sie zuerst nur als Mittel der Selbstverteidigung gegen diese bolschewistische Revolution präsentiert wurde), was die Führungsetage der BF letztlich um eines der Hauptelemente ihrer Ideologie beraubte.

Nach diesem Generalstreik verlor die BF an Bedeutung in Großbritannien. Fortan konzentrierte sich die Parteiführung auf den Faschismus in deren Ideologie, wobei sie aber auch auf den Anti-Bolschewismus konzentriert blieben.

Eine zweite, zahlenmäßig eher unbedeutende Gruppe stellte die “Imperial Fascist League“ dar, die von Arnold Leese (der vorher schon die “Fascist League“ gegründet hatte) gegründet wurde und in deren Programm es ausschließlich um den Antisemitismus ging. Die Partei wurde von drei Personen geleitet – von Arnold Leese, Major J. Ballie und Leslie H. Sherrard.

Nachdem Sherrard und Ballie die Partei im Jahre 1932 verließen, wurde Leese der alleinige Führer, der “Director-General“, und führte einen paramilitärischen Flügel ein. Als Partei-Uniform diente ein schwarze Hemd (wie schon bei zahlreichen anderen faschistischen Bewegungen bevor und danach) und Leese hatte sich ein faschistisch-geführtes England zum Ziel gesetzt. Die Organisation dieser Partei war sehr kompliziert und vielschichtig, was bei der äußerst geringen Mitgliederzahl (nicht mehr als ein paar hundert zu Höchstzeiten) sehr verwunderlich ist. Die Hauptpunkte der Ideologie der IFL waren die nordische Herrenrasse, der Antisemitismus und deshalb war die IFL diejenige Partei in England, die der NSDAP in Deutschland am ähnlichsten war. Diese Bewegung forderte eine radikale und hygienische Lösung der Judenfrage mittels „Todeskammern“ und war daher sehr viel fanatischer als die BF.

Da die IFL den meisten Menschen aber so unlogisch und nutzlos erschien, und niemand in England wirklich von deren Machenschaften Kenntnis nahm, ging sie letztlich unter, als sich 1932 die “British Union of Fascists“ erhob und die Mitglieder der IFL zu dieser neuen Partei überwanderten.

3. Die “British Union of Fascists“ unter Oswald Mosley

Nach der katastrophalen nationalen Wirtschaftskrise der Jahre 1929-31 gründete Oswald Mosley die legendäre und wohl wichtigste faschistische Partei in England zu dieser Zeit – die “British Union of Fascists“.

Anfang der dreißiger Jahre sah Oswald Mosley, damals Minister des Kabinetts (oder genauer “Chancellor of the Duchy of Lancaster“[2] ) angesichts der nationalen Unzufriedenheit und des Missmutes bei der Bevölkerung Englands seine Chance, seine Ideologie umzusetzen und Gleichgesinnte zu suchen. Dies gelang ihm, da er die verbliebenen Mitglieder der bis dahin aktiven, faschistischen Gruppen, von seiner Ideologie überzeugte und sie somit in seine Partei holte. Schnell wurde die “British Union of Fascists“ die stärkste und bedeutendste Partei in England.

Mosley wollte diese Partei dafür benutzen, seine wirtschaftspolitischen Vorstellungen durchzusetzen, von deren Richtigkeit er fanatisch überzeugt war. Mosley veröffentlichte das so genannte „Mosley-Manifest“, in dem er ein Kabinett aus fünf Ministern vorschlägt, die soviel Macht erhalten sollten, dass sie als Diktatoren der Wirtschaftskrise ein Ende bereiten konnten. Diese Vorstellungen bestanden zunächst aus einer Überwindung der Arbeitslosigkeit und damit der schlechten wirtschaftlichen Lage.

Die Ideologie, die Mosley mit dieser neuen Partei zu verwirklichen suchte, war von drei wesentlichen Punkten gekennzeichnet – von konstruktiver Behebung der Wirtschafts-Probleme, von politischem Antisemitismus und von Außenpolitik. Anfangs beschränkte sich Mosley auf die Frage, wie der nationalen Wirtschaft zu helfen sei, wobei seine Lösungsvorschläge stark von den Ansichten seines Vorbilds Joseph Chamberlain gekennzeichnet waren. (Mosley was ”the intellectual heir of the most extreme wing of Chamberlainism, of protectionist social-imperialism“[3] )

Später allerdings ging es nur noch um Mosley’s aggressiv vorgetragene, antisemitische, nationalistische und imperialistische Ziele, die alle in seiner Programmschrift “The Greater Britain“ veröffentlicht wurden.

Auch er – so wie alle anderen Anführer der früheren faschistischen Bewegungen – fügte seiner Partei einen paramilitärischen Flügel hinzu, um seine Aufmärsche zu schützen, Menschen mit Gewalt einzuschüchtern und Kommunisten und Juden zu verfolgen und anzugreifen.

Den größten Erfolg und Zulauf verzeichnete die BUF im Londoner East End, wo die Bevölkerung fast ausschließlich aus Arbeitern und Juden bestand. Da diese Arbeiter zum einen unzufrieden mit ihrer sozialen Lage waren, und zum anderen eine Abneigung gegen die Juden, mit denen sie Tür an Tür leben mussten hatten, waren sie „leichte Beute“ für Mosley’s Ideologie. Mosley konzentrierte seine Massenkundgebungen und Aufmärsche auf diesen Teil Londons – wohlwissend, dass er dort ein zahlreiches und einfach zu überzeugendes Publikum fand. Der paramilitärische Teil der BUF, die “Fascist Defense Force“, schützte diese Aufmärsche, gewährleistete „Recht und Ordnung“ und schüchterte die Menschen ein.

Auch wenn Mosley’s Partei weitaus mehr faschistische Elemente in ihrer Ideologie verfolgte als beispielsweise die “British Fascisti“ und auch wenn die Organisationsstruktur der BUF ausgereifter und weiter durchdacht war, kam es auch für diese Partei am Ende der dreißiger Jahre zu einem Ende. Man kann also sagen, dass es keine einzige faschistische Partei in England geschafft hat, sich größere Bedeutung zu verschaffen oder langfristig zu existieren.

[...]


[1] Quelle: ”British fascism 1918-39. Parties, ideology and culture“, Seite 64

[2] Quelle: ”British Fascism 1918-39. Parties, ideology and culture“, Seite 85

[3] Quelle: ”British fascism 1918-39. Parties, ideology and culture“, Seite 91

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Faschismus und Anti-Faschismus in Großbritannien
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Institut für Anglistik)
Veranstaltung
Jews in Britain
Note
2,5
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V113193
ISBN (eBook)
9783640135691
Dateigröße
435 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Faschismus, Anti-Faschismus, Großbritannien, Jews, Britain
Arbeit zitieren
Florian Schumacher (Autor:in), 2004, Faschismus und Anti-Faschismus in Großbritannien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113193

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