Frankreich ist bekanntlich das Land, in dem die meisten Umfragen ( sondages) durchgeführt
werden. Vor allem während einer anstehenden Präsidentschaftswahl haben die diversen
französischen Forschungsinstitute Hochkonjunktur. Statistiken zu verfassen erfordert ein genaues
Arbeiten, doch in Anbetracht der Umstände, in denen sie verfasst werden, lassen sich
Ungenauigkeiten kaum vermeiden. Eklatante Fehlkalkulationen, wie bei der letzten
Präsidentschaftswahl sind dabei keine Seltenheit. Dieses Phänomen lässt sich auf verschiedenste
Weise erklären und stellt den Schwerpunkt meiner Arbeit dar. Kontroverse Stellungnahmen sollen
dazu motivieren, sich seine eigene Meinung über solche Umfragen zu bilden. Die Meinungsumfrage als solche wurde in Amerika geboren. Eine entscheidende Rolle spielten
dabei die Wahlen von 1936. Eine weit verbreitete Methode war damals die der „straw votes“:
Wahlprognosen wurden von Zeitungen durchgeführt, indem sie ihre Leser dazu aufforderten, per
Post einen ausgefüllten Coupon oder ein Antwortschreiben zu schicken.
Nach ihren Ermittlungen standen die Chancen für Franklin Roosevelt sehr schlecht; sie hatten
jedoch nicht mit George Horace Gallup gerechnet, der gerade das erste, weltweite
Umfrageinstitut eröffnet hatte. Mit seiner Prognose, dass Roosevelt als Sieger aus dem Rennen
gehen würde, lag er entgegen allen Erwartungen völlig richtig. Dies war die Geburtsstunde der
Umfragen.
2 Jahre später wird diese Methode der Meinungsumfrage vom Philosophen und Soziologen Jean
Stoetzel nach Frankreich importiert, der noch im selben Jahr die Ifop( Institut francais d’opinion
publique) gründet. Ihm ist auch die Einführung des Wortes “sondage“ 1939 zu verdanken.
Alfred Max, ebenfalls ein ehemaliger Schüler des Pioniers Gallup setzte sich 1939 dafür ein, dass
die Zeitung Paris-Soir im April die aller erste Meinungsumfrage in Frankreich herausbrachte1.
Auch wurden unter dem Regime der 4.Republik bereits “ politische Studien“ ( études politiques)
durchgeführt, doch sie blieben der Öffentlichkeit verborgen2
Es dauerte schließlich bis in die 50er Jahre bis die Umfragen Bekanntheit erlangten und in
diversen Zeitungen und Magazinen wie Le Monde und vor allem l’Express erschienen. [...]
1 Es ging um die Popularität mehrer europäischer ( u.a.Hitler) und amerikanischer Politiker
( http:// perso.wanadoo.fr/guy.pessiot/Sondages.htm, S. 3)
2 vgl. Pierre Bréchon, S.109
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Das Aufkommen der politischen Umfragen in Frankreich
- 2. Die Gesetzgebung
- 3. Die Bedeutung der Umfragen im Kontext der Präsidentschaftswahlen
- 4. Fehlkalkulationen
- 4.1 Geschichtlicher Rückblick
- 4.2 Die Durchführung der Befragung
- 4.3 Die Befragten
- 5. Die Politiker und die Umfragen
- 5.1 Vorteile der Umfragen für die Politiker
- 6. Die Wähler und die Umfragen
- 7. Manipulation oder Information
- 8. Gegner und Befürworter der politischen Meinungsumfragen
- 8.1 Gegner
- 8.2 Befürworter
- 9. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Rolle von Meinungsumfragen im Kontext der französischen Präsidentschaftswahlen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Ursachen für Fehlkalkulationen und deren Auswirkungen auf die politische Landschaft Frankreichs.
- Entwicklung und Verbreitung der politischen Umfragen in Frankreich
- Die Gesetzgebung und Regulierung von Meinungsumfragen
- Die Bedeutung und die Auswirkungen von Umfragen auf die Präsidentschaftswahlen
- Ursachen für Fehlkalkulationen in Meinungsumfragen
- Die Perspektive von Politikern und Wählern auf Meinungsumfragen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der politischen Meinungsumfragen in Frankreich ein und stellt die Problematik der Fehlkalkulationen in den Vordergrund. Kapitel 1 beleuchtet die Entstehung und Verbreitung der politischen Umfragen in Frankreich und zeichnet die Entwicklung von der frühen "Straw Vote" Methode bis zum Aufstieg der professionellen Umfrageinstitute nach. In Kapitel 2 wird die französische Gesetzgebung im Bereich der politischen Meinungsumfragen vorgestellt, mit besonderem Fokus auf das Gesetz von 1977, das die Veröffentlichung von Umfragen kurz vor Wahlterminen verbietet. Kapitel 3 untersucht die Bedeutung und den Einfluss von Meinungsumfragen im Kontext der französischen Präsidentschaftswahlen. Es werden die verschiedenen Akteure, wie Politiker, Wähler und die Medien, und ihre Interaktion mit Umfragen betrachtet. Kapitel 4 analysiert die Ursachen für Fehlkalkulationen in Umfragen, indem es historische Beispiele, methodische Aspekte und die Rolle der Befragten beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen politische Meinungsumfragen, französische Präsidentschaftswahlen, Fehlkalkulationen, Gesetzgebung, Medien, Politik und Wählerverhalten. Wichtige Konzepte sind „Sondages", „études politiques", „suffrage universel“, „les initiés" und die Bedeutung der Umfragen im Kontext des französischen Wahlsystems.
- Arbeit zitieren
- Mireille Schauwecker (Autor:in), 2002, Meinungsumfragen im Kontext der französischen Präsidentschaftswahlen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11401