Prinzipien der Dogmenentwicklung


Hausarbeit, 2012

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Hinführung

1. Vorbehalte

2. Die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung

3. Anlässe und Faktoren der Lehrentfaltung
3.1 Nutzen der Häresie
3.2 Persönlicher Erkenntnisfortschritt
3.3 Suchen und Finden

4. Anfänge einer Theorie der Dogmenentwicklung
4.1 Anerkennung eines faktischen Fortschritts
4.2 Kontroverse Auslegungen der Parakletverheißungen
4.3 Sukzessives Erfassen der Offenbarungswahrheit
4.4 Präzisere Formulierungen
4.4.1 Neuerung in der Formel ohne Neuerung im Inhalt
4.4.2 Umprägung philosophischer Begriffe
4.5 Inhaltliche Entfaltung des Glaubensgutes: Konzilien als privilegierter Ort kirchlicher Dogmenentwicklung

5. Kriterien authentischer Lehrentfaltung
5.1 Organisches Wachstum
5.2 Analogie des biologischen Wachstums
5.3 Unterscheidung von Fortschritt und Veränderung (comm. 23)
5.4 Aufgabe des kirchlichen Theologen und der Konzilien
5.5 Bedingungen authentischer Entwicklung

6. Schluss

Quellen- und Literaturverzeichnis

0. Hinführung

„Der Begriff «Dogmenentwicklung» bezeichnet das geschichtliche Werden des von der Kirche verbindlich vorgelegten Lehrzeugnisses und der einzelnen Dogmen. D. h. den Vollzug der theologischen Durchdringung und Erschließung der im Glauben angenommenen Offenbarungswahrheit.“1 Diese Erschließung der Offenbarungswahrheit, ihre Entfaltung in den Dogmen war keineswegs schon immer selbstverständlich. So möchte sich diese Arbeit mit dem Werden der Prinzipien und somit dem Werden der Dogmenentwicklung beschäftigten. Gerade bei den Kirchenvätern gab es zunächst noch Vorbehalte gegenüber einer Entfaltung, da diese meist mit einer Neuerung identifiziert wurde. Auf diese Vorbehalte geht die vorliegende Seminararbeit zu Beginn kurz ein. Darauf folgend wird die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung und deren Anlässe und Faktoren dargelegt. Anschließend folgt die Darstellung der Anfänge der Dogmenentwicklung. Abschließend werden die Kriterien authentischer Lehrentfaltung benannt und erläutert. Die Seminararbeit stützt sich v. a. auf die Werke „Die Theologie der Kirchenväter“2 und „Das Handbuch der Patristik“3 von Michael Fiedrowicz. Ihnen sind auch alle Zitate der Kirchenväter entnommen. Die Arbeit stellt einen Versuch dar, die Prinzipien der Dogmenentwicklung im Gesamt der Patristik zu erläutern. Schwerpunktmäßig geht sie dabei jedoch auf das Commonitorium des Vinzenz von Lérins ein, da wir gerade bei ihm die ausdrücklichste Anerkennung einer kirchlichen Lehrentfaltung innerhalb der Patristik aufweisen können.

1. Vorbehalte

Irenäus verglich die Kirche mit einem Depositorium, in dem die Apostel alles vollständig zusammengetragen haben, was zur Wahrheit gehört.4 Dies suggeriert, dass die Glaubenswahrheit schon von Beginn an in ihrer ganzen Fülle und Ausfaltung durch die Apostel verkündet wurde.5 Aufgabe der nachfolgenden Generationen in nachapostolischer Zeit war dann die treue Bewahrung und die unversehrte Weitergabe des Depositums.6 Dazu lassen sich entsprechende Warnungen und Weisungen der Heiligen Schrift anführen. Zu nennen sind hier v. a. die stellen im ersten und zweiten Timotheusbrief. Dort heißt es: „Bewahre das dir anvertraute kostbare Gut durch die Kraft des Hl. Geistes, der in uns wohnt“ (2Tim 1,12-14). Die Begrifflichkeit im Griechischen «παραϑήκη» und im Lateinischen «depositum» unterstreicht die Unantastbarkeit und Unverfügbarkeit des Depositoriums.7 Vinzenz von Lérins schreibt: „Wer ist dieser Timotheus, wenn nicht entweder generell die gesamte Kirche oder speziell der ganze Stand der Vorgesetzen“ (comm. 22,2)? Wichtig sind für Vinzenz die bleibende Geltung des Apostelwortes und die unverfälschte Überlieferung, die er als erste Pflicht der Kirche ansieht.8 Vinzenz schreibt weiter: „Was ist das anvertraute Gut? Das was dir anvertraut, nicht was von dir erfunden worden ist, was du empfangen hast, nicht was du dir ausgedacht hast, eine Sache nicht der Begabung, sondern der Lehre, nicht der eigenen Anmaßung, sondern der öffentlichen Überlieferung; eine Sache, die zu dir gekommen ist, nicht aber von dir hervorgebracht wurde, in der du nicht der Urheber sein darfst, sondern der Wächter sein musst, nicht der Begründer, sondern der Schüler, nicht der Führer, sondern der Nachfolger. Bewahre das anvertraute Gut, sagt er: Bewahre das Talent des katholischen Glaubens unbeschadet und unvermindert. Was die anvertraut wurde, das bleibe bei dir und das werde von dir weitergegeben“ (comm. 22,4-5). Das Traditionsprinzip tritt der Weiterentwicklung gegenüber. Neuerung war das Charakteristikum nahezu jeder Irrlehre. Daher wurde in den ersten Jahrhunderten stärker die Pflicht zur Bewahrung der Offenbarungswahrheit und das Beharren im Glauben betont, als ein Fortschreiten und eine Entfaltung des Glaubensgutes.9

2. Die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung

Eine wirkliche Bewahrung des Depositums ist nur durch Klärung, Vertiefung und Abgrenzung möglich.10 Bewahrung der Überlieferung hat demnach nichts Statisches an sich.11 Es galt die Aufforderung die kirchliche Lehre dort zu entfalten, „wo reines Tradieren des Bisherigen die Identität des Glaubens nicht mehr garantieren vermochte“12. Dies galt auch für das Symbolum, dessen Wortlaut Ambrosius noch als sakrosankt erachtete.13 Er schreibt: „Wenn schon der Schrift auch nur eines einzigen Apostels weder etwas hinzugefügt noch etwas genommen werden darf, können wir da etwa das Symbolum entstellen, das wir, von den Aposteln verfasst und überliefert, empfangen haben? Nichts dürfen wir hinwegnehmen, nichts hinzufügen“ (symb. 7). Rufin hingegen verteidigt gewisse Präzisierungen. Zu nennen sind hier die Einfügung des Demonstrativpronomens «huius» in den abschließenden Credo-Artikel der Kirche von Aquileia und der Zusatz «in vitam aeternam». Beide Ergänzungen des Symbolums sind nach Rufin „antihäretisch bedingte addita zum Apostolischen Glaubensbekenntnis“14, die der Präzisierung des Auferstehungsglaubens dienten.

Auch das Offenlassen theologischer Fragen ließ sich auf Dauer nicht vertreten. Dieses Offenlassen hatte Irenäus noch gefordert.15 Er berief sich auf das Jesaja-Zitat „Wer wird seine Zeugung erklären?“ (Jes 53,8 LXX).16 Die Synode von Sirmium (357) wollte Nicäa revidieren.17 Hilarius war jedoch dagegen, denn dies wäre irrigen Auffassungen geradezu entgegen gekommen.18 Gleiches gilt für die Entfaltung der Pneumatologie.19 Beim Konzil von Konstantinopel (381), wurde dem nicänischen Symbolum der pneumatologische Artikel zugefügt, um präzise die Gottheit des Heiligen Geistes auszusagen. Diese beiden Beispiele verdeutlichen, dass Antworten auf theologische Fragen wichtig waren und das Glaubensgut bewahrten und entfalteten.

Die Notwendigkeit der Dogmenentfaltung war zumeist von auftretenden Irrlehren bestimmt. Diese machten die Kirchenväter auf eine notwendige Entwicklung der christlichen Lehre aufmerksam.20 Hilarius beklagte diese Herausforderung: „Doch durch die Verfehlungen der Häretiker und Gotteslästerer werden wir gezwungen, Unerlaubtes zu tun, Unbesteigbares zu erklimmen, Unaussprechliches auszusprechen, Unzulässiges uns anzumaßen. Und obwohl man allein im Glauben die Gebote erfüllen sollte, nämlich den Vater anzubeten und mit ihm zusammen den Sohn zu verehren, dazu den Hl. Geist in Fülle zu besitzen, so werden wir doch gezwungen, die Ohnmacht unserer Sprache sich bis auf das Unsagbare erstrecken zu lassen; durch fremde Verfehlung werden wir selbst zu Verfehlung gedrängt, da nämlich das, was im Innern der gläubigen Seele hätte verborgen bleiben sollen, nun der Gefährdung durch das menschliche Wort ausgesetzt wird“ (trin. 2,2).

[...]


1 Siehe Drumm, 295.

2 Fiedrowicz, Michael, Theologie der Kirchenväter, Freiburg i. Br. 2007.

3 Ders., Handbuch der Patristik. Quellentexte zur Theologie der Kirchenväter, Freiburg i. Br. 2010.

4 Vgl. Fiedrowicz, Theologie der Kirchenväter, 323.

5 Vgl. ebd.

6 Vgl. ebd.

7 Vgl. ebd., 324.

8 Vgl. ebd.

9 Vgl. Schuhmacher, Apostolischer Abschluß der Offenbarung, 175.

10 Vgl. Fiedrowicz, Theologie der Kirchenväter, 325.

11 Vgl. ebd.

12 Siehe ebd.

13 Vgl. ebd.

14 Siehe Fiedrowicz, Theologie der Kirchenväter, 325.

15 Vgl. ebd.

16 Vgl. ebd.

17 Vgl. ebd., 326.

18 Vgl. ebd.

19 Vgl. ebd.

20 Vgl. Schuhmacher, Apostolischer Abschluß der Offenbarung 175.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Prinzipien der Dogmenentwicklung
Hochschule
Universität Trier  (Theologische Fakultät Trier)
Note
2,0
Autor
Jahr
2012
Seiten
21
Katalognummer
V1159911
ISBN (eBook)
9783346559685
ISBN (Buch)
9783346559692
Sprache
Deutsch
Schlagworte
prinzipien, dogmenentwicklung
Arbeit zitieren
Sandra Baltes (Autor:in), 2012, Prinzipien der Dogmenentwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1159911

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