Bilanzpolitik während der Covid-19-Pandemie. Eine empirische Untersuchung US-amerikanischer Unternehmen


Bachelorarbeit, 2021

52 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Vorstellung der Referenzstudie

3. Sozialökonomische Verhaltenstheorien
3.1 Theorie der ökonomischen Konsequenzen
3.2 Auswirkung von Rechnungslegung am Kapitalmarkt
3.3 Positive Accounting Theory
3.4 Prospect Theory
3.5 Big Bath Hypothesis

4. Methodik der empirischen Untersuchung
4.1 Beschreibung des Datensatzes
4.2 Berechnung der Maße

5. Analyse und Interpretation der empirischen Untersuchung
5.1 Interpretation der Unternehmenskennzahl auf Branchenebene
5.2 Interpretation der Ergebnisse der EM-Maße
5.3 Interpretation der Regressionsanalyse
5.4 Diskussion der Forschungsergebnisse

6. Fazit & Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

TABELLE 1 - ÜBERSICHT ÜBER DIE UMSATZERLÖSE VOR UND WÄHREND DER KRISE SOWIE DIE VERÄNDERUNG ZWISCHEN DEN PERIODEN

TABELLE 2 - ÜBERSICHT ERGEBNISSE EM1

TABELLE 3 - ÜBERSICHT ERGEBNISSE EM2

TABELLE 4 - ÜBERSICHT ERGEBNISSE EM3

TABELLE 5 - ÜBERSICHT ERGEBNISSE EM4

TABELLE 6 - ÜBERSICHT REGRESSIONSANALYSE

1. Einleitung

Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie haben nicht nur das Leben in Europa nachhaltig verändert, sondern führten zu einer globalen Gesundheitskrise. Der Beginn der Pandemie am Anfang des Jahres 2020 brachte viele Veränderungen mit sich, die ein bis dato unbekanntes Ausmaß angenommen haben. Das übergeordnete Ziel in diesem Jahr war es, die Kontaktwege zur Verhinderung von Infektionsketten einzuschränken. Hierzu wurden Orte des Zusammenkommens geschlossen, soweit möglich jegliche Berufstätigkeit von zu Hause aus durchgeführt und die zwischenmenschlichen Kontakte auf ein Minimum beschränkt.

Diese Maßnahmen hatten zur Folge, dass der Konsum der weltweiten Bevölkerung in vielen Bereichen kaum stattfinden konnte. Der Flugverkehr in Deutschland ist im Vergleich zum Vorjahr um circa 75 % zurückgegangen. Dies ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 1991 (vgl. Pressemitteilung Nr. 048 vom 2. Februar 2021 2021). Auch in den USA sind die Auswirkungen der Gesundheitskrise dramatisch. Eine Vielzahl der Unternehmen in den USA war im Jahr 2020 dazu gezwungen, Personalentlassungen zu veranlassen. Dies führte zeitweise zu einer Arbeitslosenquote in Höhe von 8,11 %. Im Vergleich zum Vorjahr ist die jährliche Arbeitslosenquote um 4,22 % gestiegen (vgl. Statista 2021). Die globale Gesundheitskrise hat somit auch eine globale Wirtschaftskrise ausgelöst, die sich unter anderen an einer Rezession in der ersten Jahreshälfte 2020 in den USA zeigte. So ging das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal 2020 auf das Jahr hochgerechnet um 32,9 % zurück. Hierbei handelte es sich um den stärksten Einbruch des BIP in einem Quartal seit dem Beginn der statistischen Aufzeichnungen im Jahr 1947 (vgl. Zeit Online/Reuters/dpa/tst 2020).

Zu Beginn der Forschung ergab sich bereits die Vermutung, dass nicht alle Unternehmen aufgrund der Auswirkungen der Pandemie rückläufige Umsätze zu verzeichnen hatten. So hat sich das Konsumverhalten der Bevölkerung in die großen Onlineshops und Supermarktketten verlagert. Der Onlinehandel und die Teile des Einzelhandels, die Lebensmittel verkaufen, konnten uneingeschränkt geöffnet bleiben und waren mit einer erhöhten Nachfrage konfrontiert.

Im Detail wird sich in dieser Thesis mit der Frage beschäftigt, wie Unternehmen in den USA ihre Bilanzierungspraktiken in Form von Bilanzpolitik aufgrund der Covid-19-Pandemie angepasst haben. Dabei wird analysiert, ob sich Unterschiede zwischen Branchen zeigen, die durch die Pandemie besonders stark betroffen waren und Branchen, die aus der Veränderung des Konsumverhaltens profitiert haben. In diesem Kontext wird die folgende Hypothese untersucht:

H0: Rückläufige Umsätze aufgrund einer Krisensituation sind ein Auslöser für eine Erhöhung von Bilanzpolitik in einem Unternehmen.

Die Untersuchung der Veränderung der Bilanzpolitik wird sich dabei an dem Modell von Leuz et al. (2003: S. 505-527) orientieren, in welchem vier Maße definiert wurden, mit denen die Stärke von Bilanzpolitik gemessen werden kann. Darauf aufbauend wird ein Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der Maße und der Veränderung der Umsatzerlöse im Pandemiejahr zum Jahr 2019 untersucht. Hierzu wird eine univariate Regressionsanalyse durchgeführt.

Inhaltlich wird in dieser Arbeit zunächst die Referenzstudie von Leuz et al. (2003: S. 505­527) auf der die empirische Untersuchung beruht vorgestellt. Anhand von weiteren Arbeiten, die die Forschungsmethode von Leuz et al. (2003: S. 505-527) reproduziert haben, soll darauffolgend die Relevanz der Arbeit für die Wissenschaft aufgezeigt werden. Die Ausarbeitung beschäftigt sich im dritten Kapitel mit sozialökonomischen Erklärungskonzepten anhand derer die Ausübung von Bilanzpolitik erklärt werden kann. Im vierten Kapitel werden die verwendeten Daten sowie die Methodik der empirischen Untersuchung vorgestellt. Anhand der zuvor erläuterten Theorien werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung im fünften Kapitel interpretiert, um darauf aufbauend eine Diskussion durchzuführen. Hierbei werden die zuvor dargestellten Theorien mit den Ergebnissen der empirischen Untersuchung verknüpft. Abschließend werden die wesentlichen Schlussfolgerungen dieser Arbeit in einem Fazit und einer Schlussbetrachtung formuliert.

2. Vorstellung der Referenzstudie

Das Vorgehen der empirischen Untersuchung in dieser Arbeit beruht auf den Forschungen zu den Earnings Management Maßen von Leuz et al. (2003: S. 505-527). Earnings Management steht hierbei für Bilanzpolitik. Leuz et al. (2003: S. 505-527) haben in ihrer Arbeit die Frage untersucht, inwieweit sich ein höherer gesetzlicher Investoren- und Investorinnenschutz auf die Ausübung von Bilanzpolitik in Form von Gewinnglättung auswirkt und inwieweit Gewinnglättung von Manager:innen eingesetzt wird, um die tatsächliche Unternehmensperformance nicht offenzulegen. Hierzu wurden Unternehmensdaten aus 31 Ländern für den Zeitraum von 1990 bis 1999 analysiert. Die Ergebnisse der Studie gaben Hinweise darauf, dass ein statistischer Zusammenhang zwischen einem höheren gesetzlichen Investoren- und Investorinnenschutz und einem geringeren Ausmaß an Bilanzpolitik bestand. Als Grundlage dieser Berechnungen dienten die vier sogenannten EM-Maße , deren Ergebnisse als Indikatoren für die Ausübung von Bilanzpolitik untersucht wurden (vgl. Leuz et al. 2003: S. 505-527).

Um die Relevanz der Forschungsgrundlage dieser empirischen Arbeit aufzuzeigen, werden im Folgenden diverse Reproduktionen von Leuz et al. (2003: S. 505-527) wiedergegeben. Die Ausmaße der Bilanzpolitik in Form der EM-Maße wurden dabei unter der Berücksichtigung von verschiedenen Variablen und Regionen untersucht. Die Arbeiten konnten hierdurch einen erheblichen Anteil zur Erforschung verschiedener Einflussfaktoren auf Bilanzpolitik leisten.

So wurden unter Anwendung der EM-Maße verschiedene Charakteristika in Vorständen auf das Ausmaß von Bilanzpolitik in Indien erforscht. Hierzu wurden 500 Unternehmen über einen Zeitraum von zwei Jahren analysiert. Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass Unternehmen mit Vorstandsmitgliedern, die ausschließlich in einem Vorstand tätig sind, ein geringeres Maß an Bilanzpolitik aufwiesen. Des Weiteren ergaben sich Hinweise, dass in Vorständen, die ebenfalls mit Investoren:innen besetzt sind, ein höheres Ausmaß an Bilanzpolitik auftritt (vgl. Sarkar et al. 2008: S. 517-551).

Des Weiteren wurde in zwei Arbeiten der Einfluss von Corporate Social Responsibility- Richtlinien auf die Bilanzpolitik von Unternehmen in einem internationalen Kontext unter der Anwendung der EM-Maße untersucht. Die Forschungsergebnisse zeigten Hinweise darauf, dass stärkere CSR-Maßnahmen zu einem geringeren Ausmaß an Bilanzpolitik führten (vgl. Chih et al. 2007: S. 179-198). Die Indizien aus der Forschung wurden anhand der Studie von Scholtens/Kang (2012: S. 95-112) weiter bestätigt. So wurden in ihrer Arbeit 139 Unternehmen vom asiatischen Kapitalmarkt aus zehn Ländern analysiert. Auch hier ergaben sich Hinweise, dass CSR-Maßnahmen und Bilanzpolitik negativ korrelieren. Hieraus wurde die Schlussfolgerung hergeleitet, dass ein höheres Ausmaß an CSR zu weniger Bilanzpolitik geführt hat.

In Anlehnung an Leuz et al. (2003: S. 505-527) wurden die Auswirkungen der IFRS- Implementierung sowie ein staatlicher Einfluss in einem Unternehmen auf die Ausübung von Bilanzpolitik am chinesischen Kapitalmarkt untersucht. Aus dieser Arbeit ergab sich die Hypothese, dass die Implementierung von IFRS das Ausmaß an Bilanzpolitik am chinesischen Kapitalmarkt nicht reduziert hat. Jedoch zeigten die Ergebnisse, dass der staatliche Einfluss in einem Unternehmen zur Folge hatte, dass die Ausübung bilanzpolitischer Maßnahmen rückläufig war (vgl. Wang/Campbell 2012: S. 189-192). Die Schlussfolgerung von Wang/Campbell (2012: S. 189-192) hinsichtlich der IFRS- Implementierung zeigte sich bereits in den Ergebnissen der Arbeit von Cai et al. (2008: S. 1-42). Die empirische Untersuchung in dieser Arbeit wurde ebenfalls in Anlehnung an Leuz et al. (2003: S. 505-527) durchgeführt.

In einer weiteren Arbeit wurde der Zusammenhang zwischen den von Leuz et al. (2003: S. 505-527) ermittelten EM-Werten der 31 Länder und den von Hofstede definierten Variablen aus der Kulturtheorie untersucht. Die Ergebnisse wurden anhand von Regressionsanalysen ermittelt und gaben weitreichende Rückschlüsse auf die Auswirkungen von kulturellen Variablen auf die Ausübung von Bilanzpolitik (vgl. Guan/Pourjalali 2010: S. 99-127; Doupnik 2008: S. 317-340).

Die Arbeit von Enomoto et al. (2015: S. 183-198) zeigte, dass ebenfalls ein Zusammenhang zwischen dem staatlichen Schutz von Investoren:innen und der Anwendung von realer Bilanzpolitik bestehen könnte. Die Ergebnisse wiesen darauf hin, dass ein höherer gesetzlicher Investoren- und Investorinnenschutz und reale Bilanzpolitik positiv korrelieren. Des Weiteren wurde die Hypothese hergeleitet, dass reale Bilanzpolitik abnimmt, je mehr ein Unternehmen von Analyst:innen untersucht wird.

3. Sozialökonomische Verhaltenstheorien

Die Forschungen zur Ausübung von Bilanzpolitik - im Folgenden auch als Rechnungslegungsalternativen oder bilanzpolitische Maßnahmen bezeichnet - beruhen auf sozialökonomischen Verhaltenstheorien. In diesem Kapitel werden die gängigsten Theorien erläutert, um in Kapitel 5 mit den Ergebnissen der empirischen Untersuchung verknüpft werden zu können. Die Theorien bieten dabei die Grundlage für Schlussfolgerungen, die die Ausübung von Bilanzpolitik während der Corona-Krise erklären sollen. Aus den Theorien lassen sich drei Anreize formulieren, anhand derer die Ausübung von Bilanzpolitik erklärt werden kann. Im Folgenden werden die Anreize kurz erläutert, um hierdurch eine Grundlage für den theoretischen Abschnitt der Arbeit zu bieten.

Ein erster Anreiz ergibt sich aus Kapitalmarkterwägungen, die durch die Theorie der ökonomischen Konsequenzen in Verbindung mit den Forschungen von Ball/Brown (1968: S. 159-178) zum Informationsgehalt der Rechnungslegung erklärt werden. Der darauf beruhende Erklärungsansatz beschäftigt sich mit der Erwartungshaltung von Investoren:innen auf zukünftige Zahlungsströme gesteuert durch Informationen aus der Rechnungslegung (vgl. Ball/Brown 1968: S. 159-178; Zeff 1978: S. 56-63).

Aus der Theorie der ökonomischen Konsequenzen leitet sich ebenfalls der zweite Erklärungsansatz her. Dieses handelt vom Modell der antizipierten Konsequenzen aus Vertragsbeziehungen (vgl. Zeff 1978: S. 56-63). Die vertraglichen Konsequenzen wurden in den Forschungen zur Positive Accounting Theory weiter untersucht. Hierbei werden Interessenskonflikte innerhalb eines Unternehmensumfelds als Erklärungsansatz zur Ausübung von Bilanzpolitik definiert (vgl. Watts/Zimmerman 1986: S. 363-382).

Ein dritter Anreiz ergibt sich aus den Abwägungen von regulatorischen Konsequenzen. Der sich daraus ergebende Erklärungsansatz basiert auf der Political-Cost-Hypothesis, die besagt, dass ein Unternehmen Bilanzpolitik anwendet, um gezielt regulatorischen Konsequenzen entgegenzuwirken (vgl. Watts/Zimmerman 1986: S. 363-382).

Ergänzend zu den Theorien hinter den drei Anreizen wird in dem theoretischen Teil der Arbeit die Prospect Theory und die Big Bath Hypothesis als zwei weitere relevante Erklärungskonzepte zur Ausübung von Bilanzpolitik erläutert.

3.1 Theorie der ökonomischen Konsequenzen

Die Theorie der ökonomischen Konsequenzen beruht auf der Annahme, dass die technische Ausgestaltung der Rechnungslegung einen direkten Einfluss auf die Wahrnehmung eines Adressaten über die Sicht auf ein Unternehmen hat.

Zeff (1978: S. 56-63) hat sich in seiner Arbeit für den Informationsgehalt der Rechnungslegung für den Kapitalmarkt positioniert. Aus seiner Sicht bietet die Rechnungslegung einen Informationsgehalt für Adressaten. Er begründet dies dadurch, dass soweit die Neutralitätshypothese der Rechnungslegung zutreffen würde, die Rechnungslegung ausschließlich für die Regulierer und Anwender von Bedeutung wäre. Da aber durch externe Beteiligte gezielt Einfluss auf die Rechnungslegungsstandards genommen wird, begründet er seine Ablehnung gegenüber der Neutralität der Rechnungslegung für den Kapitalmarkt. Dies wird in seiner Theorie durch die unmittelbare Einmischung der Politik sowie durch Lobbyisten bei der Standardsetzung der Rechnungslegung bestätigt (vgl. Zeff 1978: S. 56-63).

Aus seiner Arbeit haben sich zwei Denkansätze entwickelt, die besagen, dass die Rechnungslegung für den Kapitalmarkt entscheidungsnützliche Informationen bietet und dass die Rechnungslegung als Basis für effiziente Verträge dienen kann. Der zweite Denkansatz begründet sich dadurch, dass Informationen aus der Rechnungslegung als Grundlage zu Bildung von Verträgen dienen können, die in der Zukunft anhand von Informationen aus der Rechnungslegung kontrolliert werden können. Die Rechnungslegung kann somit eine Kontrollfunktion für die Einhaltung der vertraglichen Bestimmungen bieten (vgl. Zeff 1978: S. 56-63).

Der erste Denkansatz der Entscheidungsnützlichkeit der Rechnungslegung für den Kapitalmarkt stellt im Grunde eine alternative Denkweise zur Annahme der effizienten

Kapitalmärkte dar. Die Annahme der effizienten Kapitalmärkte besagt in ihrer strengsten Form, dass der Kapitalmarkt den tatsächlichen Wert des Unternehmens in Form der Marktkapitalisierung wiedergibt und die Veröffentlichung von Rechnungslegungsinformationen keinen zukünftigen Einfluss auf die Entwicklung der Marktkapitalisierung hat. Des Weiteren besagt sie, dass die Veröffentlichung von Informationen aus der Rechnungslegung für Investoren:innen keine Entscheidungsnützlichkeit bietet, da der vermeintlich neu dazu gewonnene Informationsgehalt durch die Rechnungslegung unmittelbar in der Marktkapitalisierung eingepreist wird. Hierbei wird von der Informationseffizienz beziehungsweise der Informationsverarbeitungseffizienz gesprochen (vgl. Sewell 2012: 164 f.).

Die in dieser Arbeit erforschte Ausübung von Rechnungslegungsalternativen hätte im effizienten Kapitalmarkt keinen Einfluss auf die Beurteilung des tatsächlichen Unternehmenswertes durch den Markt. Dies begründet sich dadurch, dass die Berechnung des Unternehmenswertes auf den diskontierten Zahlungsströmen des Unternehmens beruht. Die Anwendung von Rechnungslegungsalternativen hat auf den tatsächlichen Liquiditätsfluss jedoch keine Wirkung. Sollte es somit zutreffen, dass der Markt die Gewinngrößen der Rechnungslegung nicht würdigt, wäre die Ausübung von Bilanzpolitik mit dem Hintergrund der Beeinflussung des Kapitalmarktes obsolet.

3.2 Auswirkung von Rechnungslegung am Kapitalmarkt

Die sich aus den Forschungen über die Theorie der ökonomischen Konsequenzen ergebende Denkweise zum Informationsgehalt der Rechnungslegung für den Kapitalmarkt wurde in Ansätzen bereits von Ball/Brown (1968: S. 159-178) im Rahmen einer Wertrelevanzstudie erforscht. So wurden die Auswirkungen von Rechnungslegung am Kapitalmarkt durch die Erforschung des Zusammenhangs von Gewinngrößen aus der Rechnungslegung und der Veränderung von Aktienkursen durch eine Event Study und eine Association Study untersucht. Hierbei wurde anhand von 261 Unternehmen, die an der NYSE gelistet waren, erforscht, ob es einen Zusammenhang zwischen unerwarteten Gewinnen und abnormalen Renditen von Aktienkursen besteht. Die Unterteilung von unerwarteten und erwarteten Renditen erfolgte dabei durch das CAPM, zur Vorgehensweise bei der Separierung wird auf die Forschungsarbeit von Ball/Brown (1968: S. 159-178) verwiesen. Für den Datensatz wurden die Aktienkurse von Unternehmen über einen Zeitraum von neun Jahren untersucht.

Durch die Event Study konnte ermittelt werden, dass die Aktienkurse der Unternehmen im Monat nach der Bekanntgabe der Periodenergebnisse, die erfolgreicher als erwartet waren, zwar einen Anstieg aufgezeigt haben, dieser jedoch nur geringfügig war. Die Aktienkurse der Unternehmen, die ein unerwartet negatives Ergebnis aufzeigten, haben im Monat nach der Veröffentlichung dagegen eine abnormal negative Rendite aufgewiesen (vgl. Ball/Brown 1968: S. 159-178).

In Form einer Association Study wurde die Entwicklung des Aktienkurses für den Zeitraum vor sowie nach der Gewinnbekanntgabe weiter untersucht. Hierbei zeigte sich, dass der Markt die Unternehmen mit den unerwarteten Gewinnen beziehungsweise Verlusten bereits antizipiert hat und sich der Kurs über den Zeitraum der elf vorherigen Monate an die unerwartete Gewinnveröffentlichung angepasst hat. Aus den beiden Kursverläufen kann geschlussfolgert werden, dass die Investoren:innen weitere Quellen zur Informationsgewinnung nutzten, die eine aktuellere und kurzfristigere Informationsgewinnung ermöglichten als die Veröffentlichung der Jahresergebnisse. Die Investoren:innen haben die Ergebnisse der Rechnungslegung zwar bereits antizipiert, die fortlaufende Marktreaktion für den Zeitraum nach der Gewinnbekanntgabe zeigt jedoch auch, dass die Marktteilnehmer eine direkte Reaktion auf die Veröffentlichung zeigten (vgl. Ball/Brown 1968: S. 159-178).

So konnte durch den Kursverlauf der Aktien gezeigt werden, dass Ergebnisse, die geringer als erwartet waren, mit einer Reduzierung des Kurses korrelierten. Dieser Verlauf hielt dabei für einen Zeitraum von mehreren Monaten nach der Veröffentlichung des Periodenergebnisses an (vgl. Ball/Brown 2019: S. 410-431).

Anhand der Evidenzen, die sich unter anderem aus der Forschung von Ball/Brown (1968: S. 159-178) ergaben, wurde der sogenannte Post Earnings Anouncement Drift hergeleitet, der besagt, dass sich Aktienkurse nach der Veröffentlichung der Periodenergebnisse weiterhin

so verhalten können, als würden Investoren:innen ein positives oder negatives Ergebnis antizipieren. Die Forschungsergebnisse zeigten, dass diese Anomalie über mehrere Monate nach der Veröffentlichung bestand.

Dieses Verhalten widerspricht jedoch der Hypothese der effizienten Kapitalmärkte, die besagt, dass jegliche Informationen innerhalb von kürzester Zeit verarbeitet und in der Marktkapitalisierung berücksichtigt werden. Somit wurde durch die Arbeit von Ball/Brown (1968: S. 159-178) die Hypothese hergeleitet, dass die Informationen aus der Rechnungslegung einen Einfluss auf die Entwicklungen am Kapitalmarkt haben und ebenfalls eine Entscheidungsnützlichkeit für die Investoren:innen bieten. Da die Bilanzpolitik einen direkten Einfluss auf die veröffentlichten Gewinngrößen hat, könnte sich hierdurch auch die Schlussfolgerung ergeben, dass die Ausübung von Bilanzpolitik einen Einfluss auf die Entwicklungen am Kapitalmarkt hat.

3.3 Positive Accounting Theory

Die Positive Accounting Theory ist eine sozialökonomische Verhaltenstheorie, aus der sich Erklärungsansätze für die Ausübung von Bilanzpolitik herleiten. Die Theorie wurde von Watts/Zimmerman (1986: S. 363-382) veröffentlicht. Sie knüpft an der Denkweise von Zeff (1978: S. 56-63) an, die sich daran orientiert, dass die Entscheidungen innerhalb eines Unternehmens durch ein Geflecht von Verträgen beeinflusst werden. Die Rechnungslegung dient dabei als Grundlage für die Gestaltung von effizienten Verträgen, was zur Folge haben kann, dass aufgrund von Interessenskonflikten innerhalb des Unternehmensumfelds bilanzpolitische Maßnahmen durch das Management angewendet werden (vgl. Watts/Zimmerman 1986: S. 363-382).

Die Forschungen zur Positive Accounting Theory und den Vertragsbeziehungen innerhalb eines Unternehmens beruhen dabei auf der Principal Agent Theory, deren Ursprung in den Forschungen von Akerlof (1970: S. 488-500) liegt. Die Theorie besagt, dass alle Beteiligten in einer Leistungserbringer- und Leistungsempfängerbeziehung zu ihrem eigenen Vorteil handeln und versuchen, ihren eigenen Wohlstand zu erhöhen. Die opportunistischen Handlungen werden dadurch ermöglicht, dass es aufgrund von asymmetrisch verteilten Informationen zu Wissensungleichgewichten kommen kann.

[...]

Ende der Leseprobe aus 52 Seiten

Details

Titel
Bilanzpolitik während der Covid-19-Pandemie. Eine empirische Untersuchung US-amerikanischer Unternehmen
Hochschule
Hochschule Bremen
Note
1,2
Autor
Jahr
2021
Seiten
52
Katalognummer
V1153839
ISBN (eBook)
9783346550330
ISBN (Buch)
9783346550347
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bilanzpolitik, covid-19-pandemie, eine, untersuchung, us-amerikanischer, unternehmen
Arbeit zitieren
Leon Wenger (Autor:in), 2021, Bilanzpolitik während der Covid-19-Pandemie. Eine empirische Untersuchung US-amerikanischer Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1153839

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