Demographische Veränderung für die Vereinskultur

Analyse für den Natur- und Umweltbereich in Deutschland


Studienarbeit, 2007

97 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Forschungsdesign

3 Veränderung in der deutschen Bevölkerung

4 Irrwege und Auswege
4.1 Ein soziologischer Begründungsversuch
4.2 Prozess einer gesellschaftlichen Modernisierung?

5 Die regionale Entleerung

6 Die Mitgliederentwicklung

7 Voraussichtliche Wanderungen
7.1 Die ländliche Entleerung
7.2 Der regionale Wanderungsgewinn
7.3 Kurzzusammenfassung

8 Die Entwicklung der Bundesländer
8.1 Baden – Württemberg
8.2 Bayern
8.3 Berlin
8.4 Brandenburg
8.5 Bremen
8.6 Hamburg
8.7 Hessen
8.8 Mecklenburg – Vorpommern
8.9 Niedersachsen
8.10 Nordrhein – Westfalen
8.11 Rheinland – Pfalz
8.12 Saarland
8.13 Sachsen
8.14 Sachsen Anhalt
8.15 Schleswig – Holstein
8.16 Thüringen
8.17 Fazit

9 Neue Entwicklungen in Ostdeutschland

10 Das Ehrenamt

11 Bürgerschaftliches Engagement in Deutschland

12 Die Lage der Naturschutzverbände
12.1 Hemmende Faktoren für Umweltengagement

13 Bürgerschaftliches Engagement und Management
13.1 Verbesserungsvorschläge

14 Finanzielle Lage in Deutschland
14.1 Einstellung zu Spenden
14.1.1 Art der Spende
14.1.2 Kleinspenden
14.2 Politische Bedeutung der Mitgliedergröße
14.3 Alternativen zur Spende
14.4 Schwierigkeiten in Ostdeutschland
14.4.1 Spendenverhalten
14.4.2 Anbindung an den Verein
14.5 Verbesserungsvorschläge
14.6 Einnahmensteigerung

15 Altersstrukturen

16 Potentialgruppen
16.1 Frauen
16.2 Männer
16.3 Ältere
16.3.1 Zeitkontingent
16.3.2 Erfahrung
16.3.3 thematische Gestaltung
16.3.4 Anbindung an den Verein
16.4 Migranten
16.4.1 Türkischstämmige
16.4.2 Zielgruppen
16.4.3 Maßnahmen
16.5 Stadtmenschen

17 Differenzierung nach sozialen Milieus
17.1 Etablierte
17.2 Postmaterielle
17.3 moderne Performer
17.4 Konservative
17.5 Traditionsverwurzelte
17.6 DDR – Nostalgiker
17.7 Bürgerliche Mitte
17.8 Konsum – Materialisten
17.9 Experimentalisten
17.10 Hedonisten

18 Demographie und Konsum

19 Umwelt als Potential

20 Maßnahmen zur Verbesserung der Situation

21 Motive der Neuen Ehrenamtlichkeit
21.1 Zeitspenden von Freiwilligen
21.2 attraktives Aufgabenfeld
22 Förderung der Ehrenamtlichkeit
22.1 Optionen der Förderung

23 Abbildungen

24 Literaturverzeichnis
24.1 Internetseiten

Demographische Veränderungen in der Vereinskultur

1 Einleitung

Während die Weltbevölkerung unaufhaltsam wächst und bis zum Jahr 2050 vermutlich 9,2 Milliarden Menschen auf diesem Planeten leben werden, wird in Deutschland hingegen über ein demographisches Problem debattiert, dass gekennzeichnet ist von einer geringen Geburtenrate, einer erhöhten Seniorenrate mit zunehmender Lebenserwartung und einem gesamtdeutschen negativen Bevölkerungswachstum, dass durch inländische Wanderungen noch verstärkt wird. Während weltweit Flächenressourcen und Naturflächen immer knapper werden, entleeren sich in Deutschland die ländlichen Regionen, insbesondere in Ostdeutschland, zugunsten wirtschaftsstärkerer Bundesländer.

Wenn man sich die globalen Daten einmal anschaut, fragt man sich, warum die deutsche Bevölkerungsabnahme eigentlich als ein Problem dargestellt wird und nicht als eine Chance genutzt werden kann? Handelt es sich in Deutschland um eine typische Luxusdebatte?

Die nachfolgende Arbeit fokussiert innerhalb dieser bevölkerungsplanerischen Debatte demographische Auswirkungen auf die Vereinskultur im Natur- und Umweltbereich, um Folgen abschätzen und Entwicklungstendenzen für den Verein positiv nutzen zu können.

Der Umwelt- und Naturschutzbereich ist sehr speziell und gehört von seiner Größe her eher zu einer Minderheitengruppe im Vergleich zu anderen sozialen Vereinigungen wie dem DRK oder dem THW. Die Fragestellung an der sich diese Studie orientiert, lautet: In wie weit ist das deutsche Ehrenamt durch die demographischen Veränderungen im Schwinden begriffen oder befindet sich die deutsche Vereinskultur bereits in einem Wandlungsprozess im Bezug auf die demographische Veränderung?[1]

2
Forschungsdesign

Im Zuge der Vorrecherche haben die nachfolgenden Leitfragen den Rahmen für die Analyse gegeben:

- Welche Auswirkungen hat die demographische Entwicklung für die Vereinsarbeit?
- Wie können bestehende Entwicklungen aufgehalten werden?
- Wo gibt es neue Entwicklungspotentiale?
- Mit welchen Mitteln können Potentiale angebunden werden?
- Wie sieht die Arbeit der Vereine in Zukunft aus?

Der demographische Wandel

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Franziska Reinold
Auswirkungen des demographischen Prozesses

3 Veränderung in der deutschen Bevölkerung

Die Bevölkerungsveränderungen werden in Deutschland zukünftig dramatisch bekundet und bilden die Grundlage der öffentlich geführten Zukunftsdebatte. Das Finden einer neutralen Basis für diese Diskussion scheint schwierig, wenn man sich einmal kurz die Veröffentlichungen zu diesem Thema anschaut.

Nachfolgend werden nur einige beispielhafte Statements angeführt, um die thematische Problematik zu verdeutlichen:

- Schwarzmalen nach falschen Zahlen: Vorhersagen der Bevölkerungsentwicklung sind nicht anderes als Modellrechnungen, die bekannte Trends vorschreiben.[2]
- Laxer Umgang mit demographischen Daten und Panikmache.[3]
- Krieg der Generationen.[4]
- Rentner und Kinderlose sollen nicht weiter als Sündenböcke gegeißelt werden.[5]

Diese Äußerungen sind von vielen renommierten Personen und Institutionen geäußert worden. Die Erklärung des dazugehörigen „warum“ wird in den nachfolgenden Äußerungen vielleicht gefunden werden. Deshalb ist eine fundierte, neutrale und breite Basis oberste Priorität dieser Arbeit. Hierbei steht allerdings fest, dass die Zahlen und die Vorhersagen der Bevölkerungsentwicklung nichts anderes als Modellrechnungen sind, die bekannte Trends fortschreiben. Das Prognostizieren von Strukturbrüchen ist hier nicht möglich.[6]

Die Hauptelemente der demographischen Debatte sind:

- ältere Menschen
- Kinder
- Migranten
- Frauen
- Männer
- der Faktor Arbeit
- inländische Wanderungen.

Die Herstellung eines demographischen Zusammenhangs zeigt sich wie folgt:

Der Anteil der älteren Menschen in Deutschland wächst prozentual sehr stark an, während die Geburtenziffer von derzeit 1,4 Kindern pro Frau im Ländervergleich sehr gering ist. Dieses Ungleichverhältnis zwischen einem wachsenden Alten- und einem schrumpfenden Kinderanteil drückt sich in einer potentiellen Schrumpfung der deutschen Bevölkerung aus, die gleichzeitig zunehmend älter wird. Diese Konstruktion ist aber kein Garant für mögliche Zukunftsszenarien, denn auch hier ist die Realität komplexer als sie in Variablen abgebildet werden kann.

Eine demographische Entwicklungsumkehr ist nur langfristig möglich, wobei kurzfristige Ausgleichsmaßnahmen durch eine erhöhte Migrantenquote und eine Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität möglich sind.

Ein aktuelles Bild von Deutschland lässt sich, im Zusammenhang mit beeinflussenden Faktoren für eine demographische Veränderung, wie folgt skizzieren:

Der Anteil der älteren Menschen im Rentendasein wächst kontinuierlich. Daraus ergeben sich unterschiedliche Entwicklungen. Zum Ersten bleiben sie allein in ländlichen Regionen zurück, ohne verstärkte soziale Unterstützung zu erfahren, während die jüngeren Generationen der Arbeit hinterher gezogen sind. Zum Zweiten haben die Senioren bereits den Arbeitsprozess verlassen, was gleichzeitig zu sozialer und gesellschaftlicher Isolation in diesen Gebieten führt und zum Dritten zeigt sich die alte Generation so jung wie nie zu vor. Zusätzlich verfügen sie über eine ausreichende Menge Geld und ein freies Zeitkontingent, das sie in Reisen, Veranstaltungen und die Ausübung von Hobbies investieren.

Ein Großteil der deutschen Bevölkerung bekommt aus unterschiedlichen Gründen, statistisch gesehen, weniger Kinder. In der Folge verschiebt sich das Gefüge innerhalb der Gesellschaft, weil sich die Kinderzahl pro Frau verringert und Kinder im Gesellschaftsbild somit weniger vertreten sind. Politisch verstärkt sich dieser Trend noch weiter, indem Familien sozial und finanziell benachteiligt sind. In der Konsequenz werden Einrichtungen vom Kindergarten bis zur weiterführenden Schule, aufgrund einer zu geringen Auslastung, geschlossen, obwohl die Infrastrukturen für die vorhandenen Kinder benötigt werden.

Eine fehlende Zahl an zukünftigen deutschen Einwohnern kann theoretisch durch den Zuzug von Migranten ausgeglichen werden, jedoch ist für eine derartige Entscheidung die Einstellung der Politik und der Gesellschaft von ausschlaggebender Bedeutung. Für Deutschland zeigt sich aktuell sehr deutlich, dass die Frage der Zuwanderung politisch nur bedingt geklärt ist und Ausländer in vielen Regionen immer noch nicht als gleichberechtigte Bürger angesehen werden.

Tendenziell, so gibt die Fachliteratur vor, wird sich die demographische Entwicklung in den nächsten Jahren zu einem deutschen Übergangs- und Dauerproblem einstellen, wenn man es nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten definiert. Der so genannte Negativtrend der Bevölkerungsentwicklung kann in den kommenden Jahren nicht aufgehalten oder umgekehrt, sondern nur strukturiert begleitet und geplant werden.

Alternative Optionen zur momentanen Entwicklung sind theoretisch möglich, ihre politische Umsetzbarkeit ist eine andere Frage. Für eine demographisch nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung wird eine konsequente Bestandsaufnahme für Irrwege und Auswege benötigt, bevor Maßnahmen dagegen getroffen werden.

4 Irrwege und Auswege

Bevölkerungsveränderungen und ihre Folgen sind geschichtlich weit zurück datierbar und die daraus folgenden politischen Maßnahmen waren immer drastisch und dramatisch, wie beispielsweise die NS – Zeit und die Hexenverbrennung zeigen. Die demographische Entwicklung wird häufig als Auswirkung der Länder gesehen, die insgesamt einen allgemein höheren Entwicklungsstand aufweisen. Diese Darstellung drückt ein sehr vereinfachtes Bild zwischen entwickelten und unterentwickelten Ländern aus, das in sich jedoch sehr viel diffiziler ist. Häufig greift hier das Vorurteil, dass unterentwickelte Länder sich durch eine hohe Geburtenrate ausweisen und westlich entwickelte Länder weniger Kinder gebären. Wenn diese Grundannahme so einfach ist, weshalb bestehen in Europa dann so unterschiedliche Geburtenniveaus?

Deutschland und die östlichen Länder der EU weisen sehr geringe Geburtenraten auf, während andere europäische Länder, vor allem Frankreich, ein ungeheures Geburtenpotential aufweisen. Eine weitere Ausnahme dieser theoretischen Konstruktion bilden die geburtenstarken Amerikaner, die in diesem Jahr erst die Bevölkerungsmarke von 300 Millionen Menschen überschritten haben.[7] Würde ich die Fakten auf die Eingangsthese anwenden, würde es bedeuten, dass die USA und Frankreich weniger entwickelt sind als Deutschland und die östlichen Staaten.

Welche Möglichkeiten einer Begründung lassen für den Fall „Deutschland“ finden?

4.1 Ein soziologischer Begründungsversuch

Franz Xaver Kaufmann, ein renommierter Schweizer Wissenschaftler, begründet den Rückgang der Geburten eher als eine Reaktion auf gesellschaftliche Missverhältnisse. Hiervon sind insbesondere Frauen und Familien betroffen, die ihr Berufs- und Privatleben nur schwer miteinander vereinbaren können und somit von anderen Länderstandards abweichen. Diese Vergleichsoption führt zu einer Anspruchssteigerung der Gegebenheiten im eigenen Land. Folglich ist die angebliche Geburtenverweigerung eine Art indirekte Politikbetreibung, die durch den Verzicht auf eigene Kinder erzeugt wird.

4.2 Prozess einer gesellschaftlichen Modernisierung?

Veränderungen sind Bestandteile aller Prozesse und fördern immer eine gewisse Erneuerung der Gegebenheiten. Anders formuliert, lässt sich die These formulieren, dass der demografische Wandel als Teil des gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses (vgl. Rohleder 2005) angesehen werden kann. Der demografische Wandel ist ein andauernder Prozess. Das Phänomen des demographischen Wandels sollte nicht als negatives Folgenphänomen angesehen werden, nur weil die Strukturen in denen wir leben momentan sehr starr sind. Eine Flexibilisierung der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Strukturen würde ein vereinfachtes Reagieren auf sich ändernde Gegebenheiten ermöglichen.

Die demographischen Auswirkungen

5 Die regionale Entleerung

Die regionale Entleerung vieler wirtschaftsschwacher deutscher Städte und Gemeinden ist zu einem zusätzlichen Problem innerhalb der demographischen Veränderung in Deutschland geworden. Diese Besonderheit stellt sich für die Vereinsarbeit im Natur- und Umweltbereich als eine mögliche arbeitserschwerende Herausforderung dar, weil sich die Tätigkeit und die Mitglieder vor Ort durch die Abwanderung in größere Städte reduzieren werden.

In den nachfolgenden regionalen Abwanderungsgraphiken fällt besonders auf, dass die Übernahme ehrenamtlicher Betreuung von Schutzgebieten und die Übernahme von Aufgaben in einigen Gebieten enorm einbrechen können, wenn die Zukunftsszenarien zur Realität werden.

6 Die Mitgliederentwicklung

Im Bezug auf den demographischen Negativtrend und die tendenzielle Schrumpfung der deutschen Gesamtbevölkerung, ist es für den Natur- und Umweltbereich wichtig, eine zukünftige Mitgliederentwicklung zu simulieren, um Änderungen der vereinsinternen Strukturen frühzeitig vorzunehmen.

Einleitend sei in diesem Punkt gerade das Streben nach einer permanenten Mitgliedersteigerung kritisch angesprochen. Es stellt sich die Frage, ob diese wirtschaftliche Komponente der Einnahmensteigerung nicht einen ideologischen Konflikt für die Naturschutzbewegung auftut. Die Bemühungen die Mitgliederzahlen konstant zu steigern, basiert auf dem ökonomischen Denken der neoliberalen Wirtschaftsweise. Theoretisch lässt sich alles steigern, um den Profit und die freigesetzte Geldmenge zu erhöhen. Ein nachhaltiger Ansatz findet sich in dieser Definition jedoch nicht.

Die Entleerung einzelner Regionen besonders in Ostdeutschland, aber auch in den ländlichen Gebieten generell, unterliegt einer negativen Bevölkerungsentwicklung. Der Naturschutz sollte seine Chancen in diesem Bereich nutzen und die Problematik nicht als das deklarieren, was es für andere Bereiche, wie die Konsum- und Versicherungswirtschaft, darstellt. Wachstum ist leichter als Schrumpfen und für die Wirtschaft ist dieser Vorgang höchst schädigend, weil die passenden und flexiblen Strukturen für einen umkehrbaren Prozess fehlen.

Gerade im Zuge der Klimaveränderung, der Zerstörung der Biodiversität und der Zunahme der Flächenversiegelung sollte die regionale Entleerung für die Stabilisierung des ökologischen Gleichgewichts genutzt werden. Mit einem flexiblen Konzept besteht die Möglichkeit Arbeitsplätze in diesen Regionen zu schaffen und das Schrumpfen kontrolliert verlaufen zu lassen.

Es gibt kein immerwährendes Wachstum und auch keinen Stillstand. Leben bedeutet rhythmische Bewegung zwischen diesen beiden Polen. Wenn wir jetzt beginnen die leeren Gebiete wieder zu renaturieren, schaffen wir Potentiale für künftige Generationen und für die heutige Wirtschaft im Bereich des Tourismus.

7 Voraussichtliche Wanderungen

Der Prozess der Modernisierung entwickelt sich stetig weiter und zeigt sich besonders deutlich in den Wanderungsbewegungen vom Land in die Städte. Dieser Trend basiert nicht allein auf der demographischen Entwicklung, sondern ist ausschließlich an die industriellen Arbeitsplätze gebunden. Wie sich der Wegzug der ländlichen und kleinstädtischen Bevölkerung ausdrückt, wird nachfolgend beschrieben:

Die mittig dargestellte Graphik 1 verdeutlicht den schrumpfenden ländlichen Raum, sowie den schrumpfenden Verdichtungsraum und das ländliche Gebiet mit den Folgen eines wachsenden ländlichen Problemraums.

Graphik 1

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Betrachtet man die Deutschlandkarte erst einmal ohne Wertung fällt auf, dass sich die Hauptgebiete der Schrumpfung, hier verschiedenfarbig markiert, in Ostdeutschland und in einzelnen Gebieten in Westdeutschland zu finden sind, insbesondere das Ruhrgebiet ist hier hervorgehoben. Die Abwanderungszahlen verschiedener Studien zeigen eine Verschiebung in einzelne wirtschaftliche Hauptregionen, vor allem in Großstädte d.h. Gebiete wie

Wachsender ländlicher Problemraum Quelle: BBR 2000[8]

Dithmarschen und Ostfriesland werden menschenleer werden. Diese entsiedelten Regionen kann der Umwelt – und Naturschutz für sich selbst als Chance nutzen, um Schutzgebiete zu erweitern oder nachhaltigen Umwelttourismus zu fördern.

7.1 Die ländliche Entleerung

In den Regionen, die von der Abwanderung und Entleerung betroffen sind, können nur wenige Maßnahmen die Menschen dazu bringen weiterhin in ihren Regionen zu leben. Die Hauptgründe des Wegzugs sind die fehlenden Arbeitsplätze und Zukunftsperspektiven. Dieser Trend kann auch von den demographischen „Potentialgruppen“ nicht aufgehalten werden. Ältere, Migranten und Frauen, die sich in dieser Gruppendefinition wiederfinden, können zwar positive Effekte auf die demographische Entwicklung ausüben, jedoch können auch sie die entsiedelten Gebiete allein nicht wieder besiedeln. Diese Denkweise könnte verheerende Auswirkungen für die betroffene Regionen mit sich bringen.

Für die Natur- und Umweltvereine bestehen andere Möglichkeiten des Vorgehens als für die betroffenen Gemeinden selbst, denn die Finanzeinnahmen sind nicht lokal an die Schrumpfung gebunden, wie es bei einem Gemeindeetat der Fall ist. Diese vorteilhafte Option ermöglicht ein Ersetzen der ehrenamtlichen Arbeit, die durch den Wegzug nicht mehr gewährleistet wird, durch hauptamtliche Gebietsbetreuer. Vielleicht sind Renaturierungen oder Wildnisbildung in diesen Gebieten zusätzlich möglich.

7.2 Der regionale Wanderungsgewinn

Die lokale Abwanderung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der gleiche Prozess gleichzeitig einen Zuwachs in anderen Regionen mit sich bringt, der somit einen Anstieg von Ehrenamtlichen für andere Vereine bedeuten kann. Der Gesamttrend scheint in den nächsten Jahrzehnten zwar negativ zu verlaufen, jedoch bedeutet diese Veränderung nicht automatisch einen schnellen negativen Abwärtstrend der Bevölkerungsgröße für Gesamtdeutschland.

Im regionalen Vergleich zeigt sich ein demographischer Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Kinder- und Jugendlichenzahl und der Alterung der Bevölkerung. Hier fällt ein höherer Kinder- und Jugendrückgang im Vergleich zur Alterung in Ostdeutschland auf und es zeichnet sich deutlich ein verstärkter Alterungstrend in den alten Bundesländern ab. Die Unterschiede zwischen Ost - und Westdeutschland sind gravierend.

Zusätzlich lässt sich das Verhältnis zwischen dem Bevölkerungsrückgang und der Zuwanderung von Migranten anführen. Das Verhältnis, das sich hieraus ergibt, zeigt erneut sehr starke Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern, mit einer negativen Verstärkung in Ostdeutschland. Zuwandernde Migranten siedeln sich einzig im Raum Berlin zu einem Großteil an, jedoch scheinen die anderen ostdeutschen Bundesländer und Städte für einen Zuzug unattraktiv. Die Migranten ziehen somit verstärkt nach Westdeutschland und dann auch bewusst in Städte, wo die kulturelle Akzeptanz und Vielfalt höher sind. Folglich greift auch die Potentialgruppe der Migranten nicht als Ausgleichsfaktor in Ostdeutschland.

Graphik 3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Graphik 3 zeigt sich der Trend der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland bis 2020. Die blaufärbigen Gebiete zeigen einen Bevölkerungsrückgang in diesen Regionen. Deutlich zeigt sich hier erneut die Schwere der ostdeutschen Betroffenheit. In den alten Bundesländern sind nur einzelne Gebiete in Ostfriesland, dem Ruhrgebiet und ländlichen Gebieten um Saarbrücken und an der tschechischen Grenze betroffen. Dunkelrotgefärbte Bereiche gelten als die zukünftigen Boomregionen. Für Ostdeutschland lässt sich allein Berlin in Maßen hervorheben, während der Münchener Raum und Gebiete in Niedersachsen und Baden –Württemberg Zuwachs erhalten. Die grüngefärbten Gebiete weisen auf eine stabile, aber unveränderte Entwicklung hin.

Graphik 4

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Graphik 4 wird der Trend aus Graphik 3 noch einmal verdeutlicht. Die blauen Kreise bilden hier die Städte ab, die Metropolfunktion in ihren Regionen einnehmen. Es ist auch hier der gleiche Trend zu sehen, dass die westliche Achse des demographischen Wachstums von Hamburg, Bremen über Köln und Düsseldorf bis hinunter nach München verläuft, während in Ostdeutschland Berlin allein eine große Funktion einnimmt. Somit können die Graphik 3 und 4 die Gebiete klar umgrenzen, die in den kommenden Jahren einen verstärkten Zuzug erwarten und Regionen, die insbesondere im ländlichen Raum weniger Bevölkerung aufweisen werden.

Die Bevölkerungsentwicklung lässt sich für die nächsten Jahre können nur simulieren. Drei demographische Entwicklungen können Experten sich vorstellen, wobei Schwankungen zwischen 67 – 81 Millionen. Einwohnern in Deutschland auftreten können: Das erste Szenario setzt eine deutsche Bevölkerungsanzahl von 81 Millionen Menschen an. In dieser Entwicklung ist kein Bevölkerungswachstum zur gegenwärtigen Bevölkerungszahl zu verzeichnen, jedoch kann diese Bevölkerungsgröße, die heutige Bevölkerung ersetzen.

Im zweiten Szenario pendelt sich die Bevölkerung bei 75 Mio. ein und würde in der Folge einen Rückgang der Geburten bedeuten. Diese Abnahme der Bevölkerungsdichte ist durch eine gesteuerte Zuwanderungspolitik ausgleichbar.

Das dritte Szenario mit einer prognostizierten Einwohnerzahl von 67 Millionen Einwohnern ist eine problematische Entwicklung, die Auswirkungen für Deutschland mit sich bringt. Diese Bevölkerungsabnahme lässt sich allein durch Zuwanderung ausgleichen, sondern bedarf strukturellen Anpassungen durch den Gesetzgeber.

7.3 Kurzzusammenfassung

- ländliche und wirtschaftsschwache Gebiete entsiedeln, zugunsten eines Wegzuges in Großstädte und wirtschaftsstarke Regionen
- Abwanderung ist nur bedingt durch neue Arbeitsplätze zu stoppen
- keine Umkehr des Abnahmetrends durch demographische Potentialgruppen
- der Anteil der Jungendlichen nimmt in Gesamtdeutschland ab, während der Altenanteil weiter wächst
- die demographische Debatte beruht auf dem Wachstum der Bevölkerung, d.h. dem Ausbau der jetzigen 81. Millionen Einwohner

8 Die Entwicklung der Bundesländer

Der föderalistische Aufbau Deutschlands bedarf einer genauen Datenerhebung jedes einzelnen Bundeslandes, um Ableitungen für die dort agierenden Gruppen zu formulieren. Diese Daten werden nachfolgend die Basis der Argumentation bilden.

In der bundesweiten Übersicht werden vier Altersgruppen durch das Statistische Bundesamt festgelegt, die hier für die Datenbelegung übernommen wurden.

Graphik 6

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[9]

In Graphik 6 ist der Vergleich aller Bundesländer mit einer tendenziellen Bevölkerungsabnahme bis 2040 in der Altersgruppe < 20 Jahre verdeutlicht. Zusätzlich wird ein sehr deutlicher Unterschied am Anteil der Jugendlichen in der Ausgangssituation 2005 abgebildet. Niedersachsen und Baden – Württemberg stellen den höchsten Jugendanteil mit 21,3% während Sachsen und Sachsen – Anhalt mit 16,4% und 16,7 %[10] einen deutlich geringeren jungen Bevölkerungsanteil aufweisen können.

Graphik 7

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[11]

Graphik 7 fasst die Entwicklung der 20 – 64 Jährigen zusammen. In den ersten Jahren bis 2020 sinkt diese Gruppengröße langsam ab und verstärkt ihre Abwärtsbewegung bis 2040. Eine Reduzierung der gesamten Bevölkerungsgruppe um durchschnittlich 10%[12] ist schon eine deutliche Veränderung.

Die nachfolgende Graphik 8 zeigt die Bevölkerungsentwicklung der Menschen im Alter von 65 Jahren und älter. Bundesweit verzeichnet sich hier bis 2040 ein deutlicher Anstieg der Gruppe an der Gesamtbevölkerung, insbesondere nach 2010 nimmt diese Entwicklung rasant zu.

Graphik 8

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[13]

Den größten Zuwachs in der Gruppe der 65 Jährigen und älter werden die neuen Bundesländer verzeichnen. Besonders sei hier Brandenburg mit 39% und nachfolgend Sachsen – Anhalt mit 37% und Thüringen mit 36,9% zu nennen.[14]

Die Graphik 9 verdeutlich die Entwicklung der vierten Gruppe 80 Jahre und älter, die sich durch einen schnellen und starken Anstieg der älteren Menschen über 80 Jahre ab 2010 ausdrückt.

Graphik 9

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[15]

Die größten Altersgruppen finden sich hauptsächlich in den neuen Bundesländern. Brandenburg ist mit 14,2 %[16] statistischer Anführer in dieser Gruppe. Die Zusammenfassung der Graphik 8 und 9 verweist auf eine sehr starke Ausdifferenzierung der Alterungsausmaße im Bundesvergleich.

Der unterschiedliche Vereinsaufbau bedarf in diesem Punkt einer individuellen Überprüfung. Differenzierte Daten über die Altersstruktur und die Geschlechterverteilung bedürfen einer objektiven Betrachtung, um ein zukünftigen Mitgliederzuwachs zu entwickeln.

Nachfolgend werden die Entwicklungen der einzelnen Bundesländer in Zusammenhang mit der möglichen demographischen Veränderung gesetzt. Generell werden die ersten Veränderungen ab 2010 prognostiziert, weil der demographische Wandel seinen Anfang bereits in den 70er Jahren genommen hat.

8.1 Baden – Württemberg

Für das Bundesland Baden - Württemberg lässt sich im Zuge der demographischen Veränderung eine konstante Abnahme bis 2040 für die < 20 Jährigen auf 16, 2% und die Menschen zwischen 20 und 64 Jahren auf gut 53% verzeichnen.

[...]


[1] Karin Beher, Reinhard Liebig, Thomas Rauschenbach - 3. Auflage 2002: SR Band 163 Das Ehrenamt in empirischen Studien - ein sekundäranalytischer Vergleich

[2] Prof. Dr. Gerd Bosbach in: Demographischer Wandel – Neue Spielräume für Umweltpolitik. Politische Ökologie Nr. 104 März 07 München

[3] Sternartikel

[4] Frank Schirrmacher (2006): Das Methusalem – Komplott. Sonderausgabe 10 Jahre Karl Blessing Verlag. München - Zürich

[5] Prof. Dr. Gerd Bosbach in: Demographischer Wandel – Neue Spielräume für Umweltpolitik. Politische Ökologie Nr. 104 März 07 München

[6] Prof. Dr. Gerd Bosbach: Schwarzmalen nach falschen Zahlen. Politische Ökologie Nr. 104. Oekomverlag März 2007

[7] ZDF heute: USA knacken 300-Millionen-Einwohner-Marke unter. www.heute.de/ZDFheute/inhalt/13/0,3672,3989101,00.html – am 27.09.2007 um 10.44h

[8] Angelika Wolf, Elisabeth Appel-Kummer: Demografische Entwicklung und Naturschutz Perspektiven bis 2015

[9] Franziska Reinold (2007): Bevölkerungsgruppe < 20 Jahre. Grundlagen der Graphik: Daten des statistischen Bundesamtes. unter: www.destatis.de am 12.10.2007 um 9.35h

[10] siehe Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 „< 20 Jahre“ S. 87

[11] Franziska Reinold (2007): Bevölkerungsgruppe < 20 Jahre. Grundlagen der Graphik: Daten des statistischen Bundesamtes. unter: www.destatis.de am 12.10.2007 um 9.35h

[12] siehe Abbildung 2 im Abbildungsverzeichnis „20 – 64 Jahre“ S. 88

[13] Franziska Reinold (2007): Bevölkerungsgruppe < 20 Jahre. Grundlagen der Graphik: Daten des statistischen Bundesamtes. unter: www.destatis.de am 12.10.2007 um 9.35h

[14] siehe Abbildung 3 im Abbildungsverzeichnis „65 Jahre und älter“ S. 89

[15] Franziska Reinold (2007): Bevölkerungsgruppe < 20 Jahre. Grundlagen der Graphik: Daten des statistischen Bundesamtes. unter: www.destatis.de am 12.10.2007 um 9.35h

[16] siehe Abbildung 4 im Abbildungsverzeichnis „80 Jahre und älter“ S. 90

Ende der Leseprobe aus 97 Seiten

Details

Titel
Demographische Veränderung für die Vereinskultur
Untertitel
Analyse für den Natur- und Umweltbereich in Deutschland
Hochschule
Universität Potsdam
Autor
Jahr
2007
Seiten
97
Katalognummer
V115049
ISBN (eBook)
9783640163236
ISBN (Buch)
9783640164615
Dateigröße
3214 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Demographische, Veränderung, Vereinskultur
Arbeit zitieren
Franziska Reinold (Autor:in), 2007, Demographische Veränderung für die Vereinskultur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115049

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