Das Selbstkonzept. Entstehung, Funktion und Möglichkeiten der Veränderung


Essay, 2020

15 Seiten, Note: 1,0

Katja Meyer (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffsbestimmung: Selbstkonzept

3 Entstehung

4 Funktion

5 Möglichkeiten der Veränderung

6 Fazit

7 Quellenverzeichnis
7.1 Literaturverzeichnis
7.2 Internetquellen

1 Einleitung

„Ich kann das nicht!“ – Viele Menschen haben diesen Satz sicher zu Schulzeiten schon einmal laut oder im Stillen ausgesprochen. Die meisten kennen es vielleicht noch aus den Schulstunden, andere aus dem Nachhilfeunterricht: die Selbstzweifel vor einer großen Herausforderung. Doch ist diese Einstellung nur eine realistische Feststellung oder kann sie sogar hinderlich sein, die vermeintlich große Hürde zu meistern? Vor diesem Hintergrund wird in diesem Essay die Frage beleuchtet: Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Selbstkonzept und der schulischen Leistung?

Infolgedessen wird in dieser Arbeit das Thema Selbstkonzept näher betrachtet. Zu Beginn wird im zweiten Kapitel durch eine Begriffsbestimmung des Selbstkonzepts ein Überblick zur Thematik gegeben. Um die Entstehung des Selbstkonzepts darzustellen, werden im dritten Kapitel die altersbedingte Entwicklung vom Säugling bis hin zum Erwachsenwerden sowie die unterschiedlichen Quellen des selbstbezogenen Wissens erläutert. Während anschließend die wesentlichen Funktionen im vierten Kapitel beschrieben werden, beschreibt das fünfte Kapitel die Möglichkeiten der Veränderungen, wobei auch auf mögliche Einflussfaktoren eingegangen wird.

2 Begriffsbestimmung: Selbstkonzept

Trotz der unterschiedlichen Selbstkonzepttheorien ist sich die aktuelle Forschung einig, dass das Gesamtwissen einer Person über sich selbst das Selbstkonzept umfasst (Hoppe, 2012 & Lohaus, 2018).

Es enthält sowohl universelle als auch individuelle Anteile. Während die universellen Anteile des Wissens die meisten Menschen derselben Kultur teilen, z.B. das Wissen, Bewohner einer Stadt zu sein, spiegelt das individualtypische Wissen die Persönlichkeitseigenschaften inklusive der emotionalen, sozialen und geistigen Einstellung wider, z.B. das Wissen, ein sehr emotionaler Mensch zu sein (Neyer & Asendorpf, 2018 & Rogge, 2018).

Darüber hinaus beinhaltet es Kompetenzen, persönliche Interessen und Ziele sowie die typischen Verhaltensweisen des einzelnen Individuums (Hoppe, 2012 & Lohaus & Vierhaus, 2019). Diese individuell charakteristischen Anteile des Selbstkonzepts sorgen dafür, dass jeder Mensch in seiner Persönlichkeit einzigartig ist (Hoppe, 2012).

Das Selbstkonzept als subjektive Beschreibung der eigenen Person bildet zusammen mit dem Selbstwertgefühl als subjektive Bewertung der eigenen Persönlichkeit das Selbst. Dabei stellt beispielsweise die Tatsache, dass die letzte Klausurnote in Mathematik eine 5 war, das reine Wissen der Person, das Selbstkonzept, dar. Sobald diese Note jedoch durch die Person bewertet wird und somit die Auffassung über die eigene Leistung darstellt, entsteht das Selbstwertgefühl (Neyer & Asendorpf, 2018).

3 Entstehung

Sich selbst als eine eigenständige Person, abgegrenzt von anderen Personen, wahrzunehmen, gilt für Erwachsene als Selbstverständlichkeit. Säuglinge und Kleinkinder verfügen nicht von Geburt an über diese Fähigkeit. Das Selbst, das Wissen und die Annahmen über die eigene Person, entwickelt sich erst mit zunehmendem Alter. Die Selbstkonzeptentwicklung ist ein lebenslanger Prozess (Stiftung Universität Hildesheim, 2006). Sie geht sowohl mit dem Voranschreiten der geistigen Entwicklung sowie den verschiedenen Quellen für das selbstbezogene Wissen einher und verfolgt das Ziel der Ausbildung eines positiven Selbstwertgefühls (Hoppe, 2012). So werden die Selbstbeschreibungen mit dem Alter zunehmend ausdifferenziert. Die Beschreibungen gewinnen an Struktur, werden weiter abstrahiert und dadurch auch zunehmend realistischer (Lohaus, 2018).

Säuglinge können sich noch nicht verbal äußern, doch im Alter von 0 bis 2 Jahren entsteht bei ihnen ein Körperkonzept, das Konzept über das eigene Aussehen (Urhahne & Dresel & Fischer, 2019). Etwa im Alter von 3 Monaten bringen die Säuglinge fremden Gesichtern mehr Interesse entgegen als ihrem eigenen. Dies zeigt, dass sie, schon jetzt in der Lage sind, zwischen einem fremden Gesicht und dem eigenen unterscheiden zu können. Bereits hier beginnt die Selbstkonzeptentwicklung. Eine sichere Differenzierung zwischen sich selbst und anderen können Kinder im Alter von 14 Monaten durchführen (Lohaus & Vierhaus, 2019). Ab dem 2. bis 6. Lebensmonat entwickeln sich die Anfänge eines Selbstgefühls. Dieses entsteht durch die Rückmeldung der Mutter (landsiedel-seminare). Mit Hilfe des Rouge-Tests konnte zudem belegt werden, dass die meisten Kinder im Alter bis 2 Jahre sich bereits selbst erkennen können. Bei diesem Spiegeltest wird dem Kind unbemerkt ein Farbklecks auf der Stirn angebracht. Anschließend wird die Reaktion des Kindes auf sein Spiegelbild beobachtet. Der Test gilt dabei als Maßstab für die Entwicklung des Selbstkonzeptes. Bestanden ist der Test, wenn das Kind durch sein Verhalten anzeigt, dass sich der Farbklecks am eigenen Körper und nicht etwa auf seinem Spiegelbild befindet oder das Kind sogar hinter den Spiegel schaut. Dieses Verhalten tritt bei 75 % der Kinder zwischen dem 18. und 24. Lebensmonat auf, vereinzelt bereits ab dem 15. Lebensmonat (Urhahne & Dresel & Fischer, 2019). Somit entwickelt sich ab Mitte des zweiten Lebensjahres bei Kindern die visuelle Selbsterkenntnis. Damit verbunden rückt auch das Interesse für ihr eigenes Gesicht in den Vordergrund (Lohaus & Vierhaus, 2019). Zudem können sich viele der 18- bis 24-monatigen Kinder auch auf Fotos erkennen und sie verwenden dazu sogar Personalpronomen wie „Ich“ und „Du“ (Urhahne & Dresel & Fischer, 2019). Kinder zwischen 0 und 2 Jahren lernen zunächst sich selbst zu erkennen und sich somit körperlich von anderen Personen abzugrenzen. Sie agieren nonverbal, indem sie zum Beispiel ihr Interesse, ihre Freude oder Trauer körperlich zum Ausdruck bringen. Später geschieht dies immer mehr mit Worten und Sätzen (verlagdasnetz). Einen großen Entwicklungssprung in seiner Selbstwahrnehmung durchläuft das Kind, wenn es die Selbstständigkeit des Körpers erfährt und zu laufen beginnt (landsiedel-seminare).

Durch eine Erweiterung des Rouge-Tests wurde festgestellt, dass Kinder etwa ab dem vierten Lebensjahr über ein autobiographisches Gedächtnis verfügen. Den Kindern wurde dabei eine kurz zuvor aufgezeichnete Videosequenz gezeigt und deren Reaktion ausgewertet. In der Aufnahme hat das Kind einen Sticker auf der Stirn. Viele Kinder konnten in diesem Alter eine Verbindung zwischen dem Video und sich selbst herstellen (Lohaus & Vierhaus, 2019). Darüber hinaus können Kinder im Alter von 3 bis 4 Jahren einen Bezug zu Belohnungen herstellen sowie gemeinsame Erlebnisse mit ihren Bezugspersonen wiedergeben. Zudem verfügen sie über ein Wissen bezüglich ihrer eigenen Bedürfnisse (landsiedel-seminare). Das Kind wird sich von nun an immer bewusster, wer es ist, was es mag oder nicht und was es kann oder noch lernen muss (verlagdasnetz).

Im Vorschulalter ist das Selbstkonzept noch recht einfach (Lohaus, 2018). Es wird durch situationsbezogene Selbstbeschreibungen der Kinder, die auf direkten und indirekten Fremdzuweisungen beruhen, zunehmend feiner und komplexer (landsiedel-seminare & Lohaus, 2018). Diese Selbstbeschreibungen bestehen meist aus einer recht willkürlichen Aufzählung von körperlichen, psychischen und sozialen Eigenschaften sowie von bevorzugten Aktivitäten und materiellen Besitz (Urhahne & Dresel & Fischer, 2019 & Lohaus & Vierhaus, 2019). Sie treffen Aussagen wie zum Beispiel „Ich habe eine Schwester“ oder „Ich kann schon rutschen“. Das Kind kann sich nicht vorstellen, gleichzeitig gute und schlechte Eigenschaften zu besitzen. Daher neigen Kinder im Vorschulter im Gegensatz zu Schülern tendenziell zu einem übersteigerten Selbstbewusstsein und beschreiben sich selbst in einem unrealistischen Maße positiv (landsiedel-seminare & Lohaus & Vierhaus, 2019). Denn sie können in diesem Alter Wunsch und Realität noch nicht voneinander abgrenzen (Urhahne & Dresel & Fischer, 2019). In dieser Entwicklungsphase erlangen Kinder die Fähigkeit, sich selbst aus einer fremden Perspektive wahrzunehmen. Dies kann zu Differenzen zwischen der Wahrnehmung des Real-Selbst, die subjektive Einschätzung des Kindes, und dem Fremd-Selbst, die subjektive Erwartung anderer an das Kind, führen. Folglich können negative selbstbezogene Emotionen wie Schuld und Scham entstehen. Zudem ist ein differenziertes Verhalten des Kindes zu unterschiedlichen Personen ab dem Vorschulalter möglich (landsiedel-seminare & Lohaus & Vierhaus, 2019).

Das Selbstkonzept gewinnt im Schulalter immer mehr an Struktur. Durch inter- und intraindividuelle Vergleiche bildet es sich weiter aus (Hoppe, 2012). Mithilfe der Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten, in der mittleren bis späten Kindheit, werden die Selbstbeschreibungen nun abstrakter, differenzierter sowie realistischer und zusammenhängender (Lohaus, 2018 & Urhahne & Dresel & Fischer, 2019). In dieser Entwicklungsphase treten leistungsbezogene Vergleiche in den Vordergrund (Lohaus & Vierhaus, 2019). Kinder lernen Vergleiche unterschiedlicher Art aufzustellen. Diese können die Differenzierung der eigenen Leistungsfähigkeit in verschiedenen Fächern betreffen. So stellen sie zum Beispiel fest, dass sie in dem Fach Deutsch gut und in Mathe schlecht sind. Sie können sich jedoch auch mit den Leistungen ihrer Mitschüler vergleichen. Durch diese sozialen Vergleiche wird die Selbsteinschätzung genauer (Urhahne & Dresel & Fischer, 2019). Ein Fähigkeitsselbstkonzept bildet sich. In diesem Zusammenhang ist der „big fish in little pond effect“ zu erwähnen. Es konnte nachgewiesen werden, dass Kinder, die sich in einer Klasse mit leistungsschwächeren Kindern befinden, ein gesteigertes Fähigkeitsselbstkonzept besitzen während Kinder, die sich in einer Klasse mit leistungsstärkeren Kindern befinden, über ein geringeres Fähigkeitsselbstkonzept verfügen (Lohaus & Vierhaus, 2019). Die Grundschulkinder sind immer mehr in der Lage auch widersprüchliche Aussagen wahrzunehmen (Lohaus, 2018). Denn in diesem Altersabschnitt erfahren die Kinder auch Bewertungen durch ihre Lehrer und Eltern, welche sich laut dem aktuellen Forschungsstand negativ auf ihre optimistische Haltung und ihr Selbstbewusstsein auswirken (landsiedel-seminare). So passen die Kinder ihre Selbsteinschätzung der Fremdeinschätzung oft an. Das Selbstbild wird realistischer, da sie sowohl positive als auch negative Selbstbeurteilungen äußern (Lohaus & Vierhaus, 2019). Die wichtigste Entwicklungsphase des Selbstkonzeptes ist das Jugendalter. Denn in diesem Altersabschnitt stabilisiert sich das Selbstkonzept (Lohaus, 2018). Des Weiteren steht die Identitätsfindung, die in der heutigen Zeit auch durch die sozialen Medien stark geprägt wird, im Mittelpunkt (Lohaus & Vierhaus, 2019). Das selbstbezogene Wissen erweitert sich im frühen Jugendalter durch die Selbstbeobachtung und dem Abgleich mit bereits gewonnenen Erfahrungen (Lohaus, 2018). Ein Individuum mit positiver Selbstwahrnehmung würde unangenehme Erfahrungen in ihr Selbstkonzept integrieren, eine Person mit negativem Selbst jedoch nicht. Denn diese verzerrt oder verdrängt negative Informationen (landsiedel-seminare). Die Denkweise der Jugendlichen und somit die Selbstbeschreibungen werden abstrakter, sodass diese zunehmend aus Persönlichkeitseigenschaften bestehen und Jugendliche ihr Verhalten auf dieser Grundlage erklären (Lohaus, 2018 & Lohaus & Vierhaus, 2019). Das Selbstkonzept strukturiert und differenziert sich weiter. Somit können die Kinder Informationen miteinander verknüpfen, aber auch gegensätzliche Informationen aus verschiedenen Situationen in ihr Selbstkonzept einbinden. Harter und Monsour (1992) fanden heraus, dass sich Jugendliche verschiedenen Alters in diesem Bereich jedoch erheblich unterscheiden (Lohaus, 2018). Die Jugendlichen verhalten sich in verschiedenen Situationen unterschiedlich. Dies ist auf die Einnahme unterschiedlicher sozialer Rollen zurückzuführen. Durch die Pubertät ist auch das Körperselbstkonzept ein wichtiger Aspekt Die Mädchen schätzen sich, vermutlich durch die unrealistisch hohen weiblichen Schönheitsideale, in diesem Bereich negativer ein als die Jungen. Viele Jugendliche verlassen in dem späten Jugendalter das Elternhaus, werden selbständiger und machen ihre eigenen Erfahrungen. Die Aufrechterhaltung des Kontakts zu den Eltern scheint ein wichtiger Einflussfaktor auf die weitere psychische Entwicklung des Selbstkonzeptes zu sein (Lohaus & Vierhaus, 2019).

Im Erwachsenenalter wird das Selbstkonzept gefestigt und weiterentwickelt, beziehungsweise kann es sich auch verändern. Einflüsse auf die Weiterentwicklung haben sowohl das Erleben des eigenen Verhaltens und die Reaktion anderer Personen auf dieses sowie die sozialen Beziehungen, die Umwelt und das Wertesystem (Hoppe, 2012).

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Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Selbstkonzept. Entstehung, Funktion und Möglichkeiten der Veränderung
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie und Management gemeinnützige GmbH, Hochschulstudienzentrum Hamburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
15
Katalognummer
V1146605
ISBN (eBook)
9783346525499
ISBN (Buch)
9783346525505
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Differentielle Psychologie, Psychologie, Selbstkonzept, Entstehung Selbstkonzept, Funktion Selbstkonzept, Möglichkeiten der Veränderung Selbstkonzept, Schulische Leistung, Entwicklung, altersbedingte Entwicklung, selbstbezogenes Wissen, Einflussfaktoren Selbstkonzept, Selbstkonzepttheorie, Selbst, Selbstwertgefühl, Selbstkonzeptentwicklung, Rouge-Test, Selbstbeschreibungen, Selbstbewusstsein, Fähigkeitsselbstkonzept, Leistungsfähigkeit, Körperselbstkonzept, Selbstschemata, Self-Reference-Effekt, Selbstregulierung, hierarchische Modell, Stanton, Huber, Shavelson, allgemeine Selbstkonzept, nichtakademische Selbstkonzept, akademische Selbstkonzept, Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmung, selbsterfüllende Prophezeiung, Zusammenhang Selbstkonzept schulische Leistungen, skill development approach, self-enhancement approach
Arbeit zitieren
Katja Meyer (Autor:in), 2020, Das Selbstkonzept. Entstehung, Funktion und Möglichkeiten der Veränderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1146605

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