Worin liegt Iweins Schuld? Die Beantwortung dieser Schlüsselfrage in Hartmann von Aues „Iwein“ beschäftigt die Forschung seit Jahrzehnten. Zwei unterschiedliche Positionen haben sich im Laufe der Zeit herausgebildet und zunehmend verfestigt: Auf der einen Seite die „Terminversäumnistheorie“, deren Vertreter Iweins Schuld im Versäumen der ihm von Laudine auferlegten Jahresfrist und der dadurch ausbleibenden Pflichterfüllung als Landesherrn sehen, auf der anderen Seite die „Erschlagungstheorie“, deren Anhänger Iweins Vergehen in die Eingangsaventiure verlegen und die Herausforderung und Tötung Askalons als Iweins Schuld ausmachen.
Beide Lager sehen ihre Position als einzig wahre und universal geltende Antwort auf die Schuldfrage im „Iwein“ an. Die gegensätzlichen Standpunkte scheinen unvereinbar.
1978 unternahm Gert Kaiser in seiner Arbeit „Textauslegung und gesellschaftliche Selbstdeutung: Die Artusromane Hartmanns von Aue“ den Versuch, die beiden konträren Ansichten miteinander zu verbinden und die bisherige Polarisierung in der Schuldfrage zu durchbrechen. Er vertrat die Meinung, daß Iweins tatsächliche Schuld in der Entehrung und Bloßstellung seiner Gemahlin Laudine vorzufinden ist, hervorgerufen durch das Zusammenwirken beider Verfehlungen: Sowohl durch die Erschlagung Askalons als auch durch das Fernbleiben und das Mißachten der landesherrschaftlichen Pflichten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die gegensätzlichen Sichtweisen in der Schuldfrage
- Die „Terminversäumnistheorie“
- Die „Erschlagungstheorie“
- Der Konflikt zwischen beiden Theorien
- Die „Entehrungstheorie“ von Gert Kaiser
- Eine Bewertung der Entehrungstheorie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Schuldfrage in Hartmanns von Aues „Iwein“. Sie untersucht die verschiedenen Interpretationen der Schuld, die von der Forschung vertreten werden, und stellt die „Entehrungstheorie“ von Gert Kaiser vor.
- Die gegensätzlichen Positionen in der Schuldfrage: Terminversäumnistheorie vs. Erschlagungstheorie
- Die „Entehrungstheorie“ als Synthese der beiden bestehenden Ansichten
- Die Bedeutung der Minneproblematik und der sozialrechtlichen Aspekte im „Iwein“
- Eine Bewertung der „Entehrungstheorie“ in Bezug auf ihre Gültigkeit und ihre Fähigkeit, die Schuldfrage zu beantworten.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Schuldfrage in „Iwein“ vor und skizziert die beiden dominierenden Interpretationen: die „Terminversäumnistheorie“ und die „Erschlagungstheorie“.
- Die gegensätzlichen Sichtweisen in der Schuldfrage: Dieses Kapitel präsentiert die beiden gegensätzlichen Theorien zur Schuldfrage: die „Terminversäumnistheorie“ und die „Erschlagungstheorie“. Es werden die Hauptargumente beider Positionen sowie ihre Kritikpunkte zusammengefasst.
- Die „Entehrungstheorie“ von Gert Kaiser: Dieses Kapitel erläutert die von Gert Kaiser entwickelte „Entehrungstheorie“. Es stellt Kaisers Argumentationslinie dar und erläutert, wie er die beiden bestehenden Theorien miteinander zu verbinden versucht.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen der Arbeit sind die Schuldfrage in Hartmanns von Aues „Iwein“, die verschiedenen Interpretationen der Schuld, die „Terminversäumnistheorie“, die „Erschlagungstheorie“ und die „Entehrungstheorie“ von Gert Kaiser. Die Arbeit befasst sich mit der Minneproblematik, den sozialrechtlichen Aspekten und der Bedeutung von Ehre und Treuebeweis in der mittelalterlichen Gesellschaft.
- Citation du texte
- Karsten Kramer (Auteur), 2000, Die 'Entehrungstheorie' von Gert Kaiser - Antwort auf die Schuldfrage in Hartmann von Aues 'Iwein'?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11440