Gendergerechte Sprache

Eine Betrachtung einzelner Wörter


Hausarbeit, 2020

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1 Vorwort

2 Einleitung

3 Gender - was ist das?
3.1 Richtig gendern

4 Ursprung der Gendergerechtigkeit in der Linguistik

5 Die Funktionen von Sprache
5.1 Sprache und Handeln
5.2 Vorstellung und Wahrnehmung
5.3 Die Sprache der Kinder
5.4 Betrachtung einzelner Wörter
5.4.1 Das Indefinitpronomen man
5.4.2 Der Pate
5.4.3 herrlich und dämlich
5.4.4 Student*in oder Studierende*r?
5.5 Das generische Maskulinum
5.6 Die Artikel

6 EinegendergerechteBibel?

7 Gendern und soziale Arbeit?

8 Fazit

9 Literaturverzeichnis

1 Vorwort

Die deutsche Sprache ist sehr vielfältig und besteht schätzungsweise aus bis zu 500.000 Wör­tern. Fasziniert hat sie mich seit eh undje, was mich früh dazu gebracht hat, über Wörter und deren Bedeutung nachzudenken. In der Linguistik nennt man die Herkunft eines Wortes und dessen Bedeutung die Etymologie. Wenn ich mich nun einmal näher mit einzelnen Wörtern, insbesondere deren Wortstamm, sowie deren Verwendung beschäftigt habe, fiel mir etwas auf. Im täglichen Sprachgebrauch bin ich dazu geneigt, überwiegend die männliche Form ei­nes Wortes zu verwenden. Auch bei meiner Lektüre in Büchern oder in Filmen ist mir aufge­fallen, dass Menschen eher zur Benutzung einer männlichen Form tendieren. In den bislang erarbeiteten Erkenntnissen unseres Gender-Moduls ist mein Verdacht bestätigt worden und die Entscheidung für eine Hausarbeit mit dieser Thematik fiel mir leicht. Doch ist dies tat­sächlich so, oder fühlen sich manche Menschen zu Unrecht benachteiligt, da die deutsche Sprache eigentlich neutral ist? Diese Auffälligkeiten haben in mir das Interesse geweckt, mei­nen scheinbaren Entdeckungen auf den Grund zu gehen und diese mit wissenschaftlicher Evi­denz zu unterlegen.

2 Einleitung

Der Duden erschien erstmals 2017 in der Auflage mit dem Titel „Richtig gendern“. Dieser Umstand für sich scheint die offensichtliche Brisanz der Thematik bereits widerzuspiegeln. Zu Beginn wird geklärt, was gendern in Bezug auf die Sprache grundsätzlich bedeutet. Es handelt sich dabei um ein Verfahren mit dem Ziel,Gleichberechtigung, d.h. die gleiche und faire Behandlung von Frauen und Männern im Sprachgebrauch zu erreichen“ (Diewald und Steinhauer 2017: 5). Dies stellt ein Eingeständnis dar und offenbart, dass Frauen und Männer im Sprachgebrauch eben nicht gleich und fair behandelt wurden und demnach fort­laufend noch werden. Es wird sich also darum bemüht, den Menschen eine gendergerechte Sprache nahezulegen, da diese allem Anschein nach wie selbstverständlich eine Sprache be­nutzen, die Ungleichheit ausdrückt. Oder liegt hier eine unterbewusste Automatisierung vor, da man es nun mal so gelernt hat?

Die deutsche, feministische Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch ruft sogar dazu auf, ihre Innovationen einer gendergerechten Sprache direkt im Alltag zu erproben und den eigenen Wortschatz nach und nach vollständig zu revolutionieren. Ihrer Meinung nach verdienen sich die Frauen damit automatisch und in hohem Maße Aufmerksamkeit (Pusch 2011: 6).

Es kann sich nun gefragt werden, in welchem Maße die Förderung zur Gleichberechtigung dem Staat überlassen werden soll. Dieser verpflichtet sich bekanntermaßen in Artikel 3, Ab­satz 2 des Grundgesetzes hierzu. „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert 1 die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ Der Staat sollte notabene für diesen grundsätzli­chen Auftrag der Gleichstellung eintreten und für eine Sprache plädieren, die nicht wertet und diskriminiert.

In meiner Hausarbeit stelle ich mir nun die Frage, inwiefern die deutsche Sprache in praxi Ungleichheit fördert und eine Reform in Bezug auf Gendergerechtigkeit nötig hat. Wer muss diese leisten? Sind hier staatliche Institutionen, einzelne verbindliche Ratgeber, oder doch die einzelnen Menschen gefragt? Diese Fragen müssen beantwortet werden in einer Welt, in der immer mehr Sensibilität entsteht für die Ungerechtigkeiten des alltäglichen Lebens. Als be­deutsame Orientierung wird die Arbeit des Duden - richtig gendern, von Diewald und Stein­hauer verwendet.

Nach der Klärung des Begriffes Gender wird ein kurzer Abriss der Geschichte von Genderge­rechtigkeit in der Sprache versucht. Hiernach werden die Funktionen der Sprache im Alltag anschaulich dargestellt und mit Beispielen untermauert. Der Blick auf die Bibel, die zuletzt in einer gendergerechten Ausgabe erschien und auf eine ausgewählte Textpassage soll die Trag­weite der Bedeutung von Sprache besonders hervorheben. Der Bezug zur Sozialen Arbeit wird ebenfalls hergestellt und es wird untersucht werden, inwiefern gendergerechte Sprache in der Sozialen Arbeit notwendig und wünschenswert ist. Abschließend werden die wichtigs­ten Erkenntnisse noch einmal zusammengefasst.

3 Gender - was ist das?

Bevor sich ganz der Thematik der Sprache in Bezug auf das Gendern gewidmet wird, muss zunächst begrifflich klar definiert werden, was gender überhaupt ist.

Während „sex“ das biologische Geschlecht und „sex category“ die angenommene Kategorisierung in männlich und weiblich unabhängig von der jeweiligen Ge­schlechtsidentität einer Person bezeichnet, beschreibt „gender“ das soziale Ge­schlecht (Müller und Possinger 2018: 516).

Das Besondere am Gender ist nun, dass es von den beiden erst genannten abweichen kann. Wir finden uns also in einer Situation wieder, in der Ungerechtigkeiten durch Sprache entste­hen und Menschen, deren gender von ihrem sex und ihrer sex category abweicht, sich bei gängigen Bezeichnungen nicht angesprochen fühlen. Dieser Umstand ist Grundlage dafür, dass überhaupt Bewusstsein entstehen kann für die Notwendigkeit einer gendergerechten Sprache.

3.1 Richtig gendern

Ein Ratgeber zum gerechten Gendern in Form eines Dudens ist durchaus zukunftsweisend, doch geht dieser davon aus, dass

[...] gendergerechte Sprache die Berücksichtigung von zwei Geschlechtern, Män­nern und Frauen, sicherstellen muss. [...] die Voraussetzung der Zweigeschlecht­lichkeit als Standardsituation, speist sich aus der prototypischen Alltagswahrneh­mung vieler Menschen und aus juristischen und sprachlichen Fakten [...] (Die­wald und Steinhauer 2017: 7).

Ist jedoch nicht genau diese prototypische Alltagswahrnehmung die Ursache für ausbleiben­den Fortschritt in Sachen gerechter Sprache? An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass auf dieser Grundlage de facto kein gerechtes Gendern ermöglicht werden kann. Des Weiteren lässt sich erkennen, dass zwischen dem erklärten öffentlichen Willen und der Umset­zung in die Lebenswirklichkeit eine Diskrepanz besteht“ (Diewald und Steinhauer 2017: 9). Diese Diskrepanz ist öfters zu beobachten, wenn wohl durchdachte Theorien und Gedanken­konstrukte, aus vielfältigen Gründen, nicht in die Praxis und die Lebenswelten der Menschen integriert werden. Es lässt sich demnach zunächst festhalten, dass die Verwendung von gen­dergerechter Sprache Engagement und Mehraufwand kostet. Feministische Linguistik wird nur eine blasse Theorie bleiben, wenn das Individuum Mensch nicht eigenständig Initiative ergreift. Dazu brauchte es grundlegende Strukturen und Regeln.

Der Duden für das richtige Gendern spricht sich aber eben genau diese präskriptive Funktion, also eine Festlegung von Strukturmerkmalen, entschieden ab. Richtig gendern bedeutet situationsangemessen, sachangemessen, d.h. inhaltlich korrekt, verständlich und ansprechend den Grundsatz der geschlechtergerechten Sprache in der eigenen Sachproduktion um[zu]setzen“ (Diewald und Steinhauer 2017: 11). Zu gendern und darauf zu achten, gerecht und fair zu sprechen, erfordert folglich individuelle Tatkraft, kreatives Geschick und Über­zeugung. Möglicherweise liegt hier eine erste Ursache vor, warum gendergerechte Sprache teilweise als lästig und überflüssig beschrieben und deshalb überwiegend vermieden wird.

4 Ursprung der Gendergerechtigkeit in der Linguistik

Der Umstand, dass dieses Thema heutzutage so vielfältig diskutiert wird, ist ein paar wenigen Vorreiterinnen der Linguistik zu verdanken. Es geht um die Einsicht,

[...] dass unsere Gesellschaft, unsere Sprache und unser Sprachgebrauch histo­risch bedingt eine Dominanz des Männlichen voraussetzen, wodurch Frauen in ih­rer gesellschaftlichen Bedeutung und Sichtbarkeit und in ihren persönlichen Wir­kungsmöglichkeiten benachteiligt werden (Diewald und Steinhauer 2017: 6).

Die Auseinandersetzung um gendergerechte Sprache in der Öffentlichkeit entwickelte sich im Kontext feministischer Strömungen, die grundlegende Emanzipationsbestrebungen verfolg­ten, bzw. die grundsätzliche Gleichheit von Frauen und Männern. Das Problem liegt darin, dass sich sprachliche Strukturen und Normen in einer patriarchalisch geprägten Gesellschaft entwickelten.

Zwei Schwerpunkte der Aufmerksamkeit waren von Anfang an: erstens die Kritik am Sprachsystem und an der Anwendung seiner Strukturen und Regeln [Sprach­kritik] und zweitens kritische, soziolinguistisch orientierte Untersuchungen zu genderdifferenzierenden Gesprächsstilen bzw. zu „Frauensprache“ versus „Män­nersprache. (Diewaldund Steinhauer2017: 116).

Die feministische Sprachkritik richtet sich also nicht nur auf eine Veränderung der Sprache, sondern sehnt einen gesamtgesellschaftlichen Wandel herbei, der die Sprache in jedem Fall von selbst verändern wird. „Sprache ändert sich, indem und weil sie gebraucht wird. Und ihre Veränderung folgt den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, den äußeren Einflüssen, neu­en Bedürfnissen der je wichtigen Gruppen von Sprachnutzenden [...]“ (Diewald und Stein­hauer 2017: 118). In den 70er- Jahren fing es also an, dass sich neue Bedürfnisse entwickel­ten, bzw. an die Oberfläche traten und gehört werden wollten. Dennoch wurden feministische Bemühungen kleingeredet und dem wissenschaftlichen Sektor als nicht würdig erachtet.

Die Dominanz des Männlichen in der Sprache ist nicht nur gefühlt real, sie ist nachweisbar und wird im Laufe der Arbeit erörtert werden. Luise F. Pusch sah damals die herkömmliche Sprachwissenschaft als untätig an, denn diese stellte Fragen der gendergerechten Sprache nicht. „Das ist auch kein Wunder, denn sie wird, wie jede Wissenschaft, überwiegend von Männern verwaltet“ (Pusch 1984: 8). Die Frage, die sich Frau Pusch nun stellte, ist von über­ragender Bedeutung: „Und warum sollten Männer ohne Not einen Tatbestand als Problem erkennen und behandeln, der ihnen nur Vorteile bringt?“ (Pusch 1984: 8). Es könnte so ge­deutet werden, dass die Männer sich bedroht sahen in ihrer etablierten Vormachtstellung und deshalb Reformen nicht einmal in Erwägung zogen. „Zu Beginn des 3. Jahrtausends macht in Deutschland jedes dritte Mädchen Abitur, und an den Universitäten studieren inzwischen mehr Studentinnen als Studenten“ (Schwarzer 2000: 14). Roch hier manch ein Mann eine Verschwörung, in der die Frauen in wenigen Jahrzenten die Weltherrschaft übernehmen könnten und wurden deshalb Versuche unternommen, diese, so gut es ging, zu unterdrücken?

5 Die Funktionen von Sprache

5.1 Sprache und Handeln

Der Mensch nutzt die Fähigkeit zur Sprache vielfältig. Der Duden bezeichnet die Sprache als Grundlage jedes gesellschaftlichen Handelns“ (Diewald und Steinhauer 2017: 7). Dem Sprechen muss jedoch ein Denkprozess vorangehen, bewusst oder unbewusst. Das Denken beeinflusst unsere Verhaltensweisen und es werden Muster gebildet, die sich immer weiter verfestigen. „Die Versprachlichung bestimmter Inhalte zwingt die Menschen dazu, darüber nachzudenken“ (Elsen 2020: 64). An dieser Stelle muss darauf geachtet werden, dass Sprache kein Selbstläufer wird und man stets reflektiert, was man eigentlich für selbstverständlich hält.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Gendergerechte Sprache
Untertitel
Eine Betrachtung einzelner Wörter
Hochschule
Evangelische Hochschule Ludwigsburg (ehem. Evangelische Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg; Standort Ludwigsburg)
Note
2,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
20
Katalognummer
V1150321
ISBN (eBook)
9783346539816
ISBN (Buch)
9783346539823
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gendergerechte, sprache, eine, betrachtung, wörter
Arbeit zitieren
Tim Schuster (Autor:in), 2020, Gendergerechte Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1150321

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