„Wichtiger sind doch zuletzt immer die Damen, die Gräfin und die Komtesse. Welche wird es? Ich glaube, wir haben schon mal darüber gesprochen […]. Viel Vertrauen zu Freund Woldemars richtigem Frauenverständnis hab ich eigentlich nicht, aber ich sage trotzdem: Melusine.“ „Und ich sage: Armgard. Und Sie sagen es im Stillen auch.“
Diese Mutmaßung von Czako, dem Freund des Protagonisten Woldemars, möchte ich gern ganz an den Anfang meiner Ausführungen stellen, da sie genau den Konflikt beinhaltet, der den Schwerpunkt dieser Arbeit darstellen soll. Auf den folgenden Seiten möchte ich mein Interesse auf das Liebesverhältnis Armgards zu dem jungen Stechlin sowie auf die Rolle der Gräfin Melusine in dieser Beziehung richten.
Theodor Fontane selbst beschreibt in einem Brief an seinen Zeitschriftenverleger den Inhalt seines Romanes „Der Stechlin“ wie folgt: „Zum Schluss stirbt ein Alter, und zwei Junge heiraten sich; - das ist so ziemlich alles, was auf 500 Seiten geschieht.“ Ich möchte gern im Zuge meiner Hausarbeit versuchen, einen anderen Blickwinkel auf den Roman zu entwickeln, den Weg zur Eheschließung in den Vordergrund zu stellen und mit der Realität des ausgehenden 19. Jahrhunderts zu vergleichen, zu dessen Zeitpunkt sich gerade eine neue Auffassung von Ehe herausbildete. Heiratsgründe waren nun nicht mehr vordergründig Geld und Standesmäßigkeit, sondern auch Liebe und Zuneigung wurden zur offiziellen Rechtfertigung der Ehegründung.
Um diese Thesen auf den „Stechlin“ von Theodor Fontane beziehen zu können, muss auf den folgenden Seiten eine Betrachtung der soziokulturellen Frauen- und Ehebilder des 19. Jahrhunderts Erwähnung finden, denn das Grundrecht der Frau sowie das allgemeine Leben der Bürgerinnen und Adligen spielt eine wichtige Rolle im Vergleichsprozess mit dem literarischen Werk Theodor Fontanes.
Der soziokulturelle Schnittpunkt soll folglich Betrachtung in der gender-orientierten Analyse finden, und es soll sich herauskristallisieren, dass es sich bei dem vorliegenden Roman um einen Gesellschaftsroman des 19. Jahrhunderts handelt.
Im Mittelpunkt steht das Gender als ideologisches und soziokulturelles Konstrukt - Geschlecht meint hier also das Wissen, das die körperlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau mit Bedeutung belegt sind.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Der Gesellschaftsroman
- Die Rolle der Frau im Gesellschaftsroman
- Der Gesellschaftsroman und die Frauen bei Theodor Fontane.
- Die Situation der Frau in der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts
- Gender-orientierte Betrachtung der Hauptfiguren
- Die Frauen des,,Stechlins"
- Gräfin Melusine von Barby.
- Komtesse Armgard von Barby.
- Der junge Woldemar von Stechlin und sein Weg zum „Glück“.
- Die Frauen des,,Stechlins"
- Der Vergleich des Frauen- und damit verbundenen Ehebildes des 19. Jahrhunderts mit dem des „,Stechlins“
- Literaturverzeichnis.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der Ehefindung und -schließung in Theodor Fontanes Roman „Der Stechlin“ und analysiert die Rolle der Frau in diesem Kontext. Die Arbeit untersucht, wie Fontane die gesellschaftlichen Normen und Erwartungen des 19. Jahrhunderts in Bezug auf die Ehe und die Rolle der Frau in seinem Roman widerspiegelt. Dabei wird insbesondere auf die Beziehung zwischen Woldemar von Stechlin und den beiden Frauen, Gräfin Melusine und Komtesse Armgard, eingegangen.
- Die Rolle der Frau im Gesellschaftsroman des 19. Jahrhunderts
- Die Darstellung der Ehe und der Ehefindung in Fontanes „Der Stechlin“
- Die Beziehung zwischen Woldemar von Stechlin und den beiden Frauen, Gräfin Melusine und Komtesse Armgard
- Die soziokulturellen und gender-spezifischen Aspekte der Ehe im 19. Jahrhundert
- Die Bedeutung des Gesellschaftsromans als Genre für die Darstellung der Frauenrolle und der Ehe
Zusammenfassung der Kapitel
Das Vorwort führt in die Thematik der Hausarbeit ein und stellt den zentralen Konflikt zwischen Woldemars Frauenverständnis und den Erwartungen der Gesellschaft dar. Es wird die These aufgestellt, dass Fontane in „Der Stechlin“ einen neuen Blickwinkel auf die Ehefindung und -schließung im ausgehenden 19. Jahrhundert präsentiert, in dem Liebe und Zuneigung neben Geld und Standesmäßigkeit als Heiratsgründe eine Rolle spielen.
Das Kapitel „Der Gesellschaftsroman“ beleuchtet die Merkmale des Gesellschaftsromans des 19. Jahrhunderts und die Bedeutung der Darstellung der Frau in diesem Genre. Es wird auf die gesellschaftlichen Veränderungen des 19. Jahrhunderts eingegangen, die die Rolle der Frau in Frage stellten, und auf die Entwicklung der Frauenbewegung, die für Gleichberechtigung eintrat.
Das Kapitel „Die Situation der Frau in der bürgerlichen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts“ beschreibt die gesellschaftlichen Normen und Erwartungen, denen Frauen im 19. Jahrhundert ausgesetzt waren. Es wird auf die Abhängigkeit von Männern, die Bevormundung und Unterdrückung sowie die Rolle der Frau in der Ehe eingegangen.
Das Kapitel „Gender-orientierte Betrachtung der Hauptfiguren“ analysiert die Frauenfiguren in „Der Stechlin“, insbesondere Gräfin Melusine und Komtesse Armgard, sowie Woldemars Weg zur Ehefindung. Es wird untersucht, wie Fontane die Frauenfiguren in Bezug auf ihre gesellschaftlichen Rollen und Erwartungen darstellt und wie Woldemar mit diesen Erwartungen umgeht.
Das Kapitel „Der Vergleich des Frauen- und damit verbundenen Ehebildes des 19. Jahrhunderts mit dem des „,Stechlins““ vergleicht die Darstellung der Ehe und der Rolle der Frau im 19. Jahrhundert mit Fontanes Roman. Es wird untersucht, inwieweit Fontane die gesellschaftlichen Normen und Erwartungen seiner Zeit in seinem Roman widerspiegelt und inwieweit er diese auch hinterfragt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Gesellschaftsroman, die Rolle der Frau im 19. Jahrhundert, die Ehefindung und -schließung, Theodor Fontane, „Der Stechlin“, Gräfin Melusine, Komtesse Armgard, Woldemar von Stechlin, Gender-Aspekte, soziokulturelle Normen und Erwartungen.
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- Katharina Giers (Author), 2007, Das glückliche Paar, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114677